100land

Angelico
Neubau Krematorium,
Thun-Schoren (CH),2015
Anonymer einstufiger
Projektwettbewerb
im offenen Verfahren
mit Felgendreher Olfs Köchling
Architekten, Berlin
3.Rang, 1.Ankauf
Der Friedhof als Park
Die Grünanlage wird mit einem differenzierten Wegenetz und dem lockeren, parkartigen Baumbe­
stand aus der räumlichen Grundstruktur des Friedhofs weiterentwickelt. Im Bereich des Kremat­
oriums stehen die Baumgruppen auf den Grünflächen, akzentuiert mit locker platzierten Blutbu­
chen. Diese heben sich kontrastreich vor dem Hintergrund der grünen Laubbäume ab und geben
dem Ort eine besondere Identität. Der Hauptzugang zum Krematorium erfolgt über einen kleinen
Vorplatz an der Strättlingenstrasse von dem der Besucher durch eine freistehende, skulpturale
Be­tonmauer die Parkanlage betritt. Hier präsentiert sich das Krematorium über einen bodenebenen Wasserspiegel und die offenen, ruhigen Rasenfelder als leichtes Gebäude im Park. Raum
und We­geführung sind grosszügig angelegt. Lichtungen eröffnen Ausblicke in die Grünanlage und
die nahe gelegenen Landschaftsräume. Die seitliche, abgewandte Zufahrt zur Annahme ist frei
zugänglich, jedoch in den Bildhintergrund verschoben und durch die natürliche Topographie leicht
versenkt und dadurch hierarchisiert.
Der offene Pavillon
Das Krematorium zeigt sich als pavillonhaftes, eingeschossiges Bauwerk. Arkaden öffnen das
Gebäude zum Park. Dieser überdachte Aussenraum ist die eigentliche Eingangshalle des Hauses.
Von hier werden Ofenvorraum, Aufbahrungsräume und Bestattungsamt betreten. Die Konzeption
des Grundrisses mit vielen Zugängen ermöglicht auch gleichzeitig unterschiedliche Abläufe
und Rituale. Jeder kann selbst entscheiden, ob er alleine sein möchte oder die Gemeinschaft
sucht. Diese Freiheit und Flexibilität in der Nutzung ist essentiell für eine langfristige Nutzung
als Krematorium für alle Religionen, Bevölkerungsgruppen und Generation. Die starke Form des
einfachen Rundbogens bietet vielfältige Assoziations- und Bezugsmöglichkeiten. Es besteht die
Chance, dass sich hierin Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen
wiederfinden können.
1 0 0 Landschaftsarchitektur - Käthe Niederkirchner Strasse 7 - 10407 Berlin - T&F +49 . 30 . 46 79 46 71 - www.100land.de - [email protected]
Die Schwelle
Das Hinaustreten aus dem Haus ist womöglich wichtiger als das Hineingehen: Nachdem der
Trauernde den Verstorbenen das letzte Mal gesehen hat, tritt er in den Schwellenraum zwischen
Park und Haus. Er kann sich auf einer der Bänke niederlassen, oder in den Park hinaustreten und
allein sein, wenn ihm danach ist. Der Landschaftsraum fliesst ins Gebäude und holt den Trauern­
den ab. Die Sargannahme und die Anlieferung für die Blumen befinden sich auf der dem Friedhof
abgewandten Seite. Hier befinden sich auch die Räume für die Administration von Krematorium
und Bestattungsamt. Trotzdem ist es möglich das Gebäude auch als Friedhofbesucher auf den
Park­wegen zu umschreiten.
Dem Himmel näher als der Erde, Räume des Abschieds
Im Krematorium werden die Menschen nicht begraben, sondern verbrannt. Die Oberlichter lassen
zenitales Licht einfallen und stehen für das Hinaustreten, das Entschwinden. Die Tonnendächer
vermitteln Schutz und Geborgenheit für die Trauernden. Die Materialiät der Betonwände hat eine
starke Präsenz. Im Aufbahrungsraum sind die Wände fein geschliffen. Erde in Form von Sand und
Kies kommen zum Vorschein. Das profane Material wird veredelt. Der matte Glanz reflektiert das
Licht. Im Aufbahrungsraum bleiben die Tageszeiten mit unterschiedlichen Lichtqualitäten wahrnehmbar. Der Ofen mit dem Vorraum bildet das Herz der Anlage. Materiell bleibt bei der Kremation
Asche und Rauch. Die Trauerräume im neuen Krematorium vermitteln zwischen dem Leichten und
dem Schweren, zwischen dem Dinglichen und dem Flüchtigen.
Die Fügung
Obwohl es sich beim Beton um ein monolithisches Material handelt, erscheint das Haus als ein
gefügtes Gebilde. Der Massstab der schweren Betonfertigteile lässt eher an Steinplatten in einem
Steinbruch oder an Grabsteine denken, als an eine handwerkliche Vermauerung.
Das Gebäude „verliert“ so den alltäglichen, profanen Massstab. Die Oberfläche variiert je nach
Raum den sie begrenzen, von seidenmatt geschliffen im Aufbahrungsraum bis sandgestrahlt im
Aussenbereich. Auch das weckt Erinnerungen an die unterschiedlichen Bearbeitungstechniken
des Steinmetzes. Die Vorfabrikation verkürzt die Bauzeit. Die Oberflächen könne im Werk relativ
kostengünstig maschinell erstellt werden. Die industrielle Fertigung ist letztlich auch ein Verweis
auf die rationale und standardisierte Technik hinter den Wänden des Krematoriums. Der Minergie
P-Standard kann mit den geplanten Dämmstärken, Solarpaneelen auf dem Dach, einer effizienten
Wärmerückgewinnung und ggf. einer unterstützenden Grundwasserwärmepumpe erreicht werden.
Die zweite Etappe
Der Neubau für die Friedhofsbewirtschaftung ist als separater Baukörper am Haupteingang ange­
ordnet. Aus dem orthogonalen Raster des Friedhofs herausgedreht orientiert er sich eher an der
be­nachbarten Bebauung in der Strättlingen-, bzw. C.F.L.-Strasse. An den Aussenanlagen der
Etappe 1 muss nichts geändert werden. In dem Bereich befinden sich, kompakt angeordnet alle
notwendigen Funktionen für die effiziente Bewirtschaftung des Friedhofs. Das Gebäude ist wie das
Krematorium aus Betonfertigteilen konstruiert. Die Form ist maximal schlicht, einfach und effizient. Die Ober­fläche des dunkel eingefärbten und ausgewaschenen Betons orientiert sich an den
Hecken, die den Friedhof begrenzen.
1 0 0 Landschaftsarchitektur
Thilo Folkerts
Angelico 2 / 8
ANGELICO
I
DER FRIEDHOF ALS PARK
D i e Gr ü nan lage w i rd mi t e i n em d i ffer en z i er t en W eg en et z un d d em l o c ker en , p a r ka r t i g en Ba um b e s tan d aus de r r äumli che n Gr un d st r ukt ur d es Fr i ed h o fs w ei t er en t w i c kel t . I m Ber ei ch d es K r em a tor i u ms s te he n di e B aumgrup p en auf d en Gr ün f l ä chen , a kz en t ui er t m i t l o cker p l a t z i er t en Bl ut b u che n . D i e s e heb e n s i ch ko n t r a st r ei c h v o r d em H i n t er g r un d d er g r ün en L a ub b ä um e a b un d geb en
d e m O r t e i n e b e s o n d e r e Ident it ät. Der Hauptzugang zum Krematorium erfolgt über einen k leinen
Vor pl atz an de r St r ätt li ngenst r ass e, v o n d em d er Besuch er d ur ch ei n e fr ei st eh en d e, skul p t ur a l e Bet o n m a u e r d i e P a r k a n l a g e betritt. Hier präsentiert sich das Krematorium über einen bodenebenen
Was s e r s p i e ge l un d di e of fe n en , r uh i g en R a sen fel d er a l s l ei c h t es Geb ä ud e i m P a r k. R a um un d W e ge f ühr u n g s i n d gr os s z ü gi g a n g el eg t . L i chtungen eröf f nen Ausbl i cke i n d i e Gr ünan l age und d i e na he
gele ge ne n L ands chaf ts r äume. D i e sei t l i ch e, a b g ew a n d t e Z ufa h r t z ur A n na h me i st f rei z ug äng l i ch ,
j e d o c h i n d e n B i l d h i n t e r g rund verschoben und durch die natürliche Top og raphie leicht vers en kt
und d a durch h i er a r c h i si er t .
La g e p l a n Et a p p e 1 , M a s s t a b 1: 500
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Thilo Folkerts
Angelico 3 / 8
ANGELICO
G r u n d r i ss EG , M a sst a b 1 : 2 0 0
G r u n d r i ss U G , M a sst a b 1 : 5 0 0
II
DER OFFENE PAVILLON
D as K remat o ri u m zei g t s ic h a l s p a v i l l o n h a f t e s e i n g e sc h o ssi g e s B a u w e r k . A r k a d e n ö ff n e n d a s G e b ä u d e z u m P a r k . D i e s e r ü berdachte Aussenraum ist die eigentliche Eingangshalle des Hauses. Von
h i er w erd en O fen v o rrau m , A u f b a h r u n g sr ä u m e u n d B e st a t t u n g sa m t b e t r e t e n . D i e K o n z e p t i o n d e s
G r u n d r i s s e s m i t v i e l e n Z u g ä n g e n e r m ö g l i c h t a u c h g l e i c h z e i t i g u n t e r sc h i e d l i c h e A b l ä u f e u n d R i t ua l e . J e d e r k a n n s e l b s t e n t sc h e i d e n , o b e r a l l e i n e se i n m ö c h t e o d e r d i e G e m e i n sc h a f t su c h t . D i e se
F r e i h e i t u n d F l e x i b i l i t ä t i n d e r N u t z u n g i st e sse n t i e l l f ü r e i n e l a n g f r i st r i g e N u t z u n g a l s K r e m a t or i u m f ü r a l l e R e l i g i o n e n , Bevölkerungsgruppen und Generationen. Die starke Form des einfachen
Ru n d b o g en s b i et et v i el fäl ti g e A sso z i a t i o n s- u n d B e z u g sm ö g l i c h k e i t e n . Es b e st e h t d i e C h a n c e , d a ss
s i c h h i e r i n Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen
H i n t e rg r ü n d e n w i e d e r f i n d e n k ö n n e n .
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Thilo Folkerts
Angelico 4 / 8
ANGELICO
A n si c h t e n , M a sst a b 1 : 2 0 0
III
DIE SCHWELLE
D as H i n au s t ret en au s d e m H a u s i st w o m ö g l i c h w i c h t i g e r a l s d a s H i n e i n g e h e n : N a c h d e m d e r
Tr a u e r n d e d e n Ve r s t o r b e n e n d a s l e t z t e M a l g e se h e n h a t , t r i t t e r i n d e n S c h w e l l e n r a u m z w i sc h e n
P a r k u n d H a u s . E r k a n n s ich auf einer der Bänke niederlassen, oder in den Park hinaustreten und
al l ei n s ei n , w en n i h m d an a c h i st . D e r La n d sc h a f t sr a u m f l i e sst i n s G e b ä u d e u n d h o l t d e n Tr a u e r nd en ab . D i e Sarg an n ah me u n d d i e A n l i e f e r u n g f ü r d i e B l u m e n b e f i n d e n si c h a u f d e r d e m F r i e d h o f
ab g ew an d t en Sei t e. H i er be f i n d e n si c h a u c h d i e R ä u m e f ü r d i e A d m i n i st r a t i o n v o n K r e m a t o r i u m
u n d Bes t at t u n g s amt . Tro t z d e m i st e s m ö g l i c h d a s G e b ä u d e a u c h a l s F r i e d h o f b e su c h e r a u f d e n P a r kw e g e n z u u m sc h r e i t e n .
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Thilo Folkerts
Angelico 5 / 8
ANGELICO
Q u e r sc h n i t t , M a sst a b 1 : 200
Lä n g ssc h n i t t , M a sst a b 1 : 200
IV
D EM HIMMEL NÄHER ALS DER ERDE
RÄUME DES ABSCHIEDS
I m K r e m a t o r i u m w e r d e n die Menschen nicht begraben, sondern verbrannt. Die Oberlichter lassen
zen i t al es L i ch t ei n fal l en u n d st e h e n f ü r d a s H i n a u st r e t e n , d a s En t sc h w i n d e n . D i e To n n e n d ä c h e r
v e r m i t t e l n S c h u t z u n d G e b o rg e n h e i t f ü r d i e Tr a u e r n d e n . D i e Ma t e r i a l i t ä t d e r B e t o n w ä n d e h a t e i n e
s t a r k e P r ä s e n z . I m A u f b a hrungsraum sind die Wände fein geschliffen. Erde in Form von Sand und
K i e s k o m m e n z u m Vo r s c h e i n . D a s p r o f a n e Ma t e r i a l w i r d v e r e d e l t . D e r m a t t e G l a n z r e f l e x t i e r t d a s
L i c h t . I m A u f b a h r u n g s r a u m b l e i b e n d i e Ta g e sz e i t e n m i t u n t e r sc h i e d l i c h e n Li c h t q u a l i t ä t e n w a h rn e h m b a r. D e r O f e n m i t d e m Vorraum bildet das Herz der Anlage. Materiell bleibt bei der Kremation
A s c h e u n d R a u c h . D i e Tr auerräume im neuen Krematorium vermitteln zwischen dem Leichten und
d em Schw e r e n , z w i sc h e n d e m D i n g l i c h e n u n d d e m F l ü c h t i g e n .
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Thilo Folkerts
Angelico 6 / 8
ANGELICO
K o n st r u k t i o n ssc h n i t t , M a sst a b 1 : 5 0
V
DIE FÜGUNG
O b w o h l e s s i c h b e i m B e t o n u m e i n m o n o l i t h i sc h e s M a t e r i a l h a n d e l t e r sc h e i n t d a s H a u s a l s e i n
g e f ü g t e s G e b i l d e . D e r M a sst a b d e r sc h w e r e n B e t o n f e r t i g t e i l e l ä sst e h e r a n S t e i n p l a t t e n i n e i n e m
St ei n b ru ch o d er an G rab s t e i n e n d e n k e n a l s a n e i n e h a n d w e r k l i c h e Ve r m a u e r u n g . D a s G e b ä u d e „ v e rl i e r t “ s o d e n a l l t ä g l i c h e n , p r o f a n e n M a sst a b . D i e O b e r f l ä c h e v a r i i e r t j e n a c h R a u m d e n si e b e g r e nzen , v o n s ei d en mat t g es chli ff e n i m A u f b a h r u n g sr a u m b i s sa n d g e st r a h l t i m A u sse n b e r e i c h . A u c h d a s
w eck t E ri n n eru n g en an d i e u n t e r sc h i e d l i c h e n B e a r b e i t u n g st e c h n i k e n d e s S t e i n m e t z e s. D i e Vo r f ab ri k at i o n v erk ü rzt d i e Bau z e i t . D i e O b e r f l ä c h e n k ö n n e n i m We r k r e l a t i v k o st e n g ü n st i g m a sc h i n e l l
e r s t e l l t w e r d e n . D i e i n d u s t r i e l l e F e r t i g u n g i st l e t z t l i c h a u c h e i n Ve r w e i s a u f d i e r a t i o n a l e u n d st a nd ard i s i ert e Tech n i k h i n t er d e n W ä n d e n d e s K r e m a t o r i u m s. D e r M i n e r i e P - S t a n d a r d k a n n m i t d e n
g e p l a n t e n D ä m m s t ä r k e n , Solarpaneelen auf dem Dach, einer effizienten Wärmerückgewinnung und
g g f. ei n er u nt e r st ü t z e n d e n G r u n d w a sse r w ä r m e p u m p e e r r e i c h t w e r d e n .
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Angelico 7 / 8
ANGELICO
La g e p l a n Et a p p e 2 , M a sst a b 1 : 5 0 0
G r u n d r i ss U G , M a sst a b 1 : 2 0 0
G ru n d ri s s E G , Mas s t ab 1 : 2 0 0
Q u e r sc h n i t t , M a sst a b 1 : 2 0 0
VI
DIE ZWEITE ETAPPE
D er N eu b au fü r d i e Fri edho f sb e w i r t sc h a f t u n g i st a l s se p e r a t e r B a u k ö r p e r a m H a u p t e i n g a n g a n g eo rd n et . A u s d em o rt h o g o na l e n R a st e r d e s F r i e d h o f s h e r a u sg e d r e h t o r i e n t i e r t e r si c h e h e r a n d e r b e n a c h b a r t e n B e b a u u n g i n d er Strättlingen-, bzw. C.F.L.-Strasse. An den Aussenanlagen der Etappe 1
m u s s n i c h t s g e ä n d e r t w e r den. In dem Bereich befinden sich, kompakt angeordnet alle notwendigen
Fu n k t i o n en fü r d i e effi zi en t e B e w i r t sc h a f t u n g d e s F r i e d h o f s. D a s G e b ä u d e i st w i e d a s K r e m a t o r i u m
a u s B e t o n f e r t i g t e i l e n k o n st r u i e r t . D i e F o r m i st m a x i m a l sc h l i c h t , e i n f a c h u n d e ff i z i e n t . D i e O b e rf l ä c h e d e s d u n k e l e i n g e f ä rbten und ausgewaschenen Betons orientiert sich an den Hecken, die den
Friedhof begrenzen.
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Thilo Folkerts
Angelico 8 / 8