Alessia Sommer hat keine Angst vor dummen

!|!Rheinzeitung
Region!|!5
MITTWOCH
3. JUNI 2015
Spartipp des Monats
Tapetenwechsel
ST. GALLEN Sommerzeit ist Reisezeit.
Gerade jetzt ist die Sehnsucht nach
zeitweiliger Veränderung am grössten: die Seele baumeln lassen, einfach einmal nichts tun, sich erholen
Im Fokus: Alessia Sommer, Malerin/Tapeziererin, Buchs
Alessia Sommer hat keine
Angst vor dummen Sprüchen
Selbstbewusst Alessia
anzeige. «Der muss ein dickes Fell haben, tierlieb sein, eine verrückte
Ader haben, auf den Tisch hauen
können und trotzdem eine Schulter
zum Anlehnen haben», sagt Alessia,
ohne darüber nachgrübeln zu müssen. Dass er Tiere liebt, hat offenbar
höhere Priorität als die starke Schulter. Doch irgendwo da draussen läuft
auch dieser Mann noch frei herum.
Sicher ist, dass er sich nie Gedanken
über irgendwelche Renovierungsarbeiten machen muss.
Sommer spricht über Mädchen in Männerberufen, ihre
elf tierischen Mitbewohner
und ihren verständnisvollen
Chef.
E
VON SIMONE WALD
«Fair unterwegs sein», Infos dazu gibt
es im Internet. (Foto: Shutterstock)
und die Freizeit geniessen, etwas erleben, Neues kennenlernen. Unsere
Reiselust kennt kaum mehr Grenzen. Und das ist wörtlich gemeint,
denn die Schweizer Bevölkerung unternimmt Reisen mit mehreren
Übernachtungen zu drei Vierteln im
Ausland.
Wie weit ist das Ferienglück
entfernt?
Jene Destination, welche die individuellen Wünsche zu erfüllen vermag, muss nicht zwangsläufig auf einem fernen Kontinent liegen. Mit
kurzen Reisewegen bleibt mehr Zeit
für den eigentlichen Sinn des Urlaubs. Und falls der Weg das Ziel sein
sollte, ist eine moderate Reisegeschwindigkeit sogar Voraussetzung.
Am Ziel angelangt
Wer Land und Leute entdecken
möchte, dem empfiehlt sich, familiäre Unterkünfte, Gaststätten und Geschäfte zu bevorzugen, um regionale Eigenheiten und Spezialitäten
kennenzulernen. Zu Fuss, mit Fahrrad, Bus oder Bahn unterwegs zu
sein, bedeutet auch die Ruhe und genügend Zeit zu haben, Vielfalt und
Besonderheiten der unbekannten
Umgebung zu geniessen.
Setzen Sie auf sanften und nachhaltigen
Tourismus, unterwegs und vor Ort:
Fair unterwegs – auf Reisen wie zu Hause:
www.fairunterwegs.org/
Verkehrsmittel und Reisezeiten vergleichen:
http://www.routerank.com/de/
Beratungstermine der Energieagentur
St. Gallen in der Region
Sargans: Donnerstag, 4. Juni
Buchs: Mittwoch, 10. Juni
Bad Ragaz: Donnerstag, 18. Juni
Walenstadt: Donnerstag, 25. Juni
in Mädchen ist sie nicht
mehr, Alessia ist jetzt, kurz
vor dem Lehrabschluss,
schon 25 Jahre alt. Was ist
da «schiefgelaufen»? «Einiges», sagt
Alessia. Sie ist nicht nur eine interessante Persönlichkeit, sie steht auch
exemplarisch für viele junge Menschen, die keinen hürdenlosen Start
ins Leben hatten und trotzdem ihren
Weg gehen.
Auf die Frage, was ihr Berufswunsch
als Kind war, antwortet sie ohne zu
zögern: «Tierpf legerin.» Daraus
wurde nichts. Eine Alternative sah
sie nicht – oder wollte sie nicht sehen. Und so rannte ihr die Zeit davon.
«Ohne Geri wäre ich heute nicht da,
wo ich bin», sagt Alessia. Geri, das
ist Gerhard Stupp, der in Grabs ein
kleines Malergeschäft betreibt. Das
Bewerbungsgespräch, was keines
war, fand ausgerechnet in einer Beiz
statt, wo sich die beiden das erste
Mal über den Weg liefen. Sie, in Bierlaune, wollte schnuppern, er lud sie
tatsächlich ein und sie blieb.
Das Salz in der Suppe
Als ihre Altersgenossen die Lehre
längst beendet hatten, begann sie.
Und sie findet Erfüllung auf ihren
Baustellen. Der Ton ist rauer, aber
dafür ehrlich. Geri sagt, sie ist gut in
ihrem Beruf. Das kann nur jemand
sein, der sich wohlfühlt. Sie setzt sich
durch in der Männerwelt. «Wenn ein
dummer Spruch kommt, gebe ich
Kontra», sagt sie und man nimmt es
ihr ab. Sie ist schlagfertig genug, um
sich bei den Männern Respekt zu verschaffen. Trotzdem: Selbst in ihrer
Arbeitskluft ist sie ganz Frau. In den
letzten fünf Jahren hat der Anteil junger Frauen in der Baubranche zugenommen. Bei den Malerinnen beträgt er – zumindest in der Gewerbeschule – um die 50 Prozent. Körper-
Geburten in Europa
SCHAAN Mit einer Geburtenrate von
10.5 Kindern pro 1000 Einwohner
werden in der EU jährlich fast 77 0000
Kinder geboren. Im Jahr 2010 lag die
Zahl der Bevölkerung der Europäischen Union bei 503,1 Millionen Menschen, vor den USA mit 310 Millionen, aber hinter China mit 1,34 Mrd.
Menschen und Indien mit 1.210 Mrd.
Menschen. Die Bevölkerungsentwicklung in der EU ist mit fast 80 %
durch Migration gewährleistet. Für
eine ausgewogene Bevölkerungsentwicklung (2,1 Kinder pro Frau) ist die
Fertilitätsrate der Frauen in Europa
fast überall unzureichend. Die
Wachstumsrate in Europa ist eine der
niedrigsten in der Welt, wobei hier
die Lebenserwartung am höchsten
ist, abgesehen von einigen asiatischen Ländern.
(pd)
www.rheinzeitung.ch
Alessia liebt ihren Beruf und den «rauen» Ton auf der Baustelle. (Foto: Simone Wald)
lich ist das für Frauen keine Hürde.
Wer einmal zu Hause Wände und Decken gemalt hat, kennt den Muskelschmerz danach. Aber das ist auch
Gewohnheitssache, irgendwann tut
es nicht mehr weh. Da müssen auch
die Jungs durch. Tapezieren, Spritzen,
Untergrundbehandlungen,
Spachteln, Schleifen, Gipsen: Das
und mehr lernt ein angehender Maler. «Am liebsten rolle ich lange Gänge», erzählt Alessia, ohne genau erklären zu können, warum. Stupide
findet sie das gar nicht, denn bei dieser Arbeit kann sie am besten sehen,
wie es vorangeht.
Hohe Ansprüche
Zeichnen und Malen kann sie sehr
gut, das zeigen auch ihre Arbeiten
für die Lehrlingswettbewerbe des
zweiten und dritten Lehrjahres;
Platz vier im zweiten und Platz drei
im dritten Jahr! «Aber wenn ich nach
Hause komme, nehme ich keinen
Pinsel mehr in die Hand», sagt sie.
Dort warten einige skurrile Wesen
auf sie: Fünf Ratten, die ein eigenes
Zimmer haben, zwei Bartagamen
und ein Leopardengecko in grosszügigen Terrarien und drei Katzen, die
bislang noch keinen ihrer Mitbewohner verspeist haben. «Ich lebe für
meine Tiere und wenn ich Zeit habe,
gehe ich reiten», erzählt Alessia. Ausser Haus schläft sie nie und sie versteht auch nicht, warum andere in
den Urlaub fahren. «Ich geniesse es,
365 Mal im Jahr von meinen Tieren
begrüsst zu werden.» Partner? Fehl-
Name: Alessia Sommer
Wohnort: Buchs
Beruf: Lehre als Malerin/Tapeziererin
Auf welche persönlichen Leistungen sind Sie stolz? Darauf, dass
ich es bis hierher geschafft habe.
Was bevorzugen Sie aus der regionalen Küche? Wildbraten, Bündnerfleisch
Wo ist die Ostschweiz für Sie am
schönsten? Dort, wo ich herkomme.
Tragen Sie einen Organspenderausweis? Nein, würde ich auch
nie.
Was können Sie besonders gut
und ausgiebig? Lateinamerikanische Tänze
Was ist Ihr Lebensmotor? Meine
Tiere
Allergien durch übertriebene Hygiene?
VON ANTJE BABBE
Welt in Zahlen
ZUR PERSON
Auf den Zahn gefühlt
Infos unter www.energieagentur-sg.ch
ANZEIGE
Alessia belegte mit dieser Arbeit den
dritten Platz beim Lehrlingswettbewerb im dritten Lehrjahr. (Foto: ZVG)
«Wer Dreck isst, wird nicht krank»,
sagt der Volksmund. Er meint damit,
dass Kinder, die in steriler Umgebung aufwachsen, ein schwächeres
Immunsystem haben. Das bestätigen jetzt auch verschiedene Studien.
Übertriebenes Händewaschen oder
steriles Kinderzimmer schützen
nicht vor Allergien – im Gegenteil,
Antje Babbe, Autorin dieser Kolumne,
ist Redaktionsleiterin bei «Codecheck.info». (Foto: ZVG)
zu viel Hygiene und das Abschotten
von möglichen Auslösern kann diese
sogar begünstigen.
Studien wider die Hygienehysterie
Bislang gab es nur statistische Studien, die zeigen, dass Kinder, die in einer keimfreien Umgebung aufwachsen, besonders anfällig für Allergien
sind. Bei Kindern, die etwa auf einem Bauernhof aufwachsen, ist das
Risiko, an Heuschnupfen zu erkranken, nur halb so gross wie bei Stadtkindern.
Mediziner aus Marburg haben erstmals bewiesen, dass frühzeitiges
Spielen im Dreck das Immunsystem
trainiert. An 3500 Kindern konnte
anhand spezieller Botenstoffe nachgewiesen werden, dass, wenn diese
mit Keimen konfrontiert werden, ihr
Immunsystem toleranter wird und
sich an harmlose Bakterien gewöhnt. Wichtig ist, dass Kinder
schon so früh wie möglich mit möglichen Allergie-Auslösern in Kontakt
kommen. Je später, desto stärker ist
das Immunsystem bereits geschwächt. Eine andere Studie zu die-
Kinder, die beispielsweise auf einem Bauernhof aufwachsen, ist das Risiko an Heuschnupfen zu erkranken, nur halb so gross wie bei Stadtkindern. (Foto: Shutterstock)
sem Thema kommt aus den USA von
der Academy of Allergy, Asthma and
Immunology. Sie zeigt anhand der
weitverbreiteten Erdnuss-Allergier,
dass sie vom Mensch selbst verhindert werden kann. Die Forscher untersuchten dafür 600 Hoch-RisikoKinder im Zeitraum von fünf Jahren.
Ergebnisse sind eindeutig
Jene Kinder, die in jungen Jahren
drei Mal wöchentlich Erdnüsse zu
essen bekamen, entwickelten lang-
fristig ein um 81 Prozent geringeres
Risiko, eine Allergie dagegen zu entwickeln. Langfristig wollen die Forscher diese Erkenntnisse für eine
neuartige Behandlung von Allergikern nutzen. Eine Möglichkeit wäre
eine Art Allergie-Impfung, z. B. mit
Bakterien, die das Immunsystem beeinflussen können. Das ist in der
Forschung allerdings noch Zukunftsmusik.
Infos unter: codecheck.info