wenn die jungmannschaft «ausfliegt

Notizen zum Medien-Apéro vom
16. September 2015
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WENN DIE JUNGMANNSCHAFT «AUSFLIEGT»
Weshalb die beiden 2014 geborenen Schneeleoparden Okara und Orya den
Zoo Zürich demnächst verlassen und was es für das Zuchtprogramm
bedeutet, dass ihre Mutter Dshamilja ein Wildfang ist.
Bald sind sie 1½-jährig, die beiden 2014 geborenen Schneeleoparden Okara und Orya.
Damit rückt die Zeit näher, Abschied zu nehmen von Zürich und «auszufliegen».
Schneeleoparden kommen als Nesthocker zur Welt. Sie sind anfänglich recht hilflos,
noch blind und taub. In einem Versteck verbringen sie ihre ersten Lebenswochen; dort
werden sie von ihrer Mutter, die auf die Jagd gehen muss, zurückgelassen. Mit
zunehmender Mobilität können die Jungen ihrer Mutter folgen und sie zu den
geschlagenen Beutetieren begleiten. Es folgt dann eine Lehrzeit: Die Jagd im
Hochgebirge ist sehr anspruchsvoll, nur mit Übung kommt man zum Erfolg, und dieser
Erfolg ist überlebenswichtig. Etwa 1½ Jahre bleiben die Jungtiere bei der Mutter – in
dieser Zeit können sie sich noch auf die Jagderfahrung der Mutter abstützen.
Okara und Orya, zwei Weibchen, wurden am 3. Mai letzten Jahres geboren. Zur
Geburtszeit und weiter bis heute war der Vater der Jungtiere stets mit in der Anlage.
Schneeleoparden sind wohl meist als Einzelgänger unterwegs, können aber auch sozial
sehr verträglich sein.
Die beiden Schwestern haben unterschiedliche Temperamente. Okara ist eher etwas
scheu und zurückhaltend (als junges Kätzchen war das noch anders), während Orya
forscher und mutiger auftritt. Um die beiden Katzen so gut wie möglich auf den
bevorstehenden Transport vorzubereiten, findet seit etwa zwei Monaten ein Kistentraining
statt. Damit sollen die Tiere an die Transportkiste gewöhnt und auch mit der Situation
vertraut gemacht werden, dass die Kiste geschlossen wird. Orya erkundete als erste die
im Stall angedockte Kiste.
Ihr weiterer Weg führt die beiden Schwestern in verschiedene Richtungen. Okara
wechselt in den Zoo Plock in Polen. Plock hat 1997 mit der Haltung von
Schneeleoparden begonnen, hatte die letzten Jahre aber keine Tiere mehr. Noch weiter
weg führt die Reise für Orya, sie wird sprichwörtlich «ausfliegen». Sie wird das
europäische Zuchtprogramm verlassen und in den Milwaukee County Zoo in Wisconsin
(USA) gehen. Milwaukee County Zoo hält seit den frühen sechziger Jahren
Wer Tiere kennt,
wird Tiere schützen.
Schneeleoparden und züchtet diese seit 1969 sehr erfolgreich. Aktuell lebt dort aber nur
ein älteres Weibchen. Orya soll im Zuchtprogramm des amerikanischen Zooverbands für
diese Katze zu einer Blutauffrischung beitragen.
Die Bedeutung von Wildfängen für Zuchtprogramme
Die Mutter der beiden jungen Schneeleoparden, Dshamilja, kam im Frühjahr 2000 sehr
wahrscheinlich in Tadschikistan zur Welt. Wilderer fingen sie in einer Falle und erlegten
des Felles wegen ihre Mutter. Dshamilja wurde nach Kirgisistan geschmuggelt und in der
Hauptstadt auf dem Schwarzmarkt angeboten. Dort wurde sie von der spezialisierten
Antiwilderereinheit Bars konfisziert. Sie war in einem geschwächten und verwahrlosten
Zustand; von ihrem rechten Hinterfuss fehlte durch den Schlag der Falle etwa ein Drittel.
Mit viel diplomatischer Unterstützung kam das Jungtier nach Deutschland in den
Wildpark Lüneburger Heide in gute Pflege. Seit 2002 lebt Dshamilja in Zürich.
Innerhalb der europäischen Zoogemeinschaft EAZA gibt es rund 250 koordinierte
Zuchtprogramme. Ziel dieser Zuchtprogramme ist es, die in Menschenobhut betreuten
Tierpopulationen möglichst langfristig genetisch vielfältig zu erhalten. Damit sollen
Voraussetzungen für gesunde Tierbestände und die Möglichkeit geschaffen werden, Tiere
aus diesen Beständen bei Bedarf für Auswilderungen einsetzen zu können.
In Menschenobhut betreute Populationen sind in ihrer Grösse beschränkt und ohne
Austausch mit anderen Populationen. Mit jeder neuen Generation gehen zwangsläufig
genetische Informationen verloren, da die Eltern nur einen Teil ihrer genetischen
Information an ihre Nachkommen vererben. Ein angestrebtes Ziel der Zuchtprogramme ist
es, über einen Zeitraum von 100 Jahren möglichst 90 Prozent der durch die «Gründer»
der Population eingebrachten genetischen Variabilität zu erhalten. Ist die Zahl der
Gründertiere – Tiere, die ursprünglich der Wildbahn entnommen wurden – gross, ist
dieses Ziel leichter zu erreichen als bei kleinen Populationen.
Die Arbeit der Koordinatoren der Zuchtprogramme wird durch Rechenprogramme
unterstützt, die Aussagen machen über die aktuelle genetische Variabilität einer
Population, die zur Zielerreichung benötigte Populationsgrösse und den allenfalls
benötigten Zugang neuer Gründertiere sowie über geeignete Verpaarungen der
einzelnen Individuen. Dshamilja ist als Wildfang ein Gründertier des europäischen
Zuchtprogramms. Ihre Tochter Orya wird eines des amerikanischen Zuchtprogramms. Sie
hat wertvolle neue genetische Information in die Zoopopulation gebracht. Verschiedene
Zuchtprogramme werden zur Sicherung des Bestandes aus genetischen Gründen
längerfristig auf weitere Gründertiere angewiesen sein. Die dafür nötige allfällige
Entnahme von Tieren aus Wildpopulationen muss dabei von Fall zu Fall sorgfältig
abgeklärt werden.
Links:
Infos zur Beteiligung des Zoo Zürich an Zuchtprogrammen: www.zoo.ch/zuchtprogramme
Schneeleoparden des Zoo Zürich auf Youtube: www.zoo.ch/schneeleopardenfilme
Wer Tiere kennt,
wird Tiere schützen.
Ausblick: Madagaskartage am 3. und 4. Oktober 2015
Am Wochenende vom 3. und 4. Oktober 2015 finden im Zoo Zürich zum zwölften Mal
die Madagaskartage statt. Die Zoobesucher erhalten Einblicke in die Tätigkeiten des Zoo
Zürich zum Schutz der Regenwälder in Madagaskar und erleben die madagassische
Natur und Kultur selber hautnah. Im Masoala Regenwald gibt es informative Führungen
und spannende Rundgänge auf den Erlebniswegen. Jeweils um 13 und 16 Uhr sorgt die
Beregnungsanlage für tropische Regengüsse. Im Foyer und im Infozentrum informieren
verschiedene Naturschutz- und Hilfsorganisationen über ihre Arbeit. Im Masoala
Restaurant werden madagassische Speisen serviert, an verschiedenen Marktständen
Produkte aus Madagaskar angeboten. Ein madagassischer Chor lädt bei Konzerten zum
Mitsingen und Tanzen ein. Weitere Infos unter zoo.ch/madagaskartage.
Der Zoo Zürich engagiert sich seit 1995 in der Region Masoala für den Schutz und Erhalt
des Regenwaldes. Jährlich steuert er mindestens 125‘000 US Dollars an die
Betriebskosten und den Nachhaltigkeitsfonds des Masoala Nationalparks bei. Er
finanziert zudem sozioökonomische Projekte in der Umgebungszone, etwa für
nachhaltige Landwirtschaft, verbesserte Wasserversorgung und Hygiene sowie für die
Schulbildung von Kindern. Weitere Infos unter zoo.ch/naturschutz-masoala.
Links:
Infos zum Naturschutzengagement des Zoo Zürich in Madagaskar: www.zoo.ch/naturschutz-masoala
Infos zu den Madagaskartagen: www.zoo.ch/madagaskartage
Text-, Bild- und Videomaterial zum Masoala Regenwald: www.zoo.ch/medien-masoala
Für weitere Informationen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:
Dr. Alex Rübel, Direktor, Zoo Zürich
Dr. Robert Zingg, Senior Kurator, Zoo Zürich
Telefon 044 254 25 00, [email protected]
Text-, Bild- und Videomaterial elektronisch erhältlich unter www.zoo.ch/medien
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