Verdrängung und neues Bewusstsein

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Bob Dylan setzte mit
seinem Konzert 1978
erstmals Musik und
Flower Power gegen die
Ideologie der Nationalsozialisten.
Foto: Stadtarchiv Nürnberg, 1978
rechts oben: 1967 ließ
die Stadt Nürnberg
die Pfeilerreihen der
Zeppelintribüne mit der
Begründung „Baufälligkeit“ sprengen.
Foto: Stadtarchiv Nürnberg, 1967
rechts Mitte: Noch heute
prägen die baulichen
Relikte der Nationalsozialisten das Gelände
zwischen Messe und
Dutzendteich.
Luftbild: Hajo Dietz, 2010
rechts unten: Zwischen
1985 und 2001 besuchten
bis zu 50.000 Menschen
jährlich die Ausstellung
„Faszination und Gewalt. Nürnberg und der
Nationalsozialismus“ in
der Zeppelintribüne.
Foto: Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, 1985
Nr. 55 | 20. Oktober 2015
Museen der Stadt Nürnberg
Verdrängung und neues Bewusstsein
Zum Umgang mit dem Reichsparteitagsgelände nach 1945
1945, ausführlich dar: das Sport- und Freizeitgelände
der US-Army, „Soldiers' Field“ genannt, und Sudeten­
deutsche Tage, der Auftritt des Predigers Billy Graham
und Konzerte von Bob Dylan, Norisring und Eventkul­
tur werden anhand – manchmal unerwarteter und
ungewöhnlicher – Leitobjekte gezeigt. Zahlreiches
Material dokumentiert Sprengung, Abriss, Stadtteil­
entwicklung und Stadionpläne, aber auch Messen,
Naherholungsgebiet, Sport und Freizeitnutzung. Und
nicht zuletzt geht es darum, wie sich seit den 1980er
Jahren mit der Ausstellung in der Zeppelintribüne
sowie im Jahr 2001 mit der Eröffnung des Dokumen­
tationszentrums zunehmend die Erinnerungsarbeit
auf dem Gelände manifestiert und die Stadt ein neues
Bewusstsein zu diesem historischen Ort entwickelt.
Alle weiteren Informationen zu Ausstellung,
Symposium und Begleitprogramm sowie öffentli­
chen Werkstattgesprächen und Bildungsangebot
finden Sie unter:
www.dokumentationszentrum-nuernberg.de.
Martina Christmeier
Das Gelände:
Dokumentation. Perspektiven. Diskussion.
Ausstellung im Dokumentationszentrum
Reichsparteitagsgelände
19. 10. 2015 bis 13. 3. 2016
Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr
Blick in die mögliche Zukunft
Das Reichsparteitagsgelände im Südosten Nürn­
bergs, das von 1933 bis 1938 wichtigste Propagan­
dastätte der Nationalsozialisten war, blieb 1945 als
riesige Baustelle mit fertiggestellten Aufmarschflä­
chen und unvollendeten Bauten zurück. Diese archi­
tektonischen Hinterlassenschaften wie Kongresshalle,
Zeppelinfeld oder Große Straße transportieren als
bauliche Zeugen des „Dritten Reichs“ Geschichte in
die Gegenwart. Seit 1945 stellt sich die Frage nach
einer angemessenen Haltung zu den Bauten des
Geländes. Alle Umgangsweisen und Aneignungen
des Geländes dokumentieren einen bestimmten
Zeitgeist, eine mehr oder weniger bewusste Position zur nationalsozialistischen Vergangenheit. Nicht
selten steht diese unterschiedlichen Verwendungs­
wünschen entgegen.
Es gibt in Deutschland kaum einen Stadtraum, bei
dem wie bei dem Areal am Dutzendteich in so span­
nender Weise zu beobachten ist, wie Geschichtskultur,
kommerzielle Interessen, Naturschutz und Verkehr,
Politik, Sport und Kunst interagieren. Das Dokumenta­
tionszentrum stellt in seiner Ausstellung erstmals die­
se zweite Geschichte des Geländes, die Geschichte seit
Ein Baugerüst in Form eines raumhohen Kubus ist
Sinnbild für den Baustellencharakter, für die noch zu
lösenden Fragen: Wie soll die Zukunft des Geländes
aussehen, welche Perspektiven im Umgang mit dem
Reichsparteitagsgelände gibt es? Besonders Zeppelin­
feld und -tribüne befinden sich aufgrund baulicher
Mängel seit Jahren in schlechtem Zustand. In seinen
2004 beschlossenen und erst kürzlich bestätigten
Leitlinien zum künftigen Umgang mit dem Gelände
spricht sich der Stadtrat für den Erhalt der dortigen
Anlagen aus. Die Ausstellung erläutert die aktuellen
bautechnischen Maßnahmen, die zurzeit an Zep­
pelinfeld und -tribüne durchgeführt werden, um die
Bausubstanz zu sichern. Eine mediale Präsentation
ermöglicht es Besucherinnen und Besuchern, sich
anhand eines virtuellen Rundgangs schon jetzt ein
Bild von den vielfältigen Chancen und dem Mehrwert
eines künftigen „ErfahrungsRaums Reichspartei­
tagsgelände“ zu machen. Deutlich wird: Der Abbau
von Barrieren schafft völlig neue Zugänglichkeiten
und Sichtbeziehungen, Sehepunkte eröffnen bislang
verborgene Ein- und Ausblicke und machen Zusam­
menhänge erfahrbar. Teile des Geländes werden der
Öffentlichkeit zurückgegeben.
Beispiele zum Umgang mit NS-Großbauten andern­
orts in der Bundesrepublik, eine „NachlesBar“ zur
intensiven Beschäftigung mit bislang vorgelegten
Konzepten zum Gelände sowie eine schlaglichtartige
Betrachtung der öffentlichen Diskussion bieten einen
erweiterten Blick auf den historischen Ort Reichspar­
teitagsgelände in Nürnberg und öffnen so neue Denk­
räume. Ein Symposium am Eröffnungswochenende 17.
und 18. Oktober 2015 zur Zukunft des Geländes, Besu­
cherforum, Führungen und Werkstattgespräche laden
die Bevölkerung explizit ein, Stellung zur Thematik zu
beziehen und eine eigene Haltung zu entwickeln.
Termine
Ausstellungen
Deutschlands Auge & Ohr
Nürnberg als Medienzentrum der
Reformationszeit
Stadtmuseum Fembohaus
Bis 31. 10. 2015
Christkindla around the World
Weihnachtsausstellung des
Spielzeugmuseums in der Ehrenhalle
des Rathauses
26. 11. bis 28. 12. 2015
Kunst & Handwerk
Der Markt für schöne Dinge im
Stadtmuseum Fembohaus
3. 12. bis 13. 12. 2015
Technikland – staunen@lernen
Lernlabor im Museum Industriekultur
Bis 31. 01. 2016
Notspielzeug
Die Phantasie der Nachkriegszeit
Spielzeugmuseum
Bis 1. 2. 2016
Tucherschloss in Trümmern!
Zerstörung und Wiederaufbau eines
Nürnberger Kleinods
28. 1. bis 18. 4. 2016
Sonderveranstaltungen
Aus Brasiliens Gitarrenolymp
Feurige Klänge des Gitarrenvirtuosen
Yamandu Costa im Hirsvogelsaal
Sa 21. 11. 2015, 20 Uhr
Kammermusik mit Cembalo
Susanne Hartwich-Düfel (Cembalo)
im Hirsvogelsaal
„Festliche Barockmusik“, als Gast Sören
Uhde (Violine)
Sa 28. 11. 2015, 20 Uhr
„Unentdeckte Kostbarkeiten“, als Gäste
Katrin Küsswetter (Sopran), Sören Uhde
(Violine)
Fr 26. 2. 2016, 20 Uhr
Montagskonzert
Mit Schülerinnen und Schülern des
Labenwolf-Gymnasiums
Hirsvogelsaal
Mo 7. 12. 2015; 1. 2. und 14. 3. 2016, jeweils
13.15 Uhr
American Recital Series
Konzertreihe in Kooperation mit dem
Deutsch-Amerikanischen Institut DAI
im Hirsvogelsaal
No. 10: „Songs from the Melting Pot“ mit
Jennifer Lynn Rouse und Wayne Lempke
Do 29. 10. 2015, 19 Uhr
Renaissanceball
Tanz mit Marie-Claire Bär Le Corre und der
Hochschule für Musik Nürnberg
Stadtmuseum Fembohaus
Mi 18. 11. 2015, 18.30 Uhr
„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung,
Liebe ...“
Familiäre Frömmigkeit im Hause Tucher
Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal
So 13. 12. 2015; 21. 2. 2016, jeweils 11 Uhr
Lebkuchenbacken
Backvorführungen
im Museum Industriekultur
So 22., 29. 11.; 6., 13., 20. 12. 2015, 13–17 Uhr
Di 1., 8., 15. und 22. 12. 2015, 9–13 Uhr
Do 3., 10. und 17. 12. 2015, 9–13 Uhr
„Von einer anständigen Wollüstigkeit“
Fest- und Esskultur der Renaissance
Neue Erwachsenenführung!
Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal
So 24. 1., 28. 2., 20. 3. 2016,
jeweils 11 Uhr
Industrie, Kultur & der achte Tag
Poetisches Theater
im Museum Industriekultur
So 31. 1., 14. 2., 28. 2., 6. 3., 20. 3., 3. 4. 2016,
jeweils 16 Uhr
Hinter verschlossenen Türen
Kongresshalle mit Dachbegehung
Dokuzentrum, jeden Sa 15 Uhr
Besondere Führungen
Schaustück des Monats November 2015
„Neue Notspielsachen“
im Spielzeugmuseum
Di 10. 11. und Do 12. 11. 2015,
jeweils 14 Uhr
Tuchfühlung mit der Renaissance
Führung für Blinde und Menschen mit
Sehbehinderung
Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal
So 7. 2. 2016, 11 Uhr
Mit „Agnes Dürer“ durchs AlbrechtDürer-Haus
Führung im historischen Gewand
Di, Mi und Sa 15 Uhr, Do 18 Uhr, So 11 Uhr
Englische Führung: Sa 14 Uhr
Hereinspaziert!
„Katharina Tucher“ zeigt ihr Schloss
Kostümführung mit der historischen
Hausherrin
Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal
Jeden So 14 Uhr
Alle Termine und weitere Infos unter
www.museen.nuernberg.de