Programm und Werkeinführungen im PDF-Format

Musikverein Regensburg e. V.
Samstag, 05. Dezember 2015, 19:30 Uhr, Vielberth-Gebäude der Universität (H 24)
ENSEMBLE NOBILES
Paul Heller und Christian Pohlers, Tenor ; Felix Hübner, Bariton; Lukas Lomtscher und
Lucas Heller, Bass
Das 2006 gegründete Ensemble Nobiles besteht aus fünf ehemaligen Mitgliedern des Thomanerchores Leipzig. Das Repertoire reicht von der spätmittelalterlichen Messe bis zur Moderne, und dies im profanen wie auch sakralen Bereich. Beim Deutschen Musikwettbewerb
2014 wurde das Ensemble Nobiles mit mehreren Stipendien ausgezeichnet und in die 59.
Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler aufgenommen.
Paul Heller, 1991 in Köthen geboren, erhielt mit 5 Jahren ersten Klavierunterricht. Er besuchte Kurse für Dirigieren, Korrepetition und Kammermusik. Paul Heller studiert seit Oktober 2010 Vokale Korrepetition in Leipzig. Außerdem ist er als Komponist tätig. Seine Werke
wurden vom Thomanerchor Leipzig, dem Mendelssohn Kammerorchester Leipzig und dem
Ensemble Nobiles uraufgeführt. Er ist musikalischer Leiter dieses Ensembles, dem er seit
2006 angehört.
Christian Pohlers, 1989 in Leipzig geboren, erhielt mir 6 Jahren ersten Klavier- und Theorieunterricht. Er studierte von 2009 bis 2014 in Leipzig Schulmusik mit Hauptfach Gesang
sowie Latinistik und Anglistik auf Lehramt. Im Oktober 2014 nahm er ein Gesangsstudium in
Leipzig auf. Bereits im Rahmen seines Schulmusikstudiums wirkte er an Produktionen als
Sänger mit.
Felix Hübner, 1991 in Borna geboren, erhielt ersten Musikunterricht in Blockflöte und Klavier. Von 2000 bis 2009 erhielt er Unterricht an der Musikschule Leipzig. 2011 begann Felix
Hübner das Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Leipzig. Er ist Gastsänger unter anderem im Leipziger Vokalensemble und im Bachchor Leipzig.
Unterstützt wurde Felix Hübner durch das Begabtenförderungsprogramm des Freistaates
Sachsen.
Lukas Lomtscher, 1989 in Frankenberg geboren, erhielt ersten Musikunterricht im Geigenspiel. 1999 bis 2008 erhielt er Gesangsunterricht an der Musikschule Leipzig. 2009-2012
absolvierte er ein Lehramtsstudium Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität
Leipzig. 2012 folgte ein Studium der Buchhandels- und Verlagswirtschaft mit dem Schwerpunkt Kommunikationsmanagement. Seit 2009 singt Lukas Lomtscher im Gewandhauschor
Leipzig und ist Gastsänger bei renommierten Chören. Er wurde durch das Begabtenförderungsprogramm des Freistaates Sachsen unterstützt.
Lucas Heller, 1991 in Köthen geboren, begann seine musikalische Ausbildung am Klavier.
2000 bis 2009 erhielt er Unterricht an der Musikschule Leipzig. Er wurde mit dem Legat der
Stiftung Thomanerchor ausgezeichnet. Lucas Heller schloss 2012 eine Ausbildung zum
Bankkaufmann ab und studiert aktuell Musikwissenschaft an der Universität Leipzig. Seit
2013 engagiert er sich im Vorstand des Förderkreises Thomanerchor Leipzig e. V. Er singt
im Leipziger Gewandhauschor, dem Mitteldeutschen Kammerchor und ist ein gefragter
Gastsänger.
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Programm
Paul Heller
geb. 1991
Herr Gott, Dich loben wir
Liedbearbeitung nach EG 191
Berthold Hummel
1925 – 2002
Cantate Domino op. 97c
Erhard Mauersberger
1903 – 1982
Wer sich nach seinem Namen nennt
Francis Poulenc
1899 – 1963
Quatre petites prières de Saint François
Salut, Dame Sainte /Tout puissant/Seigneur, je vous en prie /
O mes très chers frères
Rudolf Mauersberger
1889 – 1971
Herr, lehre doch mich
Manfred Schlenker
geb. 1926
Gott wohnt in einem Lichte
Fredo Jung
geb. 1949
Der 100. Psalm op. 77
- Pause -
Felix Mendelssohn
1809 – 1847
Morgengruß des thüringischen Sängerbundes op. 120 Nr. 2
Der frohe Wandersmann op. 75 Nr. 1
Moritz Hauptmann
1792 – 1868
Sommermorgen op. 55 Nr. 1
Felix Mendelssohn
Wanderlied op. 50 Nr. 6
Max Reger
1873 – 1916
aus: Neun ausgewählte Volkslieder
5. Ich ging durch einen grasgrünen Wald
Friedrich Silcher
1789 – 1860
Ännchen von Tharau
Moritz Hauptmann
Wunderbar ist mir geschehen op .49 Nr. 12
Max Reger
4. Das Lieben bringt groß Freud
-3Robert Volkmann
1815 – 1883
Ich halt ihr die Augen zu
Friedrich Silcher
Untreue
Max Reger
7. Verlorenes Lieb’
Robert Schumann
1810 – 1856
Der Zechner als Doctrinair op. 33 Nr. 4
Fritz Weisse
(keine biogr. Daten)
Im schönsten Wiesengrunde
Johannes Brahms
1833 – 1897
In stiller Nacht
Felix Mendelssohn
Abendständchen op. 75 Nr. 2
Mit Förderung durch das Kulturreferat
Mit freundlicher Unterstützung des
Deutschen Musikrates
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»In stiller Nacht«
Geistliche und weltliche Vokalmusik aus Romantik und Moderne
Lobpreis und Besinnung sind Themen der geistlichen Motetten des 20. und 21. Jahrhunderts, die im ersten Teil des Programms zu hören sind. Eine herausgehobene Stellung nehmen die Widmungswerke für das Ensemble Nobiles ein.
Im Zentrum steht der Zyklus »Quatre petites prières de Saint François d'Assise« von Francis
Poulenc. Der Komponist verbindet in diesem Zyklus archaische Elemente des mittelalterlichen Klostergesangs mit der für ihn typischen progressiven Harmonik. Poulenc äußerte sich
zu seiner im Sommer 1948 geschaffenen Komposition: »Ich verehre den heiligen Franziskus,
aber ein wenig schüchtert er mich auch ein. Mit der Vertonung wollte ich seiner so wunderbar anrührenden Gebet ein Zeichen der Demut setzen«. Die simpel wirkenden, homophon
eingebetteten Melodien zeigen deutlich die musikalisch-demütige Widmung an das Wirken
des Franz von Assisi.
Umrahmt wird dieser Zyklus von Kompositionen der Brüder Erhard und Rudolf Mauersberger. Der von 1930 bis 1971 amtierende Kreuzkantor Rudolf Mauersberger vertonte »Zwei
Sprüche aus der Kreuzkapelle«, die in schlichter spätromantischer Tonsprache die Vergänglichkeit des Seins zum Inhalt haben. Diesen Stil macht auch das Gebet »Wer sich nach seinem Namen nennt« aus der Feder Erhard Mauersbergers, Thomaskantor von 1961 bis
1972, aus.
Vorangestellt sind zwei Werke des Lobpreises der jüngeren Vergangenheit. Berthold Hummel vertonte in seinem »Cantate Domino« die ersten beiden Abschnitte des 98. Psalms.
Diese Psalmverse wurden bereits um 800 der gregorianischen Fassung unterlegt, die in der
evangelischen und katholischen Liturgie der Messe als Introitus am vierten Sonntag nach
Ostern gesungen wird. Farbige Harmonien und rhythmisch perkussive Elemente kleiden die
alte Form in ein neues Gewand.
Paul Heller nutzt in seiner Motette »Herr Gott, Dich loben wir« ebenfalls gregorianische
Grundlagen. Ausschnitte des Lobpreis-Chorals, der von Martin Luther nach dem »Te Deum
Laudamus« aus dem 4. Jahrhundert ins Deutsche übertragen wurde, verbindet er mit seinen
neoromantischen Klangwelten.
Ebenso wie Hellers Komposition ist »Gott wohnt in einem Lichte« ein Widmungswerk für das
Leipziger Vokalquintett Ensemble Nobiles. 1938 veröffentlichte der Journalist und Schriftsteller Jochen Klepper in dem Bändchen »Kyrie« unter 16 geistlichen Texten auch das Lied
»Gott wohnt in einem Lichte«. 2008 schuf Manfred Schlenker nach diesen Versen eine
Liedmotette. Den cantus firmus lässt er durch verschiedene Stimmen ausführen und
schmückt die Strophen mit interessanten Linien und warmen Harmonien aus.
Auch die den geistlichen Teil des Konzerts abschließende Psalmvertonung entstand für das
Ensemble Nobiles. Der kraftvolle homophone Satz und spannungsgeladene Modulationen
erzeugen ein überbordendes Halleluja zur Ehre Gottes.
***
Anfang des 19. Jahrhunderts versammelten sich Männer, verbunden durch die begeisterte
Liebe zu gutem Essen, vorzüglichen Weinen und dem gemeinsamen Gesang, zu geselligen
Runden, den so genannten Liedertafeln. 1809 gründete Carl Friedrich Zelter, damaliger Di-
-5rektor der Sing-Akademie zu Berlin, die erste dieser Vereinigungen und damit den ersten
reinen Männerchor der deutschen Geschichte. Bei monatlichen Treffen wurden »bei einem
frugalen Mahle in deutscher Fröhlichkeit und Gemütlichkeit edle Geselligkeit gepflegt und
Lieder gesungen, die die eigenen Mitglieder als Dichter oder Komponisten schufen«. Im Mittelpunkt stand also nicht die elaborierte Gesangsdarbietung im Rahmen eines öffentlichen
Auftritts, sondern eine Gesellschaft im künstlerisch-schaffenden Geist und einer patriotischen
Gesinnung. Das Vorbild der Zelterschen Liedertafel in Berlin hat im deutschsprachigen
Raum eine Vielzahl von Nachahmern gefunden. Jacob Bernhard Limburger, ein Leipziger
Kaufmann, Musikorganisator und Sänger, rief 1814 die Leipziger Liedertafel ins Leben, die
damit zu den ältesten Vereinigungen dieser Art gehört.
Der zweite Teil des Programms ist der Versuch, Einblick in ein Zusammentreffen einer solchen Gesangs-Vereinigung zu geben. Der Fokus liegt auf Tonschöpfungen Leipziger oder
mit Leipzig eng verbundener Komponisten.
Viele der Männerchor-Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy weisen Widmungen für die
Liedertafeln und Sängerbünde auf. Ein prominentes Beispiel ist der festliche »Morgengruß
des thüringischen Sängerbundes«. Doch neben Patriotismus und Stolz der Gemeinschaft
waren es vor allem die gängigen Themen der Romantik, wie beispielweise die Natur, die
besungen wurden. So macht sich »Der frohe Wandersmann« auf eine Reise durch die
Schönheiten dieser Landschaft, und verträumte Metaphern berichten von unerfüllter Liebe
und herzzerreißender Sehnsucht.
Dem zwischen 1842 und 1868 amtierenden Thomaskantor Moritz Hauptmann, dem Rat der
Stadt empfohlen durch Mendelssohn, kam im 19. Jahrhundert vor allem als Theoretiker und
Pädagogen große Bedeutung zu. Hauptmann hatte zum Männerchorgesang seiner Zeit ein
ausgesprochen kritisches, wenn nicht gar distanziertes Verhältnis. Er formulierte zum Problem der Männerchorkomposition bemerkenswerte Einsichten: »Aber widerwärtig bleibt mir
doch, so einen doppelten Gegensatz von hoch und tief in der Männerstimmenlage suchen zu
wollen [...] aber daß in diesem Umfange das Höchste und Tiefste nicht zusammen klingt, daß
das tiefe f und das hohe a, wo einer brummt und der andere den Hals reckt, in der Stärke
und im Character nicht zusammen passen, und daß die guten Lagen, die wieder zu sehr als
bloßer Accord klingen, sehr bald monoton werden«. Die Konzeption seiner Motetten als auch
seiner weltlichen Männerchöre lassen erkennen, dass Geschlossenheit und Homogenität an
erster Stelle standen.
Eine bedeutende Rolle spielte im 19. Jahrhundert auch das Volkslied, schilderte es doch
idealisiert bis idyllisch die wiederkehrenden und alltäglichen Situationen, Begebenheiten und
Stimmungen der Menschen. Wohl kaum ein anderer Komponist ist für sein Liedschaffen so
bekannt geworden wie der Schwabe Friedrich Silcher, dessen Melodien zahlreich volkstümlich geworden sind. Während Silchers Sätze sich vor allem durch Schlichtheit auszeichnen,
schafft Max Reger durch chromatische Ausschmückungen einige Jahrzehnte später mit seinen Volksliedvertonungen kleine kompositorische Meisterstücke höchster Komplexität.
Die Vorliebe für guten Wein und die Möglichkeit, durch einen betörenden Rausch Liebe zu
erfahren oder dieser zu entfliehen, zeigt »Der Zecher als Doctrinair«. Die Vertonung des
Textes von Julius Mosen ist nur ein Beispiel zahlreicher Trinklieder und kongenialer lyrischer
und tonaler Kompositionen. So setzen sich Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy ebenso wie große deutsche Poeten wie Johann Wolfgang von Goethe mit Humor und
gleichzeitiger Ernsthaftigkeit mit dieser Thematik auseinander.
-6Besinnliche Gedanken über das Hauptmotiv der Romantik, die Nacht, beschließen das Konzert und laden ein zum Nachdenken über Vergangenheit und Gegenwart.
Paul Heller