Gender-Anfrage_RIS_2015

15.06.2015
Anfrage
Vorlage-Nr:
Öffentlichkeitsstatus:
VO/2015/5670-01
öffentlich
Barrierefreie und geschlechtergerechte Homepage der Stadt
Osnabrück
Beratungsfolge:
Gremium
Datum
Rat der Stadt Osnabrück
16.06.2015
Sitzungs- Zuständigkeit
art
Ö
TOPNr.
Kenntnisnahme
Sachverhalt:
Aus dem Sachstandsbericht zur Umsetzung des Aktionsplans „inklusives Osnabrück“ vom
28.04.2015 geht hervor, dass die offizielle Homepage der Stadt Osnabrück laut einer
Untersuchung des Medienzentrums lediglich zu 75 % barrierefrei ist.
Wir fragen die Verwaltung:
1. Was sind die Ursachen dafür, dass die Homepage der Stadt Osnabrück nur zu 75 %
barrierefrei ist?
2. Ist davon auszugehen, dass dieser Mangel behoben werden und eine 100%ige
Barrierefreiheit erreicht werden kann?
3. Ist die Verwaltung der Auffassung, dass geschlechtergerechte Sprache ein
Ausdruck der Umsetzung von verfassungsgemäß garantierter Gleichberechtigung
von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen ist und in einer
neuen Homepage nicht fehlen darf?
Die Verwaltung beantwortet die Anfrage der SPD-Fraktion wie folgt:
Zu Frage 1:
Die Homepage der Stadt Osnabrück ist weitestgehend barrierearm, was auch der
Inklusionssachstandbericht von 2012 bestätigt. Vor der Umstellung des
Redaktionssystems auf TYPO 3 zu Beginn dieses Jahres haben zwei
seheingeschränkte Mitglieder des Behindertenforums den neuen Auftritt geprüft.
Beide haben dem städtischen Auftritt Barrierearmut attestiert – allerdings mit
Einschränkungen, die sie akzeptieren. So werden durchaus Filme und Fotos ins Netz
gestellt, obwohl Sehbehinderte diese nicht oder nur eingeschränkt verfolgen können.
Eine 100prozentige Barrierefreiheit kann also generell nicht erreicht werden. Wichtig
bei der Darstellung ist die grafische Aufbereitung der Seite, die das Vorlesen über
einen Screenreader (eine spezielle Software für Blinde) ermöglicht. Unter anderem
auch aus diesem Grunde wird das „Binnen-I“ nicht benutzt: Es ist leicht
verwechselbar mit dem kleinen „L“ und schwer zu lesen. (Die Dudenredaktion hält
fest, dass das „Binnen-I“ nicht den Rechtschreibregeln entspricht, beobachtet aber
die weitere Entwicklung, so dass es durchaus möglich ist, dass diese Ausnahme als
Besonderheit akzeptiert wird.)
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Zu Frage 2:
„Leichte Sprache“ wird angestrebt, ist aber kein Dogma. So werden in der Regel
möglichst kurze Sätze verwandt, akzeptiert werden aber auch Nebensätze,
Relativsätze etc. Es werden in der Regel Aktivsätze gebildet, das Passiv ist aber nicht
verboten. Konjunktiv 1 und sogar Konjunktiv 2 werden in der indirekten Rede benutzt.
Der Genitiv ist nicht verboten und auch Futur 2 und Plusquamperfekt kommen vor,
wenn auch nicht sonderlich häufig. Abkürzungen werden beim ersten Auftritt immer
durch die ausgeschriebene Form eingeführt (Ausnahmen sind zu Eigennamen
gewordene Abkürzungen wie ARD, ZDF, WM etc.) Auf Fremdwörter und Anglizismen
wird möglichst verzichtet ebenso auf Ironie und nichtssagende Modewörter aus der
Sprachwelt des Marketings. Auf Sonderzeichen wie Anführungszeichen („“) kann
hingegen nicht immer verzichtet werden, da anders die wörtliche Rede nicht
dargestellt werden kann. Ziel ist, einen an journalistischen Standards ausgerichteten,
ebenso sachgerechten wie leichtverständlichen sprachlichen Ausdruck zu finden, der
insbesondere auch für sehbehinderte Menschen vorlesbar ist. Daher gilt: „Fasse dich
kurz!“ Von großer Bedeutung ist die Auffindbarkeit der Texte über die GoogleSuchmaschine. Diese kann nur ermöglicht werden, wenn die Schlagwörter in den
ersten Zeilen genannt werden.
Zu Frage 3:
Die Verwaltung ist dieser Auffassung. Aber das „Referat für Medien und
Öffentlichkeitsarbeit“ schreibt in einem Spannungsfeld, das sich am ehesten durch
folgende Eckpunkte beschreiben lässt: 1.) richtiges Deutsch, 2.) einfacher Ausdruck,
3.) Zielgruppenorientierung. Aus diesem Grunde wurde beispielsweise vor der letzten
Oberbürgermeisterwahl auch auf die „Oberbürgerinnenmeisterinnenkandidatinnen“
bzw. auf die „OberbürgerInnenmeisterInnenkandidatInnen“ (aus Wikipedia) verzichtet.
Auch das Partizip hilft nicht immer weiter: Anders als Studierende müssen Studenten
nicht gerade studieren, um dennoch als Studenten bezeichnet zu werden.
Sprechende sprechen gerade, Sprecher hingegen können durchaus auch schweigen.
In direkter Ansprache, in Grußworten etwa, werden beide Geschlechter direkt
angesprochen.
Da die meisten Texte auf den städtischen Internetseiten aus Pressemitteilungen
hervorgehen, die sich an Medien richten, wird die geschlechtergerechte Sprache
behutsam benutzt, weil die Medien aus Platz-, Zeit- und Kostengründen die
geschlechtergerechte Sprache ebenfalls nur zurückhaltend gebrauchen. Die Nutzung
des Partizips hat sich bisher in den Medien nicht durchgesetzt. Stattdessen wird das
umstrittene generische Maskulinum genutzt, das den sinnvollen, sachlich allerdings
problematischen Satz „Ärztinnen sind die besseren Ärzte“ erlaubt. Der behutsame
Gebrauch ist auch angeraten, weil auf der Startseite der städtischen Homepage
lediglich die ersten fünf Zeilen eines Textes angezeigt werden, in dem möglichst viele
Sachinformationen untergebracht werden müssen. Zugleich müssen die Begriffe
genannt werden, die von den Suchmaschinen gefunden werden sollen. Aus diesem
Grunde wird insbesondere auch bei Twitter nur sehr zurückhaltend
geschlechtergerecht formuliert: Bei lediglich 144 zur Verfügung stehenden Zeichen
pro Meldung muss auf alles verzichtet werden, was Platz braucht. Auch bei facebook
geht es darum, die Würze in der Kürze zu finden.
Die Texte sollen bestenfalls umfassend sachlich informieren, gut zu lesen und kurz
sein und trotzdem auch von Menschen mit limitierten Deutschkenntnissen verstanden
werden können. Zusätzlich müssen die Texte auch im Hören verständlich sein.
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