Warum Schweden Abfall importiert

Abfalltechnik FS 15
28. April 2015
«Warum Schweden Abfall importiert»
Abfalltourismus
Dass der Abfall vor der Haustüre eingesammelt wird, hat in gewissen Ländern noch
lange nicht zur Folge, dass er auch in der Nähe verwertet bzw. gelagert wird. Gründe
für die teils hunderten von Kilometern langen Reisen des Abfalles gibt es einige.
Schlussendlich sind es jedoch finanzielle Aspekte, welche die treibende Kraft für den
sogenannten Abfalltourismus sind. Für gewisse Länder ist es billiger, den Abfall im
Ausland zu verwerten, obwohl sie im eigenen Land die Kapazitäten dafür hätten.
Anderen Ländern fehlen genau diese Kapazitäten oder sie besitzen gar keine
Abfallverwertungsanlagen, weshalb der Abfall auf Deponien landet bzw. landen würde.
Da viele Länder Steuern auf deponierten Abfall verlangen, ist es kostengünstiger, den
Abfall im Ausland loszuwerden. Die 1992 in Kraft getretene Basler Konvention regelt die
Kontrolle der grenzüberschreitenden Transporte gefährlicher Abfälle. Dazu kommen
Richtlinien und Gesetze der EU sowie der verschiedenen Länder. Dennoch finden sich
auch heute noch viele Beispiele von illegalen grenzüberschreitenden Abfalltransporten.
Von wo die Schweden den Abfall bekommen...
Im Jahr 2013 importierte Schweden 2.14 Millionen Tonnen Abfall. Eine stattliche Zahl,
wenn man bedenkt, dass dies rund die Hälfte des Haushaltsabfalles ist, welchen die
Schweden jährlich selber produzieren.
Mehr als die Hälfte des eingeführten Abfalls stammt aus dem Nachbarland Norwegen,
rund ein Viertel aus den Niederlanden. Dazu kommen vergleichsweise kleinere Mengen
aus Italien, Finnland, Irland, Belgien und Dänemark.
Für den Transport wird der vorsortierte Abfall in Ballen gepresst, welche je nach
geographischer Herkunft per Lastwagen oder Schiff nach Schweden gelangen.
...und wofür sie ihn verwenden
Für die Schweden ist der Import von Abfall ein profitables Geschäft. Einerseits werden
sie von den Exportländern bezahlt, den Abfall anzunehmen, andererseits generieren sie
aus dem Abfall u. a. Elektrizität oder Wärme und damit weitere finanzielle Einkünfte.
Verbrannt wird der importierte Abfall in einigen der 32 Kehrichtverbrennungsanlagen
(Stand April 2015) des Landes. Die Einspeisungen ins Fernwärmenetz heizen teilweise
ganze Kleinstädte. Landesweit werden knapp eine Million Haushalte (rund jede fünfte
Person in Schweden) mit Wärme und rund 260'000 Haushalte mit Strom aus
Kehrichtverbrennungsanlagen versorgt.
Die in den KVAs vorhandenen Überkapazitäten führten innerhalb der Jahre 2009 - 2013
zu einer Verdreifachung der Importmenge. Von der gesamten Abfallmenge in
Schweden wird die Hälfte recycelt und fast der ganze Rest für obengenannte Prozesse
verwendet. Weniger als ein Prozent landet auf einer Deponie. Nebst der Energie- und
Wärmegewinnung wird der Abfall in der Zementindustrie oder zur Herstellung von
Biogas verwendet.
Philipp von Arx
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Abfalltechnik FS 15
28. April 2015
Klimaeffekte
Mit dem Transport von Abfällen gelangen immer klimaschädliche Emissionen in die
Atmosphäre. Mehrere Studien haben jedoch gezeigt, dass der Nettoeinfluss auf das
Klima geringer ist, wenn der Abfall, anstatt auf einer Deponie zu landen, in Schweden
verbrannt wird. Vor allem der schädliche Methanausstoss auf Deponien sorgt dafür,
dass je nach Herkunftsland des Abfalles mehrere hundert Kilogramm CO2 pro Tonne
Abfall eingespart werden können.
Wird Abfall bspw. aus dem über 1’000 Kilometer entfernten Italien nach Schweden
transportiert, so resultiert pro Tonne Abfall ein um über 500 kg verminderter CO2Ausstoss (Im Vergleich zur Lagerung auf einer Deponie in Italien). Pro Tonne Abfall aus
Polen können gar über 1'100 kg CO2 eingespart werden.
Kritik am System
Nicht alle haben an diesem florierenden Geschäft ihre Freude. Mehrere
Umweltschutzorganisationen kritisieren den nach ihrer Ansicht unnötigen Transport
von Abfall kreuz und quer durch Europa. In der Tat wäre es sinnvoller, an Stelle des
Abfalles Technik und Knowhow zu transportieren und nahe der Abfallquellen eine
klimaschonendere Abfallverwertung zu etablieren.
Zukunftsaussichten
Alleine in der EU landen jährlich 150 Millionen Tonnen Abfall auf Deponien. Da parallel
zu den erhöhten Kapazitäten in den KVAs bzw. neuen Verbrennungsanlagen immer
mehr Abfall produziert wird, verringert sich diese Zahl in den nächsten Jahren wohl
kaum. Immer mehr Länder bemerken das Potential, das in diesen Abfallbergen steckt.
Norwegen beispielsweise exportiert zwar weiterhin Abfall nach Schweden, importiert
aber gleichzeitig billigeren Abfall, um ihn im eigenen Land zu Geld zu machen.
Abfall wird in einem globalen Markt gehandelt und solange es ökonomisch Sinn macht,
wird der Abfalltourismus kaum eingedämmt werden.
Momentan ist es im Vergleich zur Lagerung auf einer Deponie einfach das kleinere
Übel. Langfristig sollte diese Form der Abfallverwertung jedoch keine Zukunft haben,
dies sehen auch die Schweden ein.
Quellen
Sahlin J., Holmström D., Bisaillon M. 2013: Import av avfall till energiutvinning i Sverige
Borg T. et al. 2013: Importerat avfallsbränsle tIll förbränningsanläggningar för avfall
Fortum 2012: Import av brännbart avfall i ett klimatperspektiv
Milios L. 2012: Municipal waste management in Sweden
Müller K. R. 1991: Mülltourismus versus Abfallhandel
Naturvårdsverket - Schwedisches Amt für Umweltschutz: naturvardsverket.se (20.04.2015)
Avfall Sverige - Schwedischer Verband für Entsorgung und Recycling: avfallsverige.se (21.04.2015)
Sopor - Schwedisches Abfallportal: sopor.nu (20.04.2015)
CEWEP, Confederation of European Waste-to-Energy Plants: cewep.eu (18.04.2015)
BAFU - Bundesamt für Umwelt: bafu.admin.ch (18.04.2015)
Philipp von Arx
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