Lehrplan wurde nicht breit diskutiert

18 Forum
Salzkorn
Ausgabe vom 28. Januar 2016
Toleranz gilt auch
für Andersdenkende
Der Extremsportler Felix Baumgartner ist kein Mann der leisen
Töne. Auf Facebook polarisiert
er gerne mit seinen Postings,
was als öffentliche Person mit
Vorbildcharakter nicht unproblematisch ist. Diesmal holt er
zum Rundumschlag gegen
Flüchtlingspolitik und Medienberichterstattung aus. Man
kann dies nun gut oder schlecht
finden, jedoch wird ihm niemand ernsthaft sein Recht auf
freie Meinungsäusserung in Abrede stellen wollen. Dass sich
Baumgartner bei seinen kontroversen Äusserungen im Tonfall
vergreift, darf ihm Sarah Gerteis,
die Verfasserin dieses Salzkorns,
mit gutem Recht vorwerfen.
Ihre bissigen Seitenhiebe gegen
den Geisteszustand Baumgartners gehen aber deutlich zu
weit: Ist es angebracht, Baumgartner als intellektuellen Tiefflieger zu bezeichnen, nur weil
man seine Meinung nicht teilt?
Ist es nicht gar anmassend, jemanden für unzurechnungsfähig zu erklären, weil dessen
Ansichten sich vom politisch
korrekten Mainstream abheben?
Was qualifiziert Gerteis dafür,
sich zur moralischen Instanz
aufzuschwingen und über wahr
oder falsch zu richten? Wer
andere dafür angreift, dass sie
sich nicht an die Regeln der
politischen Korrektheit halten,
sollte in seiner Kritik wenigstens
nicht ins gleiche Muster fallen
und ein wenig mehr Feingefühl
zeigen. Wie steht es mit der viel
zitierten Toleranz – gilt die nicht
auch für Andersdenkende?
Andreas L. Iff
Hauptstr. 144, 8272 Ermatingen
Mittwoch, 10. Februar 2016
Kennen Sie Marc
Mächler?
Mein erster Eindruck von Marc
Mächler war etwas durchzogen:
ein typischer, intelligenter,
kühler HSG-Absolvent mit wenig
Ahnung vom Leben. In den vergangenen zwölf Jahren habe ich
Marc Mächler kennen und
schätzen gelernt und seine Entwicklung verfolgen können. Gescheit und gut ausgebildet war
er schon immer. Dazugekommen
sind nun aber Emotionalität
und ein breites Interesse an Gesellschaft und sozialen Fragen.
Wie geht das? – Ganz offensichtlich hat erstens die Heirat seinen
Horizont erweitert. Zweitens
fordern die drei Kinder den Vater
auf verschiedenen Ebenen –
und er geht darauf ein. Drittens
haben die Veränderungen und
die Stürme, welche der Arbeitgeber UBS in den letzten zehn
Jahren durchgemacht hat, Marc
Mächlers Blick für die gesellschaftspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge geschärft. Wir haben
die Chance, für unseren Kanton
einen im Vergleich zu den
andern Kandidaten jungen,
mitten im Leben stehenden,
breit interessierten, humorvollen und aktiven Familienvater
als Regierungsrat zu wählen.
Christian Gremli
Gehrenacker 13, 9030 Abtwil
Kompetent, ehrlich,
standhaft
Während meiner Zeit als Geschäftsführer der FDP Kanton
St. Gallen arbeitete ich fünf
Jahre eng mit Marc Mächler
zusammen. Ich erlebte ihn als
hervorragenden Vorgesetzten.
Nebst seinem grossen politischen
Wissen bewies er immer wieder
Führungsqualitäten. Er vertritt
eine klare Meinung, kann aber
trotzdem sehr gut auf sein
Gegenüber eingehen, um gemeinsam die besten Lösungen
zu erarbeiten. Anders wäre es
gar nicht möglich gewesen,
während Jahren mit Umsicht
und Erfolg eine Partei wie die
kantonale FDP zu präsidieren,
die von Umweltfreisinnigen bis
Rechtsbürgerlichen ein breites
Spektrum umfasst. Marc Mächler
politisiert mit Herzblut und hat
dabei stets das Wohlergehen
unseres Kantons im Auge. Was
ich neben der fachlichen Kompetenz am meisten an Marc
Mächler schätze, sind seine
menschlichen Stärken und Ehrlichkeit. Im Gegensatz zu anderen
Politikern vertritt er seine Über-
28. Februar
WAHLEN
Kanton St. Gallen
zeugung standhaft, auch wenn
sie nicht der Mehrheitsmeinung
entspricht. Er verbiegt sich nicht,
um an zusätzliche Wählerstimmen zu kommen. Unser
Kanton verdient Politiker mit
Rückgrat wie Marc Mächler.
Robert Stadler
Wildeggstr. 32, 9000 St. Gallen
Unternehmerische
Kompetenz
Bruno Damann bewältigt ein
beeindruckendes Pensum:
Gründer und Inhaber des Ärztehauses Gossau, Leiter Medical
Team FC St. Gallen und Fortitudo
Handball, Stadtrat und Kantonsrat sowie Verwaltungsrat in
verschiedenen Gesundheitsunternehmen. Schaffenskraft
braucht es auch in der Regierung.
Darum überzeugt mich Bruno
Damanns bisherige Tätigkeit,
sie ist eine gute Basis für eine
erfolgreiche Regierungstätigkeit.
Damann ist eine bodenständige
und lösungsorientierte Persönlichkeit mit breiter Berufs- und
Lebenserfahrung.
Rolf Cristuzzi
Fuchsgasse 50, 9443 Widnau
Nicht lernbereit,
nicht teamfähig
Herbert Huser suggerierte an
einem Podium der Regierungsratskandidaten entgegen der
klaren Rechtslage, Asylsuchende
könnten einen negativen Asylentscheid ans Bundesgericht
weiterziehen. Den eritreischen
Militärdienst, der jahrzehntelang dauern kann und wo der
kärgliche Sold mangels Erwerbsersatzordnung nie für eine
Familie reicht, vergleicht er
Arbeiten mit dem «Monster»
Ausgabe vom 20. Januar 2016
Lehrplan wurde
nicht breit diskutiert
Zulassungsstop –
was nun?
Mitte 2016 ist Schluss mit dem
Zulassungsstop für Ärzte. Ist
damit das Gesundheitswesen
gerettet? Mitnichten! Es wird
zweifellos zusätzliche (Fach-)
Ärzte geben. Leider dort wo wir
sie am wenigsten brauchen. Ob
die Krankenkassenprämien dadurch noch mehr steigen? Dies
werden vor allem wir Versicherten mitbestimmen. Indem wir
unnötige Arztbesuche unterlassen und nicht jede Anordnung,
Weiterreichung oder Pille kritiklos schlucken. Wir können zum
Beispiel die Franchise unseren
Verhältnissen anpassen. Nach
oben. Oder uns prophylaktisch
etwas einfallen lassen. Bei der
Gesundung unseres Gesundheitswesens helfen uns weder
Parlamentarier noch Packungsbeilagen. Da hilft nur Selbstverantwortung!
Albert Schafflützel
Grünaustr. 12, 9016 St. Gallen
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kokett mit dem schweizerischen
Militärdienst; hier wird kein
Deserteur erschossen, sondern
es wird in einem fairen Prozess
über Schuld und Strafe entschieden. Er bezeichnete
Altstätten als eines von vier
Schweizer Empfangszentren,
obschon Altstätten das fünfte
ist. Obwohl gemäss Tagespresse die Unterbringung im
Empfangs-/Verfahrenszentrum
mit zwei bis vier Monaten
angegeben ist, sprach er von
vier bis fünf Wochen, bevor
Asylsuchende in die Kantone
verteilt würden. Er glaubt, vor
einem Wettbewerb um Asylsuchende warnen zu müssen,
wo doch Russland und die
Türkei mit der Förderung der
Fluchtwellen die Destabilisierung
der EU und ganz Europas vorantreiben. Dieser Regierungsratskandidat gibt sich provokativ
unvorbereitet und baut auf
Unkenntnis des Stimmvolkes.
Er zelebriert sich als nicht
lernbereit und nicht teamfähig, kurz: als Zumutung für
Wählerinnen und Wähler.
Klausfranz Rüst-Hehli
Schützenweg 1, 9032 Engelburg
Leserbild Nicht im Winterschlaf
Edgar Huber fotografierte in Bad Ragaz.
Das gehört nicht in
unsere Verfassung!
Es gibt viele Gründe am
28. Februar, Nein zur Durchsetzungs-Initiative zu stimmen.
Einerseits ist die Initiative unverhältnismässig und willkürlich. Sie schreibt im Verfassungstext eine Anzahl Delikte
vor, die zur Ausschaffung führen. Dazu gehören Bagatelldelikte im Wiederholungsfall,
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe und Kindsmissbrauch
hingegen nicht. Zugleich steht
sie im Konflikt mit den Menschenrechten, die uns allen
Grundrechte zugesteht. Zusätzlich greift die Initiative das
wichtige Prinzip der Gewaltenteilung an. Diese besagt, dass
Gesetzgeber und Richter unabhängig voneinander sind. Dies
ist insbesondere wichtig, damit
eine Demokratie nicht zu einer
blossen Diktatur der Mehrheit
wird. Ausserdem missachtet die
Lancierung der Initiative den
Gesetzgebungsprozess nach der
Annahme der AusschaffungsInitiative. Wenn die Initianten
unzufrieden sind mit der Um-
setzung ihrer Initiative, steht
ihnen das Mittel des Referendums zur Verfügung, wie dies
im Fall der Alpen-Initiative und
der zweiten Gotthardröhre gemacht wird.
Alena Schmidt
Sirnacherstr. 23, 8355 Aadorf
Warum ich gegen
die SVP-Initiative bin
Als Lehrer habe ich bei Konflikten zum Beispiel mit einem
Schüler immer gespürt, dass es
notwendig ist, keine automatischen Strafen auszusprechen,
sondern den Jungen ernst zu
nehmen und mit ihm ein persönliches Gespräch zu führen.
Wichtig dabei ist, dass er meine
mitmenschliche Zuwendung in
der Auseinandersetzung erfährt.
Er fühlt sich respektiert und
ernst genommen und kann so
mit der Strafe umgehen. Genau
so geht es darum, bei Fehlverhalten von Ausländern und Ausländerinnen keine einfachen
Automatismen walten zu lassen.
Mit intakter Gewaltentrennung
beurteilen Richter eine be-
stimmte Situation einer Person
in ihrem Umfeld, in ihrem Verhalten und kommen zu einem
auf die Person zugeschnittenen
verhältnismässigen Urteil. Auch
da passiert ein möglicher innerer Wandlungsprozess des
Täters, weil er sich als Mensch
28. Februar
ABSTIMMUNG
Durchsetzungs-Initiative
ernst genommen fühlt. Der Gedanke der automatischen Konsequenz ist ausgeschaltet. Mitmenschlichkeit wird gelebt. Bei
der Ablehnung der Durchsetzungs-Initiative geht es genau um das: Mitmenschlichkeit,
Respekt gegenüber jeder Person. Das hat Breitenwirkung!
Markus Huber
Enzenbühlstr. 160, 9230 Flawil
Initiative gefährdet
Rechtsstaat
Am 28. Februar wird unter
anderem über die Durchsetzungs-Initiative der SVP ab-
gestimmt. Diese Initiative geht
schon sehr viel weiter als die
Ausschaffungs-Initiative. Sie
will, dass Ausländerinnen und
Ausländer bei schon minderschweren Delikten automatisch
ausgeschafft werden, ohne Einzelfallprüfung. Das Menschenrecht, Recht auf Familie, würde
durch die Durchsetzungs-Initiative gefährdet. Auch der parlamentarische Gesetzgebungsprozess wird durch die SVP umgangen, indem sie die eigene
Gesetzesvorlage aufzwingt und
sie so via Verfassung durchboxt,
was wiederum gegen die
Grundprinzipien der Demokratie verstösst. Laut der Durchsetzungs-Initiative würden zwei
minderschwere Delikte reichen,
um ohne Einzelfallprüfung ausgeschafft zu werden. In meinen
Augen zielt diese Durchsetzungs-Initiative auf eine
Zweiklassengesellschaft ab, in
der Ausländer vom Gesetz
wegen härter bestraft werden
als Schweizer. Sie würde Secondas und Secondos am härtesten
treffen.
Caroline Koller
Steinrieselnstr. 6, 9100 Herisau
Die landesweite Kritik am
Lehrplan 21 hat nichts mit seiner Seitenzahl zu tun, sondern
wendet sich dagegen, dass
unsere Volksschule von einer
Bildungsstätte zu einem Ort
herabgemindert werden soll, wo
die Kinder auf sich selbst gestellt Betriebsamkeit produzieren und messbare Testergebnisse liefern sollen, statt von
ihren Lehrerinnen und Lehrern
den nötigen Grundstock fürs
Leben lernen zu dürfen.
Aus rechtlicher Sicht ist folgendes zu korrigieren: Erstens
sind die Bildungsartikel von
2006 in der Bundesverfassung
keine rechtliche Grundlage für
den Lehrplan 21, sondern
schreiben lediglich die Harmonisierung einiger Eckwerte wie
Schuleintrittsalter und Schulpflicht sowie Dauer und Ziele
der Bildungsstufen vor. Von
einem gemeinsamem Lehrplan
war nie die Rede, übrigens auch
im HarmoS-Konkordat nicht.
Zweitens ist die Aussage, die
21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone hätten das Projekt
eines gemeinsamen Lehrplans
lanciert, nur dann richtig,
wenn «die Kantone» auf je eine
Person reduziert werden. Das
Projekt wurde nämlich nicht
öffentlich bekanntgemacht und
schon gar nicht mit der Bevölkerung diskutiert, wie es in der
direktdemokratischen Schweiz
eigentlich üblich ist. Vielmehr
unterzeichneten 21 Erziehungsdirektoren am 18. März 2010
eine blosse Verwaltungsvereinbarung, von der die meisten
Bürger nichts erfuhren, und
liessen dann im Geheimen drei
Jahre lang den Lehrplan 21
schreiben.
Zuletzt ein Wort zur Bürgernähe von EDK-Präsident Christoph Eymann, der in der
Wochenzeitung «Zeit» vom
16. November 2015 noch konkreter wurde als in der Wiler
Zeitung: «Wenn es um Lehrpläne, Lehrmittel und Stundentafeln geht, braucht es Fachleute und nicht ein Parlament.
Und schon gar nicht das Volk.»
«Eltern müssen den Lehrplan
also gar nicht verstehen?»
Eymann: «Sie sind nicht das
Zielpublikum. Es ist heikel zu
sagen: Das geht die Eltern
nichts an.» Zeit: «Aber so meinen Sie es?» Eymann: «Ein bisschen.»
Marianne Wüthrich
Kienbergerstr. 22, 9500 Wil