Frohe Ostern und durchaus Grund zu klagen

Der Pfaffenhofener
Ausgabe 3 / KW 11
FREITAG, 18. MÄRZ 2016
Preis: gratis!
Katharsis der Wechselbäder
Indianer an der Ilm
Hellmuth Inderwies zur Ausstellung von
Dina Rosemarie Forster-Wolff in der Städtischen Galerie Seite 4
Der eigenwillige Barde Willy Michl
groovt auf dem Bluespfad im Stockerhof
Seite 7
ABSTURZ
Roland Scheerer über
die technischen Tücken
potenziell poröser
Balkone
Seite 2
UNTERGRUND
Ein Überblick über
die Ausgrabungen in
Pfaffenhofen in den
letzten fünf Jahren
Seite 3
TREND
Die Stadt nimmt teil am
Modellprojekt „Digitale
Einkaufsstadt“
Seite 5
BIENENFLEISS
Der „Hallertauer“ und
die Kunst: Die neue
Serie des Regionalgeldes
ist im Umlauf
Seite 8
Frohe Ostern und durchaus Grund zu klagen
von Lorenz Trapp
Heute Morgen fand ich meinen
Nachbarn nachdenklich. Er stand,
mit einer Staffelei unter dem Arm,
vor seiner Terrasse und blickte hoch
zu deren Überdachung. „Jetzt“, sagte
er, „ist sie grad nicht da, aber sie
kommt gleich wieder!“ Es gehe nun
schon eine geraume Zeit so: Eine
Amsel schleppt kleine Zweige, Moos
und anderes Kleinzeug an, platziert
es zwischen Tragebalken und Flachdach, um ein Nest zu bauen, und weil
die Amsel eine fleißige Arbeiterin ist,
aber kein Dixi-Klo zur Verfügung hat,
lässt sie quasi en passant des Öfteren
etwas fallen – auf den Terrassentisch
meines Nachbarn. Natürlich wisse
er, dass die Amsel sich irgendwo ihr
Nest bauen muss, er habe auch schon
mit ihr gesprochen, meinte er mit liebevoller Ironie, und ihr sogar einen
alternativen Standort am Ende der
Terrasse angedient, doch die Amsel
lasse sich nicht beirren und antworte
nicht. Und jedes Mal, wenn er das
Fundament ihres Bauwerks entfernt
habe, ziehe der Vogel daraus keine
Schlüsse, sondern beharre auf dem
einmal gewählten Platz und beginne
mit beeindruckender Geschäftigkeit
von Neuem. Aber klagen, sagte mein
Nachbar, klagen wolle er nicht.
Auf dem Weg in die Stadt fiel mir auf,
dass sich die Zahl der Schokoladenhasen in den letzten Tagen massiv
erhöht hatte. Sie lugen aus Schaufenstern, stehen, in goldiges Papier
gewickelt, Spalier in den Supermärkten, zieren gar kitschig Plakate, die
zu „Sale-%“-Käufen einladen, und
da war es ein erfrischender Anblick,
den Osterbrunnen zu entdecken, den
die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen
des Städtischen Seniorenbüros im
Innenhof der Wohnanlage St. Josef so
liebevoll gestaltet haben.
Der Brunnen, so der Künstler Herbert Klee, nach dessen Modell der
Brunnen realisiert wurde, sei so angelegt, dass er von allen Seiten be-
trachtet werden kann und sich dabei
immer neue Sichtweisen ergeben.
Ostern steht also vor der Tür. Falls
Sie, wo auch immer, im Büro, am
Fließband, hinter der Theke oder auf
dem Bau, zu denjenigen gehören, die
nur die roten Feiertage im Kalender sehen (arbeitsfrei, juchhu!) und
schon Vorschläge wie Frühlingsfest
– auch wenn der Ostersonntag jedes
Jahr seinen Termin am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im
Frühling findet – oder Ähnliches zur
Umbenennung der Ostertage in petto haben, hier doch ein kleiner Hinweis: Ostern ist im Christentum die
jährliche Gedächtnisfeier der Auferstehung Jesu Christi, die am Ostersonntag zelebriert wird. Und nur
zur Erinnerung: Der Gründonnerstag gehört dem Letzten Abendmahl,
und zwar nicht dem von Leonardo da
Vinci, sondern dem mit Judas Ischariot, der darauf folgende Karfreitag
ist der Tag des Leidens und Sterbens
Jesu Christi, und mit dem Karsams-
tag endet die Karwoche; mit dem
Ostersonntag beginnt die österliche
Freudenzeit.
Der Name Karwoche geht zurück auf
das althochdeutsche Wort kara, das
für Klage, Kummer und Trauer steht.
Und da wären wir doch wieder bei
der Sache, in der Gegenwart: Man
möchte in Klage, Kummer und Trauer verfallen, wenn man die Bilder in
den Nachrichten sieht. Das hochgelobte Abendland Europa versucht
entschlossen, sich zu verbarrikadieren, kann damit aber nicht seine organisatorische Unfähigkeit kaschieren, Hilfe suchenden Menschen,
Kindern, Frauen und Männern, Hilfe
zu gewähren. Die Bilder der Verzweifelten an den blockierten Grenzen
schreien zum Himmel. Und niemand,
nicht mal aus den Reihen unserer
klugen Politikerköpfe, die sich so
bereitwillig zu den Mikrofonen wenden, glaubt ernsthaft daran, dass sich
die Hilfesuchenden von einer geschlossenen Grenze aufhalten lassen
werden. Irgendwo anders, irgendwo,
wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Im Vergleich dazu sind die Ergebnisse der Landtagswahlen in den
Bindestrich-Bundesländern gerade
noch für einen matten Schauder gut.
Dennoch: Was geht in diesem Land
vor, wenn etablierte Parteien kontinuierlich an Kredit verlieren und
eine ausländerfeindliche, rechtslastige Gruppierung für den Wähler zur
Alternative wird, zur Alternative für
Deutschland? Für uns?
Heute Abend fand ich meinen Nachbarn immer noch nachdenklich. Er
stand wieder vor seiner Terrasse und
blickte hoch zu deren Überdachung.
Die Amsel war grad nicht da, doch
in der Nische zwischen Tragebalken
an der Hauswand und dem darauf
sitzenden Flachdach zeichnete sich
eindeutig der Rohbau eines Amseldomizils ab. „Vielleicht“, sagte mein
Nachbar, „vielleicht werde ich einfach meinen Tisch ein bisschen verrücken“.
STADTKULTUR
Seite 2 | Der Pfaffenhofener
Wohnen und Parken
Liebe Pfaffenhofenerinnen
und Pfaffenhofener,
es ist Frühlingsanfang – aber keine
Zeit für Frühjahrsmüdigkeit! Eine
ganze Reihe großer Projekte laufen
derzeit in unserer Stadt. Vorarbeiten und Überlegungen zum neuen
Flächennutzungsplan, Planung einer großen Wohnanlage nahe der
Altstadt, erster Spatenstich für die
neue Grund- und Mittelschule, Eröffnung des Jugendzentrums Atlantis und Vorbereitung der Messe
„Gutleben.Gutwohnen.2016“ sind
hier die wichtigsten Stichpunkte.
Bei einer Zukunftswerkstatt mit
vielen Bürgern und einer anschließenden Stadtratsklausur haben wir
uns vor kurzem der Neuaufstellung
des Flächennutzungsplans und der
Stadtentwicklung gewidmet. Und
hier werden wir in den nächsten
Wochen noch weiterarbeiten: Im
April laden wir zu drei Zukunftsforen ein, bei denen interessierte Bürgerinnen und Bürger sich und ihre
Ideen mit einbringen können: Am
13. April trifft sich das Zukunftsforum Landschaft, am 19. April geht
es um Mobilität und am 25. April
stehen die Ortsteile im Mittelpunkt.
Beginn ist jeweils um 19 Uhr im
Rathaus – wir freuen uns, wenn Sie
sich beteiligen!
Um Planung – und zwar für den
Bau von Sozialwohnungen – ging es
auch beim Architektenwettbewerb
„Wohnen nahe der Altstadt“, dessen Ergebnisse wir Ihnen ab dem 22.
März im Rathaus präsentieren. Auf
dem Gelände des Parkplatzes an der
Kellerstraße wollen wir im nächsten
Jahr erschwingliche Wohnungen für
fast 100 Personen bauen. Alle im
Architektenwettbewerb eingereichten Pläne und Modelle werden vom
22. März bis 1. April im Sitzungssaal im Rathaus ausgestellt. Schauen Sie doch mal vorbei!
Mehr Platz für Menschen, weniger für Autos
von Claudia Erdenreich
Parkplätze sind seit jeher ein sensibles Thema in Pfaffenhofen. Der
Pfaffenhofener an sich möchte möglichst zentral parken, am besten direkt vor dem gewählten Geschäft
oder Restaurant. Und das Ganze
möglichst problemlos und kostenlos.
Alte Postkarten beweisen: Schon im
Zeitalter der Pferdekutschen wurde
kreuz und quer auf dem Hauptplatz
gefahren und geparkt. Und der ist
mit seinen 300 Metern Länge nun
wirklich beeindruckend und groß genug für fast alle Bedürfnisse.
Bisher gab es mit dem Parken auch,
anders als manche beklagen, kaum
Probleme. Es gab genug Schleichwege, brachliegende Flächen und
Geheimtipps. Die weichen nun nach
und nach einer Bebauung und einer
gezielten Stadtplanung. Sie weichen
Wohnhäusern, Wegeplanung und einer Gartenschau.
Die Kreisstadt wächst schnell, es
wollen immer mehr Menschen hier
leben. Die günstige Lage zwischen
boomenden, aber teuren Großstädten
lockt, rund 400 Menschen mehr pro
Jahr verzeichnet die Statistik. Was
andere Städte freudig begrüßen würden, muss man hier in Bahnen lenken
und sachte begrenzen.
Die Stadt soll nicht immer weiter
auswuchern, an den Rändern ausfransen in optisch eintönige Wohn-
gebiete. Neben den so beliebten
Einfamilienhäusern geht der Trend
nun auch in eine andere Richtung:
Urbanes Wohnen ist wieder gefragt,
zentrumsnah, modern, mit kurzen
Wegen.
Das führt zu einer Bebauung an Stellen, die schon Jahrzehnte leer waren.
Eine Nachverdichtung, an die sich
mancher erst gewöhnen muss. Die
Preise haben angezogen für diese
schicken Wohnungen, viele können
das problemlos bezahlen, manche
nicht. Auch für die Benachteiligten
plant Pfaffenhofen voraus, mit Sozialwohnungen, die schon lange fehlen. Der Architekturwettbewerb
wurde gerade entschieden. 38 neue
Wohnungen werden an der Keller-
Ein anderes Bauprojekt feiert am
19. März Eröffnung: Das Atlantis
steht nach der aufwendigen Sanierung des Eisstadions wieder als
Jugendzentrum zur Verfügung. Die
Stadtjugendpflege ist daher mit ihrem Jugendzentrum vom Frontstage
an der Unteren Stadtmauer wieder
zurück ins Atlantis am Eisstadion
gezogen. An fünf Tagen in der Woche, von Dienstag bis Samstag, jeweils zwischen 16 und 21 Uhr steht
das Atlantis jetzt allen jungen Leuten offen. Die Eröffnung wird am
Samstagabend, 19. März, gefeiert
und dazu sind alle Interessierten
eingeladen.
Einladen darf ich Sie auch heute schon zur Pfaffenhofener Messe
„Gutleben.Gutwohnen.2016“, die
vom 8. bis 10. April auf dem Volksfestplatz stattfindet. In der Tradition der Pfaffenhofener Gewerbeschau bzw. der Hallertauer Messe
präsentieren sich hier wieder über
80 Firmen, Betriebe und Dienstleister aus Pfaffenhofen und der
ganzen Umgebung. Auch die Stadt
Pfaffenhofen ist wieder mit einem
informativen Stand vertreten und
für alle Besucher heißt es wie gewohnt: Eintritt frei!
Ihr
Thomas Herker,
Erster Bürgermeister
Jetzt wollte ich den Biomüll raustragen. Zu dem Zweck pflege ich
ihn in eine alte Tageszeitung zu wickeln, damit er später in der Tonne
nicht festpappt: „Ehepaar stürzt
mit Balkon ab“. Hoppla! Was steht
da? „Ein Ehepaar ist im oberfränkischen Hof mit ihrem“ – wessen?
dem der Frau? ach, egal! – „… mit
ihrem Balkon abgestürzt und leicht
verletzt worden.“
Ich wurde wieder sehr nachdenklich. In Hof habe ich selbst mal eine
Zeitlang gewohnt. Es ist wahr. Das
ist eine Stadt, in der man solche
Dinge für möglich hält. In der man
sich nicht wundert, wenn. Oder
in der man sich weniger wundert,
als man sich anderswo gewundert
hätte.
Und ich habe es mir selbst ja oft
genug ausgemalt. Eigentlich muss
ich es mir jedes Mal zwanghaft vorstellen, wenn ich auf irgendeinen
Balkon hinausgehe. Und dann sagt
man sich Folgendes: Einen Balkon
zu bauen, der abstürzen könnte,
das ergäbe ja überhaupt keinen
Sinn. Auch wenn es für den Laien
äußerlich nicht erkennbar ist – kein
Architekt, kein Bauingenieur würde doch eine solche Verantwortung tragen, wenn da auch nur die
geringste Wahrscheinlichkeit bestünde. Das sind ja Leute, die das
studiert, die das bis ins Tausendste
durchgerechnet haben. Die es zu
ihrem Lebensinhalt gemacht haben, die mit ihrer Existenz dafür
einstehen, die ja überhaupt kein Interesse daran haben können, dass.
Die ja viel zu viel riskieren würden,
falls. Die sich nie mehr im Spiegel
anschauen könnten, wenn.
Und dann geht man manchmal in
Städten an Gründerzeit-Mietshäusern vorbei und sagt sich: Nach
menschlichem Ermessen würde
ich da im dritten Stock nicht auf
diesen bröckligen Vorbau hinausgehen, der schon die Erschütterung eines Weltkriegs mitgemacht
straße entstehen, auf dem früheren
Parkplatz. Große Sozialwohnungen
in zentraler Lage, mit Wohnraum für
fast 100 Personen, barrierefrei, hell
und bezahlbar.
Die zwölf Jury-Mitglieder entschieden sich für den Entwurf eines
Münchner Architekturbüros, das mit
klarer Gliederung und moderner Gestaltung überzeugte. Und das ist nur
der Anfang, rund 130 zusätzliche Sozialwohnungen werden in den nächsten Jahren geschaffen. Eine richtungsweisende Entscheidung für die
Stadt, in der nicht nur die gut verdienenden ihren Raum finden sollen.
Und die Parkplätze? Ja, die fallen
weg, an der einen oder anderen Stelle. Gleichzeitig werden neue geschaf-
fen und noch benutzbarer gemacht,
etwa an der Hirschbergerwiese. Das
erfordert ein Umdenken, ein paar
Schritte zu Fuß, eine andere Planung.
Dafür gewinnt die Stadt enorm dazu,
an Wohnraum, an sozialem Ausgleich
und nicht zuletzt an Grün.
Erst nach und nach wird klar, welche
Flächen mitten in der Stadt ungenutzt und teils recht verlottert dalagen. Brachen, ungenutze alte Gebäude, überwucherte Ilm-Ufer, alle ohne
jede Verlockung für Einheimische
wie Gäste. Der Park nach der Gartenschau wird bleiben und die Stadt
auf jeden Fall bereichern. Ein Park
für alle, der viel Lust machen wird
auf mehr als nur einige Schritte zu
Fuß.
Foto: Stadt Pfaffenhofen
Parken auf der Hirschberger Wiese
von Roland Scheerer
Einen großen Schritt weiter ist bereits unser größtes Bauvorhaben,
nämlich der Neubau der Grundund Mittelschule am Kapellenweg.
Hier steht jetzt der erste Spatenstich auf dem Kalender, sodass
wirklich mit dem Ende des Winters
der Baubeginn für dieses millionenschwere Projekt erfolgt.
Freitag, 18. März 2016
hat. Oder man ist auf einer Veranstaltung im Festsaal des Pfaffenhofener Rathauses und stellt sich in
der Pause ein bisschen auf den Balkon, um – wie man es empfindet –
sein Schicksal herauszufordern und
wichtigtuerisch seine Freunde dazu
einzuladen, gemeinsam auf den
Hauptplatz hinunterzusehen. Als
wäre man der Hausherr. Auf dem
Rathausbalkon.
Und der Verstand sagt: Wenn da jetzt
auch nur ein Tausendstelprozent
Chance wäre, dass das Ding runterkracht, dann wären Balkone verboten. Oder durch komplizierte Edelstahlverstrebungen gestützt. Oder es
wären Stahlnetze drunter gespannt.
Oder es wären fürs Balkongeländer
blumenkastenartige Behälter vorgeschrieben, in denen sich Fallschirme
befinden, die alle zwei Jahre vom
TÜV überprüft werden und sich automatisch entfalten, sobald. Oder
viel mehr Leute hätten – was man ja
fast nie sieht – am Balkongitter große
Trauben Heliumballons befestigt,
damit er sanft zu Boden gleitet oder
sogar etwas in die Höhe steigt, falls.
Oder es wären im Gehweg Airbags
eingelassen.
Aber da das alles nicht der Fall ist
und es diese ganzen Dinge nicht
gibt oder man jedenfalls noch nie
davon gehört hat, denkt man sich
halt, dass alles irgendwie seine
Ordnung hat.
So wie dieses obskure Schwimmen
von Schiffen, die aus Eisen sind. So,
wie man ja auch, wenn man in ein
Flugzeug steigt, für sich nicht jedesmal neu die Frage klären kann,
ob das überhaupt physikalisch
möglich ist, aus zehn Kilometer
Höhe nicht hinunterzufallen. Man
geht davon aus, dass Menschen, die
sich damit auskennen, das durchgerechnet haben … Die Maschine
steht schon an der Startbahn; im
Kopf rattern die Zahnräder. Wenn
ich es nicht schaffe, mir bis zum
Anrollen klar zu machen, dass
Menschen wirklich fliegen können, wenn ich also abhebe, und es
dann immer noch unsicher ist, ob …
Flügelprofile aus der Großen Enzyklopädie der Technik, in der ich
als Kind oft geblättert habe, gehen mir durch den Kopf. Die Luft,
die oben am Flügel vorbeiströmt,
hat den längeren Weg, und deshalb – und deshalb? Deshalb was?
Schweißperlen auf der Stirn. Hebt
ein Flugzeug unter den und den
Bedingungen immer ab, oder nur
in der allermeisten Zahl der Fälle?
Ist es also ein Naturgesetz, dass ich
fliegen werde, oder bloß eine statistische Wahrscheinlichkeit? Ich
müsste es jetzt wissen, denn wenn
ich im letzten Augenblick vor dem
Start den Denkfehler fände, könnte
ich noch hinausspringen.
Apropos Große Enzyklopädie der
Technik. Jetzt wollte ich gerade mal im Internet nachsehen, ob
dieses dreibändige Werk aus den
Sechzigerjahren, in dem ich als Bub
Fotos von Satelliten, Teleskopen,
Reaktorbecken und Starfightermontagehallen angeschaut habe,
noch irgendwo erhältlich ist. Und,
jetzt halten Sie sich fest: kein einziger Treffer! Dass es das noch gibt!
Dass es noch etwas gibt, was eine
Suchmaschine nicht findet! Das ist
ein großer, symbolträchtiger Sieg
im Abwehrkampf der menschlichen
Kultur.
Als nächstbester Treffer wurde aufgeführt: Die Große Enzyklopädie
der Serienmörder.
DIE SEITE 3
Freitag, 18. März 2016
Der Pfaffenhofener | Seite 3
Geschichte im Untergrund
Ausgrabungen in Pfaffenhofen in den letzten fünf Jahren
von Claudia Erdenreich
Besiedelung an der Arlmühle seit 1135
D
er Boden unter gewachsenen, Jahrhunderte alten
Städten birgt fast immer
zahlreiche Relikte der
Vergangenheit. Diese Bodendenkmäler finden sich teils nur wenige
Zentimeter unter der Erde, teils über
sieben Meter tief. Auch an Stellen,
an denen moderne Häuser und Keller
stehen, an denen schon oft umgebaut
wurde, finden sich noch Zeugnisse
der Vergangenheit.
Gerade in Pfaffenhofen ging man
nicht immer zimperlich mit der Geschichte im Boden um. Archäologen,
so die durchaus verbreitete Meinung,
stören den Bau, kosten Geld und graben ohne nennenswerte Ergebnisse.
Das Gegenteil konnte in den letzten
Jahren bewiesen werden. Bisher ging
man davon aus, dass Pfaffenhofen,
1140 erstmals urkundlich erwähnt,
eine mittelalterliche Gründung ist.
Und davor hier nichts war oder zumindest nicht viel.
Zwar muss die Geschichte der Stadt
nicht gleich umgeschrieben werden,
doch zeigen Funde der letzten Jahre,
dass sehr viel früher schon Menschen
hier siedelten, schon ab 4.500 vor
Christus.
Dr. Ruth Sandner, zuständig für Bodendenkmäler beim Landesamt für
Denkmalpflege, referierte über die
Ausgrabungen der letzten fünf Jahre
in Pfaffenhofen. Beim Vortrag im gut
besuchten Festsaal des Rathauses
wurde deutlich, welch vielfältige
Zeugnisse der Vergangenheit im Boden ruhen, sowohl im Zentrum als
auch in den früheren Vorstädten.
Die Referentin stellte zunächst die
Inhalte und Bedeutung ihrer Arbeit
vor: „Uns eilt ein Ruf voraus, der so
nicht stimmt“, betonte sie. Das Ziel
des Landesamtes für Denkmalpflege
sei es, Grabungen möglichst zu vermeiden und die vorhandenen Bodendenkmäler dort zu belassen, wo sie
sind. Gegraben wird nur bei kleinen
und größeren Baumaßnahmen. Diese
reichen vom Kanalbau bis zu mehrstöckigen Neubauten im Zentrum.
Reiche Erkenntnisse aus
Brunnen und Latrinen
Grabungen zerstören Funde, wenn
diese erst aus dem Boden geholt wurden, können sie nicht mehr ersetzt
werden. Archäologische Funde werden nach der Grabung konserviert,
detailliert beschrieben und archiviert. Womöglich können kommende Generationen sie mit heute noch
unbekannten Methoden viel genauer
untersuchen und datieren.
Das Denkmalschutzgesetz, das den
Umgang mit Denkmälern, auch Bodendenkmälern, vorschreibt, gibt es
seit 1973, erstmals fachkundig im
Rahmen dieses Gesetzes wurde in
Pfaffenhofen 1977 gegraben. Trotz-
dem gab es auch danach so manchen
Bodeneingriff, bei dem nicht so genau auf Funde geachtet wurde. Erst
jetzt kann nach und nach ein Puzzle
der Vergangenheit zusammengesetzt
werden – es ist noch lange nicht vollständig.
Die erfahrene Archäologin stellte
dann einige Grabungsbeispiele der
letzten fünf Jahre aus Pfaffenhofen
vor. Selbst bei kleinen Grabungen,
bei denen man eher keine Ergebnisse
mehr vermutet, wie etwa im Hof des
Landratsamtes, kamen Boden und
Keramik der mittelalterlichen Gebäude ans Tageslicht. Auch winzige
Einschnitte, wie etwa bei einem Kanal, liefern hier ganz überraschende
Ergebnisse und zeigen, wie wichtig
die Arbeit der Archäologen ist.
Ganz aktuell sind die Grabungen an
der Arlmühle, die durch den Umbau
für die Landesgartenschau erforderlich wurden. Hier stand bereits 1135
eine Mühle. Sie wurde mehrmals um-
Bürgermeister Thomas Herker nahm an der Veranstaltung im Rathaussaal teil
gebaut, brannte vermutlich einmal
und wurde 1904 endgültig abgerissen. Die dortigen Grabungen lieferten 381 Befunde.
Reiche Erkenntnisse liefern immer
auch Dinge, die weggeworfen wurden, etwa in Brunnen. Ebenso „verlagerter Abfall“, also etwa Schutt
aus dem Zentrum, der eine Furt in
der Ilm stabilisieren konnte. Dieser
zeigt, dass die Bürger Pfaffenhofens
im späten Mittelalter durchaus wohlhabend waren und sich manchen Luxus leisteten.
Auf dem früheren Bortenschlager
Areal wurden sechs verschiedene
Keller und fünf Brunnen gefunden –
und eine Besiedelung seit der Jungsteinzeit. Die Scherben der Münchshöfener Kultur reichen knapp 7.000
Jahre zurück.
Die Funde lassen Rückschlüsse auf
frühere Lebensbedingungen zu. Tierknochenreste in Abfallgruben zeigen,
welches Fleisch bevorzugt gegessen
wurde. Zudem wurden nach dem
großen Stadtbrand 1388 nicht alle
Grundstücke gleich wieder bebaut.
Die wissenschaftliche Beurteilung
der Funde steht noch aus. Bei der
an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde schnell klar, dass sich
interessierte Bürger sowohl entsprechend Ausstellungen als auch Publikationen wünschen. Der Vortrag, der
vom Heimat- und Kulturkreis organisiert wurde, soll auf Wunsch der
Zuhörer gerne in eine entsprechende
Vortragsreihe münden.
Dr. Ruth Sandner vom Landesamt für Denkmalpflege, zuständig für Bodendenkmäler
KULTUR
Seite 4 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 18. März 2016
D
üster, derb und gern daneben“ lautet das Rahmenthema der ersten Einzelausstellung von Dina
Rosemarie Forster-Wolff in der Städtischen Galerie im „Haus der Begegnung“. Dass Premieren immer große
Erwartungen wecken, weil sie meist
einen Überraschungseffekt beinhalten, gehört zu ihrem Wesen. Was die
aus dem Salzkammergut stammende
und in der Hallertau beheimatete
Künstlerin allerdings hier vor Augen
führt, versetzt den Besucher „in ein
Wechselbad der Gefühle, der Vorstellungen, der Gedanken und Phantasien“, wie es Laudator Hellmuth
Inderwies bei der Vernissage zum
Ausdruck brachte. Wie bei jenem
seelischen Reinigungsprozess der antiken Tragödie, der durch Schrecken,
Schauder, Rührung und Jammer
zu einer inneren Läuterung führen
sollte und den die alten Griechen
„Kátharsis“ („Kάϑαρσις“) nannten, so
muss sich jemand fühlen, der sich
intensiv mit den Tusche-Federzeichnungen der Künstlerin beschäftigt
und sich auf sie einlässt.
Wenn Kunst „Gesundheitsäußerung
der Menschheit“ ist, wie der Expressionist Bernhard Hoetger, Mitglied
der Worpsweder Künstlerkolonie,
behauptet hat, dann vollzieht
sich hier der Heilungsprozess beim Betrachter
der Bilder auf drei
Stufen. Auf der ersten erfährt er eine
Schocktherapie, die
ihn zu einer ungeschminkten Selbsterkenntnis im Sinne
jenes „Erkenne dich
selbst!“ („Γνῶθι σεαυτόν“),
das als Inschrift auf dem
Apollotempel des griechischen
Delphi steht, führen soll. Er soll Einsicht gewinnen in die Begrenztheit
des eigenen Wesens und die Irrwege
des eigenen Handelns. Mit „Zeit“ ist
ein Bild betitelt, in dem eine übergroße Sanduhr, in der Totenköpfe
rieseln, im Zentrum des Daseins
steht. Sie verweist darauf, wie winzig sich die Spanne ausnimmt, die
das Leben des einzelnen Menschen
umfasst. Er selbst wird nur als kleine nackte Randerscheinung in seiner
kreatürlichen Armut dargestellt und
kann, eingebunden in die Bedingungen seines Daseins, nicht über
sich verfügen. Barockes Weltbild,
Zeit
Meine Muse
das vom 30-jährigen Krieg beeinflusst wird, tritt hier vor Augen: Der
Mensch als „ein Spiel der Zeit“! Es
wird das Vanitas-Motiv dieser Epoche transparent, das die Eitelkeit,
Nichtigkeit und Vergänglichkeit des
Lebens beinhaltet. Andreas Gryphius, der große deutsche Barockdichter,
weist in seinem Sonett „Menschliches Elend“ darauf hin:
„Was sind wir Menschen doch!
Ein Wohnhaus
grimmer Schmerzen,
Ein Ball des falschen Glücks,
ein Irrlicht dieser Zeit,
Ein Schauplatz aller Angst
und Widerwärtigkeit,
Ein bald verschmelzter Schnee
und abgebrannte Kerzen.“
Und selbst ein Bild, das den Titel
„Meine Muse“ trägt, erinnert den
Betrachter an ähnliche epochale Wesenszüge. Eine menschliche Gestalt,
halb Mann – halb Frau, halb Fleisch
– halb Skelett, befindet sich mitten in
einer trostlosen Landschaft. Wie in
besaßen. Aber sie schafft sich keine
Muse der schönen Künste. Ihre Muse
ist eine Todgeweihte. Die Zeit der
schönen Künste geht für sie zu Ende,
weil die Gegenwart keine Schönheit
mehr kennt. Sie orientiert sich nur
noch an einem ungebremsten, sinnlosen ökonomischen Wachstum, wie
es in dem Bild „TTIP – Freihandelsabkommen“ zum Ausdruck kommt.
Die Wirtschaft ist zu einem unersättlichen Moloch geworden, der in seiner sexistischen Gier zu produzieren
nicht mehr kontrolliert werden kann.
Die Apokalypse steht bevor. „Der
letzte Apokalyptische“ ist von der
Künstlerin bereits gezeichnet.
Nach solcher Erschütterung führt
die Ausstellung auf eine zweite Stufe
des therapeutischen Wechselbads der
Katharsis. Man begegnet bunten Vogelportraits von ästhetischer Schönheit. Die große Kunstfertigkeit, mit
der die filigranen Tusche-Federzeichnungen gefertigt wurden, sind
Beleg dafür, dass Dina Rosemarie
Forster-Wolff Graphik und Design
studiert hat. Hier spielen neben der
Der innere Schweinehund und seine dienstbaren Geister
Die Katharsis der Wechselbäder
Zur Ausstellung von Dina R. Forster-Wolff in der Städtischen Galerie
John Miltons „Paradise Lost“ (1667)
scheinen Adam und Eva, als Sterbliche untrennbar vereint, das Paradies verlassen zu haben, das hinter
ihnen in Flammen aufgeht. Doch dies
ist nur die historische Kulisse, die die
Künstlerin für die Vermittlung ihrer
Intention verwendet. Das besitzanzeigende Fürwort „Meine“ drückt
ihre subjektive Sicht aus. Selbst
muss sie sich eine Muse schaffen, eine
Schutzgöttin ihrer Kunst, zumal es in
der Antike zwar neun beschirmende
Wesen gegeben hat, jedoch keines für
Architektur, Bildhauerei und Malerei, die den Status eines Handwerks
Der letzte Apokalyptische
TTIP-Handelsabkommen
Genauigkeit die Symbolik und die
Schönheit der Form und Farbgebung
eine zentrale Rolle. Der griechische
Philosoph Platon hat auf Grund der
Anmut der Vögel den Menschen als
zweibeiniges Lebewesen ohne Federn
definiert, worauf dann allerdings der
alte Spötter Diogenes, jener Kyniker,
der in offenen Säulengängen und in
Fässern gelebt hat, in der Akademie
von Athen den Anwesenden ein gerupftes Huhn vor die Füße geworfen
haben soll mit dem Ruf: „Da haben
wir den Menschen Platon!“ Das
freilich verhinderte nicht, dass die
Ästhetik, die schöne Sinnesempfin-
dung, seit der griechischen Antike
bis ins 19. Jahrhundert oft schlechthin als ein zentraler Wesenszug aller
Kunstformen gegolten hat.
Auf einer dritten Ebene begegnet
man letztendlich Kunstwerken der
Enthüllung und Entlarvung. In übertriebener Form werden männliche
ländliche Typen in ihrer charakteristischen Arbeitswelt vor Augen
geführt. Aber es handelt sich bei
„Ferdl“, „Kurti“ und „Fritz“ nicht
um kraftstrotzende muskulöse Bauernburschen, sondern um Karikaturen, in deren krankhaft verzerrten
Gesichtern nur der nackte sexuelle
Trieb und die erotische Begierde geschrieben stehen. Idealvorstellungen
werden ins Gegenteil verkehrt, mit
harter Satire entlarvt und der Lächerlichkeit preisgegeben. Auch die
Darstellung „Der innere Schweinehund und seine dienstbaren Geister“
gehört zu diesem Genre. Wie sehr der
Mensch dem Alkoholismus verfallen kann, wird auf sarkastische Art
und Weise in der Verkörperung eines
Paschas, der eine Krone trägt, in der
sich seine verunstaltete hässliche
Visage gewissermaßen spiegelt, vor
Augen geführt. Diese Doppelgesichtigkeit und der tierische Habitus der
befellten Figur sind Folgen von verderblicher Sucht, Entrücktheit und
irrer Phantasien im Rahmen einer
zügellosen Orgie. Dazu gesellen sich
gleichfalls berauschte gnomenhafte
Geister als Gesinde.
Die harmonische Welt der schönen
Künste findet hier ein Ende, die göttlichen Musen der Ästhetik haben
ihre Bedeutung verloren. Aber es
ist die Erkenntnis gewonnen, worin
das Elend dieser Welt besteht. Eine
geistige und emotionale Distanz ist
erreicht, um Defizite unseres Daseins schonungslos darzustellen und
sie anzuprangern und vielleicht mit
diesem pädagogischen Holzhammer
eine Heilung zu bewirken. Die erste
Einzelausstellung von Dina Rosemarie Forster-Wolff „Düster, derb und
gern daneben“ wird bei Kunstfreunden zu sehr intensiven Diskussionen
über die Kunst der Gegenwart führen, weil sie auf der Antithese von
Provokation und Schönheit aufbaut,
eine innere Spannung besitzt und
damit in der Tat den Besucher in ein
Wechselbad emotionalen und geistigen Erlebens versetzt.
Ferdl
Fritz
Kurti
STADTKULTUR
Freitag, 18. März 2016
Der Pfaffenhofener | Seite 5
Trend zum Online-Einkauf
Pfaffenhofen im Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt“
D
igitalisierung ist ein Megatrend, der weiter fortschreiten wird. Dabei wird auch
der Online-Einkauf noch weiter stark
zunehmen. Dieser Herausforderung
für die örtlichen Händler will sich
Pfaffenhofen stellen. Die Idee zur
„Digitalen Einkaufsstadt“ kommt
aus dem Wirtschaftsministerium und
startete im September letzten Jahres.
Hierfür wurden in Bayern von einer
Expertengruppe drei Kommunen
als Modell ausgewählt, die zwischen
10.000 und 50.000 Einwohner haben.
Voraussetzung war dabei auch, dass
die Städte über „öffentlich-private
Kooperationsstrukturen“ verfügen.
Pfaffenhofen kann hier mit der Lebendigen Innenstadt und Pro Wirtschaft gleich mit zwei Anbietern aufwarten. Das Projekt ist zunächst nur
auf die Stadt Pfaffenhofen begrenzt.
Im November standen die drei Orte
fest, die aus 36 Bewerbungen ausgewählt wurden: Neben Pfaffenhofen gehen auch noch Günzburg und
schläge einzubringen und um über
Pläne zu diskutieren. Die BBE Handelsberatung mit Sebastian Deppe
und Dr. Martin Kattner machte dabei klar, dass sich die Digitalisierung
weder bremsen noch umgehen lässt.
Vielmehr kann und sollte der Trend
zum Online-Einkauf positiv für die
Stadtentwicklung und den Standort
genutzt werden.
Pfaffenhofen als Mittelzentrum hat
eine durchaus positive Ausgangssituation, die sich hervorragend ausbauen lässt. Die Stadt will allerdings
auch schon bis Ende 2016 spürbare
Ergebnisse vorweisen können, um in
der Saison 2017 für die kleine Landesgartenschau gerüstet zu sein.
Schon heute zeichnet sich eine Frequenzabnahme von Fahrten in Innenstädte aus, viele Menschen kaufen
lieber bequem online oder informieren sich zumindest vorab. Hier gilt
es, diese Informationen umfassend
und leicht verfügbar zu machen, dem
reinen Online-Einkauf aber das Erlebnis einer Innenstadt anzubieten.
Dies umfasst nicht nur den möglichst
vielfältigen Handel, sondern auch
Gastronomie, Kultur, Erreichbarkeit,
Parkplätze, aber auch wenig fassbare
Faktoren wie „Flair“.
Die ersten Ergebnisse einer in Pfaffenhofen durchgeführten Umfrage
liegen bereits vor. Neben den lokalen
Dauerbrennern wie Parkplätze und
Öffnungszeiten wurde schnell klar,
dass die Attraktivität der Innenstadt
auf allen Ebenen angegangen werden
sollte. Zunächst soll an einer gemeinsamen Dachmarke gearbeitet werden.
Vor allem soll der Spaß am Einkauf
vor Ort vermittelt und mit dem digitalen Einkauf kombiniert werden.
Auch ökologische Aspekte spielen
hierbei eine Rolle, die es zu vermitteln gilt.
Sebastian Deppe
Dr. Martin Kattner
von Claudia Erdenreich
Coburg an den Start. In dem zwei
Jahre laufenden Projekt gibt es viel
fachliche und auch finanzielle Unterstützung. In dem Projekt geht es
nicht darum, einfach jedem Händler einen Online-Shop zu verpassen,
was weder sinnvoll noch möglich ist.
Vielmehr will man gemeinsame Strategien entwickeln, um den örtlichen
Handel in der digitalen Welt besser
bestehen zu lassen. Hier sind individuelle und innovative Ideen gefragt,
neue Wege und Strategien sollen gemeinsam entwickelt werden.
Der Name „Digitale Einkaufsstadt“
ist zwar griffig, umfasst aber weit
mehr: Dabei geht es nicht nur um
Händler, sondern um alle an und in
einer Stadt Beteiligten, die Einzelhändler ebenso wie Gastronomie,
Tourismus, Kultur, Dienstleister,
Austausch und Veranstaltung im Ministerium
Stadtverwaltung und im Stadtmarketing. Erfolgreiche Konzepte sollen
dann auf andere Städte übertragen
werden und als Vorbild, als eine Art
Leuchtturm dienen.
Zur ersten Auftaktveranstaltung
zum Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt“ waren knapp 40 Teilnehmer in den Festsaal des Rathauses
gekommen. Sie hörten im ersten
Teil des Abends die Einführung der
Fachleute, um danach eigene VorWirtschafts- und
Servicegesellschaft
Philipp Schleef
Frauenstraße 36
85276 Pfaffenhofen
Tel. 08441 405500
Philipp Schleef
Preisgericht hat Sieger gekürt
Ausstellung zum Architektenwettbewerb „Wohnen nahe der Altstadt“ ab 22. März im Rathaus
Das Preisgericht hat sich entschieden: Der Entwurf des Münchener Büros Ebe, Ausfelder und
Partner Architekten gewinnt den
Planungswettbewerb
„Wohnen
nahe der Altstadt“. Dieser Planentwurf soll nun an der Kellerstraße realisiert werden, damit
dort auf dem bisher als Parkplatz
genutzten Grundstück etwa 38
Sozialwohnungen gebaut werden
können. Alle Pläne und Modelle
des Wettbewerbs werden ab dem
22. März im Rathaus öffentlich
ausgestellt.
Nach einer ganztägigen Jurysitzung im Festsaal des Rathauses,
bei der insgesamt zwölf Fachund Sachrichter – Architekten,
Mitarbeiter des Stadtbauamtes,
Bürgermeister und Stadträte –
alle zehn eingereichten Planungen
ausführlich begutachteten, fiel am
Montagabend die Entscheidung. Die
Arbeit des Münchener Architekturbüros Ebe, Ausfelder und Partner
wurde vom Preisgericht vor allem
„hinsichtlich ihres klaren Städtebaus, ihrer überzeugenden Freibereichsgestaltung und ihrer disziplinierten Grundrissstruktur“ als sehr
überzeugend bewertet.
In der Planung sind drei Baukörper vorgesehen, deren „Rückgrat“
die Treppe von der Kellerstraße zur
Thallerstraße bildet. Dadurch, so das
Preisgericht, „werden die Baumassen an der Kellerstraße angenehm
gegliedert; in Verbindung mit der
bereits bestehenden Wohnbebauung
wird eine städtebauliche Symmetrie erreicht“. Weiter heißt es in der
Bewertung der Jury: „Die gestufte
Höhenentwicklung fügt sich angenehm in die bestehende Topographie ein und bildet unterschiedliche
Freibereiche mit jeweils hoher Aufenthaltsqualität, die sich im zentralen Bereich wellenförmig von West
nach Ost entwickeln. Dabei sind die
halböffentlichen von den privaten
Bereichen eindeutig getrennt.“
Die Jury lobt außerdem die Fassadengestaltung, die vor allem zur
Kellerstraße „einen eindeutig städtischen Charakter“ aufweist, was
die Fachleute als „die richtige Antwort an diese innerstädtische Lage“
bezeichnen. Positiv erwähnt werden auch die ruhige Gestaltung aller Baukörper durch eingezogene
Loggien sowie die großzügige Aufglasung der Treppenhäuser, die mit
ihrer natürlichen Belichtung eine
helle und freundliche Eingangssituation schafft. Und weiter heißt
es: „Die konsequente Ausrichtung
der Wohnungen nach Süden in den
Häusern B und C und die eindeutige
konstruktive Gliederung der Grundrisse bilden gute Raumqualitäten,
die wirtschaftlich umgesetzt werden
können.“
Die städtische Wohnraumbeschaffungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft wird jetzt in Gespräche mit
dem Wettbewerbssieger einsteigen,
um den Neubau zu realisieren. Bis
die ersten Mieter in ihre Wohnungen
einziehen können, wird es allerdings
noch etwas dauern. Denn aus dem
preisgekrönten Entwurf ist zunächst
natürlich noch die detaillierte Ausführungsplanung zu entwickeln, so
dass der Baubeginn des Großvorhabens im Jahr 2017 erfolgen kann.
Wie Bürgermeister Thomas Herker erläuterte, ist der Wohnungsbau in der Kellerstraße ein weiterer
wichtiger Schritt, denn die Stadt
Pfaffenhofen hat sich zum Thema
Wohnen für die nächsten Jahre viel
vorgenommen: „Allein im sozialen
Wohnungsbau werden wir rund
30 Millionen Euro investieren und
damit viele sanierungsbedürftige
Wohnungen modernisieren und
mindestens 130 zusätzliche Sozialwohnungen schaffen.“
Alle Pläne und Modelle des Architektenwettbewerbs „Wohnen
nahe der Altstadt“ werden demnächst im Rathaus (2. Stock)
öffentlich ausgestellt. Zur Ausstellungseröffnung am Dienstag,
22. März, um 18 Uhr sind alle
Interessierten eingeladen. Die
Ausstellung kann dann vom 23.
März bis zum 1. April während
der üblichen Öffnungszeiten des
Bürgerbüros besichtigt werden:
Montag von 8 bis 16 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8
bis 12 Uhr und Donnerstag von 7
bis 18 Uhr.
Fotos: E. Steinbüchler
Das Preisgericht während seiner Beratungen im Rathaus.
Das Siegermodell des Münchener Büros Ebe, Ausfelder und Partner Architekten.
STADTKULTUR
Seite 6 | Der Pfaffenhofener
Kulturtermine
Frühjahr
Stadtkapelle und Spielmannszug spielen am 19.3. um 19.30
Uhr in der Aula des SchyrenGymnasiums ein Frühjahrskonzert.
Konzert
Beim fünften und letzten Rathauskonzert der Saison spielen
am 20.3. um 20 Uhr „Alte Musik
auf zwei Cembali“ im Festsaal
des Rathauses.
Ausstellung
Die Ausstellung zum Architekturwettbewerb „Wohnen nahe
der Altstadt“ wird vom 22.3. bis
1.4. im Rathaus gezeigt.
Obacht, wilde Skater unterwegs!
Skateworkshop in den Osterferien
In den Osterferien bietet die Stadtjugendpflege Pfaffenhofen wieder
einen Skateworkshop für Anfänger und leicht Fortgeschrittene in
Zusammenarbeit mit dem „WIDE
WOOD – kiddyskate“ an. Der Workshop findet von 29. März bis 1. April,
jeweils von 13 bis 15.30 Uhr in der
Skatehalle Pfaffenhofen am Ambergerweg 2 statt.
Am 5-tägigen Kurs in den Osterferien können 20 Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 14 Jahren
in den Skatesport hineinschnuppern.
Die Teilnehmer lernen, die Kontrolle über ihr Skateboard zu bewahren
und Rampen zu befahren. Fortgeschrittene Teilnehmer können sich an
ersten Tricks versuchen. Der Work-
shopleiter Christoph Rieger und die
Stadtjugendpflege stehen den Teilnehmern für Tipps und Tricks jeglicher Schwierigkeitsstufen zur Verfügung. Rieger, selbst seit 15 Jahren
Skater, begleitet seit vielen Jahren
die Skateworkshops der Stadtjugendpflege Pfaffenhofen und entwickelte aus diesem Engagement seine
Idee der Skateschule mit dazugehörigem Shop. Im Rahmen des STUDIO-Projektes der Stadtjugendpflege hatte er seinen Skateshop „WIDE
WOOD – kiddyskate“ erprobt, der
mittlerweile in der Auenstraße 44
beheimatet ist.
Die Kosten für den Skateworkshop
der Stadtjugendpflege betragen 25
Euro. Darin sind Getränke und täg-
Foto
Die Fotofreunde der VHS stellen
in der Städtischen Galerie aus,
Vernissage am Ostersamstag,
26.3. um 10 Uhr.
lich eine Kleinigkeit zu Essen enthalten. Für die Kurse ist entsprechende
Schutzkleidung (Helm, Knie-, Ellenbogen- und Handgelenksschoner)
notwendig, da Skaten eine verletzungsintensive Sportart ist. Falls
kein eigenes Skateboard oder keine
Schutzausrüstung vorhanden ist,
stellt die Stadtjugendpflege dies auf
Anfrage und ohne zusätzliche Kosten
zur Verfügung.
Anmeldungen zu den Workshops in
der Skatehalle persönlich bei Stadt-
Sütterlin
Einen Sütterlin Lesekurs für
Anfänger bietet der Heimatund Kulturkreis ab 2.4. um 18.30
Uhr im Vereinsraum an.
Textil
Am 8.4. wird um 19.30 Uhr im
Rathaus die Ausstellung „Am
seidenen Faden“ eröffnet, zum
Thema „frühere Schneidereien“.
Interkulturell
Mit „Bavaturka“ spielt die Unterbiberger Hofmusik am 8.4.
um 19.30 Uhr bayrisch-türkische Musik in der Aula des
Schyren-Gymnasiums.
Dass der Kühlschrank spazieren
geht, das kennt man ja schon beim
bekannten Sternschnuppe-Kinderlieder-Duo, aber gleich ein ganzes
Studio?! Ja, auch das geht, denn
letzten Sommer sind Margit Sarholz
und Werner Meier mit einem mobilen
Aufnahmestudio quer durch Bayern
gereist, zu sieben bayerischen Musikschulen, um die Stimmen der Chorkinder einzufangen für ihre neue CD
mit dem Titel „Bayerische Kinderlieder: Drunt in der greana Au“.
Auch die Chorkinder der Städtischen
Musikschule Pfaffenhofen waren dabei, und sie haben mit ihrer Begeis-
Musik
Den 70. Geburtstag von Neil
Young feiert Pfaffenhofen am
10.4. ab 19 Uhr im Festsaal des
Rathauses mit Liedern und Texten.
Verlag/Herausgeber/Herstellung:
KASTNER AG – das medienhaus,
Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach,
Telefon 08442/9253-0
V.i.S.d.P.: Kilian Well
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Claudia Erdenreich,
Kilian Well, Hellmuth Inderwies,
Lorenz Trapp
Layout: Monika Lang
Anzeigen: Claudia Scheid
Telefon: 0 84 42 / 92 53-7 04
Erscheinungsweise: monatlich
Der Pfaffenhofener erhalten Sie in der
Buchhandlung Osiander, der Buchhandlung Kilgus, bei Schreibwaren Daubmeier, Schreibwaren Prechter, Tabak
Bergmeister, Tabak Breitner etc.
Nächste Ausgabe voraussichtlich
Freitag, 15. 04. 2016
jugendpfleger Matthias Stadler im
Jugendbüro Backstage, Münchener
Str. 9, per E-Mail an matthias.
[email protected] oder
telefonisch unter 0172/8665525.
Weitere Informationen zur Skatehalle gibt es unter: www.skatehallepfaffenhofen.de.
Großes Sternschnuppe-Familienkonzert mit den Chorkindern der Städtischen Musikschule
Rock
Straight Bourbon Unplugged
tritt am 9.4. ab 20 Uhr mit neuem Programm im intakt Musikstudio auf.
IMPRESSUM
Foto: Stadtjugendpflege Pfaffenhofen
Christoph Rieger (erster von rechts) vom STUDIO WIDE WOOD –
kiddyskate (hier mit Lars Zessack und Nachwuchsfahrern) betreut seit
Jahren die Skateworkshops zusammen mit der Stadtjugendpflege und
hat daraus nun ein Geschäftsmodell entwickelt.
Bayrisch
Sigi Haiplik und Sepp Raith
treten am 2.4. um 19.30 Uhr in
der Alten Eiche mit Liedern, Geschichten und Gedichten auf.
Jazz
Das 18-köpfige Andromeda
Mega Express Orchestra spielt
am 7.4. ab 21 Uhr live in der
Künstlerwerkstatt
Freitag, 18. März 2016
terung dafür gesorgt, dass die Lieder
so frisch und frech klingen. Jetzt sind
sie ganz schön stolz auf „ihre“ CD!
Und ganz schön aufgeregt! Weil sie
mit den Sternschnuppen auch auf
der Bühne singen werden – beim
Pfaffenhofen-Konzert zur CD-Präsentations-Reise quer durch Bayern
am Sonntag, 24. April 2016 um 15
Uhr im Stockerhof, Münchener Straße 86 in Pfaffenhofen (Einlass ab 14
Uhr).
Zusammen mit den Chor-Kindern
und ausgewählten Musikern der
Städt. Musikschule Pfaffenhofen/Ilm
stellen die beiden SternschnuppeKünstler in einem großen FamilienKonzert ihre neue CD vor mit einer
bunten Mischung aus traditionellen
und neuen bayerischen Liedern.
Aber natürlich bringen sie auch ihre
bekannten bayerischen Hits mit, wie
„Die Kuah, de wollt ins Kino gehen“.
Mei! Des konn ja lustig werd‘n!
Karten zu je 12 € gibt es an diesen VVK-Stellen in Pfaffenhofen:
Städt. Musikschule, Haus der Begegnung, Hauptplatz 47
Buchhandlung Kilgus, Auenstraße 4
Schreibwaren Prechter, Ingolstädter Straße 18
Die CD Bayerische Kinderlieder˝ ist u. a. bei der Buchhandlung Kilgus erhältlich.
˝
5. Rathauskonzert: Alte Musik auf zwei Cembali
Alte Musik auf zwei Cembali im Festsaal des Rathauses – dieses besondere Erlebnis bereiten Aleksandra und
Alexander Grychtolik am Sonntag,
20. März, den Besuchern des 5. und
letzten Rathauskonzerts der Stadt
Pfaffenhofen in dieser Saison.
Mit dem Programm „Goldberg-Stimmungen“ lässt das Künstlerehepaar
Johann Sebastian Bachs „GoldbergVariationen“ auf zwei Cembali erklingen. Die „Goldberg-Variationen“
sind zweierlei zugleich: zum einen
stimmungsvolle „Nachtmusik“ für
den schlaflosen Grafen Hermann
Carl von Keyserlingk, zum anderen
Ausdruck kontrapunktischer Gelehrsamkeit des Thomaskantors J. S.
Bach.
Die farbenreichen „Vierzehn Canons“ über die ersten acht Fundamentalnoten der Aria aus den
„Goldberg-Variationen“ sind gewissermaßen die „kleine Schwester“
des berühmten Zyklus. Weil sie erst
in den 1970er Jahren in Paris entdeckt wurden, sind sie im Konzertleben noch nicht so verbreitet wie
ihr berühmtes Schwesterwerk. Die
„kleinen Goldberg-Variationen“ sind
nur auf zwei Tasteninstrumenten
darstellbar und bilden mit Bachs
berühmtem Cembalo-Doppelkonzert
in c-moll ein stimmungsvolles Programm für „späte Stunden“.
Daneben präsentieren die beiden
Musiker die Werke Méditation (Partita) in D von Johann Jacob Froberger und Fantasia „C. P. E. Bachs
Empfindungen“ von Carl Philipp
Emanuel Bach sowie Alexander Ferdinand Grychtoliks Improvisation
einer Partita in der Art J. S. Bachs.
Das Künstlerehepaar, so ist in der
Presse zu lesen, „fasziniert vor allem
durch die fulminante Technik und
die unglaubliche Souveränität in
Verbindung mit purer Spielfreude, in
der sich die Künstler die Gegensätzlichkeit der musikalischen Gedanken zuwerfen“ (Coburger Tageblatt).
Aleksandra und Alexander Grychtoliks Erfolg wird bestätigt durch ihre
regelmäßigen Auftritte im In- und
Ausland sowie mehrere CD-Aufnahmen mit Alter Musik.
Das 5. und letzte Rathauskonzert
dieser Saison beginnt am Sonntag,
20. März, um 20 Uhr im Festsaal des
Pfaffenhofener Rathauses.
STADTKULTUR
Freitag, 18. März 2016
Der Pfaffenhofener | Seite 7
Der
Isarindian
groovt
auf dem
Bluespfad
von Heinz Hollenberger
S
oll i no oans spielen?“ Nach
fast drei Stunden Konzert
scheint Willy Michl so richtig in Fahrt zu sein. Der
Isarindian kokettiert bis zum Schluss
mit dem Publikum. „Es gibt Bands
mit fünf Mann Besetzung, die spielen
nur 40 Minuten. Aber ich bin ja allein – ich spiel drei Stunden.“ Mancher Witz erinnert in seiner bajuwarischen Absurdität an Karl Valentin.
Und Witze macht Willy Michl viele,
an diesem Abend im Stockerhof.
Mit Lendenschurz und kunstvoll ins
lange Haar gesteckten Adlerfedern
sieht der Musiker aus wie eine Figur aus einer Karl-May-Verfilmung.
Doch Willy Michl spielt keinen Indianer, er verkörpert diese Haltung.
Viele seiner Texte beziehen sich
auf die Naturreligion der amerikanischen Ureinwohner. Dabei kommt
der Humor nicht zu kurz. Wie z. B.
bei der Ode an die Weißfischfrau Winona. Der Sänger schwärmt von ihrer roten Flosse, die so schön in der
Sonne leuchtet. Natürlich kommt es
beim Schwimmen in der grünen Isar
dazu, dass er sich in dieses Geschöpf
verliebt. Er steht ihr gegenüber im
Wasser und drückt sein Entzücken
aus – mit stummen Worten, schließlich ist seine Angebetete ein Fisch.
Willy Michl bewegt dabei den Mund
ohne einen Laut von sich zu geben
und hat wieder die Lacher auf seiner
Seite. Mühelos schlägt er eine inhaltliche Brücke vom Weißfischnachwuchs in der Isar über seinen Religionslehrer bis hin zu Papst Franziskus
auf dem Balkon im Vatikan. Dessen
Namen habe er schon gekannt, bevor
ihn der Pontifex selbst bei der Liveübertragung der Papstwahl in Rom
im Fernsehen verkündet hatte, versichert der Künstler und nennt seine Frau als Zeugin. Cora Michl sitzt
nicht weit von ihrem Mann am Tisch
mit den CDs und animiert das Publikum immer wieder, die Hände in die
Luft zu recken und damit zu flattern.
Eine Geste, auf die Willy Michl mit
einem glücklichen Lächeln reagiert.
Dieser künstlerische Pionier erzählt
in seinen Liedern sehr viele Geschichten – und das auf bayerisch.
Die sind meist recht lustig und wirken trotzdem nicht rein erfunden.
Im Detail beschreibt er seine umwerfend schöne Englischlehrerin mit
den
Schlangenlederimitatschuhen
– und die Qualen eines verliebten
Schülers. Beinahe beiläufig spielt der
Sänger dazu unentwegt seine Gitarre und variiert Bluesschemata im nie
abreißenden Groove. Dabei wech-
selt er die Harmonien wie zufällig
immer wieder zu Welthits aus den
sechziger Jahren, von Otis Redding
bis Bob Dylan. Manche seiner eigenen Stücke singt er mit Kopfstimme
– oder er jodelt. In diesen Momenten
glaubt man ihm tatsächlich, dass er
bei der Bundeswehr einem Offizier
Operetten vorgesungen hat. Sein
Lied über die mehr als gründliche
Fahrzeugkontrolle eines Generals
vor der Kaserne entwickelt sich im
Text zur Farce. Subversiv war der
heute 65-jährige damals als Gebirgsjäger ganz bestimmt. Gekonnt
parodiert er Franz Josef Strauß und
verspottet dabei auch noch die AfD.
Sein Lied über Bruno, den Bären
klingt wie ein urbayerische Landler.
Wenn er singend von einem besetzten Haus in Amsterdam erzählt, in
dem er mit 400 Hippies gelebt hat,
spielt er den Blues auch mal funky.
Seiner Freundin, schwarz wie Bitterschokolade, sei er damals immer treu
geblieben. Aber sie hatte wenig Zeit,
musste ständig im blauen Negligé im
Schaufenster sitzen …
Bilder im Kopf lässt Willy Michl
entstehen. Sein Publikum schwelgt
in seliger Erinnerung und kennt
viele seiner Lieder auswendig. Einige Paare schmusen zu seiner Musik,
einige Eltern haben ihre erwachsenen Kinder dabei. Vier Männer sitzen am Tisch und versuchen sich das
laute Lachen zu verkneifen, wenn
Willy seine Stimme im übertriebenen Operetten-Tremolo zittern
lässt. Es ist ein außergewöhnliches
Konzert von einem außergewöhnlichen Künstler, das die hundert
Menschen im Publikum im Stockerhof erleben durften.
Fotos: A. Raths
Tanz in Bronze
Skulpturen von Ulrich Holzner
im Schloss Hohenkammer
Ulrich Holzner: Skulpturen
Ausstellung vom 18. März
bis 28. April 2016
Schloss Hohenkammer
Foyer des Casinos
(Gutshof-Restaurant)
I
m großzügigen und modernen
Foyer im Gutshof zu Hohenkammer zeigt der Pfaffenhofener Künstler Ulrich Holzner
auf zwei Ebenen seine beeindruckenden Bronze-Plastiken.
Die Location bietet dafür ein überaus reizvolles Umfeld in direkter
Nachbarschaft zum historischen
Wasserschloss.
Geprägt sind Ulrich Holzners Graphiken und Plastiken vom Tänze-
rischen. Oft variieren sie das gleiche
Thema und machen den Tanz zum
zentralen Sujet in seinen Arbeiten.
Im Entwurfsstadium beginnt der
Künstler gern mit spontanen Skizzen, die während einer Tanzveranstaltung entstehen. Mit Pastell und
Tusche wird das Thema nachgearbeitet. Weiterführend arbeitet er mit
Holzdrucken und entwickelt daraus
die dreidimensionale Plastik.
Nach diesem Prinzip entstanden
auch die großen Tanzfiguren: Ulrich
Holzner entwickelte Skizzen von
Tanzveranstaltungen (Ballett) weiter
und konnte dann die großen Plastiken schaffen. Weitere Themen sind
„Masken“, „Urnen“, „Auseinandersetzung“ und „Beziehung“. Der
Weg, den der Künstler mit den fünf
großen Themen „Tanz“, „Masken“,
„Urnen“, „Auseinandersetzung“ und
„Beziehung“ eingeschlagen hat,
bildet letztendlich ein heterogenes
Ganzes. Die Themen greifen ineinander über, sie lassen sich nicht scharf
voneinander trennen und inspirieren
sich gegenseitig. So zeigt sich in den
Plastiken, den „Großen Tanzenden“
(inspiriert durch den Hexentanz von
Mary Wigman), dass sich das „tänzerische Thema“ mit dem Thema
„Masken“ in spannender Weise miteinander verbindet.
Seine neuesten Plastiken, die graphischen Gruppengestalten, hervorgegangen aus einer alten Motivskizze
aus der Mitte der 80er Jahre, sind
eine neue spannende Aufgabe, bei
der Ulrich Holzner erneut das Thema „Beziehung“ in Angriff genommen hat: „Dieses Thema habe ich im
Jahre 2002 wiederaufgegriffen und
gestalte die Lösungen in verschiedenen Variationen“. Es handelt sich
hierbei um eine ganze Gruppe von
Skulpturen, deren Körperlichkeit
in abstrahierten Grundlinien ausgeführt ist.
Die Ausstellung mit den Werken von
Ulrich Holzner ist noch bis 28. April
2016 auf Schloss Hohenkammer zu
sehen.
(lot)
ANSICHTEN
Seite 8 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 18. März 2016
Gäste bei der Ausstellungseröffnung im Haus der Begegnung
Fleißig wie die Bienen
Neue Serie des Regionalgeldes vorgestellt
von Claudia Erdenreich
D
ie zwölfte Serie des
Hallertauer Regionalgelds
wurde zusammen mit der
Ausstellung „Skulpturen
und Objekte“ in der Städtischen
Galerie eröffnet. Sieben Künstler
mit regionalem Bezug zu Pfaffenhofen gestalteten Plastiken, Keramik,
Skulpturen und Objekte und präsentierten sie zusammen mit den Erstdrucken der neuen Geldschein-Serie
für 2016.
„Was ist Geld“, fragte Manfred
Mensch Mayer in seiner Begrüßung die zahlreichen interessierten
Gäste. Geld sei in erster Linie ein
Machtmittel, hier gilt es, Regionalität gegen globale Größe zu setzen.
Manfred Mensch Mayer machte darauf aufmerksam, dass weltweit die
Schere zwischen arm und reich immer weiter aufgeht. Mit regionalem
Geld wie dem Hallertauer bleibt das
Geld nicht nur in der nächsten Umgebung, es werden auch noch soziale
Projekte unterstützt.
Peter Feßl (links) mit aktuellen und früheren
Künstlern der Scheine
Kulturreferent Peter Feßl stellte die
sieben Künstler und ihre Werke vor,
die dieses Mal die Geldscheine gestaltet haben. Hans Dollinger zeigte
Peter Feßl im Gespräch mit Gästen
Keramik, Margit Grüner Mosaikplastik, Manfred Habl Objektkunst,
Hermann Hechenberger ebenso wie
Ulrich Holzner Metallskulpturen,
Andrea Koch Holzskulpturen und
Katalin Kossack Keramik. So unterschiedlich die Materialien, Techniken und künstlerischen Ansätze
sind, so sind doch alle sieben Künstler in der Region verwurzelt und ihr
bewusst und gerne treu geblieben.
Ebenso befanden sich Werke des
Künstlers Joseph Beuys in der Ausstellung. Dessen Zeichnungen und
Objekte waren anders als die Werke
der lokalen Künstler nicht verkäuflich.
Rund 50 Gäste waren zur Vernissage
gekommen, darunter auch zahlreiche
Künstler, die bereits früher Scheine
des BürgerInnengeldes gestaltet haben. Ebenso waren Vertreter der
Förderprojekte anwesend. Sie alle
nutzten die sehenswerte Vernissage
auch zum intensiven Austausch.
Manfred „Mensch“ Mayer bei der Ausstellungseröffnung