Grundübungen als Basis des Trainingsplans - one2one

Grundübungen
als Basis
des Trainingsplans
Jetzt 80 Prozent des Erfolges sichern
Als (Krafttrainings-)Einsteiger ist man häufig überfordert, angesichts der vielen Geräte und
möglichen Übungen in einem Fitness-Studio. Aber auch der fortgeschrittene Athlet sollte
sich immer wieder vor Augen führen, welche Übungen diejenigen sind, die 80 Prozent des
Erfolges ausmachen. Die Rede ist von den sogenannten Grundübungen. Und das sind nur
eine Hand voll. Die übrigen Übungen dienen als ergänzende Nebenübungen zur gezielten
Bekämpfung von Schwachstellen aus optischen Gründen oder zu Rehazwecken.
Grundübungen kommen ohne extra Maschinen (maximal
eine Hantelablage oder eine Bank) aus und beziehen
durch ihre Komplexität viele unterschiedliche Muskeln und
eine insgesamt große Muskelmasse ein.
Daher verbrauchen Sie auch mehr Energie in Form von Kalorien bei der Ausübung und im anschließenden Nachbren-
neffekt. Sie sind mehrgelenkig (im Vergleich zu den meisten eingelenkigen Isolations- und Maschinenübungen)
und stellen neben reinem Kraft- auch ein Koordinationsund häufig auch ein Herz-Kreislauf-Training dar. Sie fördern
die optimale Ausschüttung von Wachstumshormonen und
lassen sich mit etwas Übung bald mit vergleichsweise ho-
Kreuzheben (Deadlift)
Langhantelrudern
Standbreitenvariation vom engen Stand mit Außengriff
bis zum breiten Sumo-Kreuzheben mit Innengriff, Griffbreite, unterschiedliche Hüfttiefe beim Heben bis hin
zum Heben mit fast gestreckten Beinen ohne Knieeinsatz (rumänisches Kreuzheben, siehe Abbildung).
Oder exotische Varianten wie einbeiniges/einarmiges
Kreuzheben bzw. Koffer-Kreuzheben oder Trap-Bar-Heben ausprobieren.
Neben dem klassischen Langhantelrudern, welches sich
insbesondere durch unterschiedliche Griffbreiten und
Griffstellungen (gerade Stange, SZ-Stange) sowie unterschiedlicher Vorneige der Oberkörpers variieren lässt,
zähle ich auch Alternativen wie T-Bar-Row, einarmiges
Bankrudern oder sitzendes Rudern am Kabelzug ebenfalls zu den Grundübungen. Letzteres lässt sich auch
wunderbar durch unterschiedliche Griffstücke variieren.
Autor
Peer Feddersen,
Jahrgang 1972 aus Karlsruhe, Hauptberuf im Bankensektor, ist mehrfach lizensierter Fitness-, Reha- und
Personal-Trainer, Indoor-Cycling-Instructor und Kursleiter. Nach aktiver Zeit im
Kampf-, Tanz- und Laufsport
ist er seit 2004 als selbständiger Coach in der
1:1-Betreuung und im Kursbereich tätig. Er schreibt in
unregelmäßigen Abständen
in seinem Blog unter www.
one2one-training.de
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training
hem Gewicht ausführen. Alternativ lässt sich mit Grundübungen und deren Abwandlungen auch ein wirksamer
Kraftausdauer- oder HIIT-Zirkel (HIIT = Hochintensives Intervalltraining) realisieren. Lediglich bei Hebeübungen
wäre ich in diesem Zusammenhang vorsichtig und würde
das von einigen weiteren Faktoren abhängig machen.
Die Grundübungen sind:
❯Kreuzheben
❯Langhantelrudern
❯Kniebeugen und Ausfallschrittkniebeugen
❯Bankdrücken
❯Schulterdrücken
❯Klimmzüge
❯evtl. Dips
Diese Übungen gehören in jedes Trainingsprogramm, und
zwar immer und konsequent. Auch nur eine der Grundübungen auf lange Zeit ohne triftigen Grund komplett auszusetzen bedeutet, die Qualität des Trainings massiv herabzusetzen. Das gilt für jede Frau und jeden Mann, in jedem Alter und für jedes Ziel. Spätestens sobald Sie sich
eine gewisse Grundfitness erarbeitet haben, nach einem
bis drei Monat(en) allgemeinem Training der Kraft und Ausdauer, sollten Grundübungen einen festen und möglichst
hohen Bestandteil Ihres Trainings ausmachen.
Grundübungen werden nach dem Aufwärmen am Anfang
des Trainings ausgeführt, da sie die meiste Muskelmasse
einbeziehen und damit die höchsten Anforderungen an
Herz-Kreislauf-System, Motivation, Konzentration, Kraftreserven und Nervensystem stellen. Grundsätzlich kann das
komplette Training mit schweren Grundübungen gestaltet
werden. Beispielsweise ein alternierender Ganzkörperplan
(zwei bis drei unterschiedliche Pläne, die sich abwechseln)
mit jeweils einer Hebe- oder Beugeübung, einer Druckübung, einer Zugübung, davon mindestens vier Sätze mit
ordentlich Gewicht und vorausgehenden Aufwärmsätzen.
Das wäre schon ein guter Plan zum Kraft- und Muskelaufbau bzw. zur Körperstraffung. Ergänzen kann man das Ganze bei Bedarf mit Isolationsübungen und Gerätetraining,
um Schwachstellen auszumerzen oder optische Aspekte
besonders herauszuarbeiten, oder natürlich mit der einen
oder anderen weiteren Grundübung. Allerdings kann das
auch schnell zu viel des Guten werden, da nicht jeder 20
Sätze schwere Grundübungen am Stück verträgt.
So ist es auch gar nicht verkehrt, z. B. besonders die PoMuskulatur als wichtigsten Hüftstrecker im Rahmen der einen oder anderen Nebenübung (Hyperextensions, Hip
Thruster, Glute Bridge, Pendelvarianten, Abduktoren) isoliert zu trainieren, um langfristig eine bessere Performance
bei Kniebeugen zu erlangen oder andere Isolationsübungen zur Intensitätssteigerung einzubauen, wenn die Energie für weitere schwere Grundübungen nicht mehr ausreicht, oder auch einfach zur Abwechslung. Sobald diese
Nebenübungen aber mehr als die Hälfte der Trainingszeit
ausmachen, machen Sie meiner Ansicht nach definitiv etwas falsch! Das Schöne an den Grundübungen ist: sie
sind fast unendlich variierbar und werden daher kaum
langweilig!
Von diesem Variationsspektrum sollten Sie auch hin und
wieder Gebrauch machen. Es kommt nicht darauf an, ständig andere Varianten einer Übung zu vollführen, aber bereits minimale Veränderungen der Griff- oder Standbreite
zwischen den Sätzen erzeugen schon andere Reize und kitzeln so noch etwas mehr aus Ihrem Training heraus.
Klassisches Kreuzheben
Kniebeuge (Squat)
Standbreite von Hüftbreit bis deutlich über Schulterbreit, Ablage der Hantel eher hoch auf dem Nacken (nie auf den Hals!)
bis tief in den Rücken mit daraus resultierender anderer Ausführung, was Vorneige und Gelenkwinkel angeht, oder Frontkniebeuge vs. klassische Backsquat, bis hin zu einbeinigen Varianten (z. B. Pistol Squat mit dem eigenen Körpergewicht)
oder exotischen Variationen (z. B. Jefferson Squat, Goblet Squats mit Kettlebell, Überkopfkniebeugen).
Variante > Ausfallschrittkniebeugen (Split Squats und Lunges): Unterschiedliche Schrittgröße, statisches Heben und
Senken (Split Squats) mit unterschiedlicher Ablagehöhe der Füße (z.B. mit hinterem Fuß auf einer Bank) oder Schrittbewegung in den Ausfallschritt (Lunges) nach hinten oder vorne und zurück in den Stand bis hin zu gelaufenen „Walking“ Lunges, Langhantel auf dem Nacken oder Kurzhanteln in den Händen bzw. Nutzung einer Multipresse.
Walking Lunges
Bulgarian
Split Squats
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Fazit für Überflieger:
Zusätzlich kann stets über den Bewegungsumfang variiert werden, was unterschiedliche Lasten und Technikarbeit zulässt. Ich empfehle
aber meistens den vollen, physiologisch möglichen Bewegungsumfang auszuführen, sofern
keine anderen Ziele oder Einwände dagegen
stehen. Man kann es aber auch übertreiben.
Verlieren Sie sich nicht in ständiger Variation
um der Variation Willen. Gerade in der Anfangszeit lernen Sie erst einmal eine klassische Ausführung, entwickeln dort eine gute
Basiskraft und beginnen Sie dann nach Lust
und Laune, das Training zu variieren.
Ich selbst beschränke mich zum Beispiel in
aller Regel für den Unterkörper auf klassische
Kniebeugen schulterbreit mit mitteltiefer Abla-
ge und Frontkniebeugen, klassisches Kreuzheben und rumänisches Kreuzheben, Bulgarian
Split Squats und Walking Lunges. All diese
Übungen führe ich meistens mit der mir ureigenen und bequemen Stand-, Schritt- und
Griffweite aus. Richtung Oberkörper sieht es
bei mir so aus: beim Bankdrücken variiere ich
die Körperlage (Decline Bench, Flachbank)
und die Ausführung mit Lang- und Kurzhanteln, beim Schulterdrücken die Griffbreite an
der Langhantel und gelegentliches KurzhantelSchulterdrücken, beim Klimmziehen wechsle
ich zwischen unterschiedlichen Griffbreiten
und damit zwischen Parallel- und Obergriff ab.
Und in puncto Rudern liebe ich alle möglichen
Ausführungen mit Langhanteln, Kurzhanteln,
Kabelzügen und auch Maschinen.
Eine Gemeinsamkeit aller Grundübungen ist
im Übrigen, dass man die Übungsausführung
erst einmal erlernen muss. Ich will hier keine
Doktorarbeit über richtiges Kniebeugen
schreiben, aber bei jeder Übung, mit der
schwere Lasten bewegt werden, gibt es ein gewisses Verletzungsrisiko. Es ist daher sinnvoll,
einen erfahrenen Trainer bei den ersten Gehversuchen mit neuen Grundübungen dabei zu
haben. Sinnvollerweise sollten gerade die
Grundübungen auch hin und wieder in der
Ausführung kontrolliert werden.
Bankdrücken
Klimmzüge
Dips
Griffbreite bis hin zum Engbankdrücken, Langhantel- und Kurzhantelbankdrücken, unterschiedliche Positionen der Bank (z.B. Decline
Bench, bei der der Kopf am tiefsten liegt).
Unterschiedliche Griffbreiten, Obergriff,
Untergriff, neutraler Griff, schräge Griffvarianten, gestreckter Körper, Hüfte angewinkelt, mit und ohne Zusatzgewicht, gerader
Zug oder Zug in Richtung rechter oder linker
Hand.
Bei (Barren-) Dips ist Variation in erster Linie
durch mehr oder weniger starke Oberkörpervorneige möglich, wobei die Zielmuskulatur
verstärkt von Brust auf Trizeps verlagert wird,
sowie durch unterschiedliche Ausführung als
Bank- oder Ringdips (siehe Abbildung).
Wechsel der Übungen an, wie z. B. Plan 1 mit
Frontkniebeugen und rumänischem Kreuzheben, Plan 2 mit klassischen Kniebeugen und
bulgarischen Split Squats und Plan 3 mit klassischem Kreuzheben und Walking Lunges als
Startübungen für Beine, Po und unteren Rücken. Die Trainingsplanerstellung ist aber nochmal ein ganz anderes Thema und soll hier
nicht weiter ausgearbeitet werden. Falls Sie
diesbezüglich Beratung suchen: Sprechen Sie
einen kompetenten Trainer in Ihrem Studio an.
Schulterdrücken
Hier liegt die Hauptvariationsmöglichkeit in
der Griffbreite oder in der komplett anderen
Ausführung (Handstandliegestütze, Langhantel oder Kurzhanteln).
❯Grundübungen sind gut. Für alle. Auch für
Frauen. Und für jedes Ziel. Nicht nur zum
Muskelaufbau. Auch zur „Körperstraffung“ und zum Abnehmen. Sie sind die
Basis eines guten Trainings.
❯Grundübungen sind für eine schwere Ausführung im niedrigen Wiederholungsbereich genauso geeignet wie für ein Training im mittleren Hypertrophie- bzw.
„Muskelaufbau“-Bereich.
Wollen Sie damit ein Herz-Kreislauf-Training/HIIT durchführen, machen Sie ebenfalls die eine oder andere Grundübung
oder eine Abwandlung. Nur schneller und
leichter.
❯Grundübungen muss man erlernen. Insbesondere Kniebeugen und Kreuzheben
bergen ein gewisses Risikopotenzial. Ein
erfahrener Trainer weiß Unfälle aber zu
verhindern und lehrt Sie die korrekte
Technik.
Ich hoffe, mit diesem Artikel einen Denkanstoß gegeben zu haben in Richtung „Mehr
Grundübungen“ und vielleicht haben Sie ja
auch die eine oder andere Variationsmöglichkeit für Ihr „eingestaubtes“ Training gefunden.
Bilder: fitwirr.com; goodpixgallery; Shutterstock © Andresr, ©baranq, ©Dmitry Melnikov, ©eldar nurkovic,
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❯❯❯❯ Für abwechselnde Pläne bietet sich auch ein