CD Sharath Rangaswamy: Ashtanga Yoga Class, Primary Series oder auch: Der schnellste Ashtangi der Welt. Eines der interessantesten Themen im Ashtanga-Yoga ist das von mir so bezeichnete „speeding“. Es bezeichnet die Geschwindigkeit, in der man einzelne Haltungen der klassischen Ashtanga-Yoga-Folge nacheinander übt. Richard Freeman ist ein Yogi, den man als „Häuptling des langen Atems“ nennen könnte: An die zwei Stunden braucht er, um alle Haltungen der ersten Serie hinter sich zu bringen. Zwei Stunden meditativer Asana-Arbeit, mit einer Ruhe, die unsere Handyverliebten in einen komatösen Tiefschlaf versetzen würde. Ein anderer Häuptling des Ashtanga-Stammes heißt Sharath Rangaswamy, Enkel von Pattabhi Jois. Sein Untertitel lautet: „König der heißen Matte“, denn er darf als der schnellste Ashtanga-Yogi der Welt betitelt werden. In einer knappen Stunde meistert er das, womit sich Big Richie in doppelter Zeit abmüht. Ein Neuling wird an diesem wirklich nur Fortgeschrittenen zu empfehlenden CD-Programm scheitern. In jeder Haltung fünf Atemzüge zu machen, wird ihm genauso wenig glücken, wie sich Zeit zu lassen, die Asanas artgerecht einzunehmen. Selbst ein geübter Ashtangi wird Mühe haben mitzufliegen, besonders bei den Marichy-Haltungen; hier empfiehlt es sich dann, auf das Vinyasa (Zurückspringen) nach jeder einzelnen Seite zu verzichten und statt dessen beide Seiten direkt hintereinander zu üben, so dass man Sharats Ansagen gerade noch folgen kann - puh! Mit Hilfe dieser CD verwandelt man seine Matte in ein feuchttriefendes Biotop, so sehr rinnt einem der Schweiß das Brustbein hinunter, tropft von Nase, Kinn, Ellbogen oder Knien und dort, wo sich nackte Körperpartien berühren, schmatzt es, als zöge man seine Beine frisch aus dem Watt. Sharats Ashtanga-CD ist eine Übung, die einen genau dahin führt, wo Meister Richie schon angekommen ist, an jenen Punkt des Yoga-Übens, den man mit Punkto Nullo umschreiben könnte, andere nennen ihn die Seele. Gegen Ende der ersten Serie, wenn man durchwalkt und ausgeschweißt in der Lotoshaltung zum feinperligen Atmen kommt, spürt man diesen mittigen meditativen Punkt in seinem Inneren und kann eine große Stille in sich wahrnehmen. Kein Gedanke mehr, der sich rührt, nur mehr das beständige Dahinfließen des eigenen Atems, das ist jene meditative yogische Stufe, wohin alles Üben hinführen mag. Legt man sich anschließend in die Entspannungshaltung Shavasana, ist nur noch eines zu spüren: das gestalttherapeutische Bedürfnis nach Trost. Vielleicht auch nur ein Gefühl, Trauer, Glück oder anderes. Das Gurgeln im eigenen Bauch zeugt von einer tiefen Entspannung und möchte gestillt werden durch das Gurgeln eines anderen Bauches. Die Festhaltetherapie (Bonding) würde nun ein gemeinsames Liegen empfehlen. Dann, in der Tat, mündet diese Ashtanga-Yoga-Praxis in den letzten Zustand des yogischen Weges, den manche als Erleuchtung bezeichnen. Leuchten wird nichts, aber es wird ein Glücksgefühl entstehen und Zufriedenheit und ein Getröstetsein durch die Berührung des anderen. Dann ist das Tagewerk vollbracht, man kann sich anziehen, lauwarmes Volvic schlürfen, und fühlt sich wunderbar, Sharath und Ashtanga-Yoga sei Dank.
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