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Integration junger Flüchtlinge
«Die weitaus meisten sind überaus motiviert und wissbegierig»
Millionen von Menschen sind zurzeit auf der Flucht. Die Asylgesuche in
den europäischen Ländern nehmen markant zu – auch in der Schweiz.
Wie können junge Flüchtlinge in die Berufswelt integriert werden? Im
Gespräch mit Beat Glauser. Er leitet an der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule (BFF) Bern die Abteilung Berufsvorbereitende Schuljahre.
wir im Integrationsbereich sechs neue Klas­
sen. Diese wurden mehrheitlich durch Klas­
senschliessungen anderer Brückenangebote
kompensiert. Die Jugendlichen und jungen
Erwachsenen kommen mehrheitlich aus Eri­
trea, Syrien, Afghanistan und Somalia.
Ja. Wir integrieren jeweils bis Ende des ersten Semesters in bestehende Integrations­
klassen und eröffnen bei Bedarf weitere. Die
Änderungen wirken sich natürlich auf die
Dynamik in den Klassen aus. Dies gilt es zu
berücksichtigen.
scheidend sind zudem Kompetenzen wie
Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit, Verantwor­
tungsbewusstsein oder Selbständigkeit. Der
praktische Unterricht in unseren internen
Werkstätten ermöglicht uns, diese Fähig­
keiten gezielt zu trainieren.
Über welche Institutionen gelangen sie zu
Ihnen?
Wir arbeiten eng zusammen mit Asylkoor­
dinationsstellen und Flüchtlingsdiensten wie
Caritas oder SRK, aber auch mit den Lehr­
personen der Volksschule sowie der Triage­
stelle unter der Leitung des Case Manage­
ments Berufsbildung.
Die jungen Flüchtlinge sprechen kaum
Deutsch und haben mitunter sehr kurze
Schulbildungen hinter sich. Was heisst das
für den Unterricht dieser Zielgruppe?
Es braucht ein übergeordnetes Gesamtsys­
tem, eine gute Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und mit dem Betreuungs­
system der Jugendlichen. Der neue kantonale
Lehrplan der berufsvorbereitenden Schuljah­
re, der ab Schuljahr 2016/17 in Kraft tritt,
ist auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe an­
gepasst.
Spätestens seit Köln wissen wir, dass auch
die kulturellen Unterschiede sehr gross sein
können. Was leistet Ihre Schule in diesem
Bereich?
Als Bildungsinstitution geht es uns darum,
im Dialog mit den Jugendlichen kulturelle
Unterschiede aufzuzeigen und ihnen unsere
Werte, unser Rechtssystem sowie unser De­
mokratieverständnis zu vermitteln. Wir ge­
hen in die Auseinandersetzung mit den Ju­
gendlichen und zeigen unmissverständlich
auf, dass bei solchen Vorfällen Nulltoleranz
herrscht. Dies bedingt eine klare Haltung der
Schule und klare Regeln.
Welche Bildungsangebote stehen den Asylsuchenden an der BFF Bern offen?
In erster Linie das Berufsvorbereitende Schul­
jahr mit Schwerpunkt Praxis und Integration (BPI). Dieses kantonale Bildungsange­
bot richtet sich an fremdsprachige Jugendli­
che und junge Erwachsene, die nicht länger
als drei Jahre in der Schweiz und nicht älter als
22-jährig sind. Das BPI ist modular aufge­
baut und kann zwei Jahre dauern. Im ersten
Jahr steht die Berufsorientierung im Vorder­
grund, im zweiten dann der Berufseinstieg.
«Unsere Schule lebt die internationale Vielfalt seit Jahren»: Beat Glauser von der BFF Bern.
Peter Brand
Herr Glauser, inwiefern macht sich der momentane Flüchtlingsstrom auch an Ihrer
Schule bemerkbar?
Die Zahl der Jugendlichen und jungen Er­
wachsenen, die unsere Brückenangebote be­
suchen, ist in den letzten Monaten deutlich
angestiegen. Im Zuge der Migrationsbewe­
gungen kommen zudem immer mehr un­
begleitete Minderjährige zu uns. Da die BFF
Bern die internationale Vielfalt seit Jahren
lebt, können wir diese Situation relativ gut
bewältigen. An unserer Schule arbeiten und
lernen Menschen aus 80 Nationen. Die In­
tegration ist daher nicht neu.
Wie viele junge Flüchtlinge wurden in den
letzten Monaten an der BFF Bern aufgenommen? Und: Woher kommen sie?
In den letzten anderthalb Jahren eröffneten
Und wenn die Asylsuchenden bereits ein
wenig älter sind?
Dann können sie in unsere Vorlehre 25Plus
eintreten. Dieses Angebot richtet sich an
Erwachsene über 25 Jahre, die noch keine
Berufsausbildung abgeschlossen haben. Die
Teilnehmenden erweitern bei uns ihr Schul­
wissen und absolvieren parallel dazu ein
Praktikum in einem externen Vorlehrbetrieb.
Nehmen Sie fortlaufend Jugendliche und
junge Erwachsene in die Brückenange­­bote auf?
Was ist bei den unbegleiteten Minder­­
jäh­rigen speziell zu berücksichtigen?
Sie werden von den zuweisenden Institutio­
nen vorbereitet und auf einen Sprachstand
gebracht, mit dem sie unserem Unterricht
folgen können. Wir setzen künftig den eu­
ropäischen Referenzrahmen A1 (Anfänger)
voraus. Viele dieser auf sich allein gestellten
Minderjährigen kommen mit 18 Jahren in
eine Wohngruppe, sind sich selber überlas­
sen und oft mit dem Haushalt überfordert.
Daher ist auch der Hauswirtschaftsunterricht
ausgebaut worden.
Die berufliche Realität in den Herkunftsländern ist eine völlig andere. Wie bereiten
Sie die jungen Flüchtlinge auf den Berufseinstieg in der Schweiz vor?
Das wichtigste Eintrittsticket in die Berufsbil­
dung ist die Sprache. Auf deren Erwerb wird
im kantonalen Lehrplan grosser Wert gelegt
– und in allen Lernbereichen eingeübt. Ent­
Wie erleben Sie persönlich die jungen Flüchtlinge?
Die weitaus meisten von ihnen sind überaus
motiviert und wissbegierig. Sie sind dankbar für die Chance, die sie hier erhalten. Wir
führen jedes Jahr ein Treffen mit Ehemaligen
durch. Sie berichten mit Stolz über ihre Er­
fahrungen in der Schweiz und in ihrer Aus­
bildung. Viele von ihnen haben sich bereits
eine berufliche Perspektive erarbeiten kön­
nen. Genau darauf arbeiten wir hin.
[email protected]
Berufsvorbereitende Schuljahre
Die kantonalen Brückenangebote:
www.erz.be.ch/brueckenangebote
Die Angebote der BFF Bern:
www.bffbern.ch (Berufsvorbereitung)
«espace einsteiger» ist eine Dienstleistung der Espace Media AG und des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Bern und wird in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern realisiert: BEKB | BCBE (www.bekb.ch) •
Die Schweizerische Post, Berufsbildung (www.post.ch/lehrstellen oder 0848 85 8000) • Berufsbildung Bundesverwaltung (www.epa.admin.ch/dienstleistungen/lehrstellenangebote) • Meyer Burger AG (www.meyerburger.com)