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August 15 | #532
Das Kommunale Kino Wiens, Akademiestraße 13, 1010 Wien
Philippe Garrel, „Der Schatten von Frauen“, und
Kornél Mundruczó, „Underdog“, ab 28. 8. 2015 im Stadtkino und Filmhaus Kino
Leben, Lieben, Kunst und das männliche Ego
Falsche Helden und Frauen, die sie als solche erkennen: Philippe Garrel lässt die Liebe
wieder strahlen, aus den Körpern heraus, in die Beziehungen hinein. FRÉDÉRIC JAEGER
D
as letzte Bild gehört einem unbändigen Lächeln,
es wirkt so unkontrolliert, als könnte der Held sein
Glück nicht fassen. Es ist ein irreales Glück, weil Pierre natürlich weiß, dass er es nicht verdient, nicht von dieser
Frau, nicht nach dem, was er getan hat. Und weil Manon verstanden hat, dass das alles keine Rolle spielt. Überhaupt:Was bei
Philippe Garrel alles irrelevant ist! Wer will wissen, wer kann
nicht ahnen, wie sie dorthin gekommen sind und wohin sie
gehen? Licht, Körper, Liebe, Beziehungen und ein bisschen
Leidenschaft. Mehr braucht Garrel nicht. Da begegnet Pierre
(Stanislas Merhar) einer Frau, die Filmrollen transportiert. Sie
ist jung, er begehrt sie. Sie müssen die Schuhe ausziehen, um
in ihr Zimmer zu schleichen. Als er aus dem Bett ins Off verschwindet, will sie wissen, was wohl schlimmer ist im Bewusstsein: zu pinkeln, wo man duscht, oder zu duschen, wo man
pinkelt. Er geht, wird aber immer wieder kommen, in dieses
kleine Zimmer mit den vielen Büchern auf der Kommode. Sei-
ner Ehefrau Manon (Clotilde Courau) schenkt er Blumen. Sie
lacht ihm liebevoll ins Gesicht und schnippelt Gemüse. Dann
lernt auch sie einen anderen kennen.
Inhalt
Arbeiten unter widrigen Umständen
Herzliches Schwarz-Weiß
Der Schatten von Frauen (L’ombre des femmes) zerrt sanft, aber unmissverständlich das Ungleichgewicht zwischen Männern und
Frauen an die Oberfläche. Sanft, weil Garrels Blick nie davon
lassen kann, das Charisma seiner Darsteller einzufangen und im
herzlichen Schwarz-Weiß zu verstärken, auch dann noch, wenn
er gerade die Verfehlungen einer Figur beobachtet. Unmissverständlich, weil das Schlichte hier das Grundsätzliche betont: Nicht
nur der Film, auch die Protagonisten selbst spielen mit der Einsicht, dass ihr Beziehungsverhalten austauschbar ist. Das Konkrete
und das Abstrakte gehen Hand in Hand. Der gekrümmte Rücken
Fortsetzung auf Seite 2 »
Philippe Garrel im Gespräch
mit Jean-Michel Frodon.
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Beiß die Hand, die dich schlägt!
Katja Nicodemus
über „Underdog“.
Zeitlose Wahrheiten auf eine
neue Weise wiedergeben
„Underdog“-Regisseur Kornél Mundruczó im Interview.
Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
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Philippe Garrel, „Der Schatten von Frauen“
StadtkinoZeitung
» Fortsetzung von Seite 1
von Stanislas Merhar und die toughe Zärtlichkeit der aufrechten Clotilde Courau sind spezifische Ausformungen, auf ihre Weise eigen; ohne
Zwang, andere repräsentieren zu müssen, bieten
sie sich doch dafür an, dass in ihnen Modelle des
Lebens wiedererkannt werden.
Auf der Tonspur hilft die Stimme von Louis
Garrel – Philippes Sohn – bei der Einordnung
des allzu menschlichen Verhaltens. Selten sind
Story, Montage und Off-Kommentar so inei-
Garrel hütet das
Geheimnis der
Menschen, denn er
weiß, was er da hat,
in den strahlenden
Gesichtern
nander verwoben wie hier. Das mokierende
Säuseln ist das Bewusstsein des Films, es gibt
den Bildern einen inneren Zusammenhang, es
ordnet und vereinfacht auf eine raffinierte, weil
erfrischend parteiische Weise gegen den Protagonisten Pierre. Während er immer gemeiner
wird zu den beiden Frauen in seinem Leben,
rückt das Gemachte in den Fokus: Wer er sein
darf, das entscheiden die Frauen. Der Schatten
von Frauen ist in diesem Sinn feministisch. Dafür
muss Garrel keine „starken Frauen“ inszenieren, im Gegenteil: Schwach sein dürfen alle in
diesem Film, weil es darum geht, die Paradigmen des männlichen Kinos des Handelns zu
hinterfragen, um zu einem Kino des Erkennens
vorzudringen. Da hilft es, wenn auch mal arg
heruntergebrochen wird, was so die Intentionen eines fremdgehenden Mannes sein mögen
und wie er das für sich, aber nicht für sie rechtfertigen kann. Denn er ist ja ein Mann. Und
das wird er sich wohl nicht vorwerfen lassen.
Warum eigentlich nicht?
Das Geheimnis hüten
Auf den ersten Blick wirken viele Szenen eindimensional: Ob in verlassenen Straßen von
Paris, im Bistro oder in der Wohnung, fast immer sitzen oder laufen da zwei und unterhalten sich. Doch die Ebenen, die Garrel in solche
zunächst einfachen Set-ups einziehen kann,
bieten ein fröhliches Vexierspiel. Die Inszenierung wiegt uns zunächst in der Sicherheit
eines intimen Rahmens, um uns dann ein ums
andere Mal zu entführen, hinaus in die Welt, in
die Perspektive eines heimlich beobachtenden
Dritten oder eines trocken urteilenden Erzählers. Das macht Spaß und verweist gleichzeitig auch immer auf das Unabgeschlossene der
Gefühlswelten, die nur ausschnitthaft in den
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Wie Garrel sind auch seine beiden Hauptfiguren Anhänger des analogen Filmemachens.
Raum übersetzt werden können. Das Schönste daran ist der Garrel’sche Touch. Diese Staffelungen der Blicke sind auf seine ganz eigene
Weise scheu: Die Körper und die Leidenschaft,
sie sind da und haben nichts zu verbergen; sie
müssen aber auch nichts beweisen und erst
recht nichts einander entreißen. Aufrichtig erscheinen die Figuren und ihre Begehren hallen
nach, als ob sie ein Eigenleben entwickelten.
Gerade aufgrund der Zurückhaltung, mit der
ihnen Garrel begegnet. Er ist ein Filmemacher,
der dem Medium Film auf besondere Weise
verbunden ist. Schwarz-Weiß ist seine liebste
Farbe. Nicht aus Nostalgie, denn dafür sind
seine Filme viel zu präsent, unnachgiebig gegenwärtig und grandios verspielt, sondern der
Wahrnehmung wegen.
Das Schwarz-Weiß verstärkt die Zurückhaltung und lässt die Schauspieler gleichzeitig
viel klarer hervortreten. Das Wesen des Kinos
in seinen zwei Grundbestandteilen: Licht und
Schatten. Ja, wessen Schatten auf wem eigentlich? Der Titel scheint eindeutig, die Übersetzung legt es ebenfalls nahe: Den Schatten
werfen die Frauen. Was Kameramann Renato
Berta eingefangen hat, ist so eindeutig nicht.
Trotz all der glänzenden Kraft, die aus den
Frauenkörpern auf die Leinwand schwappt,
sie glühen nicht, das kann nur er. Pierre und
Manon laufen die Straße entlang, sein leicht
lasziver, federnder Schritt betont noch das
Licht, das er auf sich zieht. Den Schatten,
den die Frauen bei Garrel werfen, kriegen
sie selbst ab. Ihr Stärke fordert ein Tribut, ihre
Stärke ist eindringlich da, aber ohne jedes
Aufheben darum zu machen. Garrel tut es
ihnen gleich und erweist ihnen dadurch die
größte Reverenz.
Garrel war bereits früh ein Meister der Reduktion, wie etwa der 1968 entstandene Kurzfilm Acte 1 beweist, den die „Quinzaine des
Réalisateurs“ zusammen mit Der Schatten von
Frauen bei der Premiere in Cannes zeigte. Proteste, Straßenkämpfe, Polizisten überall – aus
dem Fenster gefilmt und aus einem fahrenden
Auto. Eine Frauenstimme argumentiert und
widerspricht, bis ihr niemand mehr zustimmen
kann. Am Ende steht ein Satz, den es zu übersetzen lohnt: „La respiration se passe désormais
de visa de censure.“ Das Atmen verzichtet fortan auf seine Zensur. Eine Anspielung auf die
umstrittene Praxis in Frankreich, eine Vorführerlaubnis für Kinofilme vorzuschreiben, die sich
„visa d'exploitation“ nennt.
Garrel zensiert das Atmen nicht, im Gegenteil
lässt er erst das Atmen zu seiner vollen Wirkung
kommen. Es scheint so einfach und ist doch so
selten: Er hütet das Geheimnis der Menschen,
denn er weiß, was er da hat, in den strahlenden
Gesichtern, dem gekrümmten Rücken, dem
aufrechten Gang und dem unbändigen Lächeln.
Er zeigt, wer vor uns steht und wir sehen diese
Helden, die keine sind, wie zum ersten Mal. Sie
dürfen sich selbst belügen und betrügen, hoffen
und träumen und am Ende das Glück darin finden, dass sie ihre eigene Menschlichkeit beginnen zu verstehen.
•
Philippe Garrel
Der Schatten von Frauen,
L'ombre des femmes
(Frankreich 2015)
Regie Philippe Garrel
Drehbuch Jean-Claude Carrière, Caroline
Deruas, Arlette Langmann, Philippe Garrel
Darsteller Clotilde Courau, Stanislas Merhar,
Lena Paugam, Vimala Pons
Schnitt François Gédigier
Kamera Renato Berta
Musik Jean-Louis Aubert
Ton François Musy
Produktion Arte France Cinéma, Centre
National Cinéma et l’image animé, Cinéforom
Verleih Stadtkino Filmverleih
Länge 73 Min.
Format DCP / 35mm / s/w
Ab 28. August im Kino
10.06.14 12:10
StadtkinoZeitung
Philippe Garrel, „Der Schatten von Frauen“
03
Film im Film: Clotilde Courau und Stanislas Merhar beim Einrichten einer Kameraeinstellung.
Arbeiten unter widrigen Umständen Der Preis der Freiheit
Seit knapp 50 Jahren macht Philippe Garrel unermüdlich Filme. Und scheut keine
Kompromisse, wenn es darum geht, seine Visionen umzusetzen. Ein Gespräch. JEAN-MICHEL FRODON
Ist „Der Schatten von Frauen“ wieder drehbuchlastiger als Ihre letzten Filme?
Ja. Nachdem ich jetzt eine Zeit lang nur
improvisierte Filme gemacht habe, war es
aufgrund mehrerer Faktoren gut, wieder ein
Drehbuch zu haben – hauptsächlich wegen
organisatorischer Fragen, aber auch um den
Film finanziert zu bekommen. Aus einer
ökonomischen Sichtweise betrachtet war das
einfach nicht mehr praktikabel – aber das
Drehbuch hat dem Film tatsächlich gut getan.
Ein bisschen war das schon der Fall bei Liberté, la nuit (1984), aber dieses Mal habe ich tatsächlich etwas neues geschaffen – zumindest
empfinde ich es so. Dank des Drehbuchs war
es einfacher, die psychologische Spannung des
Films zu kreieren.
Unterschied sich das Schreiben dieses Drehbuchs
von Ihren vorherigen Arbeiten?
Ja, vor allem wegen Jean-Claude Carrière.
Er verfasste das Konzept des Drehbuchs, das
auf einer Geschichte basierte, die ich vorher
nicht hatte. Ich kannte Carrière aufgrund
seiner Arbeit an Rette sich, wer kann (das
Leben) (1980) und fragte ihn, wie diese Zusammenarbeit mit Jean-Luc Godard war. Er
erzählte mir, dass Godard ihm den Ort und
die Charaktere vorgab. Dieser Ansatz war
für mich perfekt und wir gingen genau so
vor. Gemeinsam mit Arlette Langmann und
Caroline Deruas, die bereits an La jalousie
(2013) mitschrieben, arbeitete ich ein Sujet
aus, das wir Carrière gaben, der erste Entwicklungen vorschlug. Wir haben das dann
gemeinsam überarbeitet und jeder unterschiedliche Elemente beigetragen.
Wie definieren Sie das Sujet des Films?
Es geht darum, dass die weibliche Libido genauso stark ist wie die männliche. Der Schatten
von Frauen erzählt meiner Meinung nach von
der Gleichheit von Frauen und Männern –
soweit das im Kino möglich ist. Kino ist von
Männern entworfen worden und sie bestimmen in gewisser Weise immer wie wir etwas
sehen, erzählen oder darstellen – obwohl
es in letzter Zeit Gott sei Dank immer mehr
Filmemacherinnen gibt. Aber meistens ist
es doch so: Die Frauen auf der Leinwand
sprechen die Worte, die ihnen ein Mann in
den Mund gelegt hat. Ich habe versucht, das
zu umgehen, indem wir zu viert gearbeitet
haben – zwei Männer, zwei Frauen. Aber ich
befürchte, dass Kino so funktioniert, dass es,
selbst wenn man Männer und Frauen gleich
stellt, stets die Position des Mannes verstärkt.
Um dem entgegenzuwirken sollte der Film
wie eine Verteidigung der Frau sein, gegen
die Position des Mannes gewichtet. Und für
Pierre geht das alles gar nicht so schlecht aus
– er und Manon scheinen ausgeglichen. Der
Schatten von Frauen mag zwar aus der Sicht
eines Mannes gedreht worden sein, aber eines
Mannes, der sich ansieht, was aus der Sicht
einer Frau passiert.
Spielt das Drehbuch bei den Dreharbeiten eine
zentrale Rolle?
Keine zentrale, denn für mich ist entschei-
dend, was bei den Dreharbeiten passiert. Das
Drehbuch spielt natürlich eine wichtige Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Umstände, unter denen diese Filme entstehen, schnell
und mit wenig Budget. Je ausführlicher wir
uns mit dem Drehbuch beschäftigen, umso
schneller können wir arbeiten. Wenn man
so einen Film in 21 Tagen chronologisch in
Um nichts in der Welt
möchte ich meine
Situation ändern
und mit anderen
Regisseuren tauschen,
die vielleicht höhere
Budgets haben.
Paris und Umgebung drehen will, bedeutet
das, das Drehbuch muss solide sein. Es sagt
uns schließlich auch, wie wir beim Schnitt
arbeiten werden. Unter solchen Bedingungen
kann man es sich nicht leisten, etwas wegzuschmeißen – alles, was wir drehen ist notwendig und kommt auch im Film vor. Um genau
zu sein, der Schnitt besteht aus Anpassungen
dessen, was man sich beim Schreiben und
Drehen des Films vorgestellt hat. Aber ein
Drehbuch kann und darf nicht alles vorherbestimmen: Es gibt Dinge, die können nur
mit der Kamera geschrieben werden – das
ist vermutlich am wichtigsten. Echte Risiken
geht man beim Drehen ein.
Werden Ihnen diese ökonomischen Beschränkungen
auferlegt? Stören Sie sie, oder wirken sie vielleicht
sogar stimulierend?
Sie passen für mich – das ist der Preis, den
man für totale Freiheit bezahlt. Seit ich unter
solchen Umständen arbeite, kann ich tun, was
ich will. Wenn ich eine passende Arbeitsmethode gefunden habe, kann ich genau den
Film machen, den ich machen will. Teure
Filme kann man nur unter Aufsicht der
Finanziers drehen. Wir leben in einer Zeit,
in der man das bedenken sollte – ich war
zumindest immer wirtschaftlich interessiert.
2011, als die Schuldenkrise in Europa omnipräsent war, verstand ich, dass wir umdenken
mussten – sogar auf meinem Level. Seitdem
drehe ich meine Filme in der Hälfte der Zeit,
mit der Hälfte des Budgets, das ich vorher
hatte – was im Vergleich zu den meisten
anderen Filmen nicht viel war. Dadurch habe
ich viele Freiheiten gewonnen. Ich bestehe
darauf, dass bei meinen Filmen jeder nach Tarif bezahlt wird. Jeder weiß, dass meine Filme
keine Massen ins Kino ziehen – die Zuschauerzahlen sind seit Jahrzehnten konstant – die
Wirtschaftlichkeit meiner Filme ist somit
verhältnismäßig.
Finden Sie in diesen Einschränkungen Energien?
Ich sehe das alles nicht als einschränkend,
sondern eher als das, was für mich am
Philippe Garrel, „Der Schatten von Frauen“
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StadtkinoZeitung
Wichtigsten ist. Ich arbeite mit den Schauspielern, die ich will, der Crew, die ich will,
wir proben sehr viel, ich drehe und schneide
auf 35mm in CinemaScope und Schwarzweiß. Das alles ist Luxus für mich, und nur
möglich, weil ich die Umstände gemeinsam
mit meinem Produzenten Saïd Ben Saïd
genau abgesprochen habe, und wir sie beide
respektieren. Um nichts in der Welt möchte
ich meine Situation ändern und mit anderen
Regisseuren tauschen, die vielleicht höhere
Budgets haben, dafür aber schreckliche
Krisen bewältigen müssen. Natürlich ist es
für mich wichtig, von meiner Kunst leben
zu können, ich würde mich nicht fürs Kino
opfern wollen. Als ich am Konservatorium
unterrichtet habe, machten mir die Studenten Angst, die bereit waren, für die Kunst
zu sterben. Ich bevorzuge die, die für die
Kunst leben wollen.
Sie haben Ihren Produzenten Saïd Ben Saïd bereits erwähnt, mit dem Sie nun zum zweiten Mal
zusammengearbeitet haben.Teilt er Ihre Vision von
Kino, obwohl sein Name eher mit anderen Filmen
in Verbindung gebracht wird?
Ich traf ihn vor sechs Jahren, auf der Geburtstagsfeier von Jean Douchet. Ich wusste nicht,
wer er war, nur dass er Barbet Schroeder
produzierte, was schon mal ein Punkt für ihn
war. Wie er dann über den Soundtrack zu Sie
stand so lange im Scheinwerferlicht (1985) mit
so viel Genauigkeit sprach, hat mich einfach
umgeblasen, und ich sagte mir: Das ist ein
sehr aufmerksamer Produzent. Kurz darauf
fragte ich ihn, ob er einen Film mit mir
machen wollte, und er hat sofort zugesagt. In
seiner Produktionsfirma bin ich der „Kleinste“, weil aber alle an Filmen mit großen Budgets arbeiten, lassen sie mich in Ruhe. Anders
als die meisten Produzenten kümmert sich
Saïd verstärkt um den ausländischen Markt
und nicht bloß die Ergebnisse in Frankreich.
Mir gefällt es sehr, dass meine Filme so um
die ganze Welt gehen und ihr Publikum
erreichen.
Philippe Garrel am Set
Wenn Sie ein Drehbuch schreiben, haben die
Charaktere da bereits ein Gesicht?
Nein, sie sind dann nur Charaktere. Wenn das
Drehbuch fertig ist, suche ich einen Schauspieler aus, dann einen anderen, abhängig
vom ersten und so weiter. In diesem Fall
war das Stanislas Merhar, mit dem ich schon
lange zusammenarbeiten wollte. Ich finde ihn
charismatisch und habe ihn immer gemocht,
ganz besonders in Chantal Akermans Filmen.
Dann dachte ich an Clotilde Courau, die
ich vor langer Zeit mal in einem Fernsehfilm gesehen hatte, wo mir ihre Stärke gleich
aufgefallen ist. Sie ist eine Virtuosin, das war
mir sofort klar. Erst als ich die beiden bei den
Probeaufnahmen zusammen spielen sah,
Gerhart Hauptmann
Vor Sonnenuntergang
Regie Janusz Kica
Mit Martina Ebm, Michael König u.v.a.
IERE
P R E MT E M B E R
P
3. S E
erkannte ich, dass das die richtige Entscheidung für den Film war.
Und die Rolle der Elisabeth?
Ich machte Proben und Testaufnahmen mit
Stanislas und mehreren jungen Schauspielerinnen, darunter Lena Paugam, die vom
Konservatorium kommt. Obwohl ich dort
nicht mehr unterrichte, versuche ich auf dem
Laufenden zu bleiben, was die Studenten
betrifft, weil man dort große Entdeckungen
machen kann. Im Zusammenspiel der beiden
sah ich Potential, das hat mir gefallen, obwohl
wir danach noch sehr intensiv arbeiten
mussten. Ich glaube nicht, dass es möglich
ist, Schauspieler in etwas zu verwandeln, das
sie nicht sind, sondern man muss ihre eigene
Verbindung zu dem Charakter und den
Situationen, die sie darstellen, benützen und
darauf aufbauen. Man darf nur eingreifen,
wenn man nicht alles kaputt macht. Das ist
ein langer und komplexer Prozess, aber auch
sehr spannend.
Sie haben zum ersten Mal mit dem Kameramann
Renato Berta zusammengearbeitet. Haben Sie von
Ihm etwas Spezielles verlangt?
Auch ihn habe ich bei Rette sich, wer kann
(das Leben) bemerkt. Obwohl er zu derselben
Riege von großartigen Kameraleuten gehört,
die mit der Nouvelle Vague assoziiert sind,
unterscheiden sich seine Bilder von denen
Raoul Coutards, Willy Kurants oder Lubtchanskys. Berta ist bemerkenswert was die
Beleuchtung betrifft, und in diese Richtung
wollte ich mit ihm arbeiten. Seine dichten,
anthrazitartigen Bilder erinnerten mich an die
Filme Pabsts und seiner Zeit. Und natürlich
ist er ein echter Veteran, der keine Fehler
macht. Wenn man wie ich, vieles in einer
Einstellung dreht, ist es sehr beruhigend, mit
so einem erfahrenen Techniker zusammenarbeiten zu können.
Wie kam es zu dem Voice-over?
Das gab es von Anfang an, es war Teil des
Projekts. Ich halte es für unmöglich, ein
Voice-over hinzuzufügen, wenn es nicht ein
integraler, notwendiger Aspekt eines Films ist.
Ich mag solche Filme gerne, das ist etwas, das
nur das Kino kann, wenn Wörter plötzlich das
Geschehen kommentieren oder ihm widersprechen. Das kommt von der Nouvelle Vague – Truffaut hat es oft eingesetzt und auch
Godard. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, ein Voice-over sinnvoll einzusetzen,
es sollte Nuancen hervorbringen, die Dialog
oder Schauspiel nicht vermitteln können.
www.josefstadt.org
Karten und Info unter:
T +43 1 42700-300
INSERAT_Vor_Sonnenuntergang_02.indd 1
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Ihre Regie erlaubt es auch, viele unausgesprochene
Dinge zu suggerieren.
Natürlich. Meiner Meinung nach gibt es verschiedene Arten von Regisseuren, diejenigen,
die Maler sein könnten, eingeschlossen.Viele
von ihnen waren sogar welche. Ich fühle mich
dieser Gruppe von Regisseuren zugehörig.
Das bedeutet, dass ich besonderes Augenmerk
auf Substanz, visuelle Aspekte und ästhetische Elemente lege, die zwar eine Bedeutung haben, die aber nicht explizit ist. In Der
Schatten von Frauen gibt es eine Szene, in der
Manon von ihrem Liebhaber nach Hause
geht, während Pierre, der ebenfalls bei seiner
Geliebten war, auf sie in der Wohnung wartet.
Ich habe ein weißes Laken in das Stiegenhaus
gehängt – das ist kein Requisit im praktischen
Sinn und kaum einem wird es auffallen, aber
für mich ist es ein perfektes Beispiel für eine
visuelle Spur, die uns zeigt, dass diese Figur
gerade aus dem Bett kommt. Gewissermaßen
ein Zeichen, das suggestive Kraft am Rand
des Films hat.
Ein Drehbuch kann
und darf nicht alles
vorherbestimmen:
Es gibt Dinge, die
können nur mit der
Kamera geschrieben
werden.
Ist das bei der Eröffnungsszene, die keine Verknüpfung zum Rest der Geschichte hat, ähnlich?
Ganz genau, diese Szene trägt dazu bei, eine
gewisse Spannung zu erzeugen. Oft verwende ich auch Bilder aus meinen Träumen. Ich
suche nach einer Form von traumähnlichen
Erlebnissen, die trotzdem nahe an der Realität
sind. In diesem speziellen Fall das Unheimliche des weiblichen Begehrens, von dem in
der Psychoanalyse die Rede ist.
Was haben Sie von Jean-Louis Aubert, mit dem
Sie zum zweiten Mal zusammenarbeiten, in
Sachen Musik verlangt?
Ich bat ihn, zu ein paar spezifischen Szenen
Lieder ohne Worte zu schreiben, sehr einfache
Musik, fast schon populär. Die Texte kommen
vom Film selbst, nicht nur als gesprochene
Worte, sondern auch von den Bildern. JeanLouis und ich kommen sehr gut aus, wir gehören zum selben Universum, wahrscheinlich,
weil wir aus derselben Generation sind.
Ihr Stil ist so einheitlich, dass man versucht ist, die
Filme miteinander zu vergleichen, um zu sehen,
wie sich Dinge verändert haben. Gibt es einen
Zusammenhang zwischen „La jalousie“ und „Der
Schatten von Frauen“?
Mich interessiert, was ich über das Unbewusste erfahren und verstehen kann. La
jalousie war für mich mit dem Tod meines
Vaters verbunden, Der Schatten von Frauen
mit dem meiner Mutter. Für mich sind beide
Filme von diesen sehr persönlichen Ereignissen beeinflusst.
AB 11. SEPTEMBER IM STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS
Kornél Mundruczó, „Underdog“
06
StadtkinoZeitung
Beiß die Hand, die dich schlägt!
Der Film „Underdog“ von Kornél Mundruczó erzählt von einem gespenstischen
Aufstand der Hunde – und von der ungarischen Gegenwart. KATJA NICODEMUS
W
as ist das für eine Geschichte über
die Odyssee eines Hundes, die wie
ein Kinderfilm beginnt, zum dramatischen Abenteuer wird, sich in einen Horrortrip verwandelt und am Ende einen zart
utopischen Ausblick gibt? Und was ist das für
ein Film, den die New York Times feiert als „Rachefantasie, die Sie nie zuvor gesehen haben“?
Underdog von Kornél Mundruczó ist ein Film
über eine éducation sentimentale – mit einem
Hund und einem Mädchen in den Hauptrollen. Er spielt in einem Land, das Sondersteuern
auf Mischlingshunde erlässt, womit wir zugleich
bei einer Allegorie auf die neofaschistische ungarische Gesellschaft und am Anfang der Geschichte angelangt wären, die hier erzählt wird:
Die Steuern für den Mischling seiner 13-jährigen Tochter will der geschiedene Daniel nicht
zahlen. Seine Exfrau ist mit ihrem neuen Mann
in die Ferien gefahren, hat Kind und Tier beim
Vater abgeladen. Die Frustration über die gescheiterte Ehe verstärkt nur dessen Aggression
gegen das Tier, mit dem die Tochter symbiotisch verbunden ist. Hagen, der kaffeebraune
Labradormischling mit den warmen Augen
und der fortwährend Menschenhände abschleckenden Zunge, wird irgendwo in Budapest an
einer Straßenkreuzung ausgesetzt. So beginnt
die Leidensgeschichte eines Underdogs: Hagen streunt durch die Stadt, wird von Hundefängern ins Tierheim gebracht, landet bei
einem zynischen Imbissbesitzer und schließlich bei einem Spezialisten für Hundekämpfe.
Hier wird das Tier brutal geschlagen und zur
zähnefletschenden Bestie gemacht. Doch die
geschundene Kreatur schlägt zurück. Sie wird
zum Anführer einer regelrechten Hundearmee,
die mit all den fiesen Menschen, die ihren Weg
kreuzen, kurzen Prozess macht.
Das Außergewöhnliche an Underdog, der bei
den Filmfestspielen von Cannes den Preis der
renommierten Filmreihe Un certain regard gewann, ist die Tatsache, dass die Hunde hier einmal nicht die anthropomorphisierten Spiegelungen des Menschen sind. Sie sprechen nicht
und bewegen sich auch nicht wie in einem
Disney-Film in von Menschen gesteuerten
Animationssequenzen. Die 250 Hunde, die
hier in gespenstischen Szenen durch die menschenleeren Straßen von Budapest stürmen,
bleiben Tiere, in ihrem sabbernden, zauseligen,
winselnden Tiersein. Diese Unberechenbarkeit
verleiht ihnen in den Actionszenen stellenweise etwas Unbeholfenes, etwa wenn ein Hund
beim Überrennen einer Polizeibarriere, mit
In einer der beeindruckendsten Szenen des Films erobern die Hunde die Stadt.
den Hinterbeinen strampelnd, an den gestapelten Säcken hängen bleibt. Ebendiese Unberechenbarkeit greift aber auch auf verstörende
Weise auf die Geschichte über.
Die Botschaft von Underdog – eine Politik, die
sich über den Ausschluss von Minderheiten definiert, schürt Aggressionen, die auf sie zurückschlagen – wird durch das Animalische wieder
Hat die Bestie
Mensch in der Bestie
Hund das entfesselt,
was sowieso immer
schon da war?
in eine gewisse Offenheit überführt: Ist es Rache, die die ursprünglich lammfrommen Hunde
zu zähnefletschenden Mordmaschinen macht?
Oder hat die Bestie Mensch in der Bestie Hund
das entfesselt, was sowieso immer schon da war,
nur eingepfercht und eingedämmt von Leinen,
Befehlen, Streicheleien und Hundefutter?
White God, der Originaltitel von Kornél
Mundruczós Film, ist angelehnt an White Dog,
einen 1982 gedrehten Thriller des amerikanischen Regisseurs Samuel Fuller. Fuller erzählt
die Geschichte eines schneeweißen Schäferhundes, der dazu ausgebildet wurde, schwarze
Menschen zu töten, und der nun von einem
schwarzen Trainer umprogrammiert werden
soll – mit desaströsem Ergebnis. White Dog ist
eine Parabel auf den amerikanischen Rassismus
und den verzweifelten Kampf dagegen.
Underdog wiederum verankert seine Hundegeschichte in der beunruhigenden ungarischen
Gegenwart. Parallel zum Schicksal des Tieres
erzählt der Film die Irrungen und Wirrungen
von Lili, die sich auf die Suche nach ihrem
Mischlingshund macht und dabei mit ihrem
Vater, der Polizei und dem autoritären Leiter
ihres Jugendorchesters aneinandergerät. Der
rebellische Geist ihres Aufbruchs spiegelt sich
auch in Mundruczós respektlosem Umgang
mit Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie, die hier
bei Proben bis zur Unkenntlichkeit zerfiedelt,
zerblasen, zerstückelt wird. Die Revolution
der Hunde mag blutrünstig enden. Dennoch
schwingt in Underdog die Notwendigkeit eines
Aufstands mit, in einem Land, dessen Regierung
das Verfassungsgericht entmachtet, Bürger- und
Menschenrechte aufkündigt und Minderheiten
zur Jagd freigibt: "Beiß die Hand, die dich füttert – und schlägt."
•
Aus: Die ZEIT Nr. 26/2015 – Abdruck mit
freundlicher Genehmigung.
Kornél Mundruczó
Fehér Isten - Underdog
(Ungarn 2014)
Regie Kornél Mundruczó
Drehbuch Kata Weber, Kornél Mundruczó,
Viktória Petrányi
Darsteller Zsófia Psotta, Luke und Body,
Sandor Zsoter
Schnitt Dávid Jancsó
Kamera Marcell Rév
Produktion Proton Cinema, Pola Pandora
Filmproduktions, Filmpartners u.a.
Verleih Thimfilm Filmverleih
Länge 121 Min.
Format DCP / Farbe
Auszeichnungen Prix un certain regard und
Palm Dog in Cannes 2014
Ab 28. August im Kino
DAS GROSSE MUSEUM
EIN FILM VON
JOHANNES HOLZHAUSEN
JETZT AUF BLU-RAY UND DVD IM HANDEL UND AN UNSEREN KINOKASSEN ERHÄLTLICH • 19,95
StadtkinoZeitung
Kornél Mundruczó, „Underdog“
07
Zeitlose Wahrheiten auf eine
neue Weise wiedergeben.
Von den Herausforderungen, einen Film mit 250 Hunden zu drehen,
erzählt Regisseur Kornél Munduczó im Gespräch.
Wie entstand die Idee, Hunde in der Rolle der
ewig Ausgestoßenen zu zeigen? Wodurch wurde die
Geschichte inspiriert?
In der Kunst ist es immer schwer, zeitlose
Wahrheiten auf eine neue Weise wiederzugeben. Die Entdeckung der Literatur von
Coetzee war für mich eine Offenbarung.
Seine Werke thematisieren, dass es unter den
untersten Schichten der Ausgestoßenen noch
eine weitere Spezies intelligenter, rationaler
Lebewesen gibt, die auf vielfältige Weise von
Menschen ausgebeutet werden: die Tiere. So
begann ich mich zu fragen, ob es möglich
wäre, mit einem Hund zu drehen? Das war
eine beängstigende, aber auch inspirierende
Herausforderung. Außerdem wollte ich schon
seit langem einen Film mit einem jungen
Mädchen als Heldin drehen. Ein junges
Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein sollte ihre Unschuld auf dieselbe Weise
verlieren wie die Hunde. Es ist eine SpiegelGeschichte, in der ein Strang der Geschichte
nicht ohne den anderen existieren kann.
Wie war es, mit den Hunden zu arbeiten und was
ist anschließend mit ihnen geschehen?
Das war eine geradezu therapeutische Erfahrung. Es war so, als würde man mit Mutter
Natur höchstpersönlich in Kontakt treten,
oder sogar mit einem Teil des Universums. Es
war das große Ganze. Es war die Unendlichkeit. Es war ein Drehprozess, in dessen Verlauf
wir uns an die Hunde anpassen mussten, und
nicht umgekehrt. Der Film ist das besondere Beispiel einer einzigartigen Kooperation
zwischen zwei Spezies. Es war eine erhebende
Erfahrung, dass jeder einzelne Hund, der im
Film auftritt, aus Heimen zu uns kam, und
dass sie alle nach Drehende adoptiert wurden
und ein neues Zuhause fanden.
Wie haben sich die anderen Schauspieler auf die
Arbeit mit den Hunden vorbereitet? Wie haben sie
auf diese Zusammenarbeit reagiert?
Da gab es keinerlei Probleme. Aber diese
Zusammenarbeit verlangte den Schauspielern
tatsächlich eine andere Art von Aufmerksamkeit und Präsenz ab. Beim Umgang mit den
Hunden haben wir uns immer an die amerikanischen Tierschutz-Richtlinien gehalten.
Jede Szene musste für die Tiere spielerisch
und schmerzfrei verlaufen. In gewisser Weise
wurden die Hunde Schauspieler und die
Schauspieler Hunde.
Dieser Film unterscheidet sich in vieler Hinsicht
von Ihren früheren Arbeiten: Können Sie ausführen, worum es Ihnen ging?
Nach zehn Jahren Arbeit, hatte ich das Gefühl,
dass sich eine Zeit dem Ende zuneigt. Tender Son war sozusagen der letzte Satz dieses
Lebenskapitels. Man könnte sagen, ich bin
erwachsen geworden und jetzt als Filmema-
Impressum
Lili (Zsófia Psotta) und Hagen verbindet eine tiefe Freundschaft.
cher am Ende der Teenagerzeit. Ich hatte das
Gefühl, dass die Themen und Gedanken, die
mich interessierten, eine andere Form verlangen. Als Reaktion auf den massiven, kulturellen
Verfall unserer Zeit wollte ich ausdrücklich
ein größeres Publikum erreichen, und auch
das machte eine neue Form nötig. Im Laufe
unserer Arbeit bekam ich es mit einer Reihe
offener Fragen zu tun und allein die Tatsache,
dass ich sie beantworten konnte, ohne mich
zu wiederholen, macht mich schon glücklich.
Trotzdem ist das natürlich auch von Anfang bis
Ende ein echter Mundruczó-Film.
Aber das Wichtigste
für mich ist immer
noch, dass die
Zuschauer im Kino
Herzrasen bekommen.
Für diesen Film haben Sie Ihr Drehbuch-Team
umgebaut. Hat das auch damit zu tun, dass Sie
einen neuen Tonfall suchten?
Ja, aber ich habe im Theater schon eine Weile
mit diesem Team zusammengearbeitet. Mit
Kata Wéber habe ich in den letzten Jahren
Sozialmelodramen geschrieben, die mir dabei
geholfen haben, neue Inhalte in meine Arbeit
einzubeziehen. Und Viktória Petrányi ist
schon seit langer Zeit meine Produzentin und
Telefonische Reservierungen von Mo. bis Do. 8.30-17 Uhr, Fr. 8.30-14 Uhr
unter 522 48 14 – während der Kassaöffnungszeiten: Stadtkino im Künstlerhaus Akademiestraße 13, 1010 Wien, Tel. 712 62 76 / Filmhaus Kino am Spittelberg Spittelberggasse
3, 1070 Tel. 522 48 16. Online www.stadtkinowien.at Herausgeber, Medieninhaber
Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H., Spittelberggasse 3/3, 1070 Wien
Graphisches Konzept Markus Raffetseder Redaktion Claus Philipp Druck
Druck Styria GmbH & Co KG, Styriastraße 20, 8042 Graz Offenlegung
gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von Informationen auf dem Sektor Film und Kino-Kultur. Ankündigung von Veranstaltungen des Stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
Co-Autorin. Mir war es immer wichtig, im
Team zu arbeiten.
spielt, vermittelt das auf der Leinwand mit
unglaublicher Hingabe und enormem Talent.
Dieser Film setzt sich aus Elementen unterschiedlicher Genres zusammen.War es eine bewusste
Entscheidung, Stilmittel aus Melodrama,
Abenteuer- und Rachefilmen zu vermischen?
Es ging weniger darum, sie zu vermischen, als
sie neu zu interpretieren. Es scheint mir, dass
diese Genres in unserer auseinanderfallenden,
osteuropäischen Welt die verschiedenen Schichten der Gesellschaft repräsentieren.Während
das Leben mancher Menschen einer Seifenoper
gleicht, ist das Leben anderer ein Thriller. Im
Alltag wechseln sich diese Genres sich genauso
leicht ab, wie zuhause beim Umschalten der
Fernsehprogramme. Diese Genres im Dienst einer übergeordneten Idee zu verbinden, erschien
mir als ein aufregender Weg. Ist es wirklich
möglich, solche Stereotypen mit realen Gedanken aufzuladen? Manchmal kommen sich diese
Schichten so nahe, dass sie sich durchdringen.
Doch sie sollten durch eine zentrale Idee verbunden sein, und nicht zur Parodie verkommen.
Haben Sie bewusst mit einer sehr jungen Besetzung
und einem sehr jungen Team zusammengearbeitet?
In vieler Hinsicht ja. Aber es hat auch mit
äußeren Einschränkungen zu tun, weil kaum
jemand aus meiner Generation verfügbar war.
Die Idee zu diesem Film entstand sehr schnell,
und alle waren bereits mit anderen Filmen
beschäftigt, als wir sie anriefen. Aber ich habe
mich in den letzten Jahren auch sehr stark verändert, die riskanten Herausforderungen, die
dieser Film bot, waren für mich eine Chance
zur Erneuerung. Die Aufgaben, die dieser
Film stellte, waren selbst für die erfahrensten
Hundetrainer und Teammitglieder neu. Niemand hat jemals mit 250 Hunden gedreht.
Normalerweise sind Hunde im Kino nur dazu
da, um einen Geburtstagskuchen vom Tisch
zu schnappen.
Welche Gefühle möchten Sie in Ihren Zuschauern
beim Sehen des Films wecken?
Da dies ein sehr moralischer Film ist, der
starke moralische Fragen aufwirft, muss das
Publikum zu einem moralischen Standpunkt finden. Aber das Wichtigste für mich
ist immer noch, dass die Zuschauer im Kino
Herzrasen bekommen.
Warum haben Sie die Ungarische Rhapsodie als
Hauptthema des Films gewählt?
Tom und Jerry sind eine wichtige Referenz,
die in der ganzen Welt bekannt ist, darum ist
es eine eingängige Melodie, die aber zugleich
wegen ihrer Bekanntheit inhaltsleer ist. Ich
habe eine Musik gesucht, die emblematisch
für Ungarn steht, und zugleich für etwas, das
vergangen ist. Im Film lässt ein niedergeschlagener Dirigent die Kinder dieses Stück
spielen. Die Szenen in der Konzerthalle sind
mit den Bildern der wütenden Hunde unterschnitten, eine Wut, die in enger Verbindung
zur inneren Wahrheit der Rhapsodie steht.
Sie wird aber auch durch den Anblick des
Trompete spielenden Mädchens ausgelöst,
die so wie im Märchen in der Lage ist, Tiere
zu verstehen. Zsófia Psotta, die das Mädchen
In welchem Maße ist der gegenwärtige politische
Zustand Ungarns der Kontext des Films?
Vor allem ist der Film eine Kritik des ehemaligen und zukünftigen Ungarn, in dem eine
kleine Schicht über eine große Masse herrscht.
Das trifft in wachsendem Maße auch auf Europa zu. Eine kleine, elitäre Gruppe beansprucht
ihr Recht auf die Macht, während sich die
Politiker als Stars gerieren, die wir wie in einer
Reality-Show wählen und abwählen. Das sind
gefährliche Tendenzen und wenn wir nicht
aufpassen, werden sich die Massen eines Tages
gegen ihre Meister erheben.
In den letzten vierzig Minuten des Films sind
Bilder zu sehen, die es so noch nie gab:Warum war
Ihnen das wichtig?
Das sind die Momente, in denen sich die
Massen auflehnen. Das ist die Angst, die
derzeit in Europa umgeht: vor dem Aufstand
der Massen. Und sie tun alle gut daran, Angst
zu haben. Ich habe nach ikonischen Bildern
gesucht, die das vermitteln, damit wir sehen,
wohin es führt, wenn wir uns nicht in die
Position einer anderen Spezies hineinversetzen, in die Position des Gegners, der Minderheit. Ich wollte deren Perspektive zeigen.
Die Kunst darf ihren kritischen Standpunkt
niemals aus den Augen verlieren. Sie muss der
Gesellschaft den Spiegel vorhalten.
E IN FILM VON SA
TL (AN FANG 80)
D G E R HAR D E R
B IN E H IE B LE R U N
MIT ANNA POSCH MARKUS SUBRAMANIAM THOMAS SCHUBERT STEFANIE REINSPERGER SUSI STACH U.A.
BUCH / REGIE SABINE HIEBLER GERHARD ERTL NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON CORNELIA TRAVNICEK , ERSCHIENEN IM DVA VERLAG , EIN UNTERNEHMEN DER VERLAGSGRUPPE RANDOM HOUSE BILDGESTALTUNG WOLFGANG THALER AAC
SCHNITT ROLAND STÖTTINGER SZENENBILD NIKOLAI RITTER KOSTÜM MONIKA BUTTINGER MASKE DANIELA LANGAUER CASTING JUDITH LIMBERGER EVA ROTH TON HJALTI BAGER-JONATHANSSON MISCHUNG INGO PUSSWALD
MUSIK SOAP&SKIN HELLA COMET MONSTERHEART JULIAN & DER FUX PROPELLA CHROME BILDERBUCH CLARA LUZIA APPARAT PRODUKTIONSLEITUNG MONIK A MARUSCHKO HERSTELLUNGSLEITUNG MANFRED FRITSCH
PRODUZENTEN DANNY KRAUSZ KURT STOCKER EINE DOR FILM PRODUKTION IN KOPRODUKTION MIT HIEBLER-ERTL-FILM HERGESTELLT MIT UNTERSTÜTZUNG VON
WWW.CHUCKS-DERFILM.AT
FACEBOOK.COM/CHUCKSDERFILM
AB 25. SEPTEMBER IM KINO
PHOTOGRAPHY IRENE SCHAUR ARTWORK GIJS KUIJPER
IN,
S VON SOAP&S K,
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RA LUZ IA
VON COR N E LIA TR
ILD E R B UCH, CLAFUX U.A.
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