PERIKLES kann getrost in die Zukunft blicken

Bern, 29. September 2015
PERIKLES kann getrost in die Zukunft blicken
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Am 15. und 16. September haben die Notfallschutzpartner im Rahmen der
Gesamtnotfallübung 2015 PERIKLES die Bewältigung eines schweren Unfalls im
Kernkraftwerk Gösgen geübt.
Seit der Durchführung von
Gesamtnotfallübungen mit den
schweizerischen Kernkraftwerken werden
jeweils Übungsnahmen von Personen aus
der griechischen Mythologie verwendet.
Der griechische Staatsmann PERIKLES,
welcher im 5. Jahrhundert v. Chr. in Athen
lebte, soll gesagt haben: „Es kommt nicht
darauf an, die Zukunft zu wissen, sondern
auf die Zukunft vorbereitet zu sein“. Da
dieser Ausspruch äusserst passend ist für
eine GNU, wurde PERIKLES zu Ehre
gezogen. PERIKLES kann deshalb getrost
in die Zukunft blicken, weil die übenden
Kernkraftwerk Gösgen.
Organisationen ein grosses Engagement
zeigten und einen bemerkenswerten Erfolg
ausweisen können.
Übungsrahmen
Die Notfallübungs-Richtlinie B-11 des Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI schreibt für alle
schweizerischen Kernanlagen zur Überprüfung ihrer
Planungen und Vorbereitungen vor, alle zwei Jahre eine
Gesamtnotfallübung (GNU) mit einem der vier
Kernkraftwerke und allen weiteren betroffenen Stellen
durchgeführt werden. Die Wahl des Kernkraftwerks
Gösgen für die diesjährige GNU entspricht dem üblichen
Turnus. Aufgrund der Kompetenz in der Vorbereitung,
Durchführung und Auswertung von Übungen zu naturund zivilisationsbedingten Katastrophen im
Geschäftsbereich Ausbildung hat das ENSI diese Aufgabe
im Jahr 2013 dem BABS übertragen.
Die Ziele der GNU 15 waren:
• Die Kommunikation funktioniert auf allen Ebenen;
• die Notfallleiter und der Notfallstab des Kernkraftwerks
Gösgen setzen ihr Wissen situations- und zeitgerecht
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Perikles, führender
Staatsmann im alten Athen.
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in Aufträge um;
das ENSI beurteilt die Massnahmen im Werk im Hinblick auf deren präventive und
mitigative Wirkung;
die Nationale Alarmzentrale NAZ löst die Warnung der Behörden von Bund und
Kantone sowie ausgewählter Speziallaboratorien zeitgerecht aus;
die Sofortmassnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unmittelbarer Gefährdung
durch radioaktive Stoffe werden gemäss Dosismassnahmenkonzept ausgelöst;
der Kantonale Führungsstab Solothurn KFS SO hat die Zweckmässigkeit der
Unterlagen, Mittel und Ausrüstung für den Fall eines überraschend eintretenden
Ereignisses überprüft;
die Einsatzplanung zur Abgabe von Jodtabletten ist überprüft;
die Führungshilfen an den Führungsstandorten sind zweckmässig eingesetzt;
die Lagebeurteilungen und die ausgearbeiteten Lösungsvarianten sind für alle
Mitarbeitenden in den Stäben einfach und verständlich.
Übende Stellen
An der Übung beteiligt waren insbesondere der Notfallstab des Kernkraftwerks Gösgen,
inklusive das externe Lager Reitnau, die Notfallorganisation des ENSI, die NAZ, verstärkt durch
den Stab Bundesrat NAZ, das Labor Spiez, die Luftwaffe, der Kantonale Führungsstab
Solothurn, zwei regionale Führungsorgane des Kantons Solothurn und eines aus dem Kanton
Aargau, diverse Krisenorganisationen von Infrastrukturunternehmen sowie Stäbe in den
Nachbarländern Deutschland und Frankreich.
Szenario
Das auslösende Moment für den KKWUnfall war eine Erderschütterung, die sich
infolge eines Geothermie-Projekts im
Raum Lostorf ereignete. Tektonische
Verschiebungen führten zu starken
Wasserflüssen im kieshaltigen Untergrund
und zu einem Absenken der
Kraftwerksanlagen, insbesondere des
Kühlturms. Betonelemente, die sich vom
Kühlturm lösten, beschädigten das
Maschinenhaus – darunter strategisch
wichtige Anlageeinrichtungen –, was zur
Havarie im Kernkraftwerk und schliesslich
Eine 60-bar-Transitgasleitung platzt.
zum schweren Unfall führte.
Durch die Erderschütterung führte auch
dazu, dass die Transitgasleitung Deutschland–Italien, die 300 Meter westlich des
Kernkraftwerks verläuft, freigelegt wurde und gar platzte. Eine weitere Folge war eine
Gleisverwerfung auf der Linie Olten–Aarau. Ein schweres Eisenbahnunglück auf dieser
stark befahrenen Strecke war nicht mehr abzuwenden. Ein rabenschwarzer Tag.
Übungsteile
Die GNU 15 bestand aus mehreren Übungsteilen, die hier kurz beschrieben sind:
Werksnotfallübung Kernkraftwerk Gösgen
Eine Auflage des ENSI verlangt, dass der Notfallstab im Kernkraftwerk eine
Werksnotfallübung absolvierte. Dabei wurde mit einem Simulator ein Kernschaden
dargestellt, den es mit vorgesehenen Massnahmen zu bewältigen galt. Das Szenario sah
vor, dass mit einem massiven Druckanstieg im Reaktor und mit einem Druckablass
(Venting) gerechnet werden musste. In der GNU 15 wurde am 15.9.15 von 17 bis 18 Uhr
„geventet“ werden.
Notfallmanagement
Das Notfallmanagement aller nachgelagerten Stellen (ENSI, NAZ, KFS SO, RFO)
basierte auf den Auswirkungen des KKW-Szenarios und im Rahmen klassischer
Stabsübungen. Eine Herausforderung ist jeweils die Tatsache, dass mit „Echtwetter“
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gearbeitet wird und der Simulator im KKW je nach eingeleiteten Massnahmen nicht
vorhersehbar reagiert. Abweichungen vom vorbereiteten Drehbuch sind deshalb möglich
– was in der GNU 15 auch zutraf. Beendet wurde das Notfallmanagement am Abend des
15.9.15.
Externes Lager Reitnau
Rechtzeitig forderte das KKG bei der NAZ
die Ausrüstungen zur Bekämpfung von
schweren KKW-Unfällen an, die im externen
Lager Reitnau gebunkert sind. Dies löste bei
der Luftwaffe das Aufgebot von drei Super
Pumas aus. Das eingelagerte Material
umfasst:
•
Notstromaggregate mit mehreren hundert
kVA Anschlussleistung;
• mobile Pumpen zur Einspeisung von
Wasser (als Kühlmittel);
Ein Super Puma transportiert eine Pumpe
• konfektionierte Stromkabel und
vom externen Lager Reitnau zum KKW.
Kühlmittelschläuche;
• Diesel-Treibstoff in transportierbaren Behältern;
• Borierungsmittel zur Unterbindung der Kettenreaktion im Reaktor;
• Werkzeuge für die Installation der zusätzlichen Ausrüstungen;
• Schutzmittel und Messgeräte für den Strahlenschutz;
• Feuerwehrausrüstungen.
Das Kernkraftwerk Gösgen forderte insbesondere das Material an, mit dem die
Kühlwassertransportleitung von der Aare zum Reaktor erstellt werden sollte. Der
Betriebsfeuerwehr des Kernkraftwerks gelang es, die mehrere hundert Meter lange
Transportleitung zu erstellen und das benötigte Kühlwasser zu liefern, so dass eine
weitere Eskalation des KKW-Unfalls vermieden werden konnte.
Probenahme- & Messorganisation
Am 16.9.15 bot die NAZ die Übungsteilnehmer der Messorganisation auf und setzte sie
zeitgerecht ein. Die Messungen und Probenahmen im Feld und die Messungen in den
Laboratorien erfolgten in kompetenter Art und Weise.
Beratungsstelle Radioaktivität BsR
Am 16.9.15 wurde in Balsthal (SO) der Betrieb der Beratungsstelle Radioaktivität geübt.
Dabei handelt es sich um eine gemeinsam von Bund, Kantonen und weiteren Partnern ad
hoc aufgebaute Stelle, in der Personen aus dem von erhöhter Radioaktivität betroffenen
Gebiet einer Radioaktivitätsmessung unterzogen und dabei von Fachleuten betreut und
beraten werden. Mit gegen 250 freiwilligen Figuranten konnte die Leistungsfähigkeit
dieser rasch aufzubauenden Einrichtung getestet werden. Die Freiwilligen waren
durchwegs beeindruckt von der Professionalität der Messungen und der Beratungen.
Zutritt zur Beratungsstelle Radioaktivität (links) und Radioaktivitätsmessung bei einem
Kleinkind.
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Übungs-Mediendruck
Ab Standort Kaserne Wangen an der Aare
erzeugten Fachoffiziere, die ihren
Militärdienst in der ManagementInformations- und
Kommunikationsausbildung der Armee
MIKA leisten, einen sogenannten
Mediendruck. Sie verlangten von den
Übenden meist telefonisch und unter
Zeitdruck fachlich fundierte und inhaltlich
sich nicht widersprechende Statements.
Übungsjournalisten bereiten die Fragen an
die Übenden vor.
IBBK-Radio
Das System zur Information der Bevölkerung durch den Bund in Krisenlagen mit Radio
(IBBK-Radio) wurde in die Übung miteinbezogen. Es ging primär darum, sämtliche
Vorbereitungen auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen, insbesondere der zeitgerechten
Auslösung des Prozesses IBBK-Radio ab dem Auslösebefehl des Einsatzleiters der NAZ.
Auf eine Signalabstrahlung und eine Unterbrechung des Radioprogramms wurde
verzichtet.
Kontaktstelle Bundesstab ABCN
In Anbetracht dessen, dass nur an einem Tag das Notfallmanagement geübt wurde und
deshalb das Krisenmanagement nicht zum Tragen kam, wurde der Bundesstab ABCN
nicht in die GNU 15 einbezogen. Damit die übenden Stellen trotzdem einen
Ansprechpartner auf Stufe Bund zur Verfügung hatten, wurde am Standort BABS in Bern
eine Kontaktstelle BST ABCN betrieben.
Regie
Eine zentrale Regie in Brugg steuerte die ganze GNU15. In vielen Stabsübungen ist es
Aufgabe der Regie, die Aussenwelt zu simulieren und den Übenden die benötigten
Auskünfte zur Verfügung zu stellen. In den GNU ist dies etwas anders: Die Hauptaufgabe
der Regie ist es, dem Übungsleiter den Überblick über den Verlauf der komplexen und
dezentral stattfindenden Übung zu gewährleisten, Probleme im Übungsablauf rechtzeitig
zu erkennen und gegebenenfalls Steuerungsmassnahmen einzuleiten.
Medienarbeit
Mit einer Medienmitteilung vor und einer nach der Übung wurde die Öffentlichkeit über die
GNU 15 informiert. Zudem erhielten die lokalen Solothurner Medien die Möglichkeit, die
Beratungsstelle Radioaktivität in Balsthal im Detail erklärt zu bekommen.
Übungsbeobachtung und Auswertung
Jede übende Organisationseinheit wurde von mindesten zwei kompetenten
Mitarbeitenden beobachtet, die teilweise auch als hilfeleistender Coach tätig waren. Die
Beobachter verfügten über organisationsbezogene, auf die entsprechenden Ziele
ausgerichtete Beobachterblätter. Eine erste Übungsbesprechung wurde noch direkt vor
Ort durchgeführt, die zentrale Übungsbesprechung wird am 24.11.15 im Kernkraftwerk
stattfinden. Gegen Ende Jahr soll dann der Schlussbericht GNU 15 vorliegen.
Erfahrungen und Erkenntnisse
Die Übung verlief weitestgehend wie geplant. Ein Grossteil der in der GNU 13
festgestellten Mängel konnte bereits behoben werden. Optimierungen liegen mehrheitlich
bei technischen Abläufen. Es war eindrücklich, mit welcher Ernsthaftigkeit die Übenden
diesen KKW-Unfall bewältigten. Der Übungsleiter fühlte sich bei Beobachtungen in den
Stäben, aber auch beim Helikoptertransport der Pumpen aus dem Lager Reitnau oder in
der Beratungsstelle Radioaktivität in ein Echtereignis versetzt.
Ident-Nr./Vers. 10013380128/01
Aktenzeichen: 034-22
In der Übungsleitung der GNU 15 eingesetzte BABS-Mitarbeitende
Martin Haller
Übungsleiter
Mario Burger
Übungsleiter Stv + MO
Markus Müller
Chef Regie
Thomas Herren
Regie
Christoph Stotzer
Regie
Pia Feuz
Sekretariat Übungsleitung
Dominique Rauber
Auslandkontakte +Beobachter NAZ
Sibylle Probst
Mediendruck
Michel Constantin
Medienvertreter franz.
Markus Zürcher
Lager Reitnau
Roger Schacher
BsR
Kurt Münger
Kommunikation
Max Baumberger
IBBK
Hans Probst
Beobachter NAZ
Hans Guggisberg
Beobachter KFS Solothurn
Hildegard Weber
Beobachterin RFS Niederamt
Laurent Ruchat
Beobachter RFS Olten
Urban Müller Freiburghaus
Kontaktstelle BST ABCN
Giuseppe Testa
Kontaktstelle BST ABCN
Ausb
LS
Ausb
Ausb
Ausb
LS
NAZ
Ausb
Ausb
LS
Ausb
ZS
NAZ
Ausb
Ausb
ZS
Ausb
NAZ
LS
Dank
Als Übungsleiter GNU 15 PERIKLES ist es mir ein grosses Anliegen, zuerst einmal allen
Mitarbeitenden der Übungsleitung für die äusserst konstruktive Mitarbeit zu danken. Ohne
ihre kompetenten Beiträge wäre die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung dieser
vielschichtigen Übung nie möglich gewesen.
Ich danke allen BABS-Mitarbeitenden, die mit ihrer Organisationseinheit bei einem KKWUnfall in den scharfen Einsatz müssten und deshalb in der GNU 15 beübt wurden. Das
grosse Engagement und die erlebte Fachkompetenz haben mich beeindruckt.
Martin Haller,
Projekt- und Übungsleiter GNU 15
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