Einführung in die numerische Modellierung des Ozeans

Einführung in die numerische Modellierung des Ozeans
André Paul
4. Juni 2015
1
Projektübung „Sedimentkern“ im Sommersemester
2015
1.1
Übergeordnete Fragestellung: Das äquatoriale Stromsystem
im Atlantischen Ozean
Unter heutigen Bedingungen wird die Sedimentfracht des Amazonas mit dem Nordbrasilstrom nach Norden transportiert. Ein Teil des Nordbrasilstroms wird saisonal [im August –
siehe Abb. 14.5, S. 236, in Tomczak und Godfrey (1994)] in der Retroflektion nach Osten
abgelenkt. Diese Zirkulation spiegelt sich im terrigene Anteil an den Sedimenten des Ceara
Rise wieder, der von Nord nach Süd abnimmt. Ein Beitrag zum terrigenen Anteil mag aber
auch Windstaub aus der Sahara sein (10 % nach magnetischen Untersucheungen von U.
Bleil).
Unter glazialen Bedingungen könnten die Passatwinde im Mittel stärker gewesen sein,
oder/und ihr Jahresgang war vielleicht größer. Eine Absenkung des Meeresspiegels würde
die Mündung des Amazonas näher an den Ceara Rise heranbringen und vielleicht so zu
einer größeren Sedimentfracht führen. Glaziales Boden- oder Tiefenwasser wäre korrosiver
und könnte mehr Karbonat auflösen, so dass sich der terrigene Anteil erhöhen könnte.
Prozessstudien mit einem Computermodell des Ozeans sollen verdeutlichen, welche
Rolle die Küstenlinie und das Windfeld für das äquatoriale Strömungssystem haben. Permanente Februar- und Augustbedingungen stehen für die Extremlagen der innertropischen
Konvergenzzone.
1.2
Vorschläge für einzelne Fragestellungen
1. Wie beeinflusst die Lage der ITCZ das äquatoriale Stromsystem im Fall
(a) eines rechteckigen Ozeans? (Vergleich von run1a und run1b)
(b) eines Ozeans mit realistischer Küstenlinie, aber zonal gemittelter Windschubspannung? (Vergleich von run2a und run2b)
(c) eines Ozeans mit realistischer Küstenlinie und realistischer Verteilung der Windschubspannung? (Vergleich von run3a und run3b)
2. Welche Rolle spielt eine realistische Küstenlinie im Vergleich zum rechteckigen
Ozean im Fall einer zonal gemittelten Windschubspannung? (Vergleich von run1b
und run2b)
1
Name
pwd
ls
cd
cd ..
unzip
cp
more
Wirkung
print working directory
list directory contents
change directory
gehe ein Verzeichnis zurück
list, test and extract compressed files in a ZIP archive
kopiere Dateien und Verzeichnisse
zeige den Inhalt einer Textdatei an
Tabelle 1: Unix-/Linux-Befehle
3. Wie unterscheidet sich das äquatoriale Stromsystem mit einer realistischen Küstenlinie im Fall einer zonal gemittelten Windschubspannung und im Fall einer realistischen Verteilung der Windschubspannung? (Vergleich von run2b und run3b)
4. Wie schnell stellt sich das äquatoriale Strömungssystem auf die an der Meeresoberfläche herrschende Windschubspannung ein? (Vergleich verschiedener Modelljahre
eines Experiments, zum Beispiel run3b)
5. Wie wirkt sich eine Verschiebung der Windschubspannung um 5° in der geographischen Breite nach Süden auf das äquatoriale Stromsystem aus - und wie unterscheidet sich das Ergebnis von der Betrachtung permanenter Februar- im Vergleich zu
permanenten Augustbedingungen? (Vergleich von run4a und run4b zu run3a und
run3b)
2
Prozessstudien
2.1
Ablauf
Der Ablauf stellt sich in der Übersicht wie folgt dar:
• Installation des MITgcm: Herunterladen von MITgcm_lab_vxx.zip (wobei xx für
die Versionsnummer steht), Entpacken, Compilieren (siehe Tabelle 1)
• Durchführen der numerischen Experimente
• Darstellung und Vergleich der numerischen Experimente
Mit den Tasten [Pfeil nach oben] und [Pfeil nach unten] kann man die „History“
der zuvor eingegebenen Befehle durchsehen und einen bereits verwendeten Befehl erneut
verwenden. Vor einem [Return] kann man ihn noch bearbeiten.
2.2
Downloads
Alle Dateien finden Sie zum Download hier:
• www.geo.uni-bremen.de/∼apau/dynamicclimate
2
2.3
Schritt für Schritt
2.3.1
Compilieren
Die folgenden Hinweise gelten für einen PC im Computerraum GEO 4440, auf dem Windows und Cygwin installiert sind. Cygwin ist eine Sammlung von Werkzeugen, die viele
nützliche Eigenschaften einer Linux-Umgebung für Windows bereitstellt.
• Öffnen Sie zunächst ein Cygwin-Terminal. Mit dem Befehl pwd können Sie auf der
Kommandozeile das aktuelle Verzeichnis ausgeben. Mit dem Befehl echo $USER
können Sie Ihren Benutzernamen überprüfen.
• Starten
Sie
dann
einen
Internet-Browser
www.geo.uni-bremen.de/∼apau/dynamicclimate.
und
gehen
Sie
zu
– In dem Verzeichnis course_materials_2015 finden Sie verschiedene Artikel,
Präsentationen, Abbildungen und dieses Skript.
• Laden Sie die Datei MITgcm_lab_v04.zip herunter und entpacken Sie sie mit
unzip MITgcm_lab_v04.zip in dem Verzeichnis /cygwin/home/$USER auf dem
„Lokalen Dantenträger C:“, woebei $USER für Ihren Benutzernamen steht.
– Mit Hilfe des Befehls ls können Sie im Kommandofenster eine Liste der Dateien anzeigen.
– Dateien mit der Endung .nc weisen auf NetCDF-Dateien hin: binäre Dateien, die zwischen verschiedenen Computern ausgetauscht werden können, aber
deren Inhalt nur mit geeigneten Programmen gelesen werden kann.
– Im Unterschied dazu können Textdateien (die häufig die Endung .txt oder
.dat aufwesien) mit einem einfachen Editor geöffnet werden.
• Zum Compilieren des Modelcodes öffnen Sie ein Cygwin-Terminal und wechseln Sie
zum Beispiel in das Unterverzeichnis:
MITgcm_lab/MITgcm_exp/equatorial_atlantic_180x120x1/build.
• Führen Sie nacheinander die Befehle ./genmake2.sh, make depend und make aus
(ein vorangestellter Punkt und ein nachfolgender Schrägstrich ./ bedeuten, dass
im aktuellen Verzeichnis gesucht werden soll). Das Bash-Shell-Skript genmake2.sh
führt seinerseits den Befehl genmake2 aus und erzeugt ein Makefile. Ein entscheidender Test ist, ob eine passende NetCDF-Biobleothek zur Verfügung steht, die notwendig ist, damit das zu erstellende ausführbare Programm Daten in diesem Format
lesen und schreiben kann. Der Befehl make depend ermittelt, wie die verschiedenen Dateien des Quellcodes voneinander abhängen. Der Befehl make übersetzt die
Dateien des Quellcodes in der im Makefile festgelegten Reihenfolge und fügt sie zu
einem ausführbaren Programm zusammen, das den Namen mitgcmuv.exe trägt.
2.3.2
Erstellen der Randbedingungen
• Starten Sie MATLAB und navigieren Sie zu dem Verzeichnis MITgcm_lab/MITgcm_dev/MATLAB.
• Dateien mit der Endung .m stellen MATLAB-Code (M-Datei-Skripte oder M-DateiFunktionen) dar.
3
• Passen Sie gegebenfalls die Pfade in install.m an und führe Sie den Befehl
install auf der MATLAB-Kommandozeile aus.
• Die Skripte make_topography.m zur Erzeugung der Bodentopographie, make_wind_stress.m
zur Interpolation der Windschubspannungskomponenten (zunächst für den Monat
Februar, dann für den Monat August) auf das Modelgitter und calculate_zonal_average.m
zur Berechnung des zonalen Mittels können Sie in der MATLAB-Kommandozeile
ausführen, in dem Sie den betreffenden Namen ohne die Endung .m eingeben und
die Taste [Return] betätigen.
• Mit dem Skript make_wind_stress_monthly.m können Sie einen realistischen Jahresgang der Windschubspannung erzeugen. Zusätzlich können Sie die Windschubspannung für alle Monate gleichmäßig um 5° in der geographischen Breite nach
Süden verschieben (dazu müssen Sie lediglich die logische Variable shift auf den
Wert true setzen: shift = true;).
2.3.3
Durchführung der numerischen Experimente
Eine Liste der numerischen Experimente findet sich in Tabelle 1.
• Zur Vorbereitung eines Experiments wechselt Sie in das Verzeichnis:
MITgcm_lab/MITgcm_exp/equatorial_atlantic_180x120x1 und erstellen zum
Beispiel mit cp -r run run1a ein neues Unterverzeichnis.
• Wechseln Sie dann in das Unterverzeichnis run1a und führen Sie das Skript copy_input.sh
auf der Kommandozeile aus.
– Das Skript copy_input.sh kopiert die Eingabedateien in das aktuelle Verzeichnis.
– Die „Namelist-Datei“ data muss gegebenenfalls noch an die Namen der Eingabedateien angepasst werden.
– Für ein Experiment mit Jahresgang muss die „Namelist-Datei“ data_seasonal
kopiert werdden: cp data_seasonal data
• Schließlich starten Sie das Modell mit der Befehlsfolge
time ./mitgcmuv > output.txt &
– Der Befehl time misst die Zeit, die der nachfolgende befehl zur Ausführung
benötigt.
– Die Zeichenfolge ./ verweist auf das aktuelle Verzeichns.
– Mit > output.txt werden Ausgaben vom Bildschirm in die Datei output.txt
umgeleitet.
– Das Zeichen & schickt den Prozess in den Hintergrund, so dass die Kommandozeile weiterbenutzt werden kann. Mit dem Befehl ps -u $USER kann man
den Status des Prozesses abfragen [auf den Computern im Raum GEO 4440
wird leider nur die Anfangszeit eines ausgegeben].
4
2.3.4
Darstellung der Ergebnisse
• Führen Sie die Skripte zur grafischen Darstellung der Auslenkung der Meeresoberfläche
plot_freesurface.m,
der
horizontalen
Stromfunktion
plot_streamfunction.m
und
des
horizontalen
Geschwindigkeitsfelds
plot_velocity.m auf der MATLAB-Kommandozeile aus, in dem Sie den betreffenden Namen ohne die Endung .m eingeben und die Taste [Return] betätigen.
– Die Einheit der meridionalen Stromfunktion ist 1 Sv (nach Harald Sverdrup)
=106 m3 s−1
– Die Strömung erfolgt entlang Stromlinien, bei positiven Stromlinien im Uhrzeigersinn.
3
Hinweise
3.1
Literatur
Hinweise zum äquatorialen Strömungssystem finden sich in den folgenden Lehrbüchern:
• Open University [2001, S. 143, Abschnitt 5.1]
• Tomczak and Godfrey [1994, S. 234-238]
Lehrbuch zur Klimamodellierung:von Storch et al. [1999]
3.2
Beobachtungsdaten für Randbedingungen
Beispiele:
• Wind: http://cioss.coas.oregonstate.edu/scow/
• Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, einfallende kurzwellige und langwellige Strahlung:
http://www.esrl.noaa.gov/psd/data/gridded/data.ncep.reanalysis.html
• Niederschlag: http://www.esrl.noaa.gov/psd/data/gridded/data.gpcp.html
• Bodentopographie: http://topex.ucsd.edu/marine_topo/
3.3
Allgemeine Links zur Klimamodellierung
• Klimamodelle
• Wie funktionieren Klimamodelle?
3.4
Programmiersprachen
3.4.1
Allgemeine Hinweise
• Compiler-Sprachen: Der Quellcode muss „compiliert“ (übersetzt) werden, um ein
ausführbares Programm zu erhalten. Beispiele für Compiler-Sprachen sind Fortran,
C, C++, Java und Processing.
5
• Skriptsprachen: In Skriptsprachen wird der Code „interpretiert“ und kann sofort
ausgeführt werden. Variablen müssen nicht deklariert werden. Beispiele für Skriptsprachen sind MATLAB, Python und R.
Ein Programm in einer Skriptsprache ist in der Ausführung langsamer als ein compiliertes
Programm. Dafür lässt es sich viel einfacher und schneller entwickeln.
3.4.2
Python als Alternative zu MATLAB
Grundsätzlich kann man die Modellergebnisse auch mit Python darstellen, das im Gegensatz zu MATLAB lizenzfrei ist. Auf den PCs im Computerraum ist die „Enthought
Canopy“-Umgebung installiert, die für Angehörige einer akademischen Einrichtung kostenlos ist.
Das Verzeichnis MITgcm_lab/MITgcm_exp/Python enthält einige einfache PythonBeispielskripte, die die Endung .py aufweisen. Ein Python-Skript kann man im CanopyFenster oder auf der Kommandozeile mit dem Befehl run ausführen.
3.5
Modellbeschreibung
Aus der „Vogelperspektive“ verhält sich jedes numerische Modell wie ein „Filter“. Es liest
Daten ein, verarbeitet sie und gibt Daten aus (siehe Abbildung 1). Das MITgcm ist ein
Computermodell, dass die dreidimensionale Zirkulation der Atmosphäre oder des Ozeans
simulieren kann (es hat sich aus dem von Marshall et al. [1997] und Adcroft et al., 2004
vorgestellten Modell entwickelt). Zusätzlich enthält es dynamisches und thermodynamisches Meereismodell. Die hier benutzte Konfiguration beschränkt sich auf den Ozean.
3.5.1
Mathematische Gleichungen
• Das Modell ist so konfiguriert, dass es nur die Bewegungsgleichungen mit horizontaler Reibung löst. Die Randbedingung ist die tangentiale Schubspannung des Windes
an der Meeresoberfläche, Monatsmittel für den Febuar oder August (Scatterometer
Climatology of Ocean Winds, SCOW, Risien and Chelton, 2008)
3.5.2
Diskretisierung
• Das Modellgebiet erstreckt sich von 75° W bis 15° E und von 30° S bis 30° N im
Atlantischen Ozean.
• Die eigentlich kontinuierliche Wirklichkeit wird diskret dargestellt:
– Diskretisierung im Raum: Gitter des ozeanischen Modells mit Nx = 180 mal
Ny = 120 Gitterzellen und einer konstanten Auflösung von 0.5°.
– Diskretisierung in der Zeit: Ausgehend von einem Anfangszustand zu einer Anfangszeit werden die zu Grunde liegenden Differentialgleichungen über nTimeSteps
Zeitschritte bis zu einer Endzeit schrittweise gelöst („integriert“). Der Zeitschritt beträgt deltaTmom = 3600.0 s.
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Eingabe
Ausgabe
Computermodell
Abbildung 1: Numerisches Modell aus der „Vogelperspektive“
Experiment
run1a
run1b
run2a
run2b
run3a
run3b
run4a
run4b
Topographie
rechteckig
rechteckig
realistische Küstenlinie
realistische Küstenlinie
realistische Küstenlinie
realistische Küstenlinie
realistische Küstenlinie
realistische Küstenlinie
Windschubspannung
Februar
zonal gemittelt
August
zonal gemittelt
Februar
zonal gemittelt
August
zonal gemittelt
Februar
realistische Verteilung
August
realistische Verteilung
monatlich realistische Verteilung
monatlich realistische Verteilung,
um 5° nach S verschoben
Tabelle 2: Experimente
3.5.3
Durchgeführte numerische Experimente
• Die Eingabedaten für die verschiedenen Exxperimente der Tabelle 2 finden sich in
Tabelle 3.
• Auf einem PC im Computerraum GEO 4440 beträgt der Zeitbedarf für 10 Modelljahre bei einem einzelnen Prozess rund 22 min, bei zwei parallelen Prozessen rund
27 min.
3.6
Horizontale Stromfunktion
Mit Hilfe einer Stromfunktion lässt sich die Zirkulation in einer Ebene (zum Beispiel in
Nord-Süd- und Ost-West-Richtung) anschaulich darstellen. Eine Voraussetzung dafür ist,
dass die Strömung keine Quellen und Senken aufweist, also „divergenzfrei“ ist. Mathematisch ist die Stromfunktion Ψ wie folgt definiert:
u=−
∂Ψ
∂Ψ
,v =
.
∂y
∂x
• Man kann also die Stromfunktion durch eine Integration der Strömungsgeschwindigkeit berechnen.
• Im Fall einer horizontalen Strömung kann man die meridionale Geschwindigkeitskomponente v über die geographische Länge x von West nach Ost oder umgekehrt
integrieren.
• Die Stromlinien entsprechen Linien gleichen Wertes der Stromfunktion, analog den
Höhenlinien in einer topografischen Karte. Die Richtung der Strömung ist parallel zu
den Stromlinien. In den meisten Fällen gilt die Vereinbarung, dass für positive Werte
der Stromfunktion die Zirkulation im Uhrzeigersinn erfolgt, für negative Werte gegen
den Uhrzeigersinn.
7
8
topog_rectangular.bin
topog_with_coastline.bin
topog_with_coastline.bin
topog_with_coastline.bin
topog_with_coastline.bin
topog_with_coastline.bin
topog_with_coastline.bin
run1b
run2a
run2b
run3a
run3b
run4a
run4b
Windschubspannung
scow_taux_february_zonal_average_v1.bin
scow_tauy_february_zonal_average_v1.bin
scow_taux_august_zonal_average_v1.bin
scow_tauy_august_zonal_average_v1.bin
scow_taux_february_zonal_average_v1.bin
scow_tauy_february_zonal_average_v1.bin
scow_taux_august_zonal_average_v1.bin
scow_tauy_august_zonal_average_v1.bin
scow_taux_february.bin
scow_tauy_february.bin
scow_taux_august.bin
scow_tauy_august.bin
scow_taux_monthly.bin
scow_tauy_monthly.bin
scow_taux_monthly_shifted.bin
scow_tauy_monthly_shifted.bin
Tabelle 3: Eingabedaten
Topographie
topog_rectangular.bin
Experiment
run1a
3.7
Erste Hinweise für die Auswertung
• Formulierung von Fragestellung und Hypothese im übergeordneten Zusammenhang
der Projektübung „Sedimentkern“
• Auswahl und grafische Darstellung geeigneter Modellergebnisse
3.8
Ergänzungen
Siehe Dietrich et al. [1975], Hartmann [1994, Kapitel 7], Stocker [2008, Kapitel 8]. Die
folgenden Ausführungen gehen auf Dietrich et al. [1975] zurück.
3.8.1
Hydrodynamisches Gleichungssystem
• Ziel ist, den Bewegungsablauf im Meer zu beschreiben
– Bewegungsgleichungen
– Kontinuitätsgleichung
– Wärmeleitungsgleichung und Diffusionsgleichung
– Zustandsgleichung des Meerwassers
• Bewegungsgleichungen
– Beschleunigung = Kraft pro Masseneinheit
– Wesentliche Kräfte, die auf der rotierenden Erde auftreten:
∗
∗
∗
∗
∗
Druckgradientenkraft
Reibungskraft
Gezeitenkräfte
Ablenkende Kraft der Erdrotation (Coriolis-Kraft)
Schwerkraft
• Kontinuitätsgleichung
– Massenerhaltungssatz: Masse kann weder gewonnen noch verloren werden
• Wärmeleitungs- und Diffusionsgleichung
– Temperaturunterschiede gleichen sich aufgrund der Wärmeleitung aus
– Salzgehaltsunterschiede gleichen sich durch Diffusion aus
• Zustandsgleichung
– Dichte des Meerwassers ist eine Funktion von Salzgehalt, Temperatur und
Druck
– Man verwendet entweder die in situ-Temperatur oder die potentielle Temperatur
∗ die Temperatur, die ein Wasserelement annähme, wenn es ohne Wärmeaustausch mit seiner Umgebung zur Oberfläche gebracht würde
• Direkte numerische Lösung des hydro-themodynamischen Gleichungssystems
9
– Bei der numerischen Integration des hydro-themodynamischen Gleichungssystems wird von einem Anfangszustand ausgegangen
– Der Anfangszustand kann realistisch (aus ozeanographischen Beobachtungsdaten gewonnen) oder mehr oder minder idealisiert sein.
∗ Unter Einwirkung der äußeren Kräfte führt die Intregation nach hinreichend langer Zeit zu einem quasistationären Endzustand.
∗ Dieser Endzustand hängt unter Umständen von den Anfangswerten ab
(mehrfache Gleichgewichtszustände)
• Unsicherheiten
– Dietrich et al. stellen die beiden folgenden Vorgänge heraus, die für die Beschreibung der allgemeinen Zirkulation des Ozeans von fundamentaler Bedeutung, aber noch weitgehend unbekannt sind:
∗ Turbulenz und Vermischung im Inneren des Meeres
∗ Wechselwirkungen an der Grenzfläche Ozean-Atmosphäre
– Zumindest, was Turbulenz und Vermischung im Inneren des Meeres angeht,
gibt es nach wie vor große Unsicherheiten.
• Vermischung
– Wenn die kinetische Energie größer ist als die gegen die Dichteschichtung
zu leistende Arbeit, dann wird das Wasser turbulent durchmischt und in den
homogenen Zustand überführt
– Andernfalls erlischt die Turbulenz und die Dichteschichtung bleibt bestehen
• Randbedingungen gelten an der Meeresoberfläche:
–
–
–
–
–
4
Luftdruck und tangentiale Schubspannung des Windes
Bewegung der Meeresoberfläche
Wärmezufuhr
Niederschlag und Verdunstung
bewirken Salzgehaltsunterschiede, Temperaturunterschiede, Strömungsunterschiede und Druckschwankungen.
Anhang: Aufbau eines Vortrags über die paläozeanographische Modellierung
Die klassische Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit ist:
1. Einleitung
2. Methode
3. Ergebnisse
4. Diskussion
5. Schlussfolgerungen
Diese Gliederung liegt auch einem Vortrag zu Grunde.
10
4.1
Einleitung
Wie lauten die Fragestellung und die Hypothese?
• Wichtig: Erarbeiten Sie zunächst eine Fragestellung, die Sie im Rahmen des Sedimentkernpraktikums untersuchen wollen, und stellen Sie eine Hypothese auf, die sie
mit einem Klimamodell testen wollen.
• Künden Sie die Klimamodellierung bereits als Ihre Methode an.
4.2
Methode
Ihre Methode ist die numerische Modellierung.
• Was ist ein Klimamodell? (kurz und knapp erklären)
• Welche Klimamodelle wurden verwendet?
• Kurze Beschreibungen des Modells: Welche Komponenten waren enthalten? Wie
war die Auflösung des Modellgitters? Wie groß war der Zeitschritt? Wie lang war
die Laufzeit? Wieviel CPU-Zeit wurde benötigt?
• Welche Experimente wurden durchgeführt?
• Vorschlag: Wählen Sie jeweils das Kontrollexperiment und ein Empfindlichkeitsexperiment. Worin unterschieden sich die Experimente? Welche Randbedingungen
wurden gewählt? Interne Bezeichnungen der Experimente („run1a“, usw.) nicht nennen.
4.3
Ergebnisse
Graphische Darstellung und Beschreibung der Ergebnisse (Kontrollexperiment, Empfindlichkeitsexperimente)
• Woher kommen die „Daten“? Hier stammen die „Daten“ aus dem Modell = Modellergebnisse. Modelldaten und Beobachtungsdaten sauber unterscheiden. Besser
von „Modellergebnissen“ als von „Daten“ sprechen
• Falls Anomalien (Differenzen) gezeigt werden: Auf welches Experiment wird die
Anomalie bezogen? (Beispiel: „LGM minus vorindustriell“)
• Falls horizontale Strömung/Windfeld gezeigt wird, erklären: Richtung der Vektoren
entspricht Strömungs-/Windrichtung, Länge entspricht Strömungs-/Windgeschwindigkeit
(kann auch als Farbe hinterlegt werden)
• Falls die meridionale Umwälzbewegung erläutert wird (trifft auf barotropes Ozeanmodell nicht zu): vielleicht zuvor horizontale Strömung in einer oberflächennahen
Schicht (k=2) zeigen Zur leichteren Verständlichkeit: Pfeile anbringen für Einstrom
an der Oberfläche („Golfstrom“/“Nordatlantikstrom“), Tiefenwasserbildung und Ausstrom in der Tiefe („tiefer westlicher Randstrom“)
4.4
Diskussion
Vergleich mit Daten, anderen Modellergebnissen aus der Literatur
11
4.5
Schlussfolgerungem
Bis zu welchem Grad wird die Hypothese gestützt? Die Folie sollte zuletzt stehen bleiben.
Eine „Danke“-Folie ist nicht nötig.
5
Anhang: Das Klima der Erde im letzten Hochglazial
Wie unterscheidet sich vermutlich das Klima im letzten Hochglazial von dem des gegenwärtigen Interglazials bezüglich (1) des atmosphärischen Wärmetransports/der Verteilung
der Lufttemperatur nahe der Meeresoberfläche und (2) des atmosphärischen Feuchtetransports (der Wasserdampfverfrachtung in der Atmosphäre)/der Verteilung des Süßwasserflusses (Differenz Niederschlag-Verdunstung) an der Meeresoberfläche? Welche Faktoren
beeinflussen vermutlich die Symmetrie des eiszeitlichen Klimas zwischen Nord- und Südhalbkugel?
• Zeitraum des letzten Hochglazials (“Last Glacial Maximum”, LGM): 23.000 bis
19.000 Jahre vor heute (BP = before present, bezogen auf das Jahr 1950 n. Chr.)
– Die bodennahe Lufttemperatur war niedriger (um wieviel?).
– Die Lufttfeuchtigkeit war geringer (um wieviel?).
– Der Temperaturunterschied zwischen niedrigen und hohen Breiten war größer
(um wieviel?).
• Ursachen eiszeitlichen Klimawandels
– Veränderungen des globalen Strahlungshaushalts, unter anderem durch eine
andere Zusammensetzung der Atmosphäre
∗ Geringere Anteile der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2 ) und Methan
(CH4 )
– Bereiche in Polnähe waren vereist
– Vermutete Änderungen in der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre und des
Ozeans
∗ Abschwächung der westlichen Randströme Golfstrom und Kuroschiu
∗ Abschwächung oder Verflachung der meridionalen Umwälzbewegung
• Rolle der Erdbahngeometrie
– Die Erdbahngeometrie und damit die Sonneneinstrahlung am Außenrand der
Atmosphäre waren im letzten Hochglazial nahezu so wie heute.
– Schwankungen in der Erdbahngeometrie waren aber vermutlich verantwortlich
für den Eintritt der Erde in eine Eiszeit (also ein Glazial) um rund 115.000
Jahren vor heute (sowie generell für das periodische Auftreten von Glazialen
und Interglazialen im Quartär).
12
Literatur
Alistair Adcroft, Chris Hill, John Marshall, and Patrick Heimbach. Overview of the formulation and numerics of the mit gcm. In Proc. of the ECMWF Seminar Series on
Numerical Methods, Recent Developments in Numerical Methods for Atmosphere and
Ocean Modelling, pages 139–149. ECMWF, 2004.
Günter Dietrich, Kurt Kalle, Wolfgang Krauss, and Gerold Siedler. Allgemeine Meereskunde. Eine Einführung in die Ozeanographie. Gebrüder Bornträger, Berlin, Stuttgart,
1975.
Dennis L. Hartmann. Global Physical Climatology. Academic Press, San Diego, 1994.
John Marshall, Alistair Adcroft, Chris Hill, Lev Perelman, and Curt Heisey. A finite-volume,
incompressible Navier Stokes model for studies of the ocean on parallel computers.
Journal of Geophysical Research, 102(C3):5753–5766, 1997.
Open University Oceanography Course Team. Ocean Circulation. Open University, Milton
Keynes, England, 2nd edition, 2001.
Craig M. Risien and Dudley B. Chelton. A global climatology of surface wind and
wind stress fields from eight years of quikscat scatterometer data. Journal of Physcial Oceanography, 38:2379–2413, 2008. doi: 10.1175/2008JPO3881.1. URL http:
//dx.doi.org/10.1175/2008JPO3881.1.
Thomas F. Stocker. Einführung in die Klimamodellierung. Lecture Notes, page 146 pp.,
2008. URL http://www.climate.unibe.ch/~stocker/papers/stocker08EKM.
pdf.
Matthias Tomczak and J. Stuart Godfrey. Regional Oceanography: An Introduction. Pergamon, Oxford, England, 1994. URL http://www.es.flinders.edu.au/~mattom/
regoc/pdfversion.html.
Hans von Storch, Stefan Güss, and Martin Heimann. Das Klimasystem und seine Modellierung. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 1999.
13