Final_SZ_03_2015__ 15.06.15 08:48 Seite 14 Im Porträt Und es lohnt sich doch Wolfgang Kaus zieht zu seinem 80. Geburtstag eine Lebensbilanz Wolfgang Kaus Foto: Oeser ie unglaublich schnell doch die Zeit vergeht! Es scheint, als hätten wir erst vor Kurzem an dieser Stelle unserem „Hauspoeten“ Wolfgang Kaus zum 75. Geburtstag gratuliert. Und nun wird er 80. W Sonderlich verändert hat er sich nicht im vergangenen halben Jahrzehnt. Ein wenig schmaler vielleicht, etwas nachdenklicher angesichts des nun erreichten Lebensalters, etwas skeptischer wohl auch. Was sich in einem typischen Kaus-Satz äußert: „Man kann sich uffresche wie man will, hört ja doch keiner zu.“ Stimmt aber gar nicht. Viele Menschen haben ihm zugehört. Zum Beispiel seinen „Übersetzungen“ klassisch-literarischer Dramen und Komödien in die hessische Mundart, mit denen er über lange Jahre hinweg als künstlerischer Leiter des Volkstheaters einem treuen Publikum schöne und unterhaltsame Stunden bescherte. Überhaupt: das Volkstheater. Dessen Ende schmerzt ihn noch immer, denn es war die wichtigste Zeit für ihn, eine fruchtbare und erfüllte Zeit, und an die Zusammenarbeit mit der unvergessenen Liesel Christ denkt er nach wie vor mit Freude. 14 SZ 3 / 2015 Mit Dankbarkeit erinnert sich Wolfgang Kaus auch an seine letzte große Regiearbeit in Frankfurt vor fünf Jahren. Damals erfüllte sich für ihn ein lang gehegter Wunsch, als er Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ im Archäologischen Garten vor dem Dom inszenierte. „Diesen Platz gibt es so nun auch nicht mehr, das ist vorbei“, stellt er mit Wehmut fest. Eines ist immerhin seither geblieben: die gute Freundschaft mit dem ehemaligen Focus-Chefredakteur Helmut Markwort, den er damals sozusagen für die Bühne entdeckte und ihn einen sehr freundlichen und wenig furchterregenden „Tod“ darstellen ließ. Natürlich war danach noch kein Ende mit dem Theater. Es kamen Jahre mit Regiearbeiten in München, die ihm das Gefühl gaben, „man braucht mich noch“. Ist die „80“ nun eine Zäsur? „Ich empfinde das Alter nicht so, aber ich merk’s.“ Wieder ein typischer Kaus-Satz. Soll heißen, man arrangiert sich. Mit einigen Beeinträchtigungen unter anderem. So widmet er in seinem neuen Buch mit dem Titel „Und es lohnt sich doch“ auch dem Kapitel „Krankheit“ einigen Raum. Erfahrungen damit musste er durchaus machen, nachdem er seinerzeit nach einer schweren Herzoperation nach eigener Aussage „dem Tod von der Schippe gehippt“ ist. Seine vielen Reisen rund um die Welt schildert er ebenfalls in seinem „Resümee der letzten Jahre“, das zu seinem Geburtstag im Juli erscheinen soll. Dass man häufiger zurückblickt im Alter, ist selbstverständlich. Schön, wenn man dann, wie er, sagen kann: „Ich stehe bewundernd vor meiner Lebensleistung.“ Weder eitel noch überheblich klingt das, sondern eher dankbar und fast ein wenig erstaunt. Denn für den in Hofheim geborenen Wolfgang Kaus sah es zunächst keineswegs nach einer künstlerischen Laufbahn aus. Niemand in der Familie besaß das sogenannte Theaterblut, das Elternhaus nennt er zwar recht liberal, aber auch einfach und bürgerlich. So stand es, wie in vielen solcher Fälle, fest, dass der Sohn zunächst mal „was Anständiges“ lernen sollte. Aber schon während seiner Lehre bei der Firma Philips wuchs die Sehnsucht nach der Schauspielerei. „Mach’s einfach, wenn es nicht klappt, kommst du zurück“, riet ihm ein älterer Vorgesetzter. Bekanntlich ging er nicht zurück, sondern wurde nach seiner Ausbildung für verschiedene Bühnen und das Fernsehen tätig, bevor ihn das Frankfurter Volkstheater rief. Insgesamt wurden es 55 Jahre am Theater. Danach darf man getrost an Ruhestand denken, auch wenn man diesen Begriff vielleicht nicht besonders liebt. Aber es gibt ja noch vieles: Freundschaften zu pflegen ist für ihn sehr wichtig, mit einer weiteren Kreuzfahrt liebäugelt er ebenfalls noch. Aber „ich stelle dem Schicksal keine Bedingungen mehr“, sagt er. Auch so ein typisch weiser Kaus-Satz. Gereimtes und Ungereimtes mit kleinen Lebensweisheiten wird er nach wie vor für seine Leser der SZ bereithalten, die sich unseren herzlichen Glückwünschen sicherlich gern anschließen. Lore Kämper Autor Wolfgang Kaus „Mensche gibt’s, all sin se anners“, erschienen im Societäts-Verlag. Wolfgang Kaus war von 1976 an insgesamt 33 Jahre lang Regisseur und künstlerischer Leiter am Frankfurter Volkstheater. Gemeinsam mit Liesel Christ schuf er ein literarisches Volkstheater, an dem die Weltliteratur mit einem hessischen Zungenschlag und die hessische Literatur mit Weltläufigkeit verbunden wurden.
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