Handlungsstrategien für die MentorInnen-Qualifizierung von Violence Prevention Network am 30. 6. 15 Referentin: Eva Prausner, Projekt ElternStärken (Kursiv: Beiträge von Teilnehmenden aus den Rollenspielen und der Diskussionen aus unterschiedlichen Fortbildungen) Wann, warum, mit wem und unter welchen Umständen, macht es Sinn, sich auseinander zu setzen oder sich zu positionieren? Wann und warum sollte/muss ich mich positionieren bzw. eine Grenze ziehen? - Sind andere Eltern bzw. anwesende Personen von Bedrohung und diskriminierenden Aussagen betroffen? - Erwarten diese Personen eine Unterstützung/Positionierung von mir? - Kommt mir eine Impulsfunktion als Mitarbeiterin der Einrichtung zu? Ziele: - Schutz vor Diskriminierung - Wahrnehmung der Gleichwertigkeit aller - Verdeutlichung des Selbstverständnisses und des Leitbildes der Einrichtung (eine Hausordnung könnte dieses Leitbild für alle sichtbar vertreten) - Ächtung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus auf der Basis eines demokratischen und menschenrechts-orientierten Standpunkts Gesprächsstrategien 1. Inhaltliche Positionierung a. Statement, Standpunkt b. Grenze ziehen, Ablehnung einer Meinung, Zurückweisung, Verbot 2. Diskutieren und argumentieren a. „Macht der Frage“ b. Fakten anführen 3. Gesprächsregeln vereinbaren Zu 1. Inhaltliche Positionierung oder Auseinandersetzung: Ich entscheide, ob ich mich positionieren will (im Sinne einer Abgrenzung oder eines Statements) oder diskutieren möchte. Ich entscheide über den Zeitpunkt, wann ich das Thema nochmal aufgreifen möchte. Beispiele aus den Rollenspielen für eine Positionierung: „Ich vertrete diese Meinung nicht.“ „Ich dulde nicht, dass Sie solche menschenverachtenden Äußerungen machen.“ „Wir stehen als Einrichtung dahinter. Ich kann das Plakat nicht abnehmen.“ „Es gibt andere Eltern, die sich durch solche Äußerungen bedroht fühlen.“ „Ich möchte nicht, dass Sie Menschen als Abschaum bezeichnen.“ Fazit: - Auseinandersetzung nicht aufzwingen lassen, Zeitpunkt selber bestimmen - Kein direktes Eingehen auf Provokationen, sondern Positionierung - Eigene Themen setzen, verhindern, dass andere die Themen diktieren: „Für mich sind alle Menschen gleichwertig“ oder „Flüchtlinge haben ein Recht auf Schutz. Sie müssen menschenwürdig untergebracht werden.“ - Konfrontation des Gegenübers mit der professionellen demokratischen Haltung als Fachkraft - Jede Positionierung, jede Grenzziehung, jede Einschränkung/Verbot begründen! Zu 2: Diskutieren und Auseinandersetzung: a. Macht der Frage = Zerbröselung der politischen Ideologie oder einer Behauptung. Ihr Gegenüber soll sich erklären und wird durch Nachfragen in Widersprüche verwickelt und gerät in Erklärungsnot. Ihre Haltung ist dabei neugierig und offen. Sie nehmen Ihr Gegenüber ernst: „Ich würde gerne wissen, wie Sie darauf kommen.“ „Was meinen Sie damit?“ „Waren Sie schon mal im Flüchtlingsheim?“ „Wissen Sie, was diese Menschen erlebt haben?“ „Was stört Sie daran?“ „Wo hat der diese Information her?“ „Was ist Ihre Sorge, wenn eine Mutter mit Kopftuch rum läuft?“ b. Fakten anführen/Sachinformationen/Aufklärung „Die Flüchtlingskinder sind aus einer furchtbaren Kriegssituation gerettet worden. Sie haben vielleicht ihre Eltern verloren.“ - Mit Menschenrechten argumentieren: (Schutz der Würde, Gleichwertwertigkeit der Menschen, Gewaltfreiheit, Recht auf Entfaltung, Recht auf Asyl) - Mit den Grundsätzen/Konzept der Einrichtung argumentieren. - Parolenhopping verhindern: darauf bestehen, sich nur mit einer Behauptung auseinander zu setzen 3. Gesprächsregeln vereinbaren und sich selbst als Fachkraft Respekt verschaffen - Gesprächsverhalten und die Haltung des Gegenübers ansprechen. „Ich habe den Eindruck, dass Sie mir gar nicht zu hören.“ „Es fällt Ihnen schwer, sich in die Menschen einzufühlen.“ Dreiklang: Macht der Frage Positionierung/Auseinandersetzung Beziehungserhalt „Ich habe mich gefreut über den Termin mit Ihnen.“ „Ich möchte gemeinsam mit Ihnen über unser Arbeitsbündnis nachdenken. Was wünschen Sie sich von mir?“ „Ich bin sehr an einer guten Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert.“ Ängste oder glaubhafte Erfahrungen ernstnehmen, Ableitungen und Pauschalisierungen in Frage stellen: „Ich verstehe, dass Sie sich bedroht fühlen, aber zu behaupten, dass alle Flüchtlinge kriminell sind, lehne ich ab.“ „Sie haben richtig viel Wut im Bauch.“ Wen will ich erreichen? Gibt es ZuhörerInnen? Definieren der Zielgruppe Ist es mir wichtig, vor allem den „Parolenverkünder“ zu überzeugen? Oder will ich mit meiner Intervention vor allem die anwesenden (vielleicht unentschlossenen oder unsicheren) Personen erreichen? Mit meiner Positionierung erreiche ich, dass die Position der (nichtrechten) Eltern gestärkt wird. Auch sie tragen eine Verantwortung für eine demokratische Einrichtung und können in diese Auseinandersetzung einbezogen werden. Wer ist mein Gegenüber? Ist mein Gegenüber politisch/strukturell zu verorten? Kader, Aktivisten = strategisch-taktisches Verhalten, geschulte Argumentation, geschlossenes rechtsextremes Weltbild. In der Regel gilt: Je stärker jemand in die rechtsextreme Szene eingebunden ist, umso schwerer ist er/sie als rechtsextrem zu erkennen und umso strategischer ist das Auftreten. Geschlossenes Diskussionsverhalten. Achtung: Gefahr der Unterwanderungsgefahr in Einrichtungen, für pädagogische Interventionen unerreichbar. Umgang: Klare Grenzen ziehen: Keine Propaganda in der Einrichtung, kein Verteilen von Flyern, die rechtsextreme oder rassistische Inhalte haben. Zur Not Hausverbot in Erwägung ziehen. Mitläufer, Sympathisanten = Suche nach Orientierung, eher offenes Diskussionsverhalten, vertritt Stereotype und Vorurteile, vereinzelt Slogans aus der rechtsextremen Szene. Erkennen und Hinterfragen von Schlüsselbegriffen z. B. Begriffe wie: Rasse, Volk, Volksgemeinschaft, Nationalstolz etc. auf. Mögliche Reaktion: - Schlüsselbegriffe erkennen und benennen - Klärung der Folgen und möglichen Folgen - Aufzeigen der dahinter stehenden Ideologie Die NPD und andere rechtsextreme Kader oder Aktivisten sind nicht Teil des demokratischen Spektrums. Sie lehnen das Grundgesetz ab und erkennen die allgemeinen Menschenrechte nicht an. Sie sind es, die sich damit ausgrenzen. Ausblick und offene Fragen: 1. Was können wir Eltern bieten, was sie glauben in rechtsextrem orientierten Kreisen zu finden? Welche Bedürfnisse liegen hinter den rassistischen Parolen? 2. Welche Projekte machen Sinn? 3. Infoveranstaltung mit Eltern 4. Umgang mit rechtsextremer Symbolik in der Einrichtung? _____________________________________________ Ergänzungen: Methode der „Ich - Botschaften“ „Mir geht es nicht gut damit, weil es in meiner Verwandtschaft jemanden gab, der verfolgt...“ „Sie tragen heute das Thor Steinar- T-Shirt. Ich bin irritiert, weil dieses T-Shirt eine politische Botschaft enthält, die ich nicht teile.“ „Ich vertrete diese Meinung nicht, weil diese Meinung Menschen ausgrenzt und abwertet.“ „ Ich fühle mich verletzt, weil ich es nicht für möglich gehalten habe, dass Sie Werbung für eine menschenverachtende Ideologie machen.“ Die Kunst der Ich-Botschaft besteht darin, dass der Mutter ein Problem erläutert wird, ohne sie dabei anzuklagen. Sie erläutern der Mutter, wie es Ihnen in der Situation geht. Dadurch kann das Gegenüber Ihr Anliegen besser nachvollziehen oder sogar verstehen. In „DuBotschaften“ werfen wir unseren Gesprächspartnern alles an den Kopf, was uns an ihm stört. „Du bist unpünktlich. Du bist unmöglich.“ Die Ich-Botschaft besteht aus drei Teilen: 1. Schilderung der Situation, 2. Offenlegung des eigenen Empfindens 3. Weil…4. Der große Punkt (nach der Ich-Botschaft keine weiteren Erklärungen, Konsequenzen folgen lassen. Schauen Sie Gegenüber weiter an). („Gespräche mit Eltern“, Malte Mienert, Heidi Vorholz) Wichtige Vorrausetzungen für ein Konfliktgespräch - Die ersten Sätze im Gespräch vorformulieren bzw. Gespräch gut vorbereiten: Will ich über das Thema diskutieren? Oder mich positionieren im Sinne einer Konfrontation? - Fachkraft hat die Führungsrolle. - Gute Ausgangssituation schaffen: Klarheit über Gesprächsgegenstand herstellen. Wer hat das Anliegen, das Problem? - Ziel vor Augen. Immer wieder darauf besinnen. - Immer nur Verhaltensweisen der Eltern benennen. Nie die ganze Person bewerten. - Position offen legen: Auch ich als Fachkraft bin wütend, empört oder entsetzt. „Ich merke, dass ich immer wütender werde, weil ich mich als Gesprächspartnerin nicht ernst genommen fühle.“ - Gesprächsregeln festlegen und ggf. Gegenüber auf ihre/seine Haltung aufmerksam machen („Ich habe den Eindruck, dass Sie mir gar nicht richtig zu hören.“) - Authentisch bleiben: Echtheit der Person, Übereinstimmung des Gesagten mit der Person (Fachkraft) - Bauchgefühl und Gesprächsführungsstrategien ergänzen sich. - Ruhe und Gelassenheit auch in schwierigen Situationen bewahren! Auch für die Zusammenarbeit mit „schwierigen“ Eltern gilt: Das gemeinsame Ziel ist eine Erziehungspartnerschaft zum Wohl des Kindes. Die Fachkraft ist die Initiatorin dieser Partnerschaft. Sie ist Begleiterin von Lern – und Bildungsprozessen auch für Eltern (Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar). (Vorholz/Mienert: „Gespräche mit Eltern“)
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