Kurvenkreischen von Straßenbahnen Ursachen und Gegenmaßnahmen IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr Dr.-Ing. Yacin Ben Othman Vorwort Einordnung des Projektes „Kurvengeräusche bei Bahnen des ÖPNV“ Auf Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde im Jahre 1999 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Forschungsnetzwerk „Leiser Verkehr“ ins Leben gerufen. In diesem umfangreichen Netzwerk bzw. Forschungsverbund wurden zunächst mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), seit 2006 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Forschungsprojekte in den Bereichen • Verkehrslärm allgemein, • Wirkungen von Lärm auf den Menschen, • Lärmminderung im Straßenverkehr und • Lärmminderung im Schienenverkehr gefördert. Diese Präsentation zeigt Ergebnisse des Forschungsprojekts „Kurvengeräusche bei Bahnen des ÖPNV“. 2 Einleitung Das Phänomen „Kurvenquietschen“ Merkmale des Kurven‐ quietschens: − Hochfrequent − Tonal − Laut − Stark störend Quelle: 3 Einleitung Relevanz des Themas Aggregatgeräusche Rumpelgeräusche CO2‐Emission Rollgeräusche Zwangsgeräusche Kurvengeräusche Traktionsgeräusche Quietschen/Kreischen Zischelgeräusche Erneuerbare Energiequellen Energierückspeisung Umweltverträglichkeit − Hochfrequent − Tonal − Laut − Stark störend Energieeffizienz Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit Rollwiderstand Gewicht 4 Forschungsprojekt „Kurvengeräusche bei Bahnen des ÖPNV“ Projektaufbau und -übersicht Kurvengeräusche Herangehensweise in drei Projektschwerpunkten: • Phänomenologische Parameteranalyse • Rechnergestützte Verfahren • Maßnahmen an Rad und Schiene 5 Forschungsprojekt „Kurvengeräusche bei Bahnen des ÖPNV“ Rechnergestützte Verfahren Modellanalyse, Modell- und Programmerweiterungen 15 10 Bogen links Bogen rechts 5 Bogen gesamt TSI 0 Gerade links Gerade rechts -5 -10 Wavelenght, m 0,0032 0,0040 0,0050 0,0063 0,0080 0,0100 0,0125 0,0160 0,0200 0,0250 0,0315 0,0400 0,0500 0,0630 0,0800 0,1000 0,1250 0,1600 -15 0,2000 1/3 octave roughness level, dB re 1µm 20 AP 110 Rechnerische Analyse bestehender Maßnahmen AP 120 Modellanalyse, Parameteridentifikation AP 130 Modellierung des Anregungsmechanismen AP 140 Modell- und Programmentwicklung Versuchsdurchführung und Messauswertung AP 210 Messprogrammerstellung AP 220 Bereitstellung Fahrzeug und Fahrweg AP 230 fahrzeugfeste Messungen AP 240 ortsfeste Messungen AP 250 Auswertung der fahrzeugfesten Messungen AP 260 Auswertung der ortfesten Messungen Vergleich Rechnung – Messung, Anwendung, Dokumentation AP 310 Simulation der Laufdynamik AP 320 Vergleich Rechnung – Messung AP 330 Anwendung des Prognoseverfahrens AP 340 Ergebnisaufbereitung und Empfehlungen für das Handbuch 6 Kurvenquietschen schienengebundener Fahrzeuge Ursache und Entstehung des Kurvenquietschens In engen Bögen: stets Anlauf des vorderen äußeren Rades − Anlauf des hinteren inneren Rades: Spießgang − Kein Anlauf des hinteren inneren Rades: Freilauf − Kurvenquietschen tritt nur in engen Bögen auf − Eingeprägte Führungskraft in Querrichtung durch Anlauf des äußeren Rades − Über die starre Achse wird das innere Rad zu einer reibbehafteten Querbewegung gezwungen − Die Querbewegung dient als Energiequelle für selbsterregte Reibschwingungen 7 Kurvenquietschen schienengebundener Fahrzeuge Körperschallmessung während der Fahrt Radkranz Radscheibe 8 Kurvenquietschen schienengebundener Fahrzeuge Auszug aus den Messergebnissen – Quietschquelle kurveninneres Rad ca. 85 dB ca. 130 dB Farbkarte der Schwingschnelle Lv re 5·10‐8 m/s am bogenäußeren Radkranz in axialer Richtung Fahrt bei 20 km/h bei Quietschen Farbkarte der Schwingschnelle Lv re 5·10‐8 m/s am bogeninneren Radkranz in axialer Richtung Fahrt bei 20 km/h bei Quietschen 9 Kurvenquietschen schienengebundener Fahrzeuge Auszug aus den Messergebnissen – Rotierend Radmode Mitgeführte Luftschallmessung einer beschleunigten Fahrt mit Quietschen Die Messergebnisse der − Beschleunigungsaufnehmer auf den Rädern zeigen geschwindigkeits‐ unabhängige Quietschfrequenz. − Beschleunigungsaufnehmer auf den Schienen zeigen geschwindigkeits‐ abhängige Quietschfrequenz. − mitgeführten Luftschallmessungen zeigen geschwindigkeitsabhängige Quietschfrequenz. Quietschbeginn bei 14 km/h ca. 1578 Hz Quietschende bei 28 km/h ca. 1572 Hz − ortsfesten Luftschallmessungen deuten auf geschwindigkeits‐ abhängige Quietschfrequenz hin. 10 Simulation von Kurvenquietschen Notwendige Parameter Simulationswerkzeug: SFE‐AkusRail mit Kurvenquietscherweiterung Eingabeparameter: − Fahrzeugdynamik (FE‐Modell validiert durch Messergebnisse der Modalanalyse) − Fahrwegdynamik (FE‐Modell validiert durch Messergebnisse der Modalanalyse) − Rad/Schiene‐Kontakt (Ergebnisse aus einer Laufdynamiksimulation mit Ergebnissen für Kontaktpunktlage, Schlüpfe, Kontaktkräfte, Reibwert usw.) − Schallabstrahlung 11 Simulation von Kurvenquietschen Ergebnisse der durchgeführten Variationsrechnungen − Deutliche Vorteile von erhöht gedämpften Radstrukturen gegenüber weniger gedämpften. − Ein einteiliges Rad neigt eher zum Quietschen als ein zweiteiliges Rad mit Gummischicht. − Besonders die Dämpfung des Radkranzes birgt ein hohes Quietschvermeidungspotenzial. − Die Oberbauvarianten zeigen geringe Unterschiede in der Geräuschabstrahlung und nehmen Einfluss auf die Entstehung von Kurvenquietschen. Dennoch kann keine Oberbauvariante das Quietschen vermeiden. − Welche Oberbauvariante von Vorteil ist, ist vom jeweiligen Fahrzeug abhängig. Eine pauschale Empfehlung ist nicht möglich. 12 Projektergebnisse - Minderungsmaßnahmen Minderungsmaßnahmen am Fahrzeug Maßnahmenbereich Maßnahme Fahrwerkswahl (einachsig, zweiachsig, Fahrzeugkonstruktion radial einstellbar, angetriebe Losräder usw.) Resonanzzungenabsorber Sichelabsorber Radschallabsorber Reibringe usw. Entdröhnung Radbedämpfungen Sandwichabsorber usw. Radkranz durch Gummischich Gummigefederte Räder von Radscheibe getrennt Werkstoffwahl der Räder Werkstoffwahl Radgeometrie Radgeometrie Mögliche Minderungsmaßnahmen: −Primäre Maßnahmen −Sekundäre Maßnahmen Maßnahmen mit höchstem Vermeidungspotenzial: −Radschallabsorber (Dämpfungseinbringung und Tilgung, Anhebung des Verlustfaktors um den Faktor 50 möglich, richtige Dimensionierung wichtig) −sich radial einstellende Fahrwerke (aktiv, passiv, wichtig: geeignete Rad/Schiene‐Profilpaarung, die eine schnelle radiale Einstellung des Fahrwerks ermöglicht) Oberflächenbehandlung Oberflächenbehandlung der Radfahrflächen z.B. Radscheibenblenden, Sekundäre Maßnahmen Schürzen 13 Projektergebnisse - Minderungsmaßnahmen Minderungsmaßnahmen im Kontaktpunkt und am Fahrweg Maßnahmenbereich Schmierstoffe und Flüssigkeiten Maßnahme Benetzen der Kontaktflä Reibwert‐Modifizierer Benetzen der Kontaktflä Maßnahmenbereich Oberbauformen, Trassierung und Gleisgeometrie Maßnahme Wählen einer geeignete Kombination abgestimm das Fahrzeug Schienenrauheit, ‐profil Schienenprofiländerung und ‐beschichtung Schienenwerkstoff Werkstoffwahl Schienensteg‐ bedämpfung Bedämpfung Schienenabsorber Absorberapplikation Auftragsschweißungen Aufbringung von Schweißraupen auf die Schienenfahrfläche Maßnahmen im Kontaktpunkt von Rad und Schiene: −Schmierstoffe, Flüssigkeiten und Reibwert‐ Modifizierer −Variationsparameter ist die applizierte Menge −Beachtung von Bremswegverlängerungen und Traktionsfähigkeit −Wasser als umweltfreundliches Mittel gut geeignet Maßnahmen am Fahrweg: −Einflussnahme auf laufdynamische Parameter, den Reibwert und die Eigenfrequenzen möglich −Keine pauschalen Beurteilungen möglich −Im Vergleich zu anderen Maßnahmen aufwendig 14 Zusammenfassung − Drei Parameter sind für das Auftreten von Kurvenquietschen notwendig: ein hoher Reibwert, eine gering gedämpfte Schwingform und ein hoher Anfahrwinkel. − Es ist keine abfallende Kraftschluss/Schlupf‐Funktion notwendig, um eine pulsierende Normalkraft des Rades hervorzurufen. − Die Schwingungsform des Rades rotiert mit dem Rad − Radschallabsorber, Schmiermittel und Reibwert‐Modifizierer sind wirkungsvolle Maßnahmen gegen das Quietschen. − Generell wird die Verwendung von sich radial einstellenden Fahrwerken in Kombination mit einem passenden Rad/Schiene‐Kontakt empfohlen. − Eine Kombination von verschiedenen Minderungsmaßnahmen verspricht ein höheres Vermeidungspotenzial. 15 Kontakt: Dr.-Ing. Yacin Ben Othman IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr Adresse: Nordhoffstraße 5 38518 GIFHORN Telefon: +49 5371 805-3413 E-Mail: [email protected]
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