PULS - Handelskammer

PULS - das Bündner
Wirtschaftsmagazin
Aktuelle Wirtschaftstrends für Graubünden – Juni 2015
Graubünden braucht mehr Innovation!
Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden
Uffizi per economia e turissem dal Grischun
Ufficio dell’economia e del turismo dei Grigioni
Forschung ist der
Motor der
Innovation
Innovation
kennt keine
Grenzen
«Nur wer
innovativ ist,
kann überleben»
Erich Schneider von der
Academia Raetica fordert
mehr Mut _SEITEN 6/7
Internationale Zusammenarbeit fördert Innovation –
und Erfolg _SEITEN 15/17
Ems-Chemie-Direktor
Christoph Bischof im
Interview _SEITEN 18/19
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Inhalt – PULS Juni 2015
4/5
Welches sind die Erfolgsrezepte für mehr Innovation in Graubünden?
8/9
Wie innovativ war Graubünden in der Vergangenheit?
Um im internationalen Konkurrenzkampf mitzuhalten, braucht es dringend mehr Mut und gute Voraussetzungen.
Die Bündner sind gegenüber Erneuerungen eher skeptisch eingestellt. Oft kam die Innovation von aussen.
10/11 Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) als Fördermittel
Die KTI fördert die wissenschaftliche Forschung und Innovation auf verschiedene Arten – auch in Graubünden.
12/13 Die wirtschaftliche Entwicklung Graubündens in Zahlen
Graubünden im Gegenwind. Der Wirtschaft im Kanton kämpft gegen rezessive Tendenzen.
20/21 Vom Lehrling zum Internetpionier
Der Internetpionier Ivo Frei will Kunden auf einem einzigartigen Weg von A nach B bringen.
22
Kreative Ideen aus Chur
Das Churer Industriedesign-Büro Flink GmbH überrascht mit interessanten Artikeln aus heimischer Produktion.
23
Eine Idee verspricht Erfolg
Eine junge HTW-Studentin will mit einer besonderen Online-Marketing-Agentur die Werbung weiblicher machen.
Inserat
WAS IST GRAUBÜNDEN DER SCHWEIZ
NOCH WERT?
18. Wirtschaftsforum Südostschweiz
Freitag, 11. September 2015, 13.30 Uhr
Gehla – Bündner Herbstmesse, Chur
ONLINE-ANMELDUNG UNTER WWW.WIFO-SUEDOSTSCHWEIZ.CH
Sponsoren
Co-Sponsor
Networkingpartner
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Innovation
schafft Arbeitsplätze
Impressum
PULS Nummer 41, Juni 2015
Adresse: Graubündner Kantonalbank,
Marketing & Kommunikation, Postfach, 7002 Chur
(E-Mail: [email protected])
PULS erscheint zweimal jährlich in Zusammen­arbeit von
Graubündner Kantonalbank (Daniel Michel, David Gartmann),
Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden
(Eugen Arpagaus, Patrick Casanova),
Bündner Gewerbeverband (Jürg Michel),
Hotelleriesuisse Graubünden (Jürg Domenig),
Handelskammer und Arbeit­geberverband Graubünden
(Marco Ettisberger),
Südostschweiz (Hans Bärtsch, Norbert Waser)
Herausgeberin Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG),
in Zusammenarbeit mit PULS-Partner Verlag und Redaktion
Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG) Redaktionelle
Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter Brigitte Küng, Franco
Brunner, Jürg Simonett, Patrick Stahl, Walter Ammann Layout/
Grafiken Markus Rechsteiner, Rico Kehl Bilder Yanik Bürkli,
Marco Hartmann, Olivia Item, Norbert Waser, Archiv SO,
Pressebilder Produktion Cornelius Raeber Inserate Somedia
Promotion PULS ist eine Beilage zur «Schweiz am
Sonntag» der Ausgabe Südostschweiz Graubünden
vom 21. Juni 2015 Auflage 37 690
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Im Bündner Oberland produziert eine kleine Firma exklusive Ski mit Karboneinlagen für Skifans, in Domat/Ems verwandeln neu entwickelte Anlagen Asche in Diamanten, in Chur erfindet eine KMU Wasserhähne, die
man ohne Berührung bedienen kann und vertreibt diese über etablierte
Firmen in die ganze Welt: Innovationen, die in Graubünden Arbeitsplätze
schaffen. Sie alle wurden, neben vielen anderen, von der Innovationsstiftung gefördert. Aber die Realisierung machen einzelne Unternehmen,
getrieben durch findige Köpfe.
Graubünden hat eine grosse Chance: Mit dem Internet und unserer
ausgezeichneten Infrastruktur wird es möglich, überall Innovation zu betreiben: Warum soll man ein neues App für die Steuerung des Lichts in der
eigenen Wohnung nicht in einer Berghütte entwickeln? Das allein genügt
allerdings nicht. Wir haben im milliardenteuren Innovationspark der
Novartis in Basel Entwickler und Forscher gefragt, woher denn all die guten Ideen kommen: Konzentriertes, eigenständiges Nachdenken in einer
ruhigen Ecke war zu unserem Erstaunen die zweitwichtigste Quelle. Intensive Diskussionen mit Kollegen wurde als wichtigster Anstoss für Neues genannt. Die Nähe zu Andersdenkenden hilft.
Mit einer Idee und einem kleinen Softwarepaket ist es aber nicht getan.
Viele Produkte muss man produzieren, in alle Welt verteilen und irgendjemand muss auch das Geld eintreiben. Eine Idee wird erst dann zur Innovation, wenn ein Kunde dafür bezahlt hat. Dazu braucht es Unternehmen,
grosse und kleine. Die grossen haben ihre Innovationsprozesse in den letzten Jahren systematisiert. Ihre Entwicklungsabteilungen wissen, wie man
bestehende Produkte laufend verbessert und immer wieder mit Neuigkeiten Kunden für sich gewinnen kann. Grosse Unternehmen brauchen
Fachpersonal, kostengünstige Infrastrukturen und rasche behördliche Bewilligungsverfahren. KMU haben grössere Schwierigkeiten: Knappe Ressourcen zwingen sie, mit wenig Leuten sehr gezielt in kurzer Zeit neue Produkte auf den Markt zu bringen. Start-ups und Jungunternehmen benötigen mehr als nur ansprechende Rahmenbedingungen. Sie haben zu wenig
Geld und oft auch zu wenig betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Sie brauchen individuelle Unterstützung.
Die Kommission für Technologie und Innovation KTI, die Organisation
des Bundes zur Förderung der Innovation, hat deshalb die individuelle Förderung von Jungunternehmen und KMU in den letzten Jahren stark ausgebaut. Sie unterstützt nicht nur mit Geld, sondern bietet auch individuelle
Beratung an. Aber sie kann nur grössere Beträge einsetzen, wenn ein KMU
mit einer Fachhochschule oder mit einer Universität zusammenarbeitet
und die Risiken nicht allzu hoch sind. Diese Lücke wird in Graubünden, wie
überall auf der Welt, von Familie, Freunden und Stiftungen teilweise aufgefüllt. Entscheidend ist und bleibt aber immer das individuelle Unternehmen und damit die Persönlichkeit – der Unternehmer, die mutige Unternehmerin –, die es wagt, einige Jahre ihres Lebens für eine Idee einzusetzen, um etwas Neues zu schaffen: Arbeitsplätze, von denen wir alle profitieren.
Roman Boutellier
Präsident der Stiftung
für Innovation, Entwicklung
und Forschung Graubünden
3
Mehr Risiko für
mehr Innovationen in
Graubünden
Trotz Frankenstärke, Zweitwohnungs- und Einwanderungsinitiative: «Jetzt erst recht»,
sollte die Devise für Graubünden lauten. Das Erfolgsrezept für eine innovative Wirtschaft enthält als Zutaten mehr Risikobereitschaft, mehr Visionen, den richtigen
Ressourceneinsatz sowie attraktive Standortbedingungen. von Brigitte Küng
D
er Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir verzichten nur
ungerne auf Liebgewordenes. Und doch geben wir
uns nicht mit dem zufrieden,
was wir haben: Modernisierung, Erneuerung und Entwicklung in fast allen
Bereichen gehören zum täglichen Leben. Schon Joseph Schumpeter, österreichischer Ökonom und Vordenker,
nahm 1942 dieses menschliche Dilemma auf und prägte den Begriff der
«schöpferischen Zerstörung».
Wenn Neues entsteht, wird Altes
verdrängt. Diese «Zerstörung» von alten
Strukturen ist also kein Systemfehler,
sondern eine Notwendigkeit für den
Fortschritt und eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung.
Treiber der Innovation
Unternehmen haben heute keine Wahl:
Sie müssen innovativ sein, um langfristig zu überleben. Das hat mehrere Gründe. Der rasant voranschreitende technologische Fortschritt führt zu immer
kürzeren Produktlebenszyklen. Dienstleistungen und Produkte, die gestern
noch gefragt waren, sind heute schon
veraltet. Gleichzeitig führt die zunehmende Globalisierung für Konsumenten
zu einem vielfältigeren Angebot – und
für Firmen zu einer stärkeren Konkurrenzsituation. Damit nicht genug: Auch
die Bedürfnisse der Kundinnen und
Kunden verändern sich heute so rasant
wie nie zuvor. Das fordert den Unternehmen Flexibilität und Kundenorien-
4
tierung ab und resultiert in kürzeren Innovationszyklen.
Wie innovativ sind wir wirklich?
In der Schweiz gibt es viele Firmengründungen und Patentanmeldungen. Dazu
kommt ein hoher Anteil an HightechFirmen und Exporten. Damit verteidigt
die Schweiz seit 2011 den Spitzenplatz
des «Global Innovation Index» der
World Intellectual Property Organization. Alles bestens also? Leider nicht: Die
Firmengründungen kommen aus vergleichsweise innovationsschwachen
Branchen. Zudem sind die Schweizer
KMU, welche hierzulande einen Anteil
von über 99 Prozent der Firmen ausmachen, im internationalen Vergleich nicht
so innovationsstark. Und die Exporte
geraten währungsbedingt immer mehr
unter Druck. Gerade der Tourismusbranche als Teil der Exportwirtschaft
weht ein eisiger Wind entgegen.
Wieso brauchen wir Innovation?
Eine innovationsstarke Wirtschaft ist für
Graubünden aber aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtig: Zum einen besteht
ein starker Zusammenhang zwischen
der Innovationsstärke einer Region und
dem Wohlstand pro Kopf: Je innovativer
die Wirtschaft Graubündens, desto besser geht es der Bündner Bevölkerung.
Zum anderen sind innovative Unternehmen tendenziell rentabler, wachsen
schneller und schaffen mehr Arbeitsplätze. Zukunftsgerichtete Unternehmen sind also ein Garant dafür, dass
Bündnerinnen und Bündner künftig ein
Auskommen im Kanton haben – auch in
den Tälern und abseits der Zentren.
Erfolgsrezepte für Graubünden?
Die ersten Zutaten für Innovationen in
Graubünden sind Risikobereitschaft und
Unternehmertum: Innovationen sind
meistens nicht kalkulierbar und gehen
immer mit Risiken einher. Weniger als
ein Prozent der radikalen Innovationen
sind am Markt erfolgreich. Damit Unternehmer dieses Risiko in Kauf nehmen,
braucht es unternehmerisches Denken
und eine persönliche Motivation des
Entrepreneurs. Gleichzeitig prägt die
gesellschaftliche Wertevorstellung, ob
risikofreudiges oder risikoscheues Verhalten auf Anerkennung trifft. Lassen
wir uns unternehmerisches Handeln
wieder mehr wertschätzen! Dazu gehört
auch, neue Visionen für Graubünden zuzulassen. John F. Kennedy formulierte
1962: «Wir haben uns entschlossen, in
diesem Jahrzehnt auf den Mond zu fliegen, nicht weil es leicht wäre, sondern
gerade weil es schwierig ist. Diese Aufgabe wird uns helfen, unsere besten
Energien und Fähigkeiten zu erproben.»
Optimieren von Ressourcen und
Standortbedingungen
Der Zugang zu Darlehen und Risikokapital ist für Start-ups und für KMU in der
Schweiz eher schwierig und resultiert in
einem Innovationshemmnis. In Graubünden unterstützte die Stiftung für Innovation, Entwicklung und Forschung in
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
den letzten sieben Jahren 86 innovative
Projekte mit gesamthaft 26,1 Millionen
Franken. Das ist zwar schön, aber lediglich ein Tropfen auf den heissen Stein.
Zum Vergleich: 2013 wurde ein Viertel
der gesamten Bündner Staatsausgaben
– über 600 Millionen Franken – für den
Verkehr verbraucht. Deshalb muss die
Frage gestattet sein, wie die kantonalen
Mittel in Zukunft möglichst wirkungsvoll
eingesetzt werden sollen.
Mit finanzieller Innovationsförderung ist es aber nicht getan. Günstige
Rahmenbedingungen für innovative
Unternehmen sind noch bedeutsamer:
die Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Personal, tiefe Steuern, wenig Bürokratie, Rechtssicherheit und die Nähe
zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Sie sind die Erfolgsfaktoren für
eine erfolgreiche Standortförderung in
Graubünden – und nicht nur die Kür,
sondern die Pflicht.
Über die Autorin: Brigitte Küng ist Betriebsökonomin und leitet das KMUZentrum Graubünden. Sie ist zudem
als Projektleiterin im Schweizerischen
Institut für Entrepreneurship der HTW
Chur tätig und arbeitet an Forschungs- und Dienstleistungsprojekten rund um das Schwerpunktthema
Innovation.
Anlaufstellen für
innovationswillige Bündner
Unternehmen:
KMU-Zentrum Graubünden, Brigitte Küng
www.kmuzentrum.ch
Hochschule für Technik und
Wirtschaft HTW Chur, Josef Walker
www.htwchur.ch
Stiftung für Innovation, Entwicklung und
Forschung Graubünden, Beatrice Koller
www.innovationsstiftung.gr.ch
Amt für Wirtschaft und Tourismus
Graubünden, Daniel Capaul
www.awt.gr.ch
CSEM Landquart, Stéphane Follonier
www.csem.ch
KTI Innovationsmentor Graubünden
Dr. Walter J. Ammann
[email protected]
EMPA St. Gallen, Peter Frischknecht
http://www.empa.ch
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Hoch hinaus mit zukunftsweisenden Projekten.
5
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Forschung ist der
Motor der Innovation
Die 2006 gegründete Academia Raetica ist das Netzwerk der in Graubünden tätigen Forschungsinstitute und
Kliniken. Seit 2009 hat Erich Schneider als Geschäftsführer an diesem Netzwerk geknüpft. Nun geht er in
Pension und zieht mit PULS Fazit über die geleistete Aufbauarbeit. von Norbert Waser
zinische, technische, natur- und geisteswissenschaftliche Institutionen umfasst, sichtbar zu machen, betrachtet
Erich Schneider als eine seiner Aufgaben. «Schnelle Erfolge sind in diesem
von gesellschaftlichen, politischen und
wirtschaftlichen Einflüssen geprägten
Umfeld kaum möglich», so eine Erkenntniss des in der Forschung und
Lehre weltweit vernetzten Erich Schneider. Ein Blick auf das in den knapp zehn
Jahren seit der Gründung der Academia
Raetica Erreichte, stimmt ihn für den
Forschungsplatz Graubünden dennoch
einigermassen optimistisch. «Es müssen nun aber weitere Schritte folgen»,
appelliert er insbesondere an die Politik, alles dafür zu tun, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern. Mit
dem 2012 vom Grossen Rat genehmigten Gesetz über Hochschule und Forschung wurde eine Grundlage dafür geschaffen.
Erich Schneider geht in Pension und zieht Bilanz über die
Aktivitäten der Academia Raetica.
E
in Beitrag der Stiftung für Innovation, Entwicklung und
Forschung Graubünden hat
vor sechs Jahren den Aufbau
einer Geschäftsstelle für die
Academia Raetica ermöglicht. Mit der
Wahl des wichtigen Forschungsplatzes
Davos als Standort und dem Engagement von Erich Schneider, ehemaliger
Direktor des Forschungsinstituts der
renommierten Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese (AO-Stiftung), waren zwei
wichtige Anknüpfungspunkte für die in
der universitären Forschung und Lehre
tätigen Institutionen gesetzt. Dieses
Netzwerk, das rund zwei Dutzend medi-
6
«Wir brauchen mehr
Risikobereitschaft»
«Forschung ist der Motor der Innovation», sagt Schneider, «und dafür
braucht es grundlegend neues Wissen.»
Nur einem Produkt eine andere Farbe zu
geben oder einen neuen Markt zu erschliessen, sei keine Innovation. Es gelte, die Forschung in Graubünden zu
stärken, was aber ein schwieriges
Unterfangen sei, weil Graubünden kein
Universitätskanton ist.
Neben den politischen Rahmenbedingungen sieht Erich Schneider, der in
seiner Laufbahn über 60 Diplomanden,
Doktoranden und Habilitanden betreut
hat, auch ein mentales Defizit im Kanton: «Wir brauchen mehr Risikobereitschaft.» Die Ablehnung der Pläne, sich
auf das Experiment Olympische Spiele
einzulassen, ist für ihn ein solches Beispiel. Auch bei der Unterstützung von
Start-up-Unternehmen plädiert Schneider für mehr Vertrauen und Geduld. «Es
gibt 1000 Gründe, weshalb ein Projekt
Erich Schneider
Geschäftsführer
Academia Raetica
«Wir müssen
alles dafür
tun, um die
Rahmenbedingungen
zu verbessern.»
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
scheitern kann», gibt Schneider zu bedenken. Oft fehle aber nur schon der
Mut, sich auf etwas Neues einzulassen.
In eine ähnliche Richtung geht die Diskussion um einen Nationalpark rund um
den Piz Adula, das ein weiteres Beispiel
werden könnte, wie sich die Bevölkerung in Graubünden oft selbst im Wege
stehe.
In der Gründerzeit der Academia
Raetica habe man auch von einer Doktorandenschule geträumt. Diese habe
sich zwar aus verschiedenen Gründen
nicht realisieren lassen, daraus sei aber
gungen die Rede. Bei der konkreten
Ausformulierung eines solch gedeihlichen Umfeldes bauten sich aber oft
schon die ersten Hürden auf. Für den
aus der Forschung stammenden Erich
Schneider gäbe es eine ganz konkrete
Rahmenbedingung, die Graubünden
und seine Forschungsinstitute weiterbringen würde: «Eine relativ grosszügige Grundfinanzierung.» Heute müssen
die Institute diese mit Drittmitteln bestreiten. Die Annahme der Einwanderungsinitiative – mit entsprechenden
Folgen für die Programme «Erasmus+»
Der Werdegang
Academia Raetica
Forschung live
>> Mit dem Programm «Forschung live» macht die Akademie der Naturwissenschaften
Schweiz (SCNAT) anlässlich ihres 200-jährigen Bestehens die Naturwissenschaften
in verschiedenster Weise sichtbar. Den Auftakt machen unter dem Titel
«Einsichten» drei Installationen zum Thema «Zeit und Wandel». Diese
naturwissenschaftliche Reise, die noch bis heute Sonntag, 21. Juni, beim
Seehofseeli und Bubenbrunnenplatz in Davos gezeigt wird, führt vom Gestern über
das Heute ins Morgen. Einsicht in diese «Einsichten» gibt es noch heute von 11 bis
19 Uhr.
>> Gestern Samstag, fand das Wissenschaftsfestival an der Alpinen Mittelschule in
Davos statt. Mit über 50 Angeboten aus den Bereichen Umwelt, Gesundheit,
Technologie und Gesellschaft wurden die Besucherinnen und Besucher zum
Mitmachen eingeladen. Mehrere Workshops, Vorträge, Ausstellungen und
Demonstrationen boten für jede Altersklasse spannende Möglichkeiten, Forschung
live zu erleben.
>> Die Anlässe in Davos sind aber bloss der Auftakt. Ein halbes Jahr lang werden
unter dem Motto «Naturwissenschaften erlebbar nah» im ganzen Kanton
Graubünden vielfältige Aktivitäten aus der Welt der Naturwissenschaften geboten.
Schnuppertouren in den Nationalpark, Exkursionen auf die Schatzinsel Alp Flix
(verflixt interessant), gemütliche Wanderungen mit einem Imker zwischen Andeer
und Clugin, Techniktage für Kids oder ein Erlebnistag im Wolfsgebiet sind nur
einige dieser Angebote. Diese sind in einer handlichen Broschüre
zusammengefasst.
>> www.forschung-live.ch
die Graduate School entstanden, die
nun im Zertifizierungsprozess steht und
vielleicht in einem nächsten Schritt
akkreditiert und damit Teil des schweizerischen Hochschulnetzwerks werden
wird. Auch dies ein Beispiel für den langen Atem, den es auf diesem Gebiet
braucht. Ziele der Graduate School
Graubünden sind die Förderung der
Doktorierenden und Post-Doktorierenden in der Region, die breite Vernetzung
der Forschungsinstitute mit Schweizer
Universitäten und die Stärkung des Forschungsplatzes Graubünden.
Grundfinanzierung sichern
Viel ist in der Politik von RahmenbedinSonntag, 21. Juni 2015 | S
Schweiz am Sonntag
möglichen Schritt in diese Richtung. Institute und Forschungsplätze in Graubünden könnten nämlich auch eine
Möglichkeit für die Universitäten sein,
bei Platzmangel einzelne Institute auszulagern. Wenn das aktuell werden sollte, müsste man aber bereit sein und
nicht erst mit der Planung beginnen.
«Es gilt, ein akademisches Umfeld zu
schaffen, um Investitionen in Graubünden zu erleichtern», so der Wunsch des
abtretenden Geschäftsführers für die
Zukunft.
und «Horizon 2020» – bedeutet, dass
sich die Situation für die Institute wesentlich verschärft und sich ebenfalls
auf den Forschungsplatz Graubünden
auswirkt.
Eine verstärkte finanzielle Unterstützung der teils schon seit Jahrzehnten bestehenden Institute wäre aus
Sicht von Erich Schneider auch mit geringen finanziellen Risiken verbunden.
Ein nächster Schritt wäre für ihn ein
Campus, in dem für solche Keimzellen
der Forschung auch physisch eine Infrastruktur zur Verfügung stehen würde.
Ein Leistungsauftrag des Kantons an die
Academia Raetica für die Erarbeitung
eines solchen Konzepts sieht er als
>> 2006 Gründung der Academia
Raetica
>> 2007 Besuch der Kommission
Bildung und Kultur und Antrag für
ein Forschungsgesetz
>> 2009 Aufbau Geschäftsstelle,
Wahl Professor Erich Schneider als
Geschäftsführer
>> 2009 Symposium Graubünden
forscht
>> 2012 Gesetz über Hochschulen und
Forschung (GHF) im Grossen Rat
angenommen
>> 2013 Abschluss eines Memorandums of Understanding mit ETH
Zürich und Universität Zürich
>> 2013 Gründung Graduate School
Graubünden
>> 2014 Inkraftsetzung GHF und
zugehörige Verordnungen, Leistungsauftrag der Regierung an
Graduate School
>> 2015 Forschung live in Graubünden
>> 1. Juli 2015, Duri Bezzola übernimmt
die Geschäftsführung
Neuer Geschäftsführer
Fortführen wird diese Netzwerkarbeit
Duri Bezzola, der am 1. Juli die Geschäftsführung der Academia Raetica
übernimmt. Der frühere Grossrat ist diplomierter Forstingenieur ETH und hält
einen Executive Master of Business Administration. Als Sprecher der Kommission für Bildung und Kultur hat Bezzola
massgeblich die Annahme des Gesetzes
über Hochschulen und Forschung
unterstützt. Seit 2012 ist er zudem Präsident der Lia Rumantscha und im Kanton gut vernetzt. Er wohnt mit seiner Familie in Samedan.
Duri Bezzola ist ab 1. Juli
der neue Geschäftsführer
von Academia Raetica.
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PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Innovation und
Bündner Geschichte –
ein Blick zurück
Innovation in Graubünden wurde sehr oft von aussen vorangetrieben. Vielleicht deshalb waren
Bündnerinnen und Bündner der «Erneuerung» gegenüber skeptisch eingestellt und brauchte es
mehrere Anläufe, bis sich eine Idee durchsetzte. Aber auch im Bergkanton gilt wie überall auf
der Welt: Sinnvolle Innovationen schaffen Arbeitsplätze und Wohlstand. von Jürg Simonett
I
nnovation ist heute zu einem Modewort geworden, jeder und jede will
heute «innovativ» sein, will teilhaben an diesem positiv besetzten Begriff. Früher sprach man von «Neuerung» oder «Erneuerung», dann und
wann von einer veritablen «Erfindung».
Eine der allerwichtigsten Neuerungen
liegt sehr weit zurück, nämlich die neolithische oder jungsteinzeitliche Revolution ungefähr im 5. Jahrtausend. Auch
im heutigen Graubünden fand der Wandel von Jägern und Sammlern zu sesshaften Ackerbauern und Viehzüchtern
statt. Sie war Voraussetzung für unzählige weitere Neuerungen.
Ein zentrales Thema waren in Graubünden immer der Transitverkehr und
die entsprechenden Verdienstmöglichkeiten. Dabei war es von grosser Bedeutung, sich mit baulichen oder organisatorischen Neuerungen immer wieder
einen Vorsprung gegenüber den rivalisierenden Übergängen zu verschaffen.
So etwa mit dem verbesserten ViamalaWeg 1473 oder den Kommerzialstrassen
zwischen 1818 und 1823.
Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen träumte man bald von einer Ostalpenbahn. Zu lange hielten Wirtschaft
und Politik an dieser Vision fest. Es
brauchte mit Willem Jan Holsboer einen
in Davos niedergelassenen Holländer,
Infografik
Verbindet Orte und Talschaften:
Die RhB – im Bild das Landwasserviadukt.
8
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Der findige Tüftler Johann Busch aus Trimmis hatte Ideen und verstand diese
umzusetzen. Hier ein Bild aus früheren Jahren.
Der Holländer Willem Jan Holsboer war es, der mit dem Bau der Bahnlinie
zwischen Landquart und Davos den Grundstein zur heutigen RhB legte.
bis die Bündnerinnen und Bündner
einsahen, dass eine Zubringerbahn
von grösserem touristischen Nutzen war. Auch hier fällt auf, dass in
Graubünden der unverstellte und
frische Blick auf Chancen und
Neuerungen nicht selten von Zugezogenen stammte und stammt.
Johannes Badrutt prägte mit seinem Hotel massgeblich die
touristische Entwicklung im Engadin.
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Innovativer Hotelier
Der in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts aufkommende Tourismus verlangte eine Vielzahl von
Neuerungen. Boomte vorerst
hauptsächlich die Sommersaison,
so lag der Wunsch nahe, die Hotels
im Winter besser auszulasten. Die
hübsche – jedoch nicht belegte –
Geschichte von der Wette, dass im
Engadiner Winter jeden Tag die
Sonne scheine, wird Johannes Badrutt zugeschrieben. Ebenfalls ein
Zugezogener, wenn auch «nur» aus
Pagig im Schanfigg. Badrutt kommt
auch das innovative Verdienst zu,
1879 in St. Moritz das schweizweit
erste fest installierte Wasserkraftwerk erstellt zu haben. In der Folge
kam es im ganzen Kanton zu immer
grösseren Anlagen, deren Bedeutung bezüglich Arbeitsplätze, Wasserzinsen und Infrastruktur kaum
genug hervorgehoben werden
kann.
Nicht immer stiessen Innovationen auf den ungeteilten Beifall der
Bündnerinnen und Bündner. Bekannt ist die lange ablehnende Haltung zum Automobil. Es brauchte
zwischen 1907 und 1925 nicht weniger als zehn Abstimmungen bis zum
endgültigen Ja.
Eine fast modellhafte Innovation stammt aus der Waagenfabrik
Busch in Chur (seit 1989 in Trimmis). Johann Busch war gelernter
Schlosser und Tüftler. Nach einigen
Fehlschlägen gelang ihm 1926 die
Zulassung seines Waage-Modells E
beim eidgenössischen Amt für Mass
und Gewicht. Als ein guter Entscheid erwies sich die Anstellung
eines Konstrukteurs – ein wichtiger
Schachzug für «Buschs Patent-Doppelbacken-Schwinglager». Es folgte
ein schöner kommerzieller Erfolg
mit zeitweise gegen 200 Beschäftigten.
Innovationen sind auch in Graubünden meist Neuerungen, die anderswo bereits erprobt und realisiert sind. Erfindungen, zumal patentierte, sind seltener. Eine der
Ausnahmen ist die AO Foundation,
die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen in Davos.
Nicht zu vergessen gilt schliesslich, dass eine Innovation dem
Wortsinn nach schlicht eine (Er-)
Neuerung ist, und zwar eine vorerst
mal wertfreie. Über ihren wirtschaftlichen, politischen, sozialen
und landschaftlichen Mehrwert ist
noch nichts ausgesagt. Dass etwa
das zurzeit so heiss diskutierte
Valser Turmprojekt innovativ ist,
steht ausser Zweifel. Ob es aber als
sinnvoll wahrgenommen wird, ist
eine andere Frage.
Über den Autor: Jürg Simonett
war Direktor des Rätischen Museums und ist jetzt freischaffender Historiker.
9
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Walter J. Ammann unterstützt als Innovationsmentor Unternehmerinnen und Unternehmer in Graubünden.
Die KTI – exzellentes
Fördermittel auch für die
Bündner Wirtschaft
Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) ist die Förderagentur des Bundes für Innovationen.
Durch Beratung, Netzwerke und finanzielle Mittel unterstützt sie die Entstehung wirtschaftlicher
Leistung aus wissenschaftlicher Forschung. Davon kann auch die Bündner Wirtschaft in allen Sektoren
profitieren. von Walter J. Ammann
D
ie KTI als Organ zur Innovationsförderung ist eine
Agentur des Bundes. Ihre
Arbeit fusst auf Art. 64 BV,
«Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation». Seit dem 1. Januar 2011 arbeitet
die KTI als eigenständige, ausserparlamentarische Behördenkommission mit
eigener Geschäftsstelle. Sie ist dem
Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung zugeordnet.
Die Fördergefässe der KTI
Bei den KMU fehlen vielfach die Möglichkeiten und Mittel, innovative Ideen
erfolgreich umzusetzen, insbesondere
wenn noch Forschungsfragen zu klären
10
sind. Aufgabe der KTI ist deshalb, eine
Brücke zwischen Wirtschaft und Forschung zu schlagen. Für diese Aufgabe
stehen der KTI verschiedene Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Es sind
dies (die Zahlen beziehen sich auf das
Jahr 2014 bei insgesamt 150,8 Mio.
Franken Gesamtausgaben) die F&EProjektförderung mit 118,5 Mio., die
Swiss Competence Centers for Energy
Research SCCER mit 18,8 Mio., der
Start-up-Bereich und Unternehmertum mit 9,8 Mio. sowie der Wissenschafts- und Technologie-Transfer WTT
mit 3,7 Mio.
Wie funktioniert die F&E-Förderung?
Die KTI unterstützt mit ihrer Projektför-
derung den wissenschaftlich-technologischen Anteil in einem F&E-Projekt und
fokussiert dabei auf die folgenden vier
Bereiche:
Ingenieurwissenschaften,
Enabling Sciences, Life Sciences sowie
die Mikro- und Nanotechnologie
Ein KTI-Projekt führt damit zu einem
engen Zusammenschluss zwischen
Wirtschafts- und Forschungspartner.
Der Wirtschaftspartner beteiligt sich
mit Eigenleistungen und einem CashBeitrag von 10 Prozent am gesamten
Projektvorhaben, die KTI finanziert den
Forschungspartner mit bis zu maximal
50 Prozent der gesamten Projektkosten.
Bei einem angenommenen Projektumfang von 1 Mio. Franken finanziert somit
die KTI den Forschungspartner mit bis
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
zu 500 000 Franken. Die KTI verlangt
seitens des Wirtschaftspartners eine
Cash-Eigenbeteiligung von 50 000
Franken, den Rest von 400 000 Franken
kann der Wirtschaftspartner als Eigenleistungen einbringen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: der
Wirtschaftspartner erhält für die Verwirklichung seiner Innovationsidee eine
massgebliche Forschungs-Unterstützung, die er sich als kleineres KMU in
der Regel kaum leisten kann. Der Forschungspartner erhält die Möglichkeit,
seine wissenschaftlichen Ziele projektspezifisch in enger Zusammenarbeit mit
der Wirtschaft voranzutreiben.
Das Unternehmen und die Rolle des
KTI-Innovationsmentors
Zur Unterstützung der Wirtschaft in der
Umsetzung von innovativen Ideen setzt
die KTI sogenannte Innovationsmentoren ein. Der KTI-Innovationsmentor moderiert den Start in eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen
und Forschungspartner in Innovationsvorhaben, welche nur mit massgeblicher Forschungsunterstützung realisiert
werden können. Eine Unternehmerin,
ein Unternehmer will eine innovative
Idee verwirklichen. Folgende Fragen
stehen im Raum:
• Wo und wie bekommen wir zusätz liche Forschungskompetenz?
• Wie sieht das patentrechtliche
Umfeld der Idee aus?
• Wer kann mir einen Überblick über
die unterschiedlichen Finanzierungs möglichkeiten für Innovationsprojekte
national und international geben?
• Hat mein Projekt bei der Forschungs und Entwicklungsförderung der KTI
eine Chance?
• Welche Forschungsinstitution ist die
beste für mein Innovationsvorhaben?
• Wie verfasse ich einen Projektantrag
für die KTI und wie regle ich die Pa tentangelegenheiten mit meinem
Vertragspartner?
Der KTI-Innovationsmentor hilft, Antworten auf diese und weitere Fragen zu
finden. Er zeigt die unterschiedlichen
Fördermöglichkeiten auf und erleichtert
den Zugang zu Technologie und Forschung. Er zeigt auf, welches Förderinstrument schweizweit und auch international das Beste und geeignetste für den
Unternehmer ist – und das ist nicht immer ein KTI-Projekt. Er vermittelt ebenfalls den richtigen Forschungspartner
und gegebenenfalls weitere Wirtschaftspartner. Auch moderiert er den
Start in die Zusammenarbeit. Er hilft
dem Unternehmer bei Patentrecherchen, beim Abfassen des Projektantrages, unterstützt beim Businessplan, bei
der Festlegung von Meilensteinen, zeigt
weitere Finanzierungsmöglichkeiten auf
und steht jederzeit für Fragen zur Verfügung.
Hohe Erfolgsquote bei bisherigen
Projekten
Im vergangenen Jahr hat die KTI 662 Gesuche erhalten und 362 bewilligt, was
einer ausserordentlich hohen Erfolgsquote von 55 Prozent entspricht (d. h.
mindestens jedes zweite Gesuch wurde
bewilligt).
Dieser Prozentsatz belegt, dass es
der KTI ein grosses Anliegen ist, Projekte zu fördern. Zum Vergleich: bei EU-Gesuchen liegt die Erfolgsquote bei rund
10 Prozent. Durchschnittlich hat damit
die KTI 2014 jedes bewilligte Gesuch mit
325 000 Franken unterstützt, der mittlere Gesamtprojektumfang lag bei
710 000 Franken. Ein Versuch lohnt
sich. Die Dienstleistungen des KTI-Innovationsmentors sind kostenlos.
Walter J. Ammann ist dipl. Ing. ETH
und KTI-Innovationsmentor Graubünden. Er wohnt in Davos.
Von der Idee zur Umsetzung eines Projekts
>> Haben Sie eine Idee, die Sie umsetzen möchten? Sind Sie
interessiert an diesen Fördermöglichkeiten des Bundes und
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Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
11
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Am PULS der Wirtschaft –
rezessive Tendenzen
in Graubünden
Die Aufwertung des Schweizer Frankens beeinträchtigt wie erwartet die konjunkturelle Entwicklung 2015
deutlich. Neben der Industrie ist in Graubünden insbesondere der Tourismus stark betroffen. Im laufenden
Jahr muss allenfalls gar mit einer leichten Rezession gerechnet werden. von Patrick Casanova
D
ie konjunkturelle Entwicklung in der
Schweiz wird 2015 massgeblich
durch die Aufhebung des Mindestkurses zum Euro beeinträchtigt.
Trotz Verschlechterung fast sämtlicher Konjunkturindikatoren und deutlicher Korrektur der Wachstumserwartungen rechnen der
Bund und die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für die Schweiz 2015 aktuell aber noch
mit einem kleinen BIP-Zuwachs. Eine deutlich
rückläufige Wirtschaftstätigkeit und eine stark
steigende Arbeitslosigkeit zeichnen sich derzeit
nicht ab, nicht zuletzt weil die sich verfestigende
Konjunktur bei wichtigen Handelspartnern sowie
die anhaltend hohe Zuwanderung – und damit
verbunden der steigende Privatkonsum – die
negativen Effekte etwas zu dämpfen vermögen.
Für Graubünden waren die Aussichten für
das laufende Jahr bereits vor Aufhebung des
Mindestkurses verhalten, auch aufgrund der sich
seit Längerem abzeichnenden rückläufigen Bautätigkeit. Durch die nun seit Jahresbeginn zusätzlich erschwerten Rahmenbedingungen,
primär für die Exportwirtschaft, muss davon
ausgegangen werden, dass die konjunkturelle
Delle diesmal grösser ausfällt als im nationalen
Mittel. BAK Basel Economics rechnet für den
Kanton mit einem Rückgang des kantonalen BIP
um 0,5 Prozent im laufenden Jahr.
Der Aussenhandel reagiert naturgemäss rasch
auf Änderungen im Wechselkurs – in den ersten
Monaten des Jahres sanken die Warenaus- und
-einfuhren in Graubünden gegenüber dem Vorjahr bereits merklich. Am stärksten betroffen
waren die Exporte in die wichtigsten Märkte im
Euroraum, in den aussereuropäischen Märkten
konnte dagegen mehrheitlich ein leichtes Plus
erzielt werden.
Nachlassende Bestellungseingänge und Auftragsbestände haben die industrielle Produktion
in der Summe bereits in den vergangenen Monaten sinken lassen. Die Aussichten für das zweite
Halbjahr sind somit auch wenig zuversichtlich,
per Saldo wird mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage sowie einem anhaltenden Druck sowohl auf die Einkaufs- als auch auf
die Verkaufspreise gerechnet.
Geschäftsgang verschlechtert sich
Deutlicher Rückgang der Exporte zu Jahresbeginn
Exporte, Schweiz und Graubünden, Veränderung zum Vorjahr in %
Geschäftsgang* in der Industrie, Schweiz und Graubünden
40
15
20
10
0
Der Bündner Tourismus blickt auf einen schwierigen Winter zurück. In der ganzen Saison besuchten im Vergleich zum letzten Jahr kumuliert
3,4 Prozent weniger Gäste die Bündner Bergbahnen. Die Umsätze im Personentransport sanken
um ein Prozent, in der Gastronomie der Bergbahnen gar um 4,4 Prozent. Die Hotellerie verzeichnete im ersten Quartal 2015 4,1 Prozent
weniger Nächtigungen als im Vorjahr. Neben
einem weiteren Rückgang aus den wichtigsten
europäischen Nahmärkten ist vor allem die jeweils zu Jahresbeginn bedeutende Nachfrage
aus Russland gegenüber dem Vorjahr um über
einen Viertel einge-brochen.
Eine Besserung der Lage zeichnet sich gegenwärtig nicht ab – für die kommende Sommersaison rechnen die Tourismusprognosen des
Bundes für Graubünden mit etwa 3,6 Prozent
weniger Logiernächten als im Vorjahr, ein kleiner
Teil der rückläufigen Nachfrage aus dem Euroraum kann im Sommer immerhin durch die Zunahme von Gästen aus den Fernmärkten kompensiert werden. Im Winter ist dies weniger ausgeprägt der Fall, so dass sich die mittelfristigen
5
-20
0
-40
-5
I 15
IV 14
III 14
II 14
II 13
I 13
IV 12
III 12
Graubünden
I 14
Schweiz
-10
-10
IV 13
Graubünden
Mär. 08
Mai 08
Juli 08
Sep. 08
Nov. 08
Jan. 09
Mär. 09
Mai 09
Juli 09
Sep. 09
Nov. 09
Jan. 10
Mär. 10
Mai 10
Juli 10
Sep. 10
Nov. 10
Jan. 11
Mär. 11
Mai 11
Juli 11
Sep. 11
Nov. 11
Jan. 12
Mär. 12
Mai 12
Juli 12
Sep. 12
Nov. 12
Jan. 13
Mär. 13
Mai 13
Juli 13
Sep. 13
Nov. 13Nov. 13
Jan. 14
Mär. 14
Mai 14
Juli 14
Sep. 14
Nov. 14
Jan. 15
Mär. 15
Mai 15
-80
Schweiz
III 13
-60
*Sammelindikator aus den Ergebnissen folgender drei Fragen: Bestellungseingang und Produktion gegenüber
dem Vorjahresmonat, Beurteilung des Auftragsbestands
Quelle: KOF ETHZ (Konjunkturumfragen)
Quelle: Eidg. Zollverwaltung (Aussenhandelsstatistik)
*Sammelindikator aus den Ergebnissen folgender drei Fragen: Bestellungseingang und Produktion gegenüber dem Vorjahresmonat, Beurteilung des Auftragsbestands
12
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Aussichten für den nächsten Winter unter den
aktuellen Voraussetzungen noch düsterer gestalten. Diese Befunde werden von den im
Rahmen der regelmässigen Konjunkturumfragen
befragten Bündner Betrieben mehrheitlich bestätigt – tiefe Margen und die sich allgemein verschlechternde Geschäftslage werden sich vielerorts auch auf den Personalbestand auswirken
müssen.
Die Bündner Bauwirtschaft hat ihren Zenit
bereits vor einiger Zeit überschritten. Nachdem
das letzte Jahr gleichwohl noch vergleichsweise
positiv verlief, schlagen sich nun 2015 die Folgen
der rückläufigen Nachfrage im Zweitwohnungsbereich deutlich in den Daten nieder. Im ersten
Quartal 2015 sanken etwa die Auftragseingänge
gegenüber dem Vorjahr um 12,7 Prozent, die
Baubewilligungen vor allem im Wohnungsbau
sind seit einiger Zeit rückläufig. Folglich muss
2015 mit einem Rückgang der Branchenwertschöpfung sowie der Erwerbstätigenzahl im
Baugewerbe gerechnet werden. Dass es sich
hierbei nicht nur um vorübergehende konjunkturelle, sondern um anhaltende strukturelle Veränderungen handelt, zeigen auch die vor ein
paar Monaten publizierten Langfristprognosen
über die Entwicklung der Bauvolumina im Zeitraum 2015 bis 2019 – mit Ausnahme des Bündner
Rheintals und der Viamala muss in allen Regionen mit einem deutlichen Rückgang der Bauinvestitionen über einen längeren Zeitraum gerechnet werden. Die im Gegensatz zu den letzten
Jahren ausbleibenden positiven Impulse der
Bündner Bauwirtschaft werden die ganze kantonale Volkswirtschaft spürbar negativ tangieren.
Weiterhin noch stabil im Rahmen der üblichen saisonalen Schwankungen präsentiert sich
im Frühling der Bündner Arbeitsmarkt. Im April hatten 20 Betriebe mit 203 betroffenen
Arbeitskräften Kurzarbeit eingeführt – es bleibt
abzuwarten, wie sich hier die Situation in den
kommenden Monaten entwickelt.
Konjunkturindikatoren
Aktuelle Konjukturindikatoren Graubünden und Schweiz
Graubünden
April 2015
2 439
5,5
2,2
Arbeitsmarkt
Arbeitslose
Jahresveränderung in Prozent
Arbeitslosenquote in Prozent
Schweiz
April 2015
141 131
2,9
3,3
Aussenhandel
Exporte in Franken (nominal)
Jahresveränderung in Prozent
Importe in Franken (nominal)
Jahresveränderung in Prozent
1. Quartal 2015
1. Quartal 2015
542 155 924
50 632 857 092
-8,4 -1,3
424 972 804
42 453 733 696
-11,0 -4,3
Hotellerie
Logiernächte
Jahresveränderung in Prozent
1. Quartal 2015
1. Quartal 2015
1 951 203
8 837 000
-4,1 -1
Hoch- und Tiefbau
Bautätigkeit, in Mio. CHF (nominal)
Jahresveränderung in Prozent
Auftragseingänge, in Mio. CHF (nominal)
Jahresveränderung in Prozent
1. Quartal 2015
86,8 6,3 206,3 -12,7 1. Quartal 2015
1 881,5
-14,1
4 592,7
-11,2
Landesindex der Konsumentenpreise
(Dezember 2010 = 100)
Jahresveränderung in Prozent
April 2015
98,1
-1,1
Volkswirtschaft (Prognose Mai 2015)
BIP, Jahresveränderung in % (real)
Erwerbstätige, Jahresveränderung in %
2015
-0,5
-1,9
2015
1,0
0,4 Quelle: Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden
Aktueller Strukturindikator:
Zuwanderung der ausländischen Wohnbevölkerung
Die Zuwanderung blieb auch in Graubünden 2014 auf hohem Niveau. Der
deutlich positive Wanderungssaldo von 1404 Personen bewegte sich im
Rahmen der Vorjahre. Er beeinflusst den Bestand der ausländischen
Wohnbevölkerung in Graubünden weitaus stärker als die anderen in der
Grafik aufgeführten Effekte. Dies führt dazu, dass der Gesamtbestand der
Ausländer im letzten Jahr wiederum um 2,5 Prozent zunahm; Ende 2014
zählte Graubünden kumuliert gut 5000 Ausländer mehr als noch vor sechs
Jahren.
Stabile Situation hält an
Anhaltend hohe Zuwanderung in Graubünden
Arbeitslosenquote in Prozent, Schweiz und Graubünden
Komponenten der Bevölkerungsbilanz der ausländischen
Wohnbevölkerung Graubündens
5.0
2000
2009
1500
2010
4.5
4.0
2011
3.5
1000
3.0
2012
2.5
2013
500
2.0
2014
1.5
0
1.0
Mär. 15
Dez. 14
Juni 14
Sep. 14
Mär. 14
Dez. 13
Juni 13
Sep. 13
Mär. 13
Dez. 12
Juni 12
-500
Sep. 12
Mär. 12
Juni 11
Graubünden
Sep. 11
Mär. 11
Juni 10
Sep. 10
Mär. 10
Dez. 09
Juni 09
Sep. 09
Mär. 09
Dez. 08
Juni 08
Sep. 08
Mär. 08
Dez. 10
Schweiz
-
Dez. 11
0.5
Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Differenz
absolut
Wanderungssaldo*
Geburtensaldo**
* Saldo der Ein- und Auswanderungen aus dem Ausland
** Geburten minus Todesfälle
Bürgerrechtssaldo***
Binnenwanderungssaldo****
*** Saldo der Ein- und Ausbürgerungen
**** Saldo der Zu- und Wegzüge von Ausländern
innerhalb Schweiz (Kantonswechsel)
Quelle: Staatssekretariat für Migration
13
Publireportage
Innovation aus Graubünden bringt
führende Schweizer Banken weiter
Die Churer Inventx hat klare Vorstellungen vom Begriff Innovation. Denn Sie ist nicht nur eine IT-Dienstleisterin
für führende Schweizer Banken, sie ist auch eine Innovatorin in der Schweizer Finanzbranche!
Das Kompetenzzentrum für Bank IT in Chur
Die Digitalisierung, die Aufhebung des Bankgeheimnisses und die steigenden Regulatorien wirbeln den Bankenmarkt kräftig durcheinander. Und
mittendrin die Inventx AG mit Sitz in Graubündens
Hauptstadt! Die IT-Dienstleisterin beschäftigt über
140 Mitarbeitende und zählt führende Schweizer
Banken – unter anderem die Graubündner Kantonalbank und die Migros Bank – zu ihren Kunden. Inventx ist zum einen eine Dienstleisterin für Outsourcings von Bank-IT-Systemen und zum anderen eine
Entwicklerin von innovativen digitalen Lösungen.
Wie die Digitalisierung
die Bankenbranche verändert
Neue Technologien sowie modernste Endgeräte
verändern das Verhalten der Bankkunden. Sie agieren in einer mobilen Welt, teilen Informationen
überall und jederzeit, leben die direkte Feedbackkultur, entwickeln eigene Geschäftsmodelle und
weisen ein verstärktes Bedürfnis nach Individualität auf. Banken sind somit gezwungen, auf diese
Veränderungen zu reagieren. Denn die Konkurrenz
schläft nicht. Sogenannte FinTechs (Start-ups mit
Fokus Finanzwesen) aus der ganzen Welt stehen in
den Startlöchern und entwickeln innovative, auf die
veränderten Kundenbedürfnisse abgestimmte Produkte und Dienstleistungen.
Innovation gezielt fördern
Um die Banken optimal in der Ausarbeitung ihrer
Digitalisierung unterstützen zu können, hat sich die
Inventx der Innovation verpflichtet. Neben der Einführung eines internen „Innovation Boards“, welches sich um die proaktive Entwicklung von innovativen Produkten und Dienstleistungen kümmert,
wurde auch die Unternehmensorganisation angepasst. Die nun flacheren Hierarchien und die kürzeren Kommunikationswege führen dazu, dass innovative Ideen überhaupt gesponnen und umgesetzt
werden können. Zusätzlich wurde die Abteilung
„Professional Services Banking“ geschaffen. Sie
kümmert sich ausschliesslich um die Beratung im
Bereich der Kernbankensoftware und der Digitalisierung sowie um die Entwicklung innovativer Produkte.
Nicht zuletzt ist die Schaffung von zukunftsorientierten Arbeitsbedingungen einer der Schlüsselfaktoren zur Förderung der Innovationskraft. Die Mitarbeitenden der Inventx können dank der „Bring
your own Device“-Technologie mit ihren eigenen
Endgeräten, unter Einhaltung höchster Sicherheitsbestimmungen, zeit- und ortsunabhängig arbeiten.
Selbstverständlich gehören zu einem modernen
Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten und ein hoher
Grad an Selbstverantwortung. Denn Innovation
entsteht nur da, wo genügend Raum für Ideen vorhanden ist und das unternehmerische Denken gefördert wird.
Inventx AG
Innovation, Interaktion, Swissness – Inventx ist
die Schweizer IT-Partnerin für führende Banken.
Die über 140 Spezialisten mit Banken- und IT-Erfahrung leben die Nähe zum Kunden. Inventx
steht für höchstes Qualitäts- und Sicherheitsdenken und sichere Datenhaltung in der
Schweiz. Das unabhängige Schweizer IT-Unternehmen betreibt Kernbankenlösungen für
Schweizer Privat-, Retail- und Kantonalbanken.
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PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Innovation kennt
keine Grenzen
Was macht das Fürstentum Liechtenstein so attraktiv für innovative und international tätige Firmen?
Neben Standortvorteilen sind es auch weiche Faktoren wie z. B. die Bildung, welche zum Erfolg beitragen.
Auf jeden Fall sind grenzüberschreitendes Denken und unternehmerischer Mut gefragt. von Patrick Stahl
Freizeit- und Kulturangebot und international ausgerichtete Schulen. Meyrat
weiss etwa, dass sich Neuankömmlinge
in Graubünden daran stossen, dass ihre
Kinder nicht eine Schule besuchen
können, wo die Unterrichtssprache Englisch ist. Hilti-Mitarbeiter dagegen
schicken ihre Kinder in die internationale Schule in Buchs.
Forschen und entdecken: Zwei Techniker besprechen einen weiteren Arbeitsschritt.
B
ündner Wirtschaftsvertreter
blicken zuweilen neidvoll
nach Norden. Unweit von der
Kantonsgrenze entfernt tummeln sich namhafte Industrieunternehmen. Im Fürstentum Liechtenstein beispielsweise haben innovative
Firmen wie der Dentalgerätehersteller
Ivoclar Vivadent, der Automobilzulieferer Thyssen Krupp Presta oder der Bautechnologiekonzern Hilti ihren Hauptsitz. Der Kleinstaat beschäftigt sogar
mehr Personen, als im Land selbst
leben – dadurch liegt auch die Wirtschaftsleistung pro Kopf deutlich höher
als in Graubünden. Da drängt sich
schnell einmal die Frage auf: Ist Nachbar Liechtenstein etwa innovativer als
Graubünden?
Mehr ausländische Firmen im Kanton
Marco Meyrat winkt ab: «Liechtensteiner Unternehmen sind nicht per se
innovativer», sagt das Konzernleitungsmitglied von Hilti. Der Bündner pendelt
täglich von Chur ins Ländle zur Arbeit.
Es gebe in Graubünden eine Reihe von
innovativen Firmen wie die Ems-Gruppe, den Maschinenbauer Trumpf oder
den Medizinaltechnikhersteller Hamil-
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
ton, die alle in ihren Branchen führend
seien. Meyrat räumt jedoch ein, dass
Ems & Co. eher die Ausnahme als die
Regel sind. Graubünden sei nach wie
vor stark vom Tourismus abhängig und
tue sich äusserst schwer, wenn es darum gehe, innovative Unternehmen aus
dem Ausland anzulocken. «Dabei müsste das auch in Graubünden möglich
sein.»
Auch weiche Faktoren sind wichtig …
Eine Schwierigkeit sieht Meyrat in der
Randlage des Bergkantons. Graubünden sei noch weiter von den wirtschaftlichen Zentren entfernt als das Rheintal
oder Liechtenstein. «Die geografische
Entfernung hat eine Reihe von Nachteilen zur Folge», sagt Meyrat. Er erklärt
dies am Beispiel von Hilti: Der Konzern
beschäftigt am Hauptsitz in Schaan Mitarbeiter aus 60 Nationen. Dabei handelt es sich oft um hoch qualifizierte
Fachkräfte aus aller Welt. Wer um die
Gunst solcher Talente buhlen will, muss
attraktive Rahmenbedingungen bieten.
Dazu zählen laut Meyrat nicht bloss ein
attraktiver Arbeitgeber und ein hohes
Gehalt, sondern auch weiche Faktoren
wie eine intakte Natur, ein vielfältiges
… wie beispielsweise die Bildung
Andreas Wieland ortet das Bündner
Manko ebenfalls in der Randlage: «Wir
tun uns sicherlich schwerer als Liechtensteiner Unternehmen, Fachkräfte zu
finden», sagt der Hamilton-Chef. Umso
wichtiger sei es daher, in die Bildung
zu investieren. Während Liechtenstein
von der Nähe zu den Universitäten in
St. Gallen und Vaduz und der Hochschule für Technik in Buchs profitiere,
fehle es in Graubünden an einem vergleichbaren Angebot. «Wir selbst bilden
keine Ingenieure mehr aus», sagt Wieland. Er fordert seit längerer Zeit, dass
die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur einen technisch-elektronischen Studiengang in ihr Programm
aufnimmt – bisher ohne Erfolg. «Der
Bündner Bildungsminister foutiert sich
um dieses Problem», ärgert sich Wieland.
Firmen als Innovationstreiber
Sowohl der Hamilton-Chef als auch der
Hilti-Manager sind sich allerdings darin
einig, dass Innovation nicht staatlich
verordnet werden kann. «Die Unternehmen selbst müssen die eigentlichen
Innovationstreiber sein», sagt Wieland.
Hilti hat jüngst ein Innovationszentrum
am Hauptsitz in Schaan aufgebaut, um
die Forschung und Entwicklung zu
stärken. Hamilton hat aus demselben
Grund ein Kompetenzzentrum im Umfeld der Hochschule für Technik in Rapperswil angesiedelt. Hamilton erzielt
Fortsetzung auf Seite 17
15
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RUNG
PULS – DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN
Fortsetzung von Seite 15
heute rund die Hälfte des Umsatzes mit
Produkten, die weniger als fünf Jahre alt
sind. Bei Hilti ist ständige Weiterentwicklung nicht weniger existenziell
wichtig: «An dem Tag, an dem wir auf-
Kein Halt vor Grenzen
>> Innovative Unternehmen schrecken
vor Kantons- oder Landesgrenzen
nicht zurück: Der Bündner Medizinaltechnikhersteller Hamilton sucht
derzeit einen neuen Standort im
Alpenrheintal, um Kunststoffkomponenten in der Nähe des Hauptsitzes zu produzieren. Dabei geht es
um intelligente Verbrauchsmaterialien für Spitäler und Labore.
Hamilton-Chef Andreas Wieland will
die Produktion aus Deutschland in
die Heimat zurückholen, um so die
Wertschöpfungskette des Unternehmens zu verbessern. Denkbar ist
ein Neubau auf der grünen Wiese
oder die Übernahme eines bestehenden Unternehmens zwischen
Domat/Ems und dem St. Galler
Rheintal. Das Projekt würde rund 50
bis 100 neue Arbeitsplätze in der
Region schaffen. Hamilton will noch
im ersten Halbjahr 2015 den Startschuss geben, nachdem die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch
die SNB das Projekt kurzzeitig
verzögert hatte. (ps)
hören, innovativ zu sein, sind wir weg
vom Fenster», sagt Meyrat.
Kein Kantönligeist und mehr Mut
Konkurrenzdenken innerhalb des Alpenrheintals ist aus Sicht der beiden Manager sowieso fehl am Platz. «Wir sitzen
alle im selben Boot, daher sollten wir
auch stärker zusammenarbeiten, anstatt dass jeder sein eigenes Süppchen
kocht», sagt Meyrat. Auch Wieland
wehrt sich wegen der internationalen
Vernetzung und der hohen Abhängigkeit
der heimischen Wirtschaft von ausländischen Märkten gegen Abschottungstendenzen.
Das Erfolgsmodell der Schweiz und
Liechtensteins basiere darauf, dass beide Länder offen gegenüber internationalen Veränderungen seien und sich
nicht auf ihre Grenzen zurückziehen, so
Meyrat: «Diese Eigenschaften brauchen
wir in Zukunft mehr denn je.» Also
grenzüberschreitendes Denken anstelle
des Kantönligeists. Eine Vision für die
Region sieht Meyrat in einer gemeinsamen Universität mit internationaler
Ausstrahlung. Meyrat wie auch Wieland
wünschen sich generell mehr Mut in
Graubünden. «Wir sollten zuweilen bereit sein, Neues zu wagen, auch wenn es
Gegenstimmen gibt», sagt Meyrat. Er
denkt dabei an die Bewerbung Graubündens für die Olympischen Spiele
oder das nationale Zentrum für Unihockey in Chur. Beide Projekte scheiterten
am Nein des Bündner Stimmvolks. «Solche Projekte können massgeblich dazu
beitragen, dass wir in der Öffentlichkeit
Der Bündner Marco Meyrat ist Konzernleitungsmitglied von Hilti in Schaan.
Hamilton-Chef Andreas Wieland fordert
vermehrte Investitionen in die Bildung.
stärker wahrgenommen werden», sagt
Meyrat. Dies würde auch helfen, dass
Graubünden auf dem Radar von Unternehmen und Fachkräften auftaucht.
Über den Autor: Patrick Stahl war bis
Ende 2014 Chefredaktor der Wochenzeitung «Wirtschaft regional», herausgegeben von der Vaduzer Medienhaus AG. Jetzt ist er stellvertretender Geschäftsführer bei der Vaduzer
Eventagentur Skunk AG.
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Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
17
PULS – KOPF DER WIRTSCHAFT
Ems-Chemie-Direktor
Bischof: «Wir entwickeln
ständig»
Die Ems-Chemie habe im Laufe ihrer Geschichte immer wieder aufs Neue Innovationskraft beweisen müssen. Dies sagt Ems-Direktor Christoph Bischof. Und nur wer innovativ
sei, könne auch überleben, ist sich der Nachfolger des langjährigen Ems-Direktors Ludwig
Locher sicher. mit Christoph Bischof sprach Franco Brunner
Herr Bischof, das Schwerpunktthema dieser
«PULS»-Ausgabe lautet Innovation. Weshalb
ist der viel zitierte «innovative Geist» derart
wichtig für ein Wirtschaftsunternehmen?
Christoph Bischof: Innovation bedeutet, anderen einen Schritt voraus zu sein. Im Geschäftsleben überlebt nur der Beste und Schnellste. Man
muss sich auch schnell an veränderte Situationen anpassen.
Christoph Bischof will
der Konkurrenz immer
um eine Nasenlänge
voraus sein.
18
Als wie innovativ würden Sie denn die
Ems-Chemie bezeichnen?
Die Ems-Chemie ist und war schon immer ein
sehr innovatives Unternehmen. In seiner 79-jährigen Geschichte musste es sich bereits viermal
komplett neu erfinden. Ems besitzt heute einen
Spitzenplatz als weltweit führender Anbieter von
Hochleistungskunststoffen. Dank unserer über
30-jährigen Erfahrung im Metallersatz gelingt es
uns, immer wieder neue Kunststoffspezialitäten
zu entwickeln. 60 Prozent unserer Produkte sind
jünger als zehn Jahre, und mit diesen Produkten
erzielen wir 45 Prozent unseres Umsatzes. Damit
dies so bleibt, forschen und entwickeln mehr als
ein Viertel aller Ems-Mitarbeiter weltweit an
neuen Produkten, Verfahren und Anwendungen.
Und wie schafft es die Ems-Chemie dabei,
ihre Produktivität laufend zu steigern?
Wir konzentrieren uns auf die profitablen
Spezialitäten, die andere nicht entwickeln wollen oder nicht können. Ein Beispiel sind die
Hochleistungskunststoffe, welche den hohen
Temperaturen im Motorenraum standhalten
oder welche so steif sind, dass sie im Autoinnenraum ein ganzes Armaturenbrett halten können.
Wir sind immer einen Schritt weiter als unsere
Konkurrenz, wir entwickeln ständig. Um diesen
Vorsprung wahren zu können, müssen wir natürlich unsere weltweiten Kunden sehr gut kennen.
Wir müssen herausfinden, was sie brauchen. Interessant wird es, wenn wir den Kunden helfen
können, Gewicht und damit Treibstoff zu sparen.
Unsere Kunststoffe reduzieren Gewicht, so dass
ein Auto nur noch die Hälfte des Treibstoffs verbraucht.
Sie haben vor rund anderthalb Jahren die
Nachfolge von Ludwig Locher angetreten.
Was genau ist eigentlich Ihre Funktion und
Verantwortung als Direktor bei Ems?
Ich bin seit Anfang 2014 Leiter des Unternehmensbereichs Ems-Services und leite in dieser
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
Weshalb eigentlich? Der Standort Domat/
Ems ist an sich ja vergleichsweise teuer und
geografisch gesehen alles andere als ideal.
Auch der Standort Domat/Ems muss konkurrenzfähig sein und bleiben. Daran arbeiten wir
mit Effizienzsteigerungen und Produktionsoptimierungen täglich. Die Nähe zu unserer Forschung und Entwicklung ist in Domat/Ems ebenfalls ein Vorteil.
Erfolgsprodukte mit Komponenten aus dem Hause Ems-Chemie.
Funktion den Werkplatz Domat/Ems. Insgesamt
habe ich bereits über 20 Jahre bei Ems gearbeitet. Als Werksleiter bin ich für den reibungslosen
Betrieb verantwortlich. Mit meinen Abteilungen
stelle ich den Unterhalt sowie den Ausbau der
Gebäude und Anlagen, die Logistik, die IT sowie
die Energieversorgung sicher. Ich bin auch für
die grosse Lehrlingsausbildung bei Ems und alle
Schülerprogramme verantwortlich. Dabei geht
es um 140 eigene und 100 Lehrlinge von Drittbetrieben sowie mehrere hundert Schüler und
Lehrer.
Und inwiefern tragen Sie und Ihr
Unternehmensbereich zur Innovationsstärke von Ems respektive dem
Standort Domat/Ems bei?
Der Nachwuchs und eine fundierte Ausbildung
sind dafür besonders wichtig. Als grösster Ausbildner in Graubünden übernimmt Ems hier
schon seit Jahrzehnten eine führende Rolle. Der
Werkplatz Domat/Ems ist der grösste EmsStandort für Forschung, Anwendungstechnik
und Produktion. Mehr als die Hälfte der Produkte werden hier produziert, und es wird hier laufend investiert und ausgebaut.
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Christoph Bischof
>> 1960 geboren, ist verheiratet und Vater von
zwei Töchtern. Der Techniker mit Weiterbildung in Unternehmensführung hatte
verschiedene Managementpositionen inne.
>> Bereits von 1981 bis 2001 war er in
verschiedenen Verantwortungen bei der EmsGruppe (Produktion, Engineering) tätig, bevor
er 2001 in den Oerlikon-Konzern wechselte.
Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, dass
die Ems-Chemie auch in Zukunft als eines der
innovativsten Unternehmen des Kantons, ja
vielleicht gar des Landes gilt?
Bei Ems gilt die Devise: «Ob wir gut sind, entscheidet nicht der Kunde, sondern die Konkurrenz.» Ob wir besser sind als die Konkurrenz,
hängt in erster Linie von unserer Innovationskraft, vom Wissen und der Erfahrung unserer
Mitarbeiter und von unseren neuen Produkten
ab. Daneben spielen im internationalen Wettbewerb natürlich auch die Standortfaktoren der
Schweiz eine Rolle, um die hohen Kosten gegenüber dem Ausland zu kompensieren. Hier liegt es
an der Politik, weiterhin für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen. Dafür setze ich mich auch
im Rahmen meiner Verbandstätigkeit bei der
Handelskammer Graubünden stark ein.
Dort war er zunächst Leiter der Beschaffung
und ab 2003 Leiter des Engineerings bei der
Balzers Coatings AG in Liechtenstein.
>> 2005 wechselte er als CEO und Standortleiter
zu Oerlikon Mechatronics AG in Trübbach.
>> Anfang 2014 kehrte Bischof zur Ems Chemie
AG zurück und übernahm die Nachfolge von
Ludwig Locher als Leiter des Unternehmensbereichs Ems-Services. Er ist Vorstandsmitglied der Handelskammer und des Arbeitgeberverbands Graubünden. (fbr)
19
PULS – ERFOLGSSTORY
Ivo «Fifi» Frei:
Alles andere als Mainstream
Nach der Jahrtausendwende führte er die Deep AG zu einer der aufstrebendsten Internet-Full-ServiceAgenturen des Landes. Seit zwei Jahren mischt er mit der Kommunikationsagentur Skipp Communications AG
sowohl die Werbe- als auch die Internetlandschaft auf. Zu Gast bei Ivo «Fifi» Frei. von Franco Brunner
A
hoi – so werden bei der
Skipp Communications AG
alle Gäste empfangen. Mit
dem Einzug der Churer
Kommunikationsagentur
um Firmengründer und Geschäftsleiter
Ivo «Fifi» Frei vor rund zwei Jahren ist
aus der ehemaligen Schoggifabrik nicht
nur ein ganz besonders schickes Loft–
büro, sondern auch so etwas wie eine
städtische Nautik-Oase geworden. Eine
kommunikative Seemanns-Welt, wenn
man so will. Hier ziert ein überdimensionales Kompass-Logo eine Glaswand,
dort steht ein Anker in der Ecke, und
draussen vor dem Haupteingang zieht
gar ein sechs Meter langes Segelschiff
die Blicke auf sich.
Es sei ja nicht so, als ob er selbst
oder jemand anderes in seinem Team
einen ganz besonderen Bezug nur
Nautik hätte, erklärt Frei schmunzelnd,
als er sich an den Sitzungstisch setzt.
«Wir empfanden das einfach als tolles
Sinnbild, denn schliesslich möchten wir
unsere Kunden auf einem möglichst
einzigartigen Weg von A nach B bringen», führt der 37-jährige Unternehmer
aus. Ebenso einzigartig ist bei Skipp,
dass diese Kunden sowohl aus dem Online- als auch aus dem Offlinebereich
stammen. Zumindest war es einzigartig,
als sich Frei und seine Mannschaft im
Herbst 2013 dazu entschlossen hatten,
eine schweizweit neuartige Mischung
zwischen Werbe- und Internetagentur
zu lancieren. «Wir bieten eine ganzheit-
20
liche und nachhaltige Kommunikation
an», sagt Frei. Eine strategische Verschmelzung der Online- und Offlinewelten, die mittlerweile bereits den einen
oder anderen Nachahmer gefunden hat.
Pioniergeist im Blut
«Fifi» Frei als Pionier zu bezeichnen, ist
sicherlich nicht falsch und schon gar
nicht zu hoch gegriffen. Nicht erst mit
seiner etwas anderen Kommunikationsagentur zeigte der gelernte Bankkaufmann Pioniergeist. Bereits im Jahr
2000, im zarten Alter von gerade einmal 23 Jahren, hatte der umtriebige
Unternehmer mit der Gründung der
Internetfirma Deep ein goldenes Näschen bewiesen. Frei führte das Unternehmen zu einem der führenden Internet-Provider mit über 40 Mitarbeitern,
bevor er 2011 die gesamte Deep-Gruppe
an die Telecom Liechtenstein in Vaduz
verkaufte.
Bestehendes auf neue Art nutzen
Freis Innovationslust reicht allerdings
noch viel weiter zurück. Lange vor dem
Eintritt in die eigentliche Arbeitswelt.
So habe er bereits im Kindergarten mit
seinen Kollegen eine Gang gegründet,
erinnert er sich lachend. «Mich hat es
einfach schon immer fasziniert, Neues
zu entdecken oder aber schlicht einen
anderen Zugang zu finden.» Denn für
Frei heisst innovativ sein nicht zwangsläufig, etwas noch nie Dagewesenes
erfinden zu müssen. «Für mich kann
auch sehr wohl jemand innovativ sein,
der etwas bereits Bestehendes auf eine
neue Art und Weise aufzieht.» Wie zum
Vom Lehrling zum Pionier
Ivo «Fifi» Frei absolvierte bei der Graubündner Kantonalbank (GKB) eine kaufmännische Banklehre mit Abschluss eidgenössisch diplomierter Bankkaufmann. Bereits während seiner Lehrzeit führte er bei der GKB das E-Banking ein
und arbeitete so schon früh an der Bezeichnung des «Internetpioniers», die
ihm später zugetragen wurde. Im Jahr 2000 gründete der heute 37-Jährige das
Internetunter-nehmen Deep AG, das sich unter seiner Führung zu einer der
aufstrebendsten Internet-Full-Service-Agenturen der Schweiz entwickelte.
2011 verkaufte Frei das Unternehmen an die staatliche Telecom Liechtenstein,
wobei er zwei weitere Jahre als CEO Markt Schweiz in der Firma blieb. Im
Herbst 2013 lancierte Frei mit der Skipp Communications AG schliesslich eine
damals schweizweit neuartige Mischung zwischen Werbe- und Internetagentur. (fbr)
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
EMS-CHEMIE AG CH-7013 Domat/Ems
Beispiel damals, als er als kleiner
Banklehrling der Graubündner
Kantonalbank das gesamte Kader
zu sich in sein Jugendzimmer eingeladen hatte, um den Herren
Entscheidungsträgern dieses Ding
namens Internet näherzubringen.
Geendet hat dieser äusserst mutige Lehrlingsvorstoss damit, dass
Frei bei der GKB 1999 das E-Banking einführte. «Ich verspürte
wohl schon damals den Drang, die
Dinge irgendwie anders als der
Mainstream anzupacken», bringt
es Frei auf den Punkt.
Von Wissen umgeben
Alles andere als Mainstream sind
auch die insgesamt zehn Mitarbeiter, die Frei bei Skipp beschäftigt.
Allesamt seien sie Koryphäen auf
ihrem Gebiet, lobt der Chef. «Ich
fühle mich extrem wohl hier und
habe so viel Wissen um mich herum wie noch nie», schwärmt Frei
weiter. Die gesamte Truppe sei
tagtäglich mit unheimlich viel
Herzblut und Leidenschaft an der
Arbeit.
Wie es scheint, hat Skipper
Frei nicht nur seine Mannschaft,
sondern auch sein Boot und seinen Hafen gefunden. Hier, weit
weg von der grossen See in einer
ehemaligen Schoggifabrik in den
Bündner Bergen.
Hardware
Software Netzwerke Security
Cloud Virtualisierung VoIP
Support
Verschmelzung der Off- und Onlinewelten
Ivo «Fifi» Frei gründete die Skipp Communications AG bereits 2002
als Nebenprodukt seines damaligen Internetunternehmens Deep.
In der Form einer interdisziplinären Allround-Agentur mit Sitz in
der alten Schoggifabrik in Chur existiert Skipp indes erst seit 2013.
Die Kommunikationsagentur hat sich zum strategischen Ziel gesetzt, die Offline- und Onlinewelten ihrer Kunden miteinander zu
verbinden. Zu diesen Kunden des zehnköpfigen Teams um Firmeninhaber Frei gehören sowohl nationale Unternehmen wie Feldschlösschen oder das Hallenstadion Zürich als auch lokale Startups wie beispielsweise der Churer Online-Lieferdienst mamakocht.ch. (fbr)
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
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PULS – DER NEWCOMER
Am Anfang war die Idee
Das Churer Industriedesign-Büro Flink GmbH ist wohl der Inbegriff eines innovativen Unternehmens. Die Kreativität des Teams um die Geschäftsinhaber Remo Frei und Curdegn Bandli
zeigt sich sowohl bei der Produktefindung als auch bei der Umsetzung. von Franco Brunner
W
ie der augenscheinliche
Ursprungsort
grosser, innovativer
Ideen sieht es hier
nicht wirklich aus.
Vielmehr ist es eine, unscheinbare
Quartierstrasse irgendwo im Nirgendwo. Die Farbe an den Fassadenwänden
bröckelt, und auch das blaue Schildchen, auf dem «Flink GmbH» steht, ist
von Wind und Wetter gezeichnet. Doch
just diese Flink GmbH, dieses kleine Industriedesign-Unternehmen, macht aus
dem auf den ersten Blick gewöhnlichen
Teil des Churer Rheinquartiers eben
doch etwas Besonderes. Denn hier ist
tatsächlich ein Ursprungsort innovativer – und teilweise grosser Ideen.
Schweizer Produkte,
made in Switzerland:
Rotauf Jacken.
22
Arbeitsfreude als Antriebsfeder
Industriedesigner Remo Frei ist an diesem Donnerstagnachmittag alleine im
Atelier. Sein Geschäftspartner, der Maschinenbau-Ingenieur Curdegn Bandli,
weilt gerade in Taiwan, um die Produktion der neusten Flink-Produkte zu begleiten. Und die drei Angestellten sind
ausser Haus. «So können wir uns in aller
Ruhe unterhalten», sagt Frei. Wenn der
ausgebildete Produktedesigner aus Zizers über seine Arbeit spricht, spürt
man seine Freude und Leidenschaft.
Vor zehn Jahren habe er gemeinsam mit Bandli das Unternehmen gegründet, erklärt er – und
der Spass am Job sei heute noch
so gross wie damals.
Im Laufe dieses Jahrzehnts sind in
der Denkschmiede Flink GmbH zahlreiche praktische Erfindungen für den
Alltag entstanden. Die Palette reicht
vom Reisestecker zur vollautomatischen Essensstation über den BikeRucksack und die Spritzpistole bis zur
Lawinenboje, für die Frei und Bandli vor
zwei Jahren an der Internationalen
Fachmesse für Sportartikel und Sportmode (Ispo) mit dem Brand New Award
ausgezeichnet worden sind. «Da wir in
verschiedenen Bereichen tätig sind,
können wir aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen – und das ist
wohl eine unserer grössten Stärken»,
analysiert Frei.
Neue eigene Projekte anstossen
Grundsätzlich führt die Flink GmbH Auftragsarbeiten aus. Seit rund drei Jahren
verfolgen Frei und sein Team mit der
Sportbekleidungs-Marke Rotauf aber
auch ein eigenes Projekt. Das Besondere am Crowdfunding-Projekt ist, dass
die Produktion zu 100 Prozent in der
Schweiz stattfindet. «Wir wollen aufzeigen, dass dies sehr wohl möglich ist und
man hier textile Arbeitsplätze erhalten
und schaffen kann», erklärt Frei. So wird
die laufende Rotauf-Produktion – eine
Ultraleicht-Jacke – von der Firma Leblon im Tessin produziert. Auch das
neue Produkt – eine Weste und eine Jacke mit Bündner Schafswolle, ebenfalls
mittels Crowdfunding-Prinzip finanziert,
– wird in der Schweiz hergestellt. Dass
diese «Made in Swiss»-Produkte überhaupt zu den marktüblichen Preisen angeboten werden können, ist erstens
dem Crowdfunding und zweitens dem
Verzicht auf teure Werbeaktionen zu
verdanken. «So entsteht ein Produkt,
das nahe am Kunden ist und mit dem er
sich auch identifizieren kann», ist sich
Frei sicher. Er persönlich finde Rotauf
ein unheimlich spannendes Projekt, so
Frei nach dem Atelierrundgang. Doch
wie es seinem Naturell entspricht,
blickt er bereits wieder nach vorne.
«Rotauf ist noch so etwas wie ein Säugling», sagt der erfinderische Unternehmer. Sobald es ein Kind geworden sei,
das selbst laufen könne, werde er sich
zurückziehen und vermehrt neuen Sachen widmen. Denn Neues aufzugleisen
und zu entwickeln sei das, was ihm am
meisten Freude bereite. Darin sei er nun
mal gut, glaube er zumindest. Der Erfolg gibt ihm recht.
Das VordenkerUnternehmen
>> Remo Frei gründete das DesignUnternehmen Flink GmbH mit
seinem Partner Curdegn Bandli vor
knapp zehn Jahren. Der Industriedesigner und der MaschinenbauIngenieur erarbeiten mit ihrem
Team diverse Erfindungen für den
Alltag. Zu ihren Kunden gehören
sowohl international tätige Unternehmen wie Novartis als auch
Start-ups und junge Brands.
Ihre Arbeiten werden immer wieder
mit renommierten Innovations- und
Designpreisen ausgezeichnet. Mit
Rotauf haben die Jungunternehmer
eine Bekleidungsmarke im OutdoorBereich aufgezogen. Um die Produktionen zu finanzieren, setzen
Frei und Bandli auf das Crowdfunding-Prinzip. (fbr)
>> www.flinkgmbh.com/de sowie
unter www.rotauf.ch.
Schweiz am Sonntag | Sonntag, 21. Juni 2015
PULS – AM PULS DER JUGEND
Mit weiblichem Blick zum Erfolg
Die Werbung weiblich machen. Nicht mehr und nicht weniger will die Online-Marketing-Agentur
Com.pathie erreichen. Noch ist das Projekt von HTW-Betriebsökonomie-Studentin Julia Strachowitz
erst eine Geschäftsidee – allerdings eine mit grossem Potenzial. von Franco Brunner
Julia Strachowitz hat mit
ihrer Online-MarketingAgentur klare Ziele.
Z
uerst hätten sie eine gewöhnliche Online-Marketing-Agentur geplant, später jedoch
festgestellt, wie gesättigt
dieser Markt mittlerweile sei.
Also galt es, sich neu zu strukturieren
und speziell zu positionieren. Wenn
man den Ausführungen von Julia Strachowitz zuhört, könnte man meinen,
einer engagierten, zielorientierten und
erfolgreichen Geschäftsfrau gegenüberzusitzen. In Tat und Wahrheit ist die
25-Jährige Strachowitz Studentin –
Studentin der Betriebsökonomie mit
Vertiefungen Marketing und Entrepreneurship der HTW Chur, um es genau
zu sagen.
Ob nun erfahrene Geschäftsfrau
oder «erst» angehende Betriebsökonomin – die Geschäftsidee von Strachowitz und ihrem Team hat es in sich.
Denn einfach so gewinnt man wohl
kaum den «Best Business Plan»-Wettbewerb der Hochschule für Technik und
Wirtschaft Chur (siehe Kasten).
Genau das ist Strachowitz und ihren
Kommilitonen aber gelungen – mit der
Idee von Com.pathie, der ersten OnlineMarketing-Agentur der Schweiz, die sich
ausschliesslich auf die weibliche Zielgruppe konzentriert.
Sonntag, 21. Juni 2015 | Schweiz am Sonntag
Marktlücke gesucht und gefunden
«Wir suchten eine Marktlücke und haben sie im sogenannten Gender-Marketing gefunden», erklärt Strachowitz den
Ursprung ihrer Online-Agentur. In den
USA sei die Idee des Gender-Marketings
nicht neu, doch hierzulande werde im
Werbebereich noch immer erstaunlich
wenig Wert auf die weibliche Zielgruppe
gelegt. «60 Prozent der Frauen fühlen
sich von Werbung nicht angesprochen»,
führt Strachowitz aus. Dies überrasche
umso mehr, da über 90 Prozent aller
Kaufentscheidungen in der Kategorie
der sogenannten Fast Moving Consumer
Goods (Warengüter, die schnell im Verkaufsregal wechseln respektive rotieren) von Frauen getroffen werden und
immerhin über 40 Prozent der Schweizer Frauen ihre männlichen Partner bei
den Kaufentscheidungen beeinflussen,
wie eine durchgeführte Studie von Com.
pathie aufzeigt. Und just da will Strachowitz mit ihrer Agentur einhaken.
«Wir wollen Werbung so erschaffen und
gestalten, dass sie gezielt auf die weiblichen Bedürfnisse eingeht», sagt sie.
Wer nun denkt, Com.pathie sei eine
reine Frauenidee, der irrt. Neben Ivana
Tomaschett als zweite Dame komplettieren mit Tobias Schär und Jan Reuter
zwei männliche Betriebsökonomie-Studenten das Team. Eine geschlechtliche
Durchmischung, die laut Strachowitz
sehr förderlich gewesen sei. «Unsere
beiden Kollegen waren stets ein guter
Ausgleich, falls auch wir Frauen einmal
zu sehr irgendeinem Klischeegedanken
verfallen waren», sagt Strachowitz
schmunzelnd. Mit klischeebehaftetem
Denken seien allerdings auch sie das
eine oder andere Mal konfrontiert worden. So im Sinne von: Macht doch alles
pink, dann finden es die Frauen schon
gut. Gender-Marketing sei jedoch weitaus vielschichtiger, gibt Strachowitz zu
bedenken.
Auf dem Weg zur Geschäftsfrau
Klischeegedanken hin oder her. An
Potenzial scheint es dem Projekt Com.
pathie jedenfalls nicht zu mangeln.
«Das Interesse an unserem Angebot ist
definitiv vorhanden», bestätigt Strachowitz. Sie hätten Interessenten aus der
Lebensmittelbranche, der Hotellerie
und von verschiedenen Vereinen, die
mehr Frauen hinzugewinnen wollen.
Auch könne man schon erste Referenzkunden vorweisen.
Stand heute ist Com.pathie aber
noch immer Zukunftsmusik, noch immer ein Projekt. Dies will Strachowitz jedoch möglichst bald ändern. Denn im
Spätsommer, nach dem Abschluss ihres
Betriebsökonomie-Studiums, will sie ihr
Projekt vorantreiben und aktiv vermarkten. Spätestens dann ist sie tatsächlich
auf dem Weg zu dieser engagierten,
zielorientierten und erfolgreichen Geschäftsfrau, für die man sie schon jetzt
halten könnte.
Ausgezeichneter
Businessplan
>> Mit ihrem Businessplan für
Com.pathie, einer Online-MarketingAgentur mit Fokus auf der weiblichen Zielgruppe, gewann die
HTW-Betriebsökonomie-Studentin
Julia Strachowitz gemeinsam mit
ihren Studien-kollegen Jan Reuter,
Thomas Schär und Ivana Tomaschett den diesjährigen Wettbewerb
«Best Businessplan» der Hochschule für Technik und Wirtschaft
HTW in Chur. Mit dem mit 1500
Franken dotierten Preis wird die
innovative Geschäftsidee des
Teams um Julia Strachowitz gewürdigt. Der Wettbewerb «Best
Business Plan» wird seit 2003
von der HTW Chur unter ihren
Studierenden der Betriebsökonomie
durchgeführt. Das Erstellen eines
Businessplans ist Teil der Ausbildung. Die Jurierung erfolgt durch
Vertreterinnen und Vertreter der
Hochschule und der Wirtschaft.
(fbr)
>> Infos unter www.compathie.com
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Guido Casty
Querdenker und Gastronom
Ihre Innovationen. Unsere KMU-Kompetenz.
Bündner und die GKB teilen sich die gute Nase.
Bündner KMU machen Graubünden stark. Darum setzen wir uns mit Leidenschaft und grossem Fachwissen für die
Unternehmen unseres Kantons ein. Von der Gründung bis zur Nachfolgeplanung. Stärken Sie Ihr Unternehmen mit dem
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begleitet. Die GKB freut sich auf Ihre unternehmerischen Ziele und Herausforderungen.
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