Ein Freund und Förderer ist von uns gegangen Die FSU trauert um

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/160330_Spaeth.pdf
Ein Freund und Förderer ist von uns gegangen
Die FSU trauert um ihren Ehrensenator Lothar Späth
Die Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) trauert um ihren 'Freund und Förderer' Prof. Dr. h. c.
Lothar Späth. Nach langer, schwerer Krankheit verstarb er am 18. März 2016 im Alter von 78
Jahren in einem Pflegeheim in Stuttgart.
Lothar Späth wurde am 16. November 1937 in Sigmaringen geboren. Der gelernte
Verwaltungsfachmann wurde rasch Finanzdezernent und im Alter von 30 Jahren Bürgermeister der
Stadt Bietigheim. Nach einer Beschäftigung in der Bauwirtschaft wurde er, der seit 1968 dem
Baden-Württemberger Landtag angehörte und seit 1972 der CDU-Fraktion vorstand, 1978
zunächst Innenminister und bald Ministerpräsident seines Heimatlandes. Wegen einer
Urlaubsreisenaffäre in die Kritik geraten, trat er im Januar 1991 von diesem Amt zurück. Wenige
Monate später hat ihn der damalige Thüringer Ministerpräsident Josef Duchac aufgrund seiner
Vertrautheit mit den Dingen um Carl Zeiss als Berater nach Thüringen geholt.
Jena geprägt
In Jena, dessen Dynamik seinem quirligen Vorwärtsdrang ein kongeniales Pflaster wurde, hat er
die zielstrebige Kreativität, der die Technologieorientierung Baden-Württembergs so viel zu
verdanken hat, in den Aufbau des Jenoptik-Konzerns fließen lassen, den er nach sechs Jahren im
Juni 1998 an die Börse brachte. Bis ins Stadtbild hinein hatte er Jena, dessen Ehrenbürger er 1997
wurde, in vielfacher Hinsicht geprägt, als er 2003 aus dem Vorstand der Jenoptik ausschied.
Im Mai 1998 hat die Friedrich-Schiller-Universität Lothar Späth zum Ehrensenator gekürt. Die
Urkunde würdigte "seine Anstrengungen um das Ansehen der Universitätsstadt Jena" und hob
hervor, Späth habe sich "seit 1991 besonders um die Anliegen der Universität gekümmert und
fruchtbare Perspektiven einer Zusammenarbeit entwickelt". Im engen Zusammenwirken von
Wissenschaft und Industrie bei der Entwicklung innovativer Technologien sah er das
Zukunftspotenzial Jenas, das er nach Kräften förderte. Bereits 1993 wurde er persönliches Mitglied
der "Freunde und Förderer". Späth dachte ganzheitlich; auch Kunst war ihm ein Anliegen. Das
Engagement Frank Stellas in und für Jena war nicht zuletzt auch ihm zu verdanken.
Mit der Bestellung zum Honorarprofessor im April 2001 hat sich die Friedrich-Schiller-Universität
die Mitwirkung des grandiosen Kommunikators Lothar Späth an der Lehre im Fachgebiet "Medien
und Zeitdiagnostik" gesichert. Seine Präsenz und seine Prägnanz im Nachdenken Deutschlands,
Thüringens und Jenas über sich selbst war einzigartig; Schiller hätte ihn, den seine schwäbischen
Landsleute ob seiner wirtschafts- und innovationspolitischen Erfolge "das Cleverle" nannten und
der 1989 Träger des Preises "Goldenes Schlitzohr" wurde, wohl den "widerspenst'gen Geistern"
zugerechnet. In zahlreichen Büchern und Buchbeiträgen, zeitweilig einer eigenen Talk-Show und
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legendär gewordenen Interviews "zur Lage" gab er den Zeitgenossen Denkstoff - und oft genug
Zunder. Dabei verband sich gediegen-weitsichtige Zeitanalyse mit einem zuweilen überbordenden
rhetorischen Talent. Er war in der Tat "ein glänzender Kommunikator, ein eigenständiger
Überleger, souveräner Formulierer mit automobiler Reflexion und Eloquenz" (Odo Marquardt).
Die künftige Verfallsgeschichte bewusst machen
Lothar Späth forderte heraus - in selbst kurzen Gesprächen, vor allem aber mit seiner
Grundbotschaft. Der Jenaer Historiker Lutz Niethammer hat sie einmal wie folgt zusammengefasst:
"Seine Grundwahrnehmung ist, dass angesichts der Beschleunigung des globalen
Gesellschaftswandels der Selbstzufriedenheit der Verhältnisse in Deutschland eine künftige
Verfallsgeschichte innewohnt, die es bewusst zu machen gilt, um sie abzuwenden". Das war und
ist Lothar Späths geistiger Dauerauftrag, gerade auch an die Universität. Sie kann ihm kaum ein
ehrenderes Andenken bewahren als ihn in dankbarer Erinnerung zu beherzigen.
(Prof. Dr. Klaus Dicke)
Meldung vom: 30.03.2016 11:04 Uhr
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