Gesetzliche Bestimmungen im Wandel

Datum: 01.07.2015
Quellen- und Grenzgängersteuern
Gesetzliche Bestimmungen im Wandel
Beim Bundesgesetz über die Quellenbesteuerung steht eine Revision an und die geänderte
Expatriate-Verordnung tritt Anfang 2016 in Kraft. Auch in den umliegenden Ländern ist einiges
im Fluss. Was bedeuten diese Änderungen für die Lohnbuchhaltung und die HR-Praxis?
Von Brigitte Zulauf
II 167 konstatierte, dass steuerpflichtige
Möglichst viele Prozesse in Zukunft Personen mit Steuerwohnsitz Schweiz,
elektronisch abwickeln - vor dem welche nicht der Quellensteuer unterlieHintergrund dieses Auftrags an Bund und gen, und quellensteuerpflichtige PersoKantone entstanden die Änderungen der nen ungleich besteuert werden.
Quellensteuerverordnung, die seit dem
Was ändert sich?
1. Januar 2014 in Kraft sind. Die ÄndeWer in der Schweiz quellensteuerpflichrungen sollen die Einführung des einheit- tig ist und hier wohnt, kann in Zukunft
lichen Meldeverfahrens ELM unterstüt- nachträglich ordentlich veranlagt werzen, ein Standard, mit dem Arbeitgeber den. Dies soll auch für Quasi-Ansässige
Daten und Informationen mit privaten
Versicherern, Sozialversicherungsträgern
und Steuerämtern elektronisch austauschen.
Trotz einer Vereinheitlichung der Quellensteuertarife in den Kantonen wenden
diese die Tarife unterschiedlich an (z.B.
Kindertarif nur bei Familienzulagen, Tarife für Konkubinatspaare oder für den
Nebenerwerb). Diese heterogene Praxis
stellt die Unternehmen vor grosse Herausforderungen - und die angestrebte
Vereinheitlichung
infrage.
Ausserdem
Das ehemalige Kreisschreiben, das die
Zuständigkeiten regelte, wurde von der
Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK)
bereits ausser Kraft gesetzt. Das Bundes-
gesetz über die Quellenbesteuerung ist
allerdings noch anzupassen. Eine Revision
ist notwendig, da die Unternehmen und
Steuerpflichtigen Sicherheit in der Handhabung des Quellensteuergesetzes brauchen. Aktuell fliessen diverse Urteile von
gelten, also Quellenbesteuerte, die nicht
Bundes- und kantonalen Ebenen bereits
in der Schweiz ansässig sind und über
in die geltenden Quellensteuergesetze
90 Prozent ihrer gesamten Einkünfte in
und Verordnungen der Kantone ein. So
der Schweiz erzielen.
können etwa Quasi-Ansässige in einzelMehr Sicherheit ist gefragt
nen Kantonen schon heute eine SteuerMit dieser Regelung wird die Ungleichbe- erklärung einreichen.
handlung von quellensteuerpflichtigen
und ordentlich besteuerten Personen Parlament ist gefordert
beseitigt. Diese Ungleichbehandlung ist Die Gesetzesrevision wird zurzeit vom
gesetzlich begründet: Eine steuerpflich- Parlament behandelt. Damit der Wirttige Person mit einem Einkommen aus schaftsstandort Schweiz gestärkt wird,
unselbstständiger Tätigkeit ist in jenem müsste die Berechnung und Abwicklung
Kanton für die gesamte Steuerperiode der Quellensteuern für Unternehmen
geschieht die operative Umstellung bei steuerpflichtig, in dem sie am Ende der
ELM auf die Version 4.0 nicht einfach auf Steuerperiode ihren Wohnsitz hat - unabhängig davon, wann sie ihren steuerKnopfdruck.
rechtlichen Wohnsitzkanton gewechselt
Revision zielt auf Gleichstellung
einfacher werden. Zudem müssten auch
gesetzeskonforme Bestimmungen für
Nicht-Quasi-Ansässige in die Revision
Die geplante Gesetzesanpassung beruht
auf dem Bundesgerichtsentscheid vom
26. Januar 2010 (BGE 136 II 241). Darin
stellte das Bundesgericht fest, dass die
Schweizer Quellenbesteuerung in ge-
gelt werden.
einfliessen. Darüber hinaus sollten die
hat. Bei Quellensteuerpflichtigen hin- besonderen Berufskosten, die für ExpaDas geltende Bundesgesetz über die gegen steht jedem Wohnsitzkanton das triates gelten, auf Gesetzesstufe - und
Quellenbesteuerung wird nun revidiert. Besteuerungsrecht für die Dauer der nicht nur auf Verordnungsstufe - gereWohnsitzabhängigen Steuerpflicht zu.
Das kann zum Beispiel zu einem Nachteil
führen, wenn die Person von einem Hochin einen Tiefsteuerkanton zieht.
Die aktuelle Praxis gilt also als Verstoss
wissen Situationen gegen das zwischen
gegen das Gleichbehandlungsgebot des
der Schweiz und der Europäischen Union
Personenfreizügigkeitsabkommens und
abgeschlossene Personenfreizügigkeitssoll mit der Revision behoben werden.
abkommen verstösst. Auch der BGE 140
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Nur mit den zusätzlichen wünschenswerten Änderungen (siehe Aufzählung
im nebenstehenden Kasten) lässt sich
das Haftungsrisiko für Geschäftsleitung
und Verwaltungsrat reduzieren, denn
meistens sind keine Steuerexperten in die
Lohnberechnung involviert. Das Parlament sistiert die Vorlage besser nicht, was
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einzelne Parteien aufgrund der Masseneinwanderungsinitiative bereits angeregt
haben. Die Stolpersteine für Unternehmen sind aktuell zu gross.
Änderung mit Vorbildcharakter
Als Musterbeispiel für mehr Klarheit in
der Quellenbesteuerung gilt die steuerliche Gesetzesänderung zu den berufsbedingten Aus-, Weiterbildungs- und
respektive reduziert und restriktiver ge- Tatsache ist: Bei der Quellen- und Grenzhandhabt.
gängerbesteuerung auf dem ErwerbsEinzelne Kantone wenden die folgenden einkommen ist einiges im Umbruch. Die
Restriktionen schon heute mehrheitlich Unternehmen sind gut beraten, sich auf
an:
dem Laufenden zu halten und die neuen
Die doppelten Wohnungskosten in der Bestimmungen korrekt umzusetzen. DaSchweiz werden nur noch zugelassen, mit dies gelingt, sollten sie ihren Handwenn die Wohnung oder das Haus im lungsbedarf regelmässig analysieren und
Heimatland nach wie vor zur Verfü- entsprechende Massnahmen ergreifen.
gung steht.
Insbesondere sollten sich Unternehmen
Umzugskosten lassen sich nur geltend rechtzeitig mit den Neuerungen der remachen, wenn diese im direkten Zu- vidierten ExpaV-Fassung auseinandersetsammenhang mit dem Umzug stehen. zen. Dabei müssen sie ihre Reglemente
Die Schulkosten für Kinder werden auf Gesetzeskonformität prüfen und sich
restriktiver gehandhabt: Zugelassen auf entsprechende Anpassungen auch
sind nur noch Schulgelder, nicht aber budget- und prozessmässig vorbereiten.
Zusatzausgaben wie Schulbus oder Autorin
Umschulungskosten (siehe Artikel in der
Sonderausgabe «Weiterbildung» vom
März 2015). Diese tritt auf den 1. Januar
2016 in Kraft. Bezahlt der Arbeitgeber
berufsbedingte Aus-, Weiterbildungsund Umschulungskosten (ohne Erstausbildung), ist der Arbeitnehmer für diese
nicht steuerpflichtig und somit ist auf dieKleidung. Die Einschränkung, dass die
sen Leistungen auch keine Quellensteuer
öffentliche Schule aufgrund der Fremdgeschuldet.
sprache nicht besucht werden kann,
Revision der Expatriate-Verordnung bestand im Grundsatz schon vorher.
Am 1. Januar 2016 setzt das Eidgenös- Unterschiedliche Auslegung
sische Finanzdepartement die revidierte
Expatriate-Verordnung (ExpaV) in Kraft.
Diese definiert die Gruppe der Expatriates enger und grenzt den betroffenen
Personenkreis ein:
Brigitte Zulauf ist Partner
bei PwC. Neben der Ge-
samtverantwortung für
den Bereich Treuhand
Schweiz ist sie vor allem
für die Weiterentwicklung
Aktuell wird die ExpaV von den Kantonen der Dienstleistungen rund
noch sehr unterschiedlich ausgelegt. Wir
gehen davon aus, dass diese Unterschie-
de auch in Zukunft bestehen bleiben -
1
Wer gilt als Expatriate?
Neu gilt als Expatriate im steuerlichen Sinne, wer effektiv als leitender Angestellter
oder Spezialist von seinem ausländischen
Arbeitgeber - innerhalb der gleichen Firmengruppe - vorübergehend, für maximal fünf Jahre, in die Schweiz entsandt
wird.
Nach der Revision der ExpaV kann der Ar-
beitnehmer im Rahmen der besonderen
Berufskosten weiterhin gewisse Abzüge
geltend machen, wenn er die Kosten
selber tragen muss. Die durch den Ar-
gerade zwischen der Romandie und der
Deutschschweiz. Die Folgen der Revision
sind bereits jetzt absehbar: Die Änderungen der ExpaV werden in vielen Fällen zu
Mehrkosten für die Unternehmen und zu um die Abwicklung von Lohnbuchhaltung
einer höheren Besteuerung der betroffe- verantwortlich. Zudem ist sie als Autorin und
nen Arbeitnehmer führen.
Referentin tätig.
Steuerpflichtige, die vor dem 1. Januar
HR-Tool online
2016 als Expatriates qualifiziert wurden,
behalten diesen Status, bis die Frist ihrer
Übersicht Berechnungsarten
Berechnungsarten der
der
Übersicht
Entsendung abläuft. Allerdings gelten
Quellensteuer in
in den
den Kantonen
Kantonen
Quellensteuer
auch für sie die neuen Regeln über die
Diese Übersicht gibt
gibt Ihnen
Ihnen einen
einen Einblick
Einblick
in die kantonalen Unterschiede
Unterschiede bei
bei der
der
Definition der besonderen Berufskosten
beitgeber bezahlten Leistungen bleiben ab 1. Januar 2016 - also die strikteren
grundsätzlich ohne Steuerfolgen. Aller- Bedingungen.
dings werden sie teilweise eingeschränkt
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Quellensteuerberechnung.
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Handlungsbedarf für Unternehmen
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Zwei neue Doppelbesteuerungsabkommen
Schweiz und Liechtenstein
Am 2. Februar 2015 haben die Schweiz und Liechtenstein ihre Verhandlungen über ein
neues Doppelbesteuerungsabkommen beendet. Dieses will die Doppelbesteuerung von
Einkommen und Vermögen vermeiden in Anlehnung an die Empfehlungen der OECD. Das
Besteuerungsrecht von Grenzgängern im Ansässigkeitsstaat wird jedoch beibehalten. Das
neue Abkommen gilt voraussichtlich ab 1. Januar 2017 und soll das bisherige ersetzen.
Schweiz und Italien
Die Schweiz und Italien haben am 23. Februar 2015 das Änderungsprotokoll und einen Fahrplan mit Eckdaten und Verpflichtungen zu Schlüsselthemen der bilateralen Beziehungen im
Steuer- und Finanzbereich unterzeichnet. Damit haben sich die beiden Länder über die künftige Zusammenarbeit in Steuerfragen geeinigt. Das Protokoll wird den eidgenössischen Räten
zur ordentlichen Genehmigung vorgelegt und unterliegt dem fakultativen Referendum. Anwendbar wird es nach der Inkraftsetzung für Tatbestände ab dem Tag der Unterzeichnung.
Das neue Abkommen verpflichtet die Schweiz zur Amtshilfe. Italienische Steuerpflichtige mit
Geld auf einem Schweizer Konto können ohne höhere Busse am italienischen Selbstanzeigeprogramm mitmachen. Der Fahrplan sieht unter anderem vor, dass Grenzgänger künftig
in beiden Ländern besteuert werden. Neu sind Grenzgänger im Arbeitsstaat beschränkt
steuerpflichtig und werden vom Ansässigkeitsstaat ordentlich besteuert. Der Anteil im Staat
des Arbeitsortes beträgt maximal 70 Prozent des Quellensteuertotals. Bisher haben die italienischen Grenzgänger ihre Steuern vollumfänglich in der Schweiz bezahlt. Dabei haben
die Kantone rund 40 Prozent an die Wohnsitzgemeinden überwiesen. Das Abkommen zur
Besteuerung von Grenzgängern zwischen Italien und der Schweiz soll noch dieses Jahr finalisiert werden. Das Inkrafttreten ist noch offen und hängt vom Verlauf der Verhandlungen ab.
4
e
Engere Definition: Die Gruppe der Expatriates wird im Zuge der Verordnungsrevision neu definiert.
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Revision des Bundesgesetzes über die Quellenbesteuerung
Was die Revision bereits enthält:
Die Botschaft zum Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens regt unter anderem die folgenden Änderungen an:
Der Arbeitgeber muss direkt mit jedem Wohnsitzkanton abrechnen.
Die Zuständigkeit der Kantone wird einzeln geregelt.
Die Haftungsbedingungen des Arbeitgebers werden verschärft - analog der AHV.
Die Bezugsprovision wird in allen Kantonen auf 1 Prozent gekürzt.
Die Arbeitgeber müssen der quellensteuerpflichtigen Person jährlich eine Bescheinigung
über die ausgerichteten Leistungen, den Quellensteuerabzug und den angewandten
Tarif aushändigen.
Für quellensteuerpflichtige Personen, die nachträglich der ordentlichen Veranlagung
unterliegen, gilt generell das Zuzugsprinzip.
Tarifkorrekturen zur nachträglichen Geltendmachung zusätzlicher Abzüge bei der
Bemessungsgrundlage werden nicht mehr möglich sein.
Was in der Revision noch fehlt:
Der Arbeitgeber muss direkt mit jedem Wohnsitzkanton abrechnen. Dies bedingt unterschiedliche Berechnungen, Verfahren und Regeln und ist für ein Unternehmen unzumutbar. Eine Vereinheitlichung oder Vereinfachung von Berechnungsregeln, Deklaration
und Verfahren ist anzustreben. Ein Vorschlag wäre, in allen Kantonen die Quellensteuerberechnung basierend auf Monatstarifen vorzunehmen. Der Arbeitgeber soll sich nicht
mit 26 verschiedenen kantonalen Regeln auseinandersetzen müssen. Die Umsetzung in
den Lohnprogrammen ist zudem einfacher.
Der Arbeitgeber braucht einheitliche Quellensteuerberechnungsregeln generell und
inbesondere auch für Zahlungen, die anfallen, wenn ein Arbeitnehmer aus dem Unternehmen austritt oder die Schweiz verlässt.
Die Bezugsprovision zu vereinheitlichen ist sinnvoll. Allerdings sollte sie nicht auf
1 Prozent gekürzt werden, da dem Arbeitgeber nach wie vor ein beachtlicher Aufwand
entsteht.
Die Quellensteuerabzüge auf der Lohnabrechnung separat auszuweisen und die
Bescheinigung auf dem Lohnausweis sollten als Arbeitgeberverpflichtung reichen.
Der Versand von Tarifverfügungen gehört ins Pflichtenheft sämtlicher kantonaler
Steuerbehörden.
Bei Nicht-Quasi-Ansässigen sollten mindestens Tarifkorrekturen und effektive, berufsbedingte Abzüge aus der Tätigkeit in der Schweiz möglich sein. Dies ist in der Vorlage
zurzeit nicht vorgesehen.
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