Humor in den Begegnungen

„Begegnungen mit Demenz“
12.Fachtagung Pflege in der Gerontopsychiatrie
12. November 2015 - Kaufbeuren
Rolf D. Hirsch – Bonn
[email protected]
Erwache und lache !
ist eine kurzfristige psychophysiologische
Reaktion
Humor
- Haltung eines Menschen zu sich und der Welt
- Modus der Kommunikation und Interaktion
- Temperamentsmerkmal
- Begriffliches Konstrukt menschlichen Denkens
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Lachen: ein universelles menschliches Verhalten
Wir lächeln oder lachen, wenn wir jemanden
grüßen, uns verabschieden, flirten oder
schwatzen
In Momenten von Glück und Freude, aber
auch bei Schmerz, Hilflosigkeit oder Erstaunen, aus Scham oder Verlegenheit
Wir lachen meist, wenn jemand anders lacht
(ansteckend)
80% unseres Lachens hat nichts mit Humor zu
tun
Provine R
(1993):
H u m o r
ist ein zwischenmenschliches Verhalten und Erleben
mit:
- motivationalen,
- emotionalen,
- kognitiven,
- sozialen und
- Verhaltens-Komponenten
wodurch
Widerwärtiges und Widersprüchliches,
Unergründliches und Unzulängliches
(n. Kauke
2011)
im Zusammenleben
Spielerisch kreiert, erheiternd verstanden,
Kreativ und selbstbewusst aufgelöst werden
Humor ist eine sozialpsychologische Kompetenz!
Bio-psycho-soziales Modell der Demenz-Pathologie
(n. Schröder 2000)
Gehirn
Persönlichkeitseigenschaften
„Locus of cotrol“
Symptomatik
Ressourcen
Phänomenologie
Resilienzen
Verhalten
Coping
Biographie
Persönlichkeit
Lokalisation
Prädilektion
Neuronale Pastizität
Neuropsychologie
Lebenswelt
Soziales Netzwerk
Professionelle
Angehörige
Milieu
Umwelt
Humor –Witz – Komik - Groteske
Gefühlslandschaft eines Menschen mit Demenz
(n. Weidenfelder 2004)
Unsicherheit
Scham
Ratlosigkeit
Distanz
Einsamkeit
Zärtlichkeit
Freude
Schlaflosigkeit
Heiterkeit
Rastlosigkeit
Zorn
Gelassenheit
Angst
Anspannung
Trauer
Unruhe
Sprachlosigkeit
Langeweile
Orientierungslosigkeit
Misstrauen
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Herausforderndes Verhalten
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Umhergehen / „Aufräumen“ / Einpacken
Weggehen / Wegdrängen / „nach Hause wollen“
Vokalisationen (Schreien, Singen, wiederholende
Geräusche, Rufen)
Aggressivität / Gereiztheit / Beschuldigungen
Misstrauen, Med.- u./o. Nahrungsverweigerung
Abwehrende Aggression bei pfleg. Maßnahmen
Apathie, Rückzug
Depressivität, Ängste
Agitiertheit
Enthemmung
Schlafstörungen
…von in das Klavier pinkeln bis andere schubsen…
(nach Uwe Manns)
Herrschsucht
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In Würde schwächer werden zu dürfen,
Ist ein wichtiges Ziel für Menschen mit Demenz
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Kommunikation
Sprache
Sprachmelodie
Worte - Regeln
Gestik
Mimik
Körperhaltung
Geruch – Berührung - Erscheinungsbild
Mensch mit Humor trotz(t) Demenz!
Der ureigenste Sinn für Humor bleibt bei
den meisten Menschen mit Demenz lange
wenigstens zeitweise erhalten.
So wie alle Menschen auch, können
Menschen mit Demenz herzhaft lachen.
Sie können andere mit ihrer Heiterkeit anstecken
und lassen sich durch Andere auch anstecken.
Pflegebedürftiger
Patient/Klient
(Opfer-Täter)
- alt -
Institution
Häuslicher
Bereich
Beeinflussende Faktoren:
Stimmung – Beanspruchung
Einstellung - Professionalität
Personen - Unterstützung
Zeit - Umgebung
Trägheit - Vorgaben u. a.
Helfer
Pflegender / Arzt
andere
Professionelle
(Täter-Opfer)
- jung -
F
o
l
g
e
n
Kritische
Situation
- aktuell - chronisch -
Gesellschaft
Vorzeichen?
?
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Stell‘s einfach auf den Kopf!
Das Lachen ermöglicht
einen anderen Zugang zu den Menschen,
einen anderen Umgang mit der Arbeit
(Dimitri 1997)
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Angehörige
Bekannte/
Besucher
Institution
Patient/
Bewohner/
Hilfesuchender
Humor
Öffentlichkeit
Pflegeberufler
Arzt
Ergotherapeut
Physiotherapeut
Sozialarbeiter u. a.
Interaktion
zwischen Menschen mit Demenz und Arzt/Pflegeperson/Angehörige
Sachebene
Beziehungsebene
Emotionen
Gedanken
Verhaltensweisen
alter
Mensch
Arzt
Pflegeperson
Verbale und Nonverbale
Kommunikation
Selbstoffenbarung
Appellebene
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Leitlinien und Vorschriften
vor Menschlichkeit
Helfer können lernen:
- Komische Situationen
spielerisch erfassen
- „Macht-los“ humorvoll
handeln
- Humor als Selbstschutz
und Hilfe
- Miteinander fröhlich sein
- Geselligkeit und Spiel
suchen
(Chr. Moser 2009)
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Manchmal wieder Kind sein !
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Perspektivenwechsel mit Humor
Innehalten
Wahrnehmung der Situation
Gleichzeitigkeit: Atmung, Wirbelsäule, Boden
Meta-Ebene: Inneren Beobachter aktivieren
Distanz zum Geschehen aufbauen: Aha, interessant! Übergeordnete Betrachtungsebene
Antennen öffnen
Innere Bilder – blitzschnelles Erfassen verschiedener (Handlungs-) Möglichkeiten – Ideensuche
Perspektivenwechsel
Imaginäre Clownnase – Realität der anderen wahrnehmen – die „andere Sichtweise“
Lösung
Handlung / Dialog
Ev. Regeln der Komik
vergrößern, verzögern, übertreiben – innere Freude einladen
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Mut zur
Unvollkommenheit
Die drei
„Müter“ des Humors
Mut zur
Lächerlichkeit
Mut zum
Widersinn/Unsinn
(Briand 2014)
Einhalten
Beobachten
Einstellung
Umstellung
Humorvolle
Sichtweise
Denken
Kognition
Motivation
Humorvolle
Anteilnahme
Fühlen
Emotion
Empfinden
Humorvolle
Interaktion
Handeln
Aktion
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„Wenn wir
ein Problem
lösen wollen,
müssen wir
die Ebene verlassen,
in der sich das Problem befindet“
(A. Einstein)
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Herausforderungen im Umgang mit Humor
bei Menschen mit Demenz
 Maske für Feindseligkeiten (es
war ja nur Spaß)
 Verwirrung

Lachen (Humor?) kann destruktiv
wirken

Antworten des Empfängers werden
eingeschränkt

Wenn Lachen(Humor?) auf
Kosten
des Patienten geht, fühlt sich dieser
gezwungen, mitzulachen.

Lachen (Humor?) kann als
Selbst-Darstellung missbraucht
werden
(D. Bach Wien)
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Vielfalt der „Humorinterventionen“
individuell – kreativ - situationsadäquat
Tanz
Bewegung
Gemeinschaftsspiele
„ZirkusMilieu“
Gemeinsames
Musizieren
Anekdoten,
Witze
erzählen
„Lustige“
Utensilien
Lieder
singen
Rote Nase
Bunte
Kleidung
Gegenseitiges
buntes anmalen
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?
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Bewältigung des Alltags:
Humor
als Lebens- und Überlebenstraining
(n. P. McGhee 1996)
1. Finden Sie heraus, was Sie lustig finden und
begeben Sie sich aktiv in Situationen, die
Sie zum Lachen bringen (Theater, Kino,
Fernsehen, Zeitung, Comics etc.)!
2. Behalten Sie eine spielerische Grundeinstellung bei der Arbeit und im täglichen
Leben (Das Leben ist zu wichtig, um es zu
ernst zu nehmen)!
3. Lachen Sie bewusst laut und herzlich!
4. Beginnen Sie Anekdoten/Witze/fröhliche
Lebensereignisse sich aufzuschreiben und
weiter zu erzählen!
5. Spielen Sie mit doppelten Bedeutungen von
Wörtern im Alltag! Finden Sie für Cartoons
neue Unterzeilen! Fragen Sie sich bei allem,
was Sie erleben, was daran komisch ist!
6.Finden Sie die Inkongruenz im Verhalten bei
Fremden sowie Kollegen und lachen Sie
(miteinander) darüber!
7. Schauen Sie sich Ihre eigenem Schwächen
an und übertreiben Sie diese ins Groteske!
8. Nehmen Sie sich im größten Stress einfach
eine Minute Auszeit und Lächeln/Lachen Sie
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ohne Grund!
Die „Närrischen“ sind nicht das Problem,
sondern die „Normalen“
Angehörige können lernen:
 Komische Situation erfassen
 Machtlos humorvoll
 Humor als Eigenschutz
 Geselligkeit suchen
 Miteinander sich freuen
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Lassen Sie Ihren „inneren Clown“ wirken!
Ein unbefangenes Verhalten weckt Emotionen und Heiterkeit!
Wechseln Sie Ihre Rolle !
(innerlich oder äußerlich rote Nase einsetzen)
Singen Sie !
(bei Körperpflege, schwierigen Situationen)
Setzen Sie „Humormittel“ ein !
(Spieluhren, Seifenblasen, Windspiele, Scherzartikel u.a.)
Machen Sie etwas Unerwartetes !
(Begrüßung, Übertreibung, mimische Gesten)
Lassen Sie Gegenstände fühlen!
(Puppen, Plüschtiere, Handwerks/Küchengeräte)
Holen Sie die Jahreszeiten !
(Blüten, Herbstlaub, Kastanien, Schnee)
Altbekannte Gerüche wecken Erinnerungen !
(Kaffee, Bohnerwachs, Parfüm, Blumen)
Lachen Sie öfters !
(miteinander über komische Ereignisse, Gesten, Worte)
(nach Fey 2014)
„Ich bin
ein Clown
und sammle
Augenblicke“
(H. Böll)
Einige Aussagen zur Wirkung der Clowns
von Angehörigen, Pflegepersonen, Ärzten und Clowns:
- Lösung von Aggressionen und Anspannung
- Verhaltensauffälligkeiten verringern sich
- Stärkung des Vertrauens zwischen Bewohner/Patient
und Personal
- Förderung von Fröhlichkeit und Heiterkeit
- Ablenkung von Angst und Unsicherheit
- Förderung der Kommunikation und Aufmerksamkeit
- Förderung eines freundlichen Milieus
- Förderung der Lebensqualität
- Förderung der Gesundheit
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Stellen Sie sich vor,
eine Klinik oder ein Pflegeheim ist ein Zirkus
mit ganz vielen Akteuren. Jeder hat seine Rolle
und spielt mal seine, mal die des Anderen.......
Welche Chancen für Heiterkeit und Kreativität!
Das Leben könnte so schön sein . . . . . . .
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„Mögen hätten wir
schon wollen,
aber trauen
haben wir uns
nicht dürfen.“
(nach Karl Valentin)