Thema: Die Erforschung des menschlichen Bewusstseins. Die

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
Institut für Informatik und Gesellschaft
Sommersemester 2006
Autobiographisches Gedächtnis
Dozentin: Anna Strasser
Thema:
Die Erforschung des menschlichen Bewusstseins.
Die Suche nach einer gemeinsamen Grundlage zur Erforschung.
Was bringen die Ansätze von Thomas Metzinger und Michael
Pauen?
Vorgelegt von:
Nils Heise
Kirchbergstraße 9
79111 Freiburg
Tel:
Email:
Matrikelnummer:
Studienfachkombination:
0761/2046484
[email protected]
1723277
Europäische Ethnologie (M.A.)
Biologische Anthropologie
Kognitionswissenschaft
4
Fachsemester:
Gliederung:
1. Einführung
2. Bewusstsein: Versuch einer Definition
3. Die zwei philosophischen Grundpositionen: Traditionalisten und Skeptiker
4. Metzingers Theorie des Bewusstseins und dessen Erforschung
5. Pauens Ansatz
6. Gemeinsamkeiten beider Ansätze
7. Unterschiede beider Ansätze
8. Kritik an beiden Ansätzen
a. Empirische Adäquatheit
b. Fehlende Definition des Bewusstseins
c. Introspektion und empirische Möglichkeit
d. Pauens und Metzingers Dilemma
9. Abschließende Gedanken
10. Literaturverzeichnis
Einführung
Die Frage, wie unser Bewusstsein funktioniert, beschäftigt die Menschheit
wahrscheinlich so lange, wie die Menschheit sich bewusst ist, eines zu haben. Es gibt
verschiedene
Ansätze
zur
Erforschung
und
verschiedene
Theorien
zur
Funktionsweise des Bewusstseins. Hierbei stand eine Frage immer im Vordergrund:
Ist das Selbst, das dem bewussten Erleben zurunde liegt, eine reale Entität oder bloße
Illusion? Diese Frage ist bis heute nicht hinreichend geklärt. In diesem Aufsatz soll
zuerst versucht werden, eine Definition von Bewusstsein zu geben. Dies führt, wie
man sehen wird, zu großen Schwierigkeiten. Danach werden zum besseren
Verständnis kurz die beiden gegensätzlichen Grundtendenzen zum Thema
Bewusstsein und Selbst vorgestellt werden. Die darauf folgende Vorstellung der
Theorien von Metzinger und Pauen soll sich auf die wesentlichen Aspekte
beschränken, um es im Anschluss möglich zu machen, beide auf Unterschiede und
Gemeinsamkeiten zu überprüfen. Den Hauptteil dieser Arbeit bildet die Kritik an
beiden Ansätzen. Sie konzentriert sich jedoch auf Haupttendenzen, die in den
vorliegenden Ansätzen von Metzinger und Pauen fraglich erscheinen. Den Abschluss
bildet ein Abschnitt, der aufzeigen soll, dass beide Ansätze dadurch, dass sie
Präzision bei der Definition von Bewusstsein vermissen lassen, als Theorie
ungenügend erscheinen. Dies verhindert auch eine bessere Bewertung der Ansätze
für die wissenschaftliche Arbeit zum Thema Bewusstsein. Der folgende Versuch
einer Definition von Bewusstsein zeigt aber, wie schwer es ist, sich dieser Aufgabe
zu stellen.
Bewusstsein: Versuch einer Definition
Bewusstsein zu charakterisieren, stellt sich als die erste und wahrscheinlich
entscheidende Schwierigkeit in diesem Themenkomplex heraus. Zuerst muss
festgehalten werden, dass Bewusstsein nicht einfach von außen beobachtbar ist, wie
andere psychologische Phänomene. Es geht um ein „inneres Erleben“ von etwas, das
wir als unser Eigen (Selbstbewusstsein) empfinden. Dies können aktuelle
Sinneseindrücke, Gedanken oder Erinnerungen an die Vergangenheit sein. Vor allem
geht es aber auch um Empfindungen wie Schmerz, Angst und jegliche sonstige Form
von Emotion (Bieri, 1996). Sie müssen also auch nicht unbedingt unmittelbar durch
einen äußeren Reiz bedingt sein.1 Diese haben für ein Subjekt gewisse Eigenschaften
(Qualia), die sich nicht ohne weiteres mit Worten beschreiben lassen (Bieri, 1996).
Hinzu kommt, dass man häufig von Selbstbewusstsein spricht, dass heisst, in Bezug
auf das Geschilderte, dass man sich stets bewusst ist, dass es die eigenen
Empfindungen sind, die man gerade verspürt. Man verkörpert bei diesem
Bewusstsein immer eine Person. Selbstbewusstsein scheint jedoch eine weitere
Komponente zu beinhalten: Die Bewusstheit der eigenen Person (als Modell der
eigenen Merkmale) und des eigenen Geistes und vor allem auch die Bewusstheit,
dass es andere Personen gibt, die ähnliche Zustände besitzen (Pauen, 1999). Wie der
Eindruck einer eigenen Empfindung zustande kommt, versuchen die im Folgenden
dargestellten philosophischen Grundpositionen zu erklären.
Die zwei philosophischen Grundpositionen: Traditionalisten und
Skeptiker:
Ob es ein „Selbst“ gibt, das dem Zustand der Selbstbewusstheit zugrunde liegt,
darüber gibt es einen seit Descartes währenden Streit. Auf der einen Seite stehen die
Vertreter der klassischen Theorie, die ein Selbst voraussetzen, um ein solches
Erleben möglich zu machen, auf der anderen Seite die Kritiker, die ein Selbst als
Illusion verschiedener Einzelerlebnisse oder Prozesse sehen. Diese zwei Positionen
werden in diesem Abschnitt kurz vorgestellt .
Als Einleitung für die gegensätzlichen Standpunkte soll jeweils ein stellvertretendes
Zitat dienen: Für die klassische Position soll Descartes zu Wort kommen, der als
einer der ersten Vertreter der Teilung von Körperlichem und Geistigem auftritt:
„Das Ich ist eine Substanz (res cogitans), die empirisch nicht bestimmbar ist, aber postuliert
werden muss, um (bei mir) meine Identität über sämtliche Veränderungen hinweg zu
erklären.“ (Descartes, BLABLABLA, S XY)
Dieser Satz verdeutlich sehr gut, worum es bei der traditionellen Theorie geht. Das
Selbst ist etwas Unerklärbares, das präreflexiv, also vorbewusst ist. Zudem hat das
Selbst keine Eigenschaften (es ist also nicht der Umfang der Charakteristika, die eine
Person ausmachen) (Pauen, 1999). Dieses Selbst ist somit auch nicht untersuchbar,
1
Zum Beispiel die Erinnerung an ein besonders trauriges Ereignis aus der eigenen Biographie
da es introspektiv und von außen nicht wahrnehmbar ist. Es ist sozusagen als
naturwissenschaftlich zu untersuchender Gegenstand nicht vorhanden. Damit, dass
ein festes Ganzes das Einzige ist, das von Beginn des menschlichen Lebens in dieser
Form existiert, soll die zeitliche Stabilität der Identität einer Person erklärt werden.
Jegliche eigene Empfindung (Schmerz, Angst, visuelle Wahrnehmung) resultiert aus
der Bezugnahme auf dieses präreflexive Ich (Pauen, 1999). Was der Beginn des
Satzes ausdrückt – nämlich die materielle Existenz - wird hingegen nur noch von
wenigen Anhängern des Substanzdualismus angenommen.
Das Selbst als reale
nichtmaterielle Entität wird von den Kritikern bezweifelt. Einer ihrer ersten Vertreter
hat in seinem Buch „“ folgendes gesagt:
„Das Ich ist kein Gegenstand der Erfahrung. Auf den Begriff der Substanz können wir
verzichten. Ebenso streng genommen auf ein Ich: Was es gibt ist lediglich ein Bündel von
Vorstellungen. Reden wir von einem Ich, dann haben wir es – wie eine Fiktion – selbst
konstruiert.“ (LB 60/5560)
David Hume drückt in seiner Theorie vom Bündel der Vorstellungen und
Sinneseindrücke das aus, was viele Gegner der klassischen Theorie behaupten. Es
gibt keine materielle Entsprechung eines Selbst und auch kein Ich als Entität. Das
Selbst wird nach Hume aus einem Bündel von Vorstellungen und Sinneseindrücken
zusammengesetzt und immer wieder neu kombiniert, also vom Subjekt konstruiert.
Es gibt somit keine zeitlich stabile Identität. Sie ist eine reine Fiktion, die aus der
natürlichen Neigung des Menschen, sich Identität einzubilden, resultiert (Hume,
1989). In der heutigen Philosophie gibt es eine Reihe von Anhängern dieser Theorie.
Sowohl Minsky, der von verschiedenen Agenten spricht, die unterschiedliche Ziele
verfolgen, als auch Dennett, der von Selbstinterpretation und einer konstruierten
Geschichte spricht, glauben daran, dass das Erleben ein Nebenprodukt verschiedener
Prozesse ist, die wir als unser vermeindlich konsistentes Ich wahrnehmen (Minsky,
1990, Dennett 1991). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kritiker keine
zeitliche Stabilität des Selbst annehmen und, dass es sich um einen Prozess handelt,
der eine Illusion hervorbringt, die wir als unser Bewusstsein wahrnehmen. Dieser
Grundposition lässt sich auch Thomas Metzinger zuordnen. Er stellt seine Position
der Selbstmodellierung in seinem Aufsatz „Ich-Störungen als pathologische Formen
der Selbstmodellierung“ (Metzinger, ???) dar. Der folgende Abschnitt wird sich mit
dieser Theorie beschäftigen.
Metzingers Ansatz:
Metzinger verfolgt in seinem Aufsatz das Ziel mit einer fundierten theoretischen
Grundlage - sprich einer einheitlichen in sich konsistenten Theorie - die Arbeit zum
Thema Bewusstsein in Zukunft kooperativer zu machen. Thomas Metzinger hat
hierbei vor allem die notwendige Zusammenarbeit verschiedener wissenschaftlicher
Disziplinen im Auge.
Ausgehend von der Kognitionswissenschaft und der analytischen Philosophie schlägt
Thomas Metzinger eine funktionale Analyse des menschlichen Bewusstseins vor.
Mentale Zustände wie Schmerz, Angst und Mitleid müssen demnach auf ihre kausale
Rolle für das Gesamtsystem geprüft werden. Hierbei muss die biologische und
soziale Entstehungsgeschichte als Hintergrund im Auge behalten werden.
Der menschliche Geist ist ein informationsverarbeitendes System, das versucht,
effektive Repräsentationen der Welt und von sich selbst zu erzeugen. Die
Wissenschaft
vom
Bewusstsein
sollte demnach
in
der
Lage
sein,
den
repräsentationalen Gehalt verschiedener Bewussteinszustände zu erforschen. Eine
Herangehensweise, die Metzinger hierfür geeignet hält, ist die Betrachtung von
Bewusstseinsstörungen, um der Definition eines gesunden Bewusstseins (normales
Wachbewusstsein) näher zu kommen. Durch diese Betrachtung können funktionale
Rollen und Strukturen des Bewusstseins geschlossen werden. Der Teil, für den sich
Metzinger besonders interessiert, ist das Selbstbewusstsein und somit im Besonderen
„das Selbst“. Das phänomenale Selbst ist der Begriff, mit dem Metzinger das Erleben
des Ichs einer Person beschreibt. Diesem Erleben schreibt er zwei strukturelle
Merkmale zu:
-
Zentriertheit
-
Perspektivität
Zentriertheit bedeutet, dass das Erleben an einem Ort in einem Erlebnisraum fixiert
ist. Bei einer Ich-Störung kann diese Zentriertheit verloren gehen oder sich
verändern. Dies stellt einen funktionalen Verlust für das System dar, was zu
verschiedenen Defiziten und pathologischen Symptomen führen kann. Perspektivität
bedeutet, dass das Ich in einem Weltmodell eingeordnet ist.
Die Zentriertheit, die sich aus verschiedenen phänomenalen Inhalten immer wieder
neu konstruiert, nennt Metzinger im Folgenden auch Ichhaftigkeit oder
Selbstvertrautheit. Hiermit deplaziert er jeden Ansatz für einen irgendwie gearteten
Dualismus, indem er die Ichhaftigkeit als eine Konsequenz anderer Prozesse gemäß
Dennett darstellt. Sein Ziel ist es, die funktionalen Rollen und die repräsentationale
Grundlage zu analysieren, die der Ichhaftigkeit zugrunde liegen.
Im nächsten Schritt führt Metzinger das Selbstmodell ein, welches als
repräsentationale Grundlage für die Ichhaftigkeit dienen soll. Das Selbstmodell wird
durch Eigenschaften des Systems (Körper und grundlegende Eigenschaften) gebildet
und ist episodisch aktiv. Metzinger glaubt, dass es hierfür eine real existierende
neurobiologische Beschreibung gibt. Es gibt immer einen Teil des Selbstmodells, der
erlebbar ist, in dem es in die „höherstufige integrierte Struktur“ des Erlebnisraumes
und des Weltmodells integriert ist. Das bedeutet nicht, dass der restliche Teil des
Selbstmodells inaktiv ist, da Teile von diesem im Unbewussten aktiv sein können.
Das erlebte Selbst ist somit ein Resultat des gerade aktiven Teils des Selbstmodells,
also einer Datenstruktur des zentralen Nervensystems. Funktional stellt das Erlebte,
sprich aktive Selbstmodell, ein kurzzeitig für das Gesamtsystem genutztes
Berechnungsprogramm dar, das eine sinnvolle Interaktion mit der Welt ermöglicht.
Er bezeichnet das Selbstmodell als ein virtuelles Organ, das eine Vielzahl von
Vorteilen mit sich bringt. Es trägt zur Verbesserung „somatomotorischer, perzeptiver
und kognitiver Funktionen“ bei. Zudem soll das Selbstmodell der treibende Faktor
zur Entwicklung von sozialen Kompetenzen wie Perspektivübernahme, Empathie
und Schuldbewusstsein“ gewesen sein, die für die Bildung von Gesellschaften
unabdingbar sind. Zusätzlich deutet Metzinger an, dass man bei der Betrachtung des
Selbstbewusstseins
im
Auge
behalten
muss,
dass
es
eine
biologische
Entstehungsgeschichte hat und somit einen evolutionären Sinn in Form einer
Vorteilsverschaffung anderen Lebewesen gegenüber hatte.
Ist ein Selbstmodell gerade aktiv, in das repräsentationale Inhalte (Repräsentationen
von internen Systemzuständen und externen Reizen) eingebettet werden können und
dieses in das Weltmodell integriert wird, dann wird dieser Zustand als ein eigener
erlebt. Ein solcher Inhalt kann zum Beispiel ein Gedanke, ein Schmerz im Bein oder
ein visueller Eindruck sein. Eine Störung bei dieser Einbettung, dass heißt, dass zu
wenige oder zu viele repräsentationalen Gehalte integriert werden, führt zu
verschiedenen pathologischen Krankheitsbildern (Metzinger, 2000). Als Beispiel
hierfür könnte man den Eindruck einer Person, dass die eigenen Gedanken oder das
eigene Bein nicht zu ihr selbst gehörig sei, nennen.
Hieraus wird deutlich, dass Metzinger direkte externe und interne Reize als nicht
zugehörig zum Selbstmodell beschreibt; sie sind sozusagen ein Inhalt, der variabel in
das „Programm“ des Selbstmodells geladen wird. Dieses Selbstmodell ist also
zeitlich konsistent, da es aus zum Teil evolutionären „fest verdrahteten“
Eigenschaften
besteht.
Eine
Schädigung dieses Moduls führt
ebenfalls
zu
bestimmten
umgrenzten
fest
psychologischen
Störungsbildern, wie zum Beispiel
multiplen Persönlichkeiten.
Die nebenstehende Grafik legt noch
einmal
die
Beziehung
zwischen
Selbstmodell,
Weltmodell
und
phänomenalen
Selbstmodell
dar.
Michael Pauen legt einen alternativen
Vorschlag, wie bewusstes Erleben
zustande kommt vor, der im nächsten
Textabschnitt behandelt wird.
Pauens Ansatz:
Michael Pauen legt in seinem Aufsatz „Selbstbewusstsein: Ein metaphysisches
Relikt“ vor allem darauf wert, dass die konstruktive Diskussion der in Teil zwei
angedeuteten
grundlegenden
philosophischen
Traditionen
aufgrund
einer
gemeinsamen theoretischen Grundlage – sprich, dass man von der gleichen Art von
Selbstbewusstsein spricht - möglich wird.
Zu Beginn beschreibt er, was laut Galen Strawson (Strawson, 1997) grundlegende
Eigenschaften von Selbstbewusstsein sind. Als erstes muss ein Organismus in der
Lage sein zu erkennen, dass es eine Innenwelt und eine Außenwelt gibt, das heißt, er
muss
zwischen
eigenem
Körper
und
äußeren
Objekten
Bewusstseinszuständen und denen anderer unterscheiden können.
und
eigenen
Der zweite Punkt stellt eine Steigerung des ersten dar und besagt, dass dieses
Lebewesen auch in der Lage sein muss, diese Körperlichkeit und diese mentalen
Zustände explizit sich selbst zuzuschreiben.
Die dritte Bedingung für Subjektivität ist die „synchrone und diachrone Integrität“.
Synchrone Integrität bedeutet, dass man all seine bewussten mentalen und
körperlichen Zustände zu einem Zeitpunkt als eigene erkennt. Ein Störungsbild, das
sich bei Verletzung dieser Bedingung zuordnen ließe, wäre das bei der Beschreibung
von Metzingers Theorie bereits vorgestellte Verleugnen eines Körperteils. Die
diachrone Identität verlangt, dass vergangene körperliche und mentale Zustände als
sich selbst zugehörig empfunden werden. Hier führt Pauen die ebenfalls von
Metzinger erwähnte „Multiple Personality Disorder“ als Anzeichen einer Störung in
dieser Bedingung an. Zusammengefasst besteht das Grundgerüst von Subjektivität
aus der Selbstzuschreibung von aktuellen und vergangenen Zuständen (Pauen, 1999).
Die Frage, wie es möglich ist, dass ein Mensch, ohne das Vorhandensein eines
präreflexiven Selbst auf der zweiten „Stufe“ sich Eigenschaften selbst zuschreibt,
beantwortet Pauen mit einer Theorie, die von einer graduellen Entstehung dieser
Stufe ausgeht. Das heißt, das Selbst ist auf der ersten Stufe nicht vorhanden, sondern
entsteht erst in der zweiten Stufe oder besser gesagt auf dem Weg dorthin. Diese
Entstehung ist gemäß Pauen nur durch die parallele Ausbildung von Perspektive der
ersten und Perspektive der dritten Person möglich. Die soziale Interaktion soll den
Anstoß für die Ausbildung eines differenzierten Selbstmodells geben. Wenn ein
Lebewesen fähig ist, eigenen Schmerz zu verspüren und sein eigenes Verhalten auch
zu registrieren, kann es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Schmerzverhalten
anderer identifizieren. Wenn es Schmerzverhalten identifizieren kann, ist es
vermutlich auch möglich, aus diesem Verhalten das Vorhandensein eines
Bewusstseinszustandes „Schmerz“ bei diesem Wesen abzuleiten. Mit diesem Schritt
kann ein Lebewesen sich explizit bewusst machen, dass die mentalen und
körperlichen Zustände, die es phänomenal erlebt, auch die eigenen sind, da es sich
auch bewusst ist, dass es auch andere Lebewesen gibt, die eigene Zustände haben. Je
mehr ein Lebewesen über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu anderen
Lebewesen erfährt, desto mehr wächst sein Wissensbecken über diese und auch sein
eigenes Selbstmodell (als Eigenschaftszuschreibungen im Vergleich zu anderen) an.
Wichtig ist dies vor allem, wenn es um die Ausformung des Selbstkonzepts geht, das
wesentlich davon abhängt. Ein Lebewesen kann sich nur selbst als besonders
schmerzempfindlich erleben, wenn es Vergleichsmöglichkeiten hat. Diese bieten sich
jedoch nur durch den Akt der Beobachtung. Hieraus wird deutlich, dass sowohl der
Weg zu der Erkenntnis, dass es meine Zustände sind, da es noch andere Lebewesen
gibt, die solche Zustände haben, als auch der Weg zu einem Selbstkonzept, über
Wissen von Unterschieden und Gleichheiten meiner selbst zu anderen beschritten
wird (Pauen, 1999).
Zum
Abschluss
der
Darstellung von Pauens
Theorie soll wie bei
dem
vorhergehenden
Teil
eine
Graphik
dienen, die die wesentlichen Zusammenhänge
noch einmal darstellt.
Als nächstes soll untersucht werden, was die
beiden
Ansätze
vorliegenden
gemeinsam
haben.
Gemeinsamkeiten beider Ansätze:
Bereits in der Zielsetzung der Theorien gibt es ein Merkmal, das beide Ansätze
verbindet. Es soll jeweils ein theoretischer Rahmen gegeben werden, der es
ermöglicht, dass Vertreter verschiedener Ansichten zum Thema Bewusstsein besser
miteinander interagieren können.
Eine Grundannahme, die beide Ansätze beinhalten ist, dass es eine Perspektive der
ersten Person und eine Perspektive der dritten Person gibt und geben muss.
Metzinger nennt dies Zentriertheit (Pauen: „erste Person Perspektive“) und
Perspektivität (Pauen: „dritte Person Perspektive“). Ohne eine Einbettung des
Selbstmodells in ein Weltmodell kann seiner Meinung nach keine Meinigkeit
entstehen (Metzinger, 1997). Das heißt ein reines Modell des Systems (Zentriertheit)
gereicht nicht für Subjektivität, es muss auch eine Einbindung von diesem in ein Bild
der Welt und deren Objekte stattfinden (Perspektivität). Ähnlich verhält es sich bei
Pauen, der es entstehungsgeschichtlich für notwendig hält, dass es eine „dritte Person
Perspektive“ gibt. Die „erste Person Perspektive“ (als explizite Erkenntnis) kann sich
nur aus der Einsicht, dass es auch andere Lebewesen gibt, die mentale Zustände
haben, ergeben.
Eine wichtige Gemeinsamkeit stellt die Akzeptanz der synchronen und diachronen
Identität dar. Metzinger verwendet diese Begriffe zwar nicht, nennt jedoch zwei
funktionale Eigenschaften (Einbettung von Repräsentationen in das Selbstmodell und
zeitlich stabiles Selbstpräsentat), die diesen ähnlich sind. Dies wird deutlich, wenn
man betrachtet, dass sowohl Metzinger, als auch Pauen dieselben pathologischen
Störungsbilder hierfür verwenden. Das Einbetten der aktuellen Repräsentationen (die
aus internen und externen Reizen gespeist werden) in das Selbstmodell entspricht der
Akzeptanz, dass ein bestimmter Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt ein eigener
ist (synchrone Identität) und das stabile Selbstpräsentat bewirkt, dass auch
Erinnerungen an mentale Zustände später als Eigene angesehen werden. Diese
grundlegenden Gemeinsamkeiten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich
beide Ansätze auch sehr stark unterscheiden, was im folgenden Abschnitt dargestellt
werden soll.
Unterschiede beider Theorien:
Der erste und wohl eindeutigste Unterschied ist die vollkommen andere
Herangehensweise der Autoren. Metzinger versucht mit seiner Theorie, angelehnt an
die Naturwissenschaft
und
informationsverarbeitenden
Systeme,
einen
auf
Repräsentationen, Berechnungen und funktionalen Rollen basierenden Ansatz
vorzulegen. Es ist gleichzeitig ein Ansatz, der evolutionsbiologische Plausibilität für
sich beansprucht. Metzinger glaubt, durch gezielte Untersuchung von Ich-Störungen
funktionale Rollen des normalen Wachbewusstseins ablesen zu können. Es gibt drei
repräsentationale Grundelemente (Repräsentation der Innen- und Außenwelt,
Selbstmodell und Weltmodell), die durch aufeinander aufbauende Integration so
etwas wie Bewusstsein hervorbringen können. Es
kommt auch keine klare
Unterscheidung zwischen Meinigkeit und expliziter Meinigkeit wie bei Pauens erster
und zweiter Stufe heraus. Pauen hingegen stellt eine Theorie auf, die keinen Wert auf
Repräsentationen
und
Berechungen
legt.
Ausgehend
von
den
drei
Mindestvorrausetzungen für Bewusstsein nach Strawson entwickelt er einen Ansatz,
der die Entstehung des Bewusstseins erklären soll, und zwar im Laufe eines
Menschenlebens. Seiner Ansicht nach besteht eine Registrierung, dass es einen
Schmerz gibt, der mir selbst zugehörig ist, bereits bei sehr einfachen Organismen
und somit auch beim Menschen von Beginn seines Lebens. Die explizite Erkenntnis,
dass es eigene mentale Ereignisse und nicht die anderer sind, kann aber seiner
Meinung nach nur mit der Zeit entstehen. Dies ergibt in der sozialen Interaktion und
der daraus resultierenden Erkenntnis, dass es auch andere Wesen gibt die solche
Empfindungen haben. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die explizite Meinigkeit zu
entstehen. Sie entwickelt sich somit graduell. Über diesen Punkt, nämlich wann die
Subjektivität entsteht, kann bei Metzinger nur gemutmaßt werden. Er spricht
zumindest bei seinem Selbstmodell von einem gewissen Teil, der biologisch fest
verdrahtet ist (Metzinger); bei den Repräsentationen der Ereignisse und des
Weltmodells spricht er jedoch nicht von einer Art Entwicklung.
Aus diesen Ausführungen lässt sich der zweite grundlegende Unterschied ableiten.
Pauen geht von so etwas wie einem realen Selbst, das hierdurch entsteht, aus, also ist
er eher der traditionalistischen Theorie zuzuordnen. Bei Metzinger hingegen ist das
Selbst lediglich ein Koprodukt, das durch Repräsentationen, Selbstsimulation und
Integration dieser Datenstrukturen in ein Weltmodell, entsteht, also eine Illusion des
Systems, damit ist er eher der Gegenposition zuzuordnen.
Ein weiterer Unterschied ergibt sich, wenn man sich ,wie in der schematischen
Darstellung beider Theorien verdeutlicht, den Status des Selbstmodells ansieht. Bei
Metzinger ist es ein Teil, in den Repräsentationen eingebettet werden und das Selbst
wieder in das Weltmodell eingebettet wird. Hieraus entsteht die Wahrnehmung einer
Meinigkeit. Über Art, Umfang und Veränderbarkeit macht der vorliegende Text
wenig genaue Angaben. Es wird lediglich behauptet, dass es die Eigenschaften des
Systems beinhaltet, das zum Teil fest verdrahtet und zeitlich stabil ist.
Bei Michael Pauen hingegen hat das Selbstmodell einen komplett anderen Inhalt. Es
kann als eine komplette Repräsentation des Systems mit seinen Eigenschaften wie
bei Metzinger, aber auch mit seinen Erinnerungen und charakterlichen Zügen
aufgefasst werden. Das resultiert daraus, dass das Selbstmodell nicht dafür
notwendig ist, bewusste Zustände zu erlangen, diese ergeben sich in der ersten Stufe
ja von Geburt an. Das Selbstmodell ist dann entscheidend, wenn es um die Fähigkeit
der expliziten Zuschreibung eines mentalen Zustandes oder einer Eigenschaft zur
eigenen Person geht. Das Selbstmodell entwickelt sich parallel und ergänzend mit
der Perspektivübernahme, das heißt, sie ist nicht alleinige Vorraussetzung für diese
Fähigkeit. Somit wächst das Selbstmodell ständig aufgrund der eigenen Erfahrung
und der Abgrenzung durch Beobachtung von Verhaltensweisen anderer Lebewesen
an, wird somit auch verbessert und ergänzt. Es ist also nicht wie bei Metzinger fest
verdrahtet und zeitlich stabil. Es ist Resultat eines fortlaufenden Prozesses der
Selbst- und Fremdbeobachtung. Nun sind beide Ansätze in den beiden letzten
Abschnitten vergleichend gegenübergestellt worden; im Folgenden soll Kritik an
beiden Ansätzen geübt werden, um ihre Verwendbarkeit zu überprüfen.
Kritik an beiden Ansätzen:
Beide Ansätze bieten beim ersten Hinsehen eine durchaus zufriedenstellende
Plausibilität, bei
Pauen besonders wegen der Intuition der Introspektion, bei
Metzinger dann, wenn man mit der informationsverarbeitenten Ansicht des
menschlichen Geistes im Grunde vertraut ist. Jedoch stellt sich die Frage, ob eine
oberflächliche
Intuition
ausreichend
ist
für
eine
Theorie.
In
der
Kognitionswissenschaft ist eine naturwissenschaftliche Überprüfung der Hypothese
notwendig, um den Eindruck einer auf bloßer Intuition gestützten Theorie zu
verdrängen. Den Versuch einer empirischen Stützung unternehmen beide Autoren.
Michael Pauen deutet jedoch selbst in seinem Text die Schwierigkeiten des
vorliegenden Herangehens an, indem er bei der Verwendung fremder empirischer
Ergebnisse zur Stützung von „anekdotischer Evidenz“ spricht (Pauen, 1999, S???).
Das Problem ist, dass fremde Ergebnisse ohne sich mit der Anwendbarkeit auf die
eigene Theorie auseinanderzusetzen, für die Unterstützung verwendet werden. Auch
wenn die Ergebnisse gut zu den Theorien passen, müssen sie keine Stütze für diese
darstellen, da für die konkreten Krankheitsbilder, Fallgeschichten und Experimente
auch andere Deutungsarten zulässig sind. Es sind somit dutzende anderer Theorien
denkbar, die sich mit genau denselben Aufzählungen untermauern lassen. So wäre
der Substanzdualismus mit der Eigenschaft, dass sich die psychischen Teilchen unter
bestimmten Umständen vermischen können, durchaus in der Lage, das „Mutiple
Personen Syndrom“ zu erklären. Insgesamt stellt sich somit die Frage, ob beide
Theorien konkret genug sind, um gut operationalisierbar zu sein für empirische
Untersuchungen. Aufgrund dieser Schwierigkeiten beider Ansätze ist eine
interdisziplinäre Arbeit, wie sie bei Metzinger angestrebt wird, wohl kaum zu
erreichen.
Ein weiterer Zweifel ergibt sich daraus, dass das im zweiten Teil dieser Arbeit
angedeutete Problem, dass Bewusstsein per Definition alles umfasst (nicht, wie es
funktioniert) nicht vollständig und in aller Konsequenz gelöst wird. Erst hierdurch
wird es möglich, eine differenzierte Theorie der Funktionsweise des Bewusstseins
hervorzubringen. Es ist nun einmal schwierig, eine Maschine zu erklären, deren
Bestandteile man nicht genau kennt, weil man einen Haufen Teile vor sich hat und
gar nicht weiß, was überhaupt alles zu dieser Maschine gehört. Man muss also zuerst
alle Teile haben, um sie zu einer Theorie zusammenfassen zu können. Dieses
Problem bleibt bestehen. Metzingers „Ansatz der Einschränkung“, nämlich über die
Betrachtung von Ich-Störungen zu einer Definition zu gelangen und die bei Pauen
zitierten Grundbedingungen eines Systems, sind hierfür sicherlich gute Ansätze, aber
nicht ausreichend und (noch) nicht gegenseitig ergänzend. Diese fehlende Definition
scheint das Hauptproblem für eine nicht funktionierende Zusammenarbeit
darzustellen. Es scheint so viele Definitionen von Bewusstsein zu geben, wie es
Wissenschaftler gibt, die sich damit beschäftigen. Es gibt lediglich wage geteilte
Grundannahmen.
Problematisch ist bei den Ansätzen ein Punkt, den beide Seiten beanspruchen, der im
ersten Satz dieses Abschnitts bereits angedeutet wurde: Einerseits empirische
Untersuchbarkeit und andererseits Intuition und Reichhaltigkeit der Introspektion
(Metzinger, 1996, S 3 und Pauen, 1999, S. 5). Jeder Aufsatz weißt auf einer dieser
beiden Seiten einen Mangel auf. Metzingers Ansatz, der mit konkreten
Informationsverarbeitungsmechanismen gespickt ist, ist sicherlich ein Ansatz, der für
Wissenschaftler, die sich mit Informationsfluss im menschlichen Gehirn oder auf
theoretischer Ebene beschäftigen, gut zu bewerten ist hinsichtlich seiner Plausibilität.
Er schlägt konkrete Mechanismen vor, die, wie er selbst behauptet, auch
neurokomputationale Realisierung haben sollen. Das heißt, der Informationsfluss
kann theoretisch abstrakt und, wenn die Hirnforschung weitere Fortschritte macht,
eventuell direkt im Gehirn geprüft werden. Auf der anderen Seite fehlt ein großes
Stück an direkter Evidenz aus der menschlichen Selbstbeobachtung, nicht zuletzt,
weil er nicht mit einer Grundbehauptung, was Bewusstsein minimal bedarf, wie
Michael Poauen startet. Es wird in seinem Text nicht genau definiert, wie das
Bewusstsein, das er untersucht, sein soll. Und eine Datenstruktur und eine Reihe von
Berechnungen können die „Vielfalt des phänomenologischen Materials“ (Metzinger,
1996, S. 3) einfach nicht abdecken. Michael Pauen hingegen schafft es, auch anhand
seiner zum Teil etwas alltäglicheren Beispiele wesentlich leichter eine Tendenz zu
vermitteln, dass seine Theorie auf unser Bewusstsein anwendbar ist. Er zeigt auf, wie
spezifische Teile unseres Selbst (Selbstmodell) entstehen und was der zugrunde
liegende Mechanismus ist (Fremdabgleich). Auch das Selbst an sich scheint einfach
intuitiver zu sein als Metzingers Selbstmodell, da es wesentlich mehr Aspekte
umfasst und sich ständig verändert. Bei der Beobachtung der eigenen Person
empfindet
man
wohl
mehr,
als
dass
man
ein
Körper
mit
gewissen
Grundeigenschaften ist. Man erinnert Charakterzüge und vergangene erlebte
Ereignisse und sieht sie als zu seiner eigenen Person zugehörig an. Natürlich kann
man dies auch nach Metzinger als situative Konstruktion ansehen, aber es erscheint
zumindest deutlich unintuitiver. Auf der anderen Seite steht bei Pauen die zu vage
Formulierung der Entstehungsgeschichte und Funktionsweise des menschlichen
Geistes. Er argumentiert zwar, dass die Reihenfolge der Ausbildung der Fähigkeiten
(„erste Person Perspektive“, „dritte Person Perspektive“) empirisch nachweisbar ist,
doch scheint diese nicht ausreichend zu sein, wenn man andere Teile seiner Theorie
betrachtet: Es wird nirgends deutlich, wie ein Selbstmodell aus eigenen Erlebnissen
und Fremdvergleich angepasst wird, sprich, welche spezifischen Mechanismen es
gibt. Es wird auch nicht klar, inwiefern oder ob überhaupt das Selbstmodell
wiederum die Fremdwahrnehmung beeinflusst. Eine bessere Beschäftigung mit der
Gedächtnispsychologie und der Wahrnehmungspsychologie wäre unter Umständen
sinnvoll, da Selbst- und Fremdkonzepte im Gedächtnis abgelegt werden und es bei
der Wahrnehmung anerkanntermaßen Top-Down Prozesse gibt. Somit könnte Pauen
seiner Theorie auch weitere empirische Fundierung geben.
Die Abspeicherung des Selbstmodells führt bei Pauen zu einem Problem. Geht man
davon aus, dass die Selbstkonzepte auf Basis des Fremdabgleichs erstellt werden, ist
es trotzdem notwendig, dass die Ergebnisse dieses Vorgangs irgendwie abgesichert
werden. Und stellt man sich nun einen fortlaufenden Prozess der „Akte des
Selbstbewusstseins“ vor, so kann man durchaus auch behaupten, es wäre eine
Simulation aufgrund eines gewissen Inputs (nämlich dem Aufruf bestimmter Teile
des Selbstmodells) wie bei Metzinger, da ja nicht immer das gesamte Selbstkonzept
aktiv sein kann. Somit ist das in einem Moment wahrgenommene Selbst wiederum
nur ein Produkt eines Prozesses und bestimmter Einträge in einer Art „Selbstdatenbank“. Wenn man diese Ansicht verfolgt, müsste man Pauen in aller
Konsequenz auch in das Lager der Skeptiker der traditionellen Theorie vom
menschlichen Geist einordnen. Auch bei Metzinger gibt es einen Punkt, der die
Theorie wacklig erscheinen lässt. Er spricht von Datenstrukturen, die aus einer
Simulation hervorgehen, aber es ihnen nicht direkt anzusehen ist, dass sie das
Produkt einer solchen sind (Metzinger letzte zwei Seiten). Dadurch, dass das System
diese lädt und nicht erkennt, dass es sich um ein Produkt einer Simulation handelt,
soll so etwas wie bewusstes Erleben oder der Eindruck einer direkten Verbundenheit
mit der Welt entstehen. Aber ein Eindruck, der bei dieser Erklärung nicht
verschwindet ist, dass Metzinger damit das Rätsel des bewussten Erlebens nicht
auflöst. Seine Theorie führt nicht gezwungenermaßen dazu, dass bewusstes Erleben
stattfinden muss. Da steckt immer noch wieder ein System dahinter, was auf die
besagten Datenstrukturen draufschaut. Das Problem besteht somit nur eine Ebene
höher. Wäre es so einfach zu realisieren, so hätten „künstliche Intelligenz Forscher“
weniger Probleme, rudimentäres künstliches Bewusstsein zu erzeugen. Der Sprung
von der materiellen Ebene oder zumindest den Berechnungsvorschriften und den
Datenstrukturen zu der psychologischen Empfindung scheint nicht endgültig
gelungen zu sein. Dieses Schicksal teilt Metzinger mit Wissenschaftlern, die den
Materialismus vertreten. Sei es dadurch, dass wir kulturell noch nicht reif sind,
solche Ansätze zu verstehen, da das bewusste Erleben als Institution tief verwurzelt
ist oder sei es, dass der Ansatz der Illusion eines Erlebens einfach falsch ist und es
doch Mechanismen und Entitäten gibt, die es erklären.
Abschließende Gedanken
Zum Abschluss dieser Arbeit, soll noch einmal betont werden, dass Metzinger und
Pauen Theorien über ein Thema vorlegen, das noch nicht einmal eng umrissen ist. Es
geht um Bewusstsein und es herrscht immer noch keine Einigkeit, was Bewusstsein
alles umfasst und welche Phänomene dazuzuzählen sind. Beide Autoren bemühen
sich um wissenschaftliche Zusammenarbeit; dies kann aber nur gelingen, wenn allen
Seiten klar ist, wovon man eigentlich redet. Es ist wenig hilfreich, seine eigene
Theorie vorzulegen, die beansprucht, geeignet zu sein für den wissenschaftlichen
Diskurs und zur empirischen Untersuchung, wenn keine Klarheit über den genauen
Gegenstand der Theorie besteht. Hier kann man jedoch in den vorliegenden Texten
durchaus Potenzial sehen. Metzinger tritt für die Idee, anhand psychologischer
pathologischer Fälle die Merkmale eines normalen Bewusstseins abzuleiten. Dies
führt sicherlich zu einem gewissen Erfolg, da man Bereiche und Mechanismen des
Bewusstseins entdecken wird, die man intuitiv nicht vermuten würde. Auf der
anderen Seite zitiert Pauen Galen Strawson, der Grundbedingungen für Bewusstsein
vorlegt. Diese theoretischen Überlegungen und die empirische Beobachtung eignen
sich sicherlich sehr gut, um ein ergänzendes Bild von menschlichem Bewusstsein zu
schaffen. Diese Aufgabe ist wohl die wichtigste, um überhaupt zusammen an einem
Strang beim Thema Bewusstsein ziehen zu können. Eine Theorie von Bewusstsein
muss also zu erst eine Definition des Bewusstseins sein. Hieraus lässt sich auch
erkennen, dass auch die jahrhundertealte Frage, ob Bewusstsein eine Illusion ist oder
eine reale Entität in die falsche Richtung gegangen ist. Die Frage muss lauten: Was
alles ist eigentlich Bewusstsein? Somit wird klar, dass es nicht weiter darum gehen
sollte, sich mit Grundsatzdiskussionen zu diesem Thema abzugeben, sondern zum
eigentlichen Kern vorzudringen. Und das sollte von möglichst vielen Richtungen
geschehen,
das
heißt,
dass
sich
die
verschiedenen
Richtungen
Kognitionswissenschaft mit der Definition auseinandersetzen sollten.
der
Literaturverzeichnis:
•
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Selbs tund seine neurobiologischen Grundlagen, eds. Newen,
Albert, Vogeley, Kai, (Paderborn: Mentis/Schöningh,
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•
Metzinger, Thomas, Subjekt und Selbstmodell: die Perspektive phänomenalen
Bewusstseins vor dem Hintergrund einer naturalistischen Theorie
mentaler Repräsentation, (Paderborn: Schöningh, 1993)
•
Metzinger, Thomas, Ich-Störungen als pathologische Formen mentaler
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Leib-Seele-Problem, ed. Northoff, G, (Paderborn: Mentis, 1997),
retrieved August 08, 2006 from
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Dennett, Daniel, Consciousness Explained, (New York: Little Brown & Co
(T), 1991
•
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•
Bieri, Peter, Was macht Bewußtsein zu einem Rätsel?, in Bewusstsein:
Beiträge aus der Gegenwartsphilosophie, ed. Metzinger, Thomas,
(Paderborn: Schöningh, 1996)
•
Descartes
•
Hume