Bella Figura - Staatstheater Darmstadt

Be l l a
Figura
Yasmina Reza
Premiere am 12. Dezember 2015, 20.00 Uhr
Staatstheater Darmstadt, Kammerspiele
Bella Figura
von Yasmina Reza
Andrea Judith van der Werff
Boris Amette Thomas Meinhardt
Françoise Hirt Jele Brückner
Eric Blum Mathias Znidarec
Yvonne Blum Margit Schulte-Tigges
Regie Bernhard Mikeska
Judith van der Werff, Thomas Meinhardt
Bühne Lani Tran-Duc
Kostüme Karin Rosemann
Sounddesign Sebastian Franke
Dramaturgie Marie Wolters
Licht Jonathan Pickers
Regieassistenz Isa Schulz
Produktionsassistenz Sonia Thorner-Vela
Kostümassistenz Hanna Santelmann
Regiehospitanz Sandra Fleckenstein
Technische Gesamtleitung Bernd Klein
Bühneninspektor Uwe Czettl
Technischer Leiter der Kammerspiele Jonathan Pickers
Leiter der Werkstätten Gunnar Pröhl
Technische Einrichtung Marlon Brackelmann, Nadja Klinge,
Clemens Malinowski, Carolin Seel, Stefan Tschunt, Hüseyin Uygun
Aufführungsdauer ca. 95 Minuten, ohne Pause
Jele Brückner, Mathias Znidarec, Judith van der Werff, Thomas Meinhardt, Margit Schulte-Tigges
H a n dlu n g
Z UR AU T O RI N
Yasmina Reza beobachtet scharf, kommentiert bissig und zeigt ungeschönt. Die Gesellschaft in ihren Stücken ist die derjenigen, die auf
Wellen schwimmen, im Subtext rudern und schließlich in der Eskalation
ertrinken. Mit durchdringendem Blick schaut sie auf eine Gesellschaft,
die bis zum Zerreißen gespannt ist. Als stilistische Mittel wählt sie Zuspitzung und Übertreibung, die zu einem zunächst erleichternden Lachen
darüber führen, dass das alles „ja nur auf der Bühne passiert.“ Dabei ist
dieses Lachen gleichzeitig eine Reaktion darauf, dass der Zuschauer
sich im Geschehen wiederfindet – ein Widerspruch, der Rezas Stücke
kennzeichnet.
Die Ausgangssituation:
Andrea und Boris haben eine Affäre. Boris ist mit Patricia verheiratet.
Eric und Françoise sind ein Paar. Yvonne ist Erics Mutter. Françoise
ist Patricias beste Freundin.
P
y
Yasmina Reza, am 1. Mai 1959 in Paris geboren, studierte Soziologie und
Theaterwissenschaft an der Universität Paris-Nanterre. Heute ist Reza die
meistgespielte Theaterautorin der Gegenwart.
Ihre Kunstfertigkeit im Schreiben von provokanten und eskalativen
Dialogen hat die französische Dramatikerin in „Kunst“ (1994) und „Der
Gott des Gemetzels“ (2006) bereits demonstriert. In „Bella Figura“ ist
der Titel Programm: Eine gute Figur machen, das ist heute erforderlich,
um in unserer Gesellschaft bestehen zu können. Die Figuren sind
dabei hin- und her gerissen zwischen dem zwanghaften Wunsch nach
perfekter Außenwirkung und inneren Konflikten. Es wird gespielt,
überspielt und falsch gespielt. Die Angst, „das Gesicht zu verlieren“, führt
dazu, dass die mühsam aufgebaute Fassade bröckelt.
Als „Auftragsarbeit“ für Thomas Ostermeier und sein Ensemble an der
Schaubühne Berlin wurde das Stück im Mai 2015 uraufgeführt.
A
B
F
E
E
Die Situation entsteht:
Andrea und Boris wollen essen gehen. Eric, Françoise und Yvonne auch.
Die Situation spitzt sich zu:
Boris erkennt Françoise, Françoise erkennt Boris.
Eskaliert die Situation …
… zwischen Andrea und Boris, zwischen Andrea und Françoise, zwischen
Boris und Françoise, zwischen Andrea und Eric?
Was wird aus der Situation?
Andrea und Françoise? Andrea und Yvonne? Andrea und Boris? Françoise
und Eric? Boris? Eric? Yvonne? Françoise? Andrea?
„Bevor du dich in die Garonne stürzt, wenn du das
möchtest, mein Schatz, könntest du an deinem
letzten Abend bella figura machen, wie ein wirklich
großer Spieler.“
Aus: Bella Figura, Yasmina Reza, 2015
Notiz über das Gesellschaftsspiel
Spiel Die Spieler stellen ihre Figuren auf das Spielfeld. Gespielt wird ein
Gesellschaftsspiel. Mit Regeln, die im Stillen akzeptiert und dann eingehalten
werden müssen. Mit Taktiken, die sich, zunächst verdeckt, immer mehr
offenbaren. Mit Zielen, die verfolgt werden und deren Erreichen die volle
Aufmerksamkeit der Spieler erfordert. Lassen sich die Spieler ablenken,
verlieren sie die Ziele aus den Augen, ihre Taktiken werden einsehbar.
FIGUREN In der Figur verkörpern sich Regeln und Erfordernisse des Spiels
und der Situation. Sie existiert auf dem Terrain des Spiels. Die Figuren
sind Stellvertreter der Spieler, die aus dem Hintergrund wirken. Auf dem
Spielfeld begegnen sich die Figuren, nicht die Spieler selbst. Die Figuren
existieren nur für das Außen, für das (Gesellschafts-)Spiel. Sie sind eine
Illusion, an der die Spieler sich festhalten, um den äußeren Anforderungen
zu genügen. Eine Verblendung, auf die sich alle einlassen, die die Einzigartigkeit der Spieler tilgt und an ihre Stelle eine Figur setzt, die nach außen
besteht und innerlich verkümmert.
SPIELABLAUF Die Spieler sind mit einer Situation konfrontiert, in der die
Figuren auf unbekanntem Terrain ausgesetzt werden. Kann die Verblendung
weiter funktionieren, wenn die Figuren aus ihrer Routine gerissen werden?
Die vertrauten Handlungsmuster greifen unter veränderten Bedingungen
nicht mehr. Der Versuch, den Schein der Selbstkontrolle aufrecht zu erhalten,
scheitert. Die Figuren verlieren die Bodenhaftung auf dem Spielfeld und
fallen. Zurück bleiben die Spieler – blank, nackt, auf sich allein gestellt.
Le tourbillon
On s’est connu, on s’est reconnu,
On s’est perdu de vue,
on s’est r’perdu d’vue
On s’est retrouvé, on s’est réchauffé,
Puis on s’est séparé.
Man hat sich gekannt und wiedererkannt,
man hat sich verloren,
und wieder verloren,
wieder gefunden und wieder erregt
und dann wieder getrennt.
Quand on s’est connu,
Quand on s’est reconnu,
Pourquoi s’perdre de vue,
Se reperdre de vue?
Wenn man sich kennt
und sich wiedererkennt,
warum verliert man sich aus den Augen?
Warum verliert man sich aus den Augen?
Quand on s’est retrouvé,
Quand on s’est réchauffé,
Pourquoi se séparer?
Wenn man sich wiederfindet
und wieder entflammt,
warum geht man dann doch auseinander?
Jeanne Moreau, 1953
Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden gebeten, sich zwecks nachträglicher
Rechtsabgeltung zu melden.
Für die freundliche Unterstützung danken wir dem Blumenladen
fleur in.
fleur in
Schulstraße 10
Impressum
Spielzeit 2015 | 16, Programmheft Nr. 16 | Herausgeber: Staatstheater Darmstadt
Georg-Büchner-Platz 1, 64283 Darmstadt | Telefon 06 15 1 . 28 11-1 |
www.staatstheater-darmstadt.de | Intendant: Karsten Wiegand |
Geschäftsführender Direktor: Jürgen Pelz | Redaktion: Marie Wolters |
Fotos: Heinz Holzmann | Gestalterisches Konzept: sweetwater | holst, Darmstadt |
Ausführung: Hélène Beck | Herstellung: Drach Print Media, Darmstadt
Margit Schulte-Tigges, Judith van der Werff, Mathias Znidarec, Jele Brückner, Thomas Meinhardt