Program as PDF - Staatskapelle Dresden

SAISON 2015 2016
18.10.15
1. KAMMERABEND
S O N N TAG 18 .10 .15 11 U H R
I SEMPEROPER DRESDEN
1. KAMMERABEND
I M R A H M E N D E R R I C H A R D - S T R AU S S -TAG E D E R S E M P E R O P E R ( A L S M AT I N E E )
Mitwirkender Gast
Michael Schöch Klavier
Ausführende
Robert Oberaigner Klarinette
Susanne Branny Violine
Michael Horwath Viola
Titus Maack Violoncello
3. ... und wieder zuckt es
schmerzlich Florestan um die
Lippen – Feroce, agitato
4. Fragment (eine Wolke war ich,
jetzt scheint schon die Sonne) –
Calmo, scorrevole
5. I n der Nacht – Presto
6. A bschied (Meister Raro entdeckt
Guillaume de Machaut) – Adagio,
poco andante
Robert Oberaigner, Michael Horwath
und Michael Schöch
Robert Schumann
PROGRAMM
Robert Schumann
(1810 -18 5 6)
Fantasiestücke für Klavier
und Klarinette op. 73
1. Zart und mit Ausdruck
2. Lebhaft, leicht
3. Rasch und mit Feuer
Michael Schöch und
Robert Oberaigner
»Märchenerzählungen« op. 132
vier Stücke für Klarinette, Viola
und Klavier
1. Lebhaft, nicht zu schnell
2. Lebhaft und sehr markiert
3. Ruhiges Tempo, mit zartem
Ausdruck
4. Lebhaft, sehr markiert
Robert Oberaigner, Michael Horwath
und Michael Schöch
PAU S E
György Kurtág
Richard Strauss
(*19 2 6)
(18 6 4 -194 9)
Hommage à R. Sch. op. 15d (1990)
für Klarinette, Viola und Klavier
1. Merkwürdige Pirouetten
des Kapellmeisters
Johannes Kreisler – Vivo
2. Eusebius: Der begrenzte Kreis … –
Molto semplice, piano e legato
Klavierquartett c-Moll op. 13
1. Allegro
2. Scherzo
3. Andante
4. Vivace
Susanne Branny, Michael Horwath,
Titus Maack und Michael Schöch
ZUM PROGRAMM
»Sehr fleißig war ich in dieser ganzen Zeit – mein fruchtbarstes Jahr war es – als
ob die äußern Stürme den Menschen mehr in sein Inneres trieben, so fand ich nur
darin ein Gegengewicht gegen das von Außen so furchtbar hereinbrechende«,
schreibt Robert Schumann am 10. April 1849 an den befreundeten Dirigenten
Ferdinand Hiller. Einen knappen Monat später bricht der Dresdner Maiaufstand
aus und veranlasst die seit Ende 1844 in der sächsischen Residenzstadt lebenden
Schumanns zur Flucht in das nahe gelegene Maxen. Von dort aus zieht die Familie
schließlich nach Kreischa, wo Schumanns Schaffensrausch ungemindert anhält.
»Niemals war ich tätiger, nie glücklicher in der Kunst«, schwärmt er. In nur wenigen Monaten entstehen vier Zyklen für jeweils ein Soloinstrument und Klavierbegleitung. Schumann eröffnet den kammermusikalischen Reigen mit den Fantasiestücken für Klarinette und Klavier, die er im Februar 1849 komponiert, bevor sich
die revolutionären Ereignisse in Dresden zuspitzen. Es sind poetisch anmutende
Miniaturen, die in vertraulichem Ton, einfach und dennoch kunstvoll, von lyrischen
Empfindungen durchzogen sind – »zarte, duftende Blumen, die keinen Triumphzug
durch den Salon machen wollen, sondern im stillen Kreise das Gemüth erquicken
werden«, wie es dem Komponisten vorschwebt. Gelegenheit für ein Wirken im
»stillen Kreise« gibt es im Hause der Schumanns reichlich. Regelmäßig musiziert
hier Clara, die 1866 zum Ehrenmitglied des 1854 gegründeten Tonkünstler-Vereins
zu Dresden ernannt wird, mit Mitgliedern der Sächsischen Hofkapelle, so auch
mit dem Klarinettisten Johann Gottlieb Kotte, und führt mit ihm am 18. Februar
1849 erstmals die Fantasiestücke op. 73 auf – sechs Tage nach ihrer Vollendung.
Kotte ist Schüler der Brüder Rothe, den ersten in der Hofkapelle festangestellten
Klarinettisten, und gehört dem Orchester von 1817 bis zu seinem Tode 1857 an. Die
Fantasiestücke wirken zuweilen melancholisch verschwiegen, doch sind sie nicht
gestaltlos. Sie reden in unmittelbarem, sich steigerndem Ausdruck.
Am 7. November 1849 schreibt der Musikkritiker Louis Ehlert in der Königli. Preuß.
Staats-Kriegs- und Friedenszeitung über Schumanns Schaffen: »Er hat sich in allem
versucht. Das ist das Kriterium eines Genies … Seine Produktionskraft ist so ungeheuer, er hat uns in den letzten Jahren so überschüttet mit Werken aller Art, daß
er an vielen Orten Deutschlands bereits hinreichend bekannt ist.« Wenig später
zieht Schumann nach Düsseldorf, wo seine »Märchenerzählungen« op. 132 Ende
Oktober 1853 mit seiner Frau, dem Klarinettisten Kochner und dem Bratschisten
Joseph Joachim im privaten Rahmen zum ersten Mal gespielt werden. Dem Verlag
Breitkopf & Härtel kündet er kurz darauf an, die Zusammenstellung der Instrumente sei »von ganz eigenthümlicher Wirkung«. Auf der Suche nach einem neuen
Ton bindet Schumann an die Werke von 1849 an, erweitert jedoch die Formation
zu einem Trio mit einer Besetzung, von der er glaubt, dass sie sich im Ausdruck
»höchst romantisch« ausnimmt – weshalb er die »Märchenerzählungen« zunächst
»Mährchenphantasieen« nennt. Dafür steht vor allem die Viola, auf die Schumann
nicht verzichten will, während die Klarinette durchaus von der Violine ersetzt
werden kann. Mit dem Klangbild der Bratsche verbindet er Art und Charakter musikalischer »Märchen«, was sich in seinen 1851 entstandenen »Märchenbildern«
für Klavier und Viola op. 113 bereits eindrucksvoll gezeigt hat. Der Titel der dem
jungen Düsseldorfer Kapellmeister und Schumanns Freund Albert Dietrich gewidmeten »Märchenerzählungen« suggeriert indes mehr als dichterische Andeutung
in freien Stimmungsbildern. In seiner Grundhaltung entwickelt der Zyklus einen
durchaus optimistisch wirkenden Erzählton, der im Einsatz vielfältiger Mittel weiterhin dem Poetischen verbunden bleibt. Schumann schildert Märchen in einem
unverwechselbaren individuellen Ton, er wird zum Dichter einer lyrischen Prosa,
die neue Wege vor allem im klanglichen Ausdruck sucht.
Die Verzauberung durch das Gefühl ist für junge Komponisten gegen Ende des
neunzehnten Jahrhunderts nicht weniger faszinierend. Noch 1884 schreibt der
20-jährige Richard Strauss »Stimmungsbilder« für Klavier und verleiht einem
von ihnen mit »Träumerei« einen beziehungsreichen Titel. Der junge Strauss steht
spürbar in der Tradition von Schumann und, stärker noch, von Brahms. Gerade
der Einfluss des letzteren ist im Klavierquartett c-Moll nicht zu überhören. Mit
diesem Werk erhält Strauss 1885 den Ersten Preis im Kompositionswettbewerb
des Berliner Tonkünstlervereins; wenig später wird es in Meiningen unter den
Auspizien von Brahms und Bülow uraufgeführt. Von Oktober 1885 bis April 1886
fungiert Strauss anstelle Hans von Bülows als Leiter der Meininger Hofkapelle
und macht die Bekanntschaft mit Brahms anlässlich der Uraufführung von dessen vierter Symphonie am 25. Oktober 1885. Brahms‘ Meisterschaft der kompositorischen Verarbeitung ist für den jungen Strauss ebenso beispielhaft wie
dessen Behandlung der klassisch-romantischen Form. Auffällig ist die häufige
Verwendung der Terz. Bereits im Kopfsatz der Vierten von Brahms leitet sich das
motivische Geschehen aus ihr ab. Und auch im Eröffnungssatz des Strauss’schen
Klavierquartetts wird dieses Intervall strukturbestimmend. Während hier die
erste Themengruppe noch reichlich an Brahms erinnert, kommt es in der zweiten
zu einer der ersten großen Strauss-Kantilenen, in der der spätere Musikdramatiker eine weit sich ausspannende, pathos-erfüllte Melodie entwirft. »Erobernd«
und »jugendlich brausend«, wie Richard Specht das Klavierquartett nennt, geht
es im Scherzo weiter, das geprägt ist von einem charakteristischen Sprungmotiv.
Strauss‘ Intention, mit dem Andante ein Intermezzo aus dem Geist Mendelssohns
zu schaffen, führt in der Ausarbeitung zu einer fortschreitenden Verdichtung,
getragen von einer eigenen schöpferischen Kraft. Der Fluss der Fantasie ist längst
entfesselt. Im Finale bringt er eine Vielzahl motivischer Gesten hervor, die eine
sich selbstbewusst ausprägende Handschrift erkennen lassen.
Schumanns Poetisierung der Musik zeitigt nicht nur Folgen für das neunzehnte
Jahrhundert. Seine literarischen Figuren, denen er bestimmte Seiten der musikalischen Auffassung und Empfindung zuschreibt, veranlassen György Kurtág, dem
diesjährigen Capell-Compositeur, 1990 zu einer eindringlichen Hommage, die in
ihrer Besetzung nicht zufällig Anleihen an Schumanns »Märchenerzählungen«
nimmt. Die Überschriften der sechs, zumeist nur wenige Takte umfassenden Charakterstücke verweisen auf zentrale Künstlernaturen in der Romantik. Der Kapellmeister Johannes Kreisler stammt aus E. T. A. Hoffmanns Feder und steht in seiner
fragilen Bindung an das bürgerliche Publikum für Exzentrik und Wahnsinn. Mit
seinem Klavierzyklus »Kreisleriana« op. 16 setzt ihm Schumann 1838 ein beredtes Denkmal. Mit Mitteln der Kunst aus beengten Verhältnissen auszubrechen,
gilt auch für Eusebius, dem elegischen und schwärmerischen Bruder des ungestümen und extrovertierten Florestan. Schumann nutzt ihre entgegengesetzten
Charaktere für die Darstellung einer antithetischen Kunstauffassung und stellt
ihnen Meister Raro zur Seite, der die Funktion eines objektiven Betrachters einnimmt. 1836 schreibt Schumann: »Florestan und Euseb ist meine Doppelnatur,
die ich wie Raro gern zum Mann verschmelzen möchte.« Im deutlich größeren
Umfang des sechsten Satzes entdeckt Raro den großen Dichterkomponisten des
vierzehnten Jahrhunderts Guillaume Machaut, der die neue Kunst (»Ars nova«)
des ausgehenden Mittelalters wesentlich mitbestimmt hat. Es kommt zu einem
Brückenschlag dreier geschichtlicher Zeithorizonte: Das zwanzigste Jahrhundert
trifft auf das neunzehnte und vierzehnte Jahrhundert. Kurtág verbindet alte Kompositionstechniken, hier in Gestalt einer Passacaglia, mit einem ernsten, trauermusikartigen Tonfall, der an Schumann und Mahler gemahnt. Seine »Hommage à
R. Sch.« reiht sich ein in eine Serie von Gedächtniskompositionen, zu denen auch
die »Hommage à Tschaikowsky« und die »Omaggio a Luigi Nono« zählen.
MITWIRKENDER GAST
Michael Schöch Klavier
Michael Schöch studierte Klavier in seiner Heimatstadt Innsbruck, München
und Salzburg sowie Orgel in München. Er gastiert als Solist bei renommierten
Orches­tern, wie dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem
Stuttgarter Kammerorchester, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, den
Nürnberger Symphonikern, dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck und dem
Orchestre de l’Opéra de Rouen. Konzerte führen ihn ins Wiener Konzerthaus und
Leipziger Gewandhaus, in die Philharmonie im Gasteig München, in den Münchner Herkulessaal und in die Berliner Philharmonie. Er gewann u.a. Erste Preise
beim Internationalen Klavierwettbewerb »Franz Schubert« in Ruse / Bulgarien,
beim Internationalen Orgelwettbewerb »August Everding« in München und beim
Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2011. Zahlreiche Rundfunkmitschnitte und CD-Produktionen dokumentieren sein Schaffen. Erst kürzlich erschien
seine Aufnahme des gesamten Klavier- und Orgelwerkes von Julius Reubke.
VORSCHAU
Sonderkonzert 100 Jahre
Uraufführung »Eine Alpensinfonie«
Im Rahmen der Richard-Strauss-Tage
der Semperoper
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden
Verantwortlich:
Friedwart Christian Dittmann,
Ulrike Scobel und Christoph Bechstein
M I T T WO C H 21.10 .15 2 0 U H R
IMPRESSUM
S E M P ER O P E R D R E S D E N
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Christian Thielemann Dirigent
Menahem Pressler Klavier
Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierkonzert B-Dur KV 595
Richard Strauss
»Eine Alpensinfonie« op. 64
Spielzeit 2015| 2016
H E R AU S G E B E R
Sächsische Staatstheater –
Semperoper Dresden
© Oktober 2015
R E DA K T I O N
André Podschun
TEXT
Der Einführungstext von André Podschun
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft
3. Symphoniekonzert
F R EI TAG 2 3.10 .15 2 0 U H R
S A M S TAG 2 4 .10 .15 11 U H R
S O N N TAG 2 5 .10 .15 2 0 U H R
S E M P ER O P E R D R E S D E N
Alan Gilbert Dirigent
Frank Peter Zimmermann Violine
György Kurtág
»Grabstein für Stephan« op. 15c
für Gitarre und Instrumentengruppen
Dmitri Schostakowitsch
Violinkonzert Nr. 2 cis-Moll op. 129
Pjotr Tschaikowsky
Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Aufzeichnung durch MDR Figaro
Kostenlose Einführungen jeweils
45 Minuten vor Konzertbeginn im Foyer
des 3. Ranges der Semperoper
G E S TA LT U N G U N D S AT Z
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DRUCK
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