Duale Systeme erlangen kein Eigentum an Altpapier

WIRTSCHAFT
EUWID RECYCLING UND ENTSOR GUNG 43.2015
In letzter Instanz hat der Bundesgerichtshof
(BGH) nunmehr klargestellt, dass Betreiber dualer
Systeme kein Eigentum - auch nicht in Form des
Miteigentums - an den von Kommunen gesammelten Altpapiermengen erlangen. Die Revision
gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlan-
desgerichts Stuttgart (OLG) vom 28. Oktober 2014
wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Das
urteilte laut der Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer
& Coll. der BGH im Verfahren der Duales System
Deutschland GmbH (DSD) gegen den Kreis Biberach (Urteil vom 16.10.2015; Az. V ZR 240/14). Die
Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
Laut GGSC ist damit die seit langem zwischen
Kommunen und Systembetreibern in Streit ste-
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liert. Und wollen Systeme die Sammlung vor Ort
ändern, muss nicht nur die Kommune, sondern
müssen mindestens zwei Drittel der Systembetreiber einer Änderung zustimmen. Ein einheitlicher
Ansprechpartner vor Ort für die Kommunen, wie
es in den Eckpunkten der Koalition gefordert worden war, findet sich in dem ersten Entwurf nicht.
Auch künftig sollen die Sammelleistungen von
den dualen Systemen über eine elektronische
Ausschreibungsplattform ausgeschrieben werden. Die im Eckpunktepapier der Koalition verlangte Ausschreibung nach den Vorgaben des öffentlichen Vergaberechts (VOL) fand damit ebenfalls keinen Niederschlag. Einzelheiten sollen die
Systembetreiber untereinander regeln, geht aus
dem ersten Arbeitsentwurf hervor.
Bei der Mitbenutzung der PPK-Sammlung sind
Änderungen formuliert, die vor allem bei Kommunen und der Entsorgungswirtschaft auf Kritik stoßen. So können die dualen Systeme die Herausgabe ihres Masseanteils verlangen. Soweit Papier-,
Pappe- und Kartonverpackungen (PPK) zusammen mit anderen Abfällen aus Papier gemeinsam
erfasst werden, können die Systembetreiber und
die Kommune die Sammlung gemeinsam ausschreiben, heißt es in dem Entwurf.
Bei den Verwertungsquoten wird vom Ministerium ein dreiteiliger Ansatz verfolgt. Zunächst
werden Gesamterfassungsmengen von mindestens 25 Kilogramm pro Einwohner und Jahr verlangt, die ab 2020 auf mindestens 30 Kilogramm
angehoben werden. Die Systembetreiber selbst
müssen abhängig von ihrer jeweiligen Lizenzmenge materialspezifische Recyclingquoten erfüllen. So wird für Glas, Papier, Eisenmetalle und
Aluminium die Recyclingquote auf 90 Prozent
festgesetzt. Für Getränkekartonverpackungen
gibt es nun eine eigene Recyclingquote von 80
Prozent, die auch ·sonstige Verbunde erfüllen
müssen. Für Kunststoffe wird eine Verwertungsquote von 90 Prozent verlangt, davon müssen
80 Prozent stofflich verwertet werden, was eine
Rt!cyclingquote von 72 Prozent bedeutet. Die
Quoten werden drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes um 5 Prozent angehoben. Der
dritte Quotenansatz betrifft die dualen Systeme
insgesamt. Sie sollen mindestens 50 Prozent der
Bruttoerfassungsmenge recyceln. Ab 2020 steigt
diese Quote auf 55 Prozent.
Noch recht vage ist die Definition der stoffgleichen Nichtverpackungen: Laut Entwurf sind das
Erzeugnisse, deren überwiegender Masseanteil
aus Kunststoffen oder Metallen oder beiden Materialien besteht, typischerweise beim privaten
Endverbraucher anfallen, nicht mehr als 5 kg wiegen und ohne mechanische Vorbehandlung in ein
240-L-Standardsammelbehältnis passen. Textilien
einschließlich Bekleidung und Schuhe sind ausgenommen. Dass z.B. eine Bratpfanne aus Metall
unter das neue Gesetz fällt, scheint damit klar. Für
die Glasabdeckung der Pfanne dürften der bisherigen Definition zufolge aber keine Lizenzentgelte
verlangt werden.
Die Systembetreiber sollen künftig auch den
Einsatz von Recyclaten und die Recyclingfähigkeit
von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen über die Lizenzentgelte honorieren.
Hierzu soll von der Zentralen Stelle im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt jährlich ein Mindeststandard veröffentlicht werden.
Im Übrigen will die Regierung mit dem Gesetz
auch die Thematik Mehrweg/Einweg für Getränke regeln. So sollen künftig Hinweistafeln in Verkaufsstellen darüber informieren, ob ein Getränk
in Mehrweg oder Einweg verpackt ist. Von einer
direkten Mehrweg/Einweg-Kennzeichnung auf
den Gebinden sieht der Entwurf ab. Neu ist, dass
künftig auf Einweggetränkeverpackungen der
Pfandbetrag angegeben werden muss.
Der neuen Zentralen Stelle kommen zahlreiche
Aufgaben zu. Sie soll als rechtsfähige Stiftung des
bürgerlichen Rechts gegenüber allen Marktteilnehmern neutral sein. Finanziert werden soll sie
über Umlagen, welche die Stiftung von Systemen
und Betreibern von Branchenlösungen entsprechend des jeweiligen Marktanteils erhebt. Die
Stelle registriert Hersteller, nimmt Vollständigkeitserklärungen entgegen sowie die Meldungen
der dualen Systeme. Sie prüft die Übereinstimmung der Daten und berechnet die Marktanteile
sowie die jeweiligen Mengen der dualen Systeme.
Der Handel wird bei der Zentralen Stelle weder als
Gründer noch als Gesellschafter erwähnt. Im entscheidenden Gremium der Stelle, dem Kuratorium
sitzen acht Hersteller. Der Bund und die Länder
haben im Kuratorium jeweils zwei Sitze, allerdings
nur als Gäste.
Nach dem bisherigen Plan soll das Gesetz 18
Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten.o
,,Systeme erlangen kein
Eigentum an Altpapier"
hende Grundsatzfrage des Eigentums am Altpapier abschließend und zugunsten der Kommunen geklärt. Zuvor hatten bereits das Landgericht
Ravensburg und das OLG Stuttgart als Berufungsgericht entsprechend entschieden (EUWID
45/2014). Da sich mit Altpapier in den vergangenen Jahren Erlöse erzielen ließen, komme die Verwertung des kommunalen Anteils am Altpapier
den Bürgern zugute. Kommunen folgten hier der
Verpflichtung durch das Abgabenrecht und lassen die damit erzielten Erlöse vollständig in die
Gebührenkalkulation einfließen.
im Streit um die Mitbenutzung des kommunalen Sammelsystems hatte DSD erstmals die Herausgabe eines von ihm errechneten Anteils des
kommunalen Altpapiers gefordert, um nunmehr
auf eigene Rechnung Verwertungserlöse zu erzielen. Nachdem der Landkreis die Herausgabe
verweigert hatte, klagte der Systembetreiber auf
Feststellung, dass ihm ein entsprechender Anteil
zu übergeben sei. In der Folge hatte er selbst in
verschiedenen Streitigkeiten - auch gegenüber
dem Bundeskartellamt - auf das Verfahren als
Musterverfahren Bezug genommen.
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90 Prozent wollen Altgeräte
im Handel abgeben
Die überwiegende Mehrheit der Verbraucher will
offenbar von den neu geschaffenen Rückgabemöglichkeiten für Elektro- und Elektronikaltgeräte
Gebrauch machen. Das geht zumindest aus einer
aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts
lpsos hervor, die das Suchmaschinenportal Deals in
Auftrag gegeben hat. Demzufolge können sich nur
zehn Prozent der über 1.000 Befragten nicht vorstellen, von den neuen Rücknahmemöglichkeiten im
Handel Gebrauch zu machen. Mehr als die Hälfte
will hingegen sowohl im stationären als auch im
Internethandel Altgeräte zurückgeben. Knapp ein
Drittel kann sich die Rückgabe nur im Geschäft vorstellen, für fünf Prozent kommt nur der Rückversand
an den Online-Händler in Frage.
Von den neuen Rücknahmepflichten des Handels,
die durch das noch nicht in Kraft getretene neue
ElektroG wirksam werden, haben knapp 40 Prozent
der Befragten noch nichts gehört. Etwas mehr als
der Hälfte war das Gesetz bekannt und sieben Prozent nutzen bereits jetzt die verschiedenen freiwilligen Rücknahmeangebote für Altgeräte im Handel.
Unter den Verbrauchern, die sich auch künftig
nicht vorstellen können, ihre nicht mehr benötigten
Geräte im Laden abzugeben oder an Onlinehändler
zurückzusenden, dominieren Bequemlichkeitsaspekte. So begründeten rund 80 Prozent ihre ablehnende Haltung damit, dass entweder der Weg
in den Laden oder der Rückversand an den Internethändler zu umständlich seien. Jeweils rund die
Hälfte will die Altgeräte zudem privat oder online
weiterverkaufen oder selbst entsorgen.
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