Evaluationsbericht_Pariseeva

Evaluationsbericht
Aufgabe 1 zum Modul 3 Sommersemester 2015
Modulbetreuung:
Prof. Dr. Theo Bastiaens
angefertigt im MA Bildung und Medien: eEducation
an der FernUniversität in Hagen
von
Nadezhda Pariseeva
Matr.-Nr. 9330046
Einleitung
Neue Vorstellungen über Lernformen-bzw. Strategien sind durch das konstruktivistische Paradigma geprägt. Statt über frontales Lehren wird heute über selbstreguliertes Lernen gesprochen. Die bloße Wissensübertragung gehört der Vergangenheit an. Im Zentrum stehen stattdessen die Reflexion über Wissenslücken und aktive Wissenskonstruktion. Die Kollaboration
und das Lernen in vernetzten Gruppen werden zu alltäglichen Begriffen. Lernende stehen daher
oft vor der selbständigen Auswahl zahlreicher Lernangebote, große Mengen von denen im Internet zu finden sind. Welchen Kriterien sollen Web-Lernmedien entsprechen, um Lernenden
bei selbständigen Lernprozessen zu helfen?
In der vorliegenden Ausarbeitung wird versucht, diese Kriterien bezüglich Podcasts zu bestimmen und zwei Podcasts hinsichtlich der ausgewählten Konsistenzen zu evaluieren und zu vergleichen.
Definition von Podcasting
Laut Popova (2008, abstract) ist Podcasting ”a new form of audio distribution offering the possibility to be loaded on personal mobile devices from teachers’, student’, university’s websites and
blogs”. Ein Podcast ist daher eine Audiodatei, die im Internet zum Anhören oder Herunterladen
bereitgestellt wird. Flexibilität, Mobilität und einfache Handhabung machen Podcasts zu attraktiven Lernmedien bei Studierenden (Liu & McCombs, 2008, para.1). Im vorliegenden Bericht wird
unter dem Begriff „Podcast“ nicht nur Audioaufnahmen, sondern auch Videos gemeint.
Modelle für die Evaluation von Podcasts
Die existierenden Modelle für die Evaluation der Web-Lernangeboten wie beispielweise LORI
(Leacock & Nesbit, 2007) oder das Model von Austria (2007) sind komplex und enthalten sowohl inhaltliche, gestalterische als auch technische Dimensionen. Im vorliegenden Evaluationsbericht wird der Schwerpunkt auf Educator’s Podcasts Guide von Williams (2007) gelegt.
Educator’s Podcasts Guide von Bard Williams
Das Modell beinhaltet zehn Fragen, deren Beantwortung den Lehrenden bei der Auswahl für
ihren Unterricht geeigneten Podcasts helfen soll. Diese Fragen sind jedoch auf jegliche Evaluationssituation übertragbar. Im Folgenden werden die Kriterien von Williams (2007) dargestellt
und es wird geprüft, anhand welcher Kriterien Podcasts zum selbstgesteuerten bzw. kollaborativen Lernen objektiv evaluiert und miteinander verglichen werden können.
1. Entsprechen die in Podcasts vorgestellten Themen Lernbedürfnissen von Lernenden?
Die Antwort auf diese Frage ist sehr individuell und situationsbedingt. Oft entscheiden
Lernende selbst, ob das Anhören bzw. das Ansehen des Materials in Podcasts ihre Wissenslücken abdecken kann.
2. Welche Lernaktivitäten werden durch ein Podcast gefördert? (Beispielweise Sprechen in
Fremdsprachen, Umgang mit Computer bzw. Softwares). Die aus Lernzielen herausgehenden Lernaktivitäten können von einem Podcast zu einem anderen sehr unterschiedlich sein. Dieses Kriterium erscheint daher nicht so wichtig bei der Evaluation und Vergleich von Podcasts.
3. Ist die Qualität der Produktion eines Podcasts gut? Ist eine Audioaufnahme gut zu hören
und ein Videopodcast gut zu sehen? Diese Fragen sind wichtig beim Lernen und können
objektiv beantwortet werden.
4. Hat ein Podcast bzw. eine Serie von Podcasts gute Struktur und Organisation? Ist einem
langen Podcast leicht zu folgen? Haben Podcasts „digital signposts“?
5. Ist ein Podcast langweilig? Wird die Aufmerksamkeit der Lernenden beim Anhören gehalten? Die Wahrnehmung hinsichtlich der Aufmerksamkeitslenkung ist subjektiv. Abgesehen davon kann festgestellt werden, ob Maßnahmen zur Förderung der Aufmerksamkeit von Lernenden bei der Produktion des Podcasts realisiert wurden.
6. Welches digitale Format hat ein Podcast? MP3 ist ein Format, das für die meisten
Rechner und Endgeräte geeignet ist. Dieses Kriterium kann bei der Auswahl von Podcasts entscheidend sein.
7. Williams (2007) empfielt, Podcasts aus zuverlässigen Quellen zu nutzen (S. 47).
Dadurch können Podcasts von schlechter Qualität vermieden werden. Die Zuverlässigkeit der Website, auf der ein Podcasts sich herunterladen lässt, ist relevant, ist jedoch
nicht immer entscheidend für den individuellen Gebrauch. Die Podcasts, die von einer
unbekannten Person oder einer Gruppe produziert wurden, können genial und von guter
Qualität sein. 45 Sekunden des Anhörens bzw. Ansehens eines Podcasts sind ausreichend, damit sich eine Meinung hinsichtlich seine Qualität formt (Williams, 2007, S. 46).
8. Das achte Kriterium führt Williams an (2007), damit eine allgemeine methodische Frage
gelöst werden kann: ist das Nutzen von einem Podcasts ein passender Weg zum Erlernen eines Themas (S. 48)? Die Antwort hängt von der Lernsituation ab und ist daher
sehr individuell.
9. Hat die Website, auf der sich Podcasts befinden, weitere nützlichen für Lernende Informationen? Beispielweise ein Archiv oder die weiterleitende Literatur können sehr hilfreich für Lernende sein.
10. Müssen bei der Verwendung bzw. Verteilung eines Podcasts irgendwelche Voraussetzungen erfüllt werden, die von Autoren des Podcasts bestimmt wurden? Für die kollaborative Arbeit kann dieses Kriterium entscheidend sein und ist daher wichtig.
Die Kriterien von Williams für die Auswahl eines Podcasts überlappen sich mit Merkmalen einer
guten digitalen Botschaft von Avgerinou, Salwach und Tarkowski (2007, „Information Design for
Podcasts“), die präzise und knapp die wichtigsten Kriterien ausformulierten:
“Messages should be accessible, well-structured, comprehensible, consistent and clear. Other
important attributes of messages include simplicity, aesthetics and interesting information. In
order to facilitate interpretation, information designers adapt messages to human attention and
perception. These messages must be edited for comprehensibility, clarity and understanding.
Editing should also take into account unity, consistency, harmony and proportion of the message. Information designers consider the cost of the message as well as ensure the quality.
Ethical rules must be followed and copyright respected”.
Auswahl der Kriterien
Für den weiteren Vergleich der Podcasts wurden folgende Kriterien ausgewählt:
1. Die Qualität der Aufnahme eines Podcasts. Dieses Kriterium schließt die folgenden Fragen ein:
 Ist ein Audiopodcast gut zu hören bzw. ein Videopodcast gut zu sehen?
 Gibt es irgendwelche Geräusche bzw. Störungen, die das Anhören bzw. Ansehen erschweren?
 Werden Sprachlauten bzw. Wörter sauber und verständlich hervorgebracht?
2. Digital Format eines Podcasts.
3. Struktur und Organisation eines Podcasts:
 Ist ein Podcasts bzw. eine Serie von Podcasts gut strukturiert und organisiert?
 Ist einem Podcast, wenn er lang ist, leicht zu folgen?
 Hat ein Podcast „digital signposts“?
4. Förderung der Aufmerksamkeit und Erweckung des Interesses von Lernenden. Welche
Maßnahmen wurden dafür realisiert?
5. Unterstützung des selbständigen Erlernens des vorgestellten Themas. Hat die Website,
auf der sich ein Podcasts befindet, dafür andere nützlichen Informationen?
6. Copyright-Voraussetzungen. Ist ein Podcasts frei zu nutzen und zu verteilen?
Evaluation und Vergleich der Podcasts
Anhand der ausgewählten Kriterien werden zwei Audiopodcasts tabellarisch evaluiert und verglichen: „ZugehOERt“ (Muus-Merholz, 2015) und „Connectivism“ (Bayne, 2015).
Tab.1: Evaluation der Podcasts
Quelle: Eigene Darstellung
Gelb markierte Merkmale = positiv; grau markierte Merkmale = negativ
Kriterien / Podcast
Die Qualität der
Aufnahme des
Podcasts
Digital Format
des Podcasts
Struktur und Organisation des
Podcasts
Förderung der
Aufmerksamkeit
und Erweckung
des Interesses
von Lernenden
Unterstützung
des selbständigen Erlernens
des vorgestellten
Themas
CopyrightVoraussetzungen
„ZugehOERt“
„Connectivism“
-Eine gute, saubere Aufnahme;
-Keine Störgeräusche sind zu hören;
-Das Sprechtempo und die Artikulation des Gastmoderators sind gut;
-Der zweite Gesprächspartner
spricht teilweise zu schnell, Endungen werden verschlungen. Das
bringt Anstrengung und erschwert
das Zuhören.
MP3
-Die Tonwiedergabe ist technisch
gut;
-Die Aufnahme ist im allgemeinen
störungsfrei;
-Der Moderator und der Lektor sprechen klar und deutlich.
Der Podcast hat eine gedruckt erstellte Gliederung, die eine gute
Übersicht über das Gespäch verschafft. Das lässt Zuhörer sich im
Podcast leicht orientieren und zum
Anhören erwünschte Teile des Podcasts schnell aufsuchen;
Der Podcasts stellt eine lange (58
Minuten) Vorlesung vor, enthält jedoch keine visuelle Gliederung bzw.
„digital signposts“ mitten in der Aufnahme. Das Finden bestimmter
Passagen der Vorlesung (beispielweise zum wiederholten Anhören)
fällt daher sehr schwer.
Durch Einführungsworte des Moderators wird die Aufmerksamkeit der
Zuhörer auf die Vorlesung konzentriert.
-Dank dem Gespräch selbst und der
verwendeten Musik ist der Podcast
lebendig und nicht monoton;
-Am Anfang stimmt die Musik auf
das Gespräch ein und am Ende rundet sie den Podcast ab;
-Das Gespräch erweckt Interesse
und Neugier für die nächsten Sendungen der Serie.
Auf der Website, auf der sich der
Podcast befindet, sind zahlreiche
und gut strukturierte Materialien zum
weiteren Erlernen des Themas zu
finden.
Es gibt keine Einschränkungen zum
Anhören und zur einfachen Verlinkung des Podcasts beispielweise
während der Arbeit in einer vernetzten Gruppe.
MP3
-Keine weiterführenden Informationen bzw. Literatur zum vorgestellten
Thema sind auf der Website vorhanden;
-Der Link, der zu weiteren Materialien nach dem Thema führen sollte,
funkzioniert nicht.
Keine Voraussetzungen sind angegeben.
Zusammenfassung
Im vorliegenden Bericht wurden die Kriterien eines Podcasts auf Grund des Evaluationsmodells
von Williams (2007) bestimmt, die relevant bei selbständigen bzw. kollaborativen Lernprozessen sein können und nach denen sich Podcasts objektiv beurteilen lassen. Aus der bildungswissenschaftlichen Perspektive entspricht der Podcast „ZugehOERt“ in mehreren Punkten einem guten webbasierten Lernmedium.
Glossar
„Digital signpost“ (engl.) ist eine Methode zur Organisation eines digitalen Texts oder einer
digitalen Audio-oder Videoaufnahme. Dazu gehören beispielweise einführende Bekanntgaben
des Themas und der Zielgruppe der Aufnahmen. Bei einer langen Audiodatei sind das kleine
Pausen, während derer der Titel bzw. das Thema der Aufnahme mitgeteilt wird, z.B.: „Sie hören
sich den Podcast „Das Leben der Bienen“ an.“ (Williams, 2007, S. 46 f.).
Literaturverzeichnis
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