Industrie 4.0 als Chance begreifen

Industrie 4.0 als Chance begreifen
SMART
LOGISTICS
SMART
HEALTH
SMART
MOBILITY
SMART
BUILDINGS
SMART
GRIDS
SMART
PRODUCTS
Key Facts
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Von 2014 bis 2015 ist die Bedeutung individueller Kundenwünsche laut
einer Umfrage von 59 auf 68 Prozent gestiegen – damit liegt das Thema nur
knapp hinter dem Spitzenreiter Effizienzsteigerung mit 79 Prozent.
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Ein zentrales Ziel, das Unternehmen mit der Umsetzung von Industrie 4.0
verfolgen, ist die Produktivitätssteigerung durch Erhöhung des Automatisierungsgrads und IT-Durchdringung in der Wertschöpfungskette.
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Für die Umsetzung von Industrie 4.0 sind bereits verschiedene Architekturmodelle entwickelt worden, die nun in der Praxis ihren Nutzen belegen
müssen.
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IT-Durchdringung: Studienergebnisse belegen, dass heute bereits 15 Prozent der deutschen Produktionsunternehmen dezentrale/selbststeuernde
Produktionsprozesse einsetzen.
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2 ▪ INDUSTRIE 4.0
Industrie 4.0 steht für den Einzug des Internets auf dem Shop Floor. Ziel
dieser Entwicklung ist die Produktion individueller Produkte in der Geschwindigkeit der Massenfertigung.
Automatisierungsgrad: 42,8 Prozent der produzierenden Unternehmen geben an, dass ihre Produktion heute vorwiegend manuell geprägt ist.
Nicht nur die Produktion von morgen wird von Vernetzung geprägt sein.
Durch die Digitalisierung und Vernetzung aller Lebenswelten entstehen
neue Potenziale für alle Beteiligten.
Ein weiteres Ziel für Unternehmen auf dem Weg zu Industrie 4.0 ist die
Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zur Generierung von Diensten, die
es bisher noch nicht gibt.
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Was ist Industrie 4.0?
Nachdem das Internet den Handel durch E-Commerce disruptiv
verändert hat, ist nun die produzierende Industrie an der Reihe.
Ähnlich wie vor 15 Jahren gibt es auch heute viele Skeptiker, die
in der „Internetbewegung“ einen gehaltlosen Aktionismus von
Spinnern sehen. Und ähnlich wie beim E-Commerce gehen aus
Industrie 4.0 neue Gewinner, aber auch Verlierer, hervor. Schon
heute sind Analogien zwischen dem E-Commerce-Hype und dem
Wirbel um Industrie 4.0 zu erkennen. Erste Unternehmen haben
sich Erfolg versprechend und vorbehaltlos auf den Weg zu Industrie 4.0 gemacht. Einige Tradierte verharren unter der Annahme,
diese Modeerscheinung würde spurlos an ihnen vorüberziehen.
Aber die meisten sind sich unsicher, ob die Vernetzung cyberphysischer Systeme auf die produzierende Industrie und somit
auf das eigene Unternehmen eine wesentliche Auswirkung haben
wird.
Der Spitzencluster it’s OWL und die UNITY AG haben gemeinsam mit den Clusterpartnern, dem Heinz Nixdorf Institut und der
Fraunhofer-Projektgruppe Entwurfstechnik Mechatronik, eine
Studie zum Thema „Leitlinien zur Entwicklung einer Referenzarchitektur im Kontext Industrie 4.0“ erstellt. Die Studie gibt einen
Überblick über die heterogene und schnell wachsende Landschaft
von Architekturmodellen und stellt die Sicht von Unternehmen auf
das Thema Referenzarchitektur für Industrie 4.0 dar. Dazu wurden
Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Automobil- und Automatisierungstechnik, der Halbleiterproduktion sowie
Softwarehäuser und Beratungsunternehmen in ganz Deutschland befragt. Die vorliegende OPPORTUNITY basiert auf den
Ergebnissen der Studie, die ab September 2015 unter www.itsowl.de kostenlos bezogen werden kann.
Die zwei wesentlichen Handlungsfelder für Unternehmen sind
die Digitalisierung, also die Erhöhung des Automatisierungsgrads zur Steigerung der Produktivität, sowie die Entwicklung
neuer Geschäftsmodelle zur Generierung von Diensten und
Umsätzen. Wir schlagen vor, wie sich Unternehmen konkret mit
Industrie 4.0 beschäftigen sollten, um sowohl einen kurzfristigen
als auch einen langfristigen Nutzen daraus zu ziehen.
Innovatoren, Zauderer und Unentschlossene suchen ihren Weg.
CONSULTING & INNOVATION
Die OPPORTUNITY stellt die
zwei wesentlichen Handlungsfelder für Unternehmen vor:
Digitalisierung und Geschäftsmodelle
INDUSTRIE 4.0 ▪ 3
Industrie 4.0 – Internet auf dem Shop Floor
Das Internet – nicht der
Computer – ist die Kerntechnologie der vierten industriellen
Revolution.
Industrie 4.0 wird als die vierte industrielle Revolution bezeichnet.
Auf den Punkt gebracht waren die wesentlichen Technologien der
ersten industriellen Revolution die Dampfmaschine, der zweiten
industriellen Revolution die elektrische Energie und die der dritten
die Automatisierungstechnik und der Computer! Dass der Computer in der Produktion – auf dem Shop Floor – das wesentliche
Merkmal der dritten industriellen Revolution gewesen ist, wird
häufig vergessen. Viele zu Industrie 4.0 veröffentlichte Beispiele
stellen daher eher einen Beitrag zur Industrialisierung auf dem
Stand 3.x dar.
Die Kerntechnologie der vierten industriellen Revolution ist nun
der Einzug des Internets auf dem Shop Floor! Vernetzte, autonome Produkte und Entscheidungsprozesse, sogenannte CyberPhysical Systems (CPS), steuern Wertschöpfungsnetzwerke
nahezu in Echtzeit. Ermöglicht wird dies durch Werkstücke und
Produktionsmittel, die digital verknüpft sind, also IP-Adressen
haben und damit Kommunikationsfähigkeit besitzen.
Charakterisierung von Cyber-Physical Systems
„Cyber-Physical Systems sind physikalische Systeme mit einer
inhärenten Teilintelligenz durch eingebettete Software, die über
Sensoren Daten erfassen und durch Aktoren auf das System
und das Umfeld einwirken, Daten auswerten und speichern sowie aktiv oder reaktiv mit der realen physikalischen und der
virtuellen digitalen Welt interagieren, über digitale Kommunikationseinrichtungen untereinander sowie in globalen Netzen
verbunden sind.“ Quelle: acatech Position, Cyber-Physical Systems, 2012
Internet of Things and Services
Vernetzung prägt nicht nur die
Produktion der Zukunft, sondern
durchdringt alle Lebensbereiche.
4 ▪ INDUSTRIE 4.0
Es sind allerdings nicht nur Produkte und Produktionsmittel miteinander vernetzt. Grundsätzlich können alle vorstellbaren Dinge
mit Kommunikationstechnik ausgestattet und über das Internet
vernetzt werden. Wir sprechen vom „Internet der Dinge“ oder
international „Internet of Things“ (IoT). Durch diese Vernetzung
und Kommunikation entstehen seit vielen Jahren im Netz (Internet, Cloud) schon Unmengen an Daten (Big Data), mit denen
ganz neue Dienste (Services) erbracht werden können. Daher
wird dieses auch „Internet der Dienste“ bzw. „Internet of Services“
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
(IoS) genannt. Durch die Digitalisierung und Vernetzung aller
Lebenswelten entstehen neue Chancen für alle Beteiligten. Um
mit diesen Datenmengen effektiv und effizient arbeiten zu können, setzt sich nach „big“ nun in vielen Bereichen der Begriff
„smart“ durch. So gibt es neben der Smart Factory und den Smart
Products auch Smart Logistics, Smart Buildings, Smart Mobility,
Smart Grids oder Smart Health. Während „big“ die große Menge
der Daten hervorhebt, zeichnet „smart“ die Daten in der Datenmenge aus, die für das Geschäftsmodell und den Geschäftserfolg entscheidend sind.
Abb. 1: Die zunehmende Vernetzung beschränkt sich nicht auf die Produktion, sondern durchzieht alle Lebensbereiche. [1]
Die Vision von Industrie 4.0
Industrie 4.0 hat zum Ziel, individuelle Produkte zu den Bedingungen der Massenfertigung herzustellen. Die sechs zentralen
Merkmale von Industrie 4.0 sind laut Prof. Dr. Henning Kagermann, Präsident acatech, folgende:
▪▪ Individualisierung (Losgröße 1) zu den ökonomischen Konditionen eines Massenherstellers wird Realität.
▪▪ Die Produktion wird hochflexibel, hochproduktiv (bis zu +50 %),
ressourcenschonend (bis zu -50 %) und urbanverträglich.
▪▪ Wertschöpfungsprozesse werden bedarfsorientiert in Echtzeit
optimiert: Bildung virtueller Ad-hoc-Organisationen.
▪▪ Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird mit Rücksichtnahme
auf die individuelle Verfügbarkeit der Mitarbeiter möglich.
▪▪ Arbeitnehmer profitieren von intelligenten Assistenzsystemen.
▪▪ Infrastruktur kann schrittweise nachgerüstet werden.
Die sechs zentralen Merkmale
von Industrie 4.0
INDUSTRIE 4.0 ▪ 5
Systematisch vorgehen: Zukunftsorientierte
Unternehmensgestaltung
Nach Gausemeier/Plass basiert das Modell der zukunftsorientierten Unternehmensgestaltung auf den vier Ebenen Vorausschau,
Strategien, Prozesse und Systeme. Hiernach sind die Entwicklungen von Märkten und Technologien zu antizipieren, um die
Chancen von morgen, aber auch die Bedrohungen für das etablierte Geschäft von heute frühzeitig zu erkennen.
Die vierte industrielle Revolution ist durch die Internettechnologie
geprägt. Damit kommt der Impuls aus der Systemebene. Die
Unternehmensleitung muss sich die Frage stellen, inwieweit die
zu unterstützenden Geschäftsprozesse definiert sind, der Geschäftsstrategie folgen und damit auf einem Zukunftsentwurf,
einer Vision, beruhen.
Der Impuls kommt aus der Systemebene – erfolgreich wird nur
sein, wer auch die anderen drei
Ebenen systematisch einbezieht.
Abb. 2: Auch für Industrie 4.0 bieten die vier Ebenen der zukunftsorientierten Unternehmensgestaltung eine Orientierung.
Der Systemebene kommt somit eine neue und entscheidende
Bedeutung zu. Ohne den technologischen Impuls sind die neuen
Geschäftsprozesse und oftmals auch die damit verbundenen Geschäftsmodelle nicht realisierbar. Damit neue Geschäftsprozesse
oder sogar Geschäftsmodelle entwickelt werden können, ist es
notwendig, die Technologien und deren Auswirkungen zu verstehen. Inwieweit wird über einen Hype gesprochen, was ist bereits
Realität und damit leicht umsetzbar? Was wird aktuell erforscht
und sollte in Technologie-Roadmaps eingebunden werden?
6 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Zwar ist bei Industrie 4.0 der Grundgedanke „Internet auf dem
Shop Floor“, dennoch spielen viele weitere Technologien wie z. B.
Sensorik, Aktorik, Automatisierungstechnik sowie Software zur
Prozess- und Unternehmenssteuerung eine entscheidende Rolle. Um das Zusammenspiel dieser Technologien zu verstehen, ist
es notwendig, die möglichen Architekturen zu analysieren und zu
antizipieren, welche Veränderungen in Zukunft zu erwarten sind.
Industrie 4.0 verstehen –
Übergeordnete Merkmale
Um Industrie 4.0 zu realisieren, bedarf es spezieller Informationsarchitekturen in den Unternehmen. Folgende Eigenschaften sind
für diese zukünftigen Informationsarchitekturen notwendig:
▪▪ Wandlungsfähigkeit für viele neue Produktvarianten mit Auswirkungen auf Integration und Interoperabilität in der produktionsnahen IT;
▪▪ Echtzeitfähigkeit mit Auswirkungen auf die schnelle Bereitstellung von Informationen an die berechtigten Nutzer;
▪▪ Integration der Produktions-IT in die Gesamt-IT-Architektur
eines Unternehmens;
▪▪ Standardisierung, die Mechanismen der Zusammenarbeit
und auszutauschende Informationen festlegt;
▪▪ Netzwerkfähigkeit zur Erweiterung des Blickfelds von einem
Unternehmen auf Standort- und Firmenverbünde;
▪▪ IT-Unterstützung entlang des kompletten Lebenszyklus von
Produkt und Produktion.
Die Anforderungen an zukünftige
Informationsarchitekturen von
Unternehmen
Um diese Eigenschaften zu realisieren, sind drei übergeordnete
Merkmale für Referenzarchitekturen im Rahmen von Industrie 4.0
zu berücksichtigen:
1.Vertikale Integration und vernetzte Produktionssysteme
2.Horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke
3.Durchgängigkeit des Engineering über den gesamten
Lebenszyklus
INDUSTRIE 4.0 ▪ 7
Vertikale Integration und vernetzte Produktionssysteme
Es bietet sich an, den Status quo der Automatisierungspyramide
zu betrachten. Trotz jahrelanger Bestrebungen, eine durchgängige Systemlandschaft zu realisieren (vgl. CIM etc.), ist die Pyramide in den meisten Unternehmen immer noch dadurch gekennzeichnet, dass streng hierarchische Kommunikationsstrukturen
und abgegrenzte Ebenen vorliegen. Die durchgängige Vernetzung von der Unternehmensleitebene bis hin zur Feldebene ist
nur mit sehr hohem Aufwand herzustellen und weist kaum Standardisierung auf. Die Vernetzung über die Unternehmensgrenzen
hinweg ist eingeschränkt.
Abb. 3: Die intelligente Fabrik ist durchgängig vernetzt, von der Unternehmensleitebene bis hin zur Feldebene.
Industrie 4.0 Architekturen müssen die Verknüpfung von der
Unternehmensleitebene über die Betriebs-, Prozess- und Steuerungsleitebene bis hin zur Feldebene bereitstellen. „Plug &
Produce“-fähige Fertigungsmodule, optimierte Produktionsplanung und -steuerung im Kundentakt mit der Möglichkeit einer Adhoc-Vernetzung von Produkten und Ressourcen sind beispielhafte Voraussetzungen, um kundenspezifische Unternehmens- und
Fertigungsprozesse realisieren zu können. Hierzu ist es zwingend
notwendig, dass die IT-Systeme der Unternehmensleitebene (Of8 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
fice Floor) mit den Systemen der Produktion (Shop Floor) vernetzt werden und ohne Barrieren und Medienbrüche miteinander
kommunizieren können. Dies sind die Grundlagen für eine variantenreiche, kundenspezifische und individualisierte Produktion.
Horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke
Für die horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke
müssen unterschiedliche Anwendungsfelder betrachtet werden:
▪▪ die Vernetzung von Produktionssystemen zu einem Produktionsverbund,
▪▪ die Vernetzung im Rahmen der Lieferkette (Supply Chain) und
insbesondere
▪▪ die Vernetzung und Einbeziehung des Kunden in Bezug auf
seinen Kundenwunsch sowie die Versorgung mit Informationen über den Auftrags- und Lieferstatus.
Abb. 4: Horizontal vernetzt über die gesamte Supply Chain im Produktionsverbund und mit dem Kunden
Die bedarfsorientierte Produktion zeichnet sich durch eine hochgradige Flexibilität und Vernetzung der einzelnen Produktionsstätten aus; in ihr gibt es einen optimierten Material- und Informationsfluss entlang der Wertschöpfungskette. Der Kunde ist
in die Wertschöpfungskette einbezogen. Die bestandsgeführte
INDUSTRIE 4.0 ▪ 9
Versorgung wird von einer durchgängigen und bedarfsgesteuerten Versorgung (Smart Sourcing) abgelöst. Produktion und
Produktionsversorgung (Smart Planning) werden durch intelligent
automatisiertes Equipment selbst gesteuert. Die Durchgängigkeit
der Prozesse ist einschließlich der Logistik zum Kunden (Smart
Distribution) sichergestellt.
Durchgängigkeit des Engineering über den
gesamten Lebenszyklus
Um horizontal und vertikal vernetzte Architekturen zu schaffen,
bedarf es Systems Engineering.
Zur Realisierung derart horizontal und vertikal vernetzter Architekturen sind Fähigkeiten unterschiedlicher Ingenieur-Disziplinen
erforderlich. Dieser Komplexität kann mit Systems Engineering
begegnet werden. Es liefert grundlegende Methoden, um die Integration von Produkt- und Produktionsmittelplanung in einem
Gesamtsystem beschreiben und planen zu können. Allerdings
sind diese Fähigkeiten in vielen Unternehmen noch nicht ausgeprägt. Hinzu kommt, dass in den Unternehmen das Engineering
aus zwei Sichten betrieben wird: zum einen aus der Ingenieurssicht, zum anderen aus der Hard- und Softwareentwicklungssicht
der Informatik.
Abb. 5: Es bedarf eines durchgängigen Engineering, das Ingenieure sowie Hard- und Softwareentwickler vereint.
10 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Aufgrund der Möglichkeiten des Internet of Things and Services
müssen diese Sichten technologisch zusammengebracht werden. Das Engineering muss durchgängig über den gesamten
Lebenszyklus verstanden werden. Verknüpfungspunkte zwischen Produkt und Produktionssystem sowie die Verschmelzung
zwischen realer und digitaler Welt sind Kernkompetenzen zur
Realisierung von Industrie 4.0.
Aktuelle Architekturen und
Modelle für Industrie 4.0
Zur Realisierung der aufgeführten Merkmale gibt es unterschiedliche Ansätze. Unternehmen und Institutionen haben verschiedene Architekturmodelle bereits veröffentlicht. Wir haben diese
Modelle analysiert und stellen im Folgenden sechs ausgewählte
Modelle vor. Wir zeigen, welches Verständnis und welche Ziele
diese Modelle verfolgen.
Abb. 6: Sechs verschiedene Architekturmodelle für Industrie 4.0 im Überblick
INDUSTRIE 4.0 ▪ 11
Cyber-Physical Systems mit verteilten Diensten –
VDI, 2013
In der Darstellung des VDI ist es denkbar, dass aufgrund der Vernetzung von Produktionsmitteln Daten und Dienste in Zukunft
nicht über die herkömmliche klassische Automatisierungspyramide verarbeitet werden und die Maschine steuern, sondern direkt
aus dem Internet an die Maschine geliefert werden bzw. diese
aktiv in der Cloud kommuniziert.
Abb. 7: Aufbrechen der Automatisierungspyramide zu einem Netz, in dem Daten und Dienste beliebig kommunizieren
können [2]
Der VDI setzt in seinem 2013
veröffentlichten Architekturmodell
auf durchgängigen Informationsaustausch im Netz.
Dieses Aufbrechen der Strukturen der Automatisierungspyramide zu einem Netz, in dem Daten, Informationen und Dienste in
beliebiger An- und Einordnung kommunizieren können, ermöglicht einen disziplinübergreifenden, durchgängigen Informationsaustausch über Produkt-/Prozess- und Produktionsstatus für alle
erforderlichen Teilnehmer in der Wertschöpfungskette sowie den
Zugriff auf Innovationen im Netz, z. B. auf neueste Algorithmen
und Dienste. Damit können Prozessschritte mit effizienteren und
schnelleren Steuerungsszenarien ermöglicht werden, die zudem
deutlich weniger komplex sind.
Dies ermöglicht ebenfalls die dynamische Einbindung von Diensten und Dienstleistern. Die adaptive, wandlungsfähige Konfiguration bzw. partielle Selbstorganisation der Produktionsprozesse
sowie der Automatisierungssysteme in Echtzeit (Plug & Produce)
sind notwendig, um schnellere Anpassungen an neue Marktbedingungen und Produktvarianten zu ermöglichen. Hierzu gehört auch
der flexible Austausch einzelner Komponenten und Anlagenteile.
12 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Softwareentwicklung „aus einem Guss“, IBM 2014
Laut IBM gilt es, „Systeme und Maschinen herstellerunabhängig
zu vernetzen, über IT-Technologien effektive Standardisierungen
zu erreichen und den gesamten Produktlebenszyklus individuell
an Kundenwünsche im Sinne von Losgröße 1 anzupassen“. Hierzu werden die beiden Aspekte vertikale und horizontale Integration ebenfalls in den Vordergrund gestellt.
Abb. 8: Bausteine zur Umsetzung von Industrie 4.0 Projekten
Vertikale Integration: Die Integration verschiedener IT-Systeme auf unterschiedlichen Hierarchieebenen – von der Maschinenebene über die Steuerung und Kontrolle der Produktion in
Echtzeit durch ein Produktionsleitsystem (MES) bis hin zur Unternehmensplanungsebene (ERP-System) – führt zu einer durchgängigen Optimierung von Produktionsanlagen sowie einer flexiblen Produktionsplanung im Unternehmen.
Horizontale Integration: Grundvoraussetzung für Industrie 4.0 ist
die Integration über die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb
und außerhalb des Unternehmens. Dazu gehört die Optimierung
von Logistik, Produktionsplanung, Lagerbeständen und Maschinenauslastung. Gerade beim Supply Chain Management geht es
um die Datenintegration, optimale Reaktionen auf kurzfristige interINDUSTRIE 4.0 ▪ 13
ne oder externe Ereignisse sowie Analysen der Umgebung inklusive der Berücksichtigung von Schnittstellen und Datenformaten.
Softwareentwicklung ist für IBM
der zentrale Faktor zur Umsetzung der horizontalen und vertikalen Integration.
Softwareentwicklung „aus einem Guss“: IBM betrachtet die
Softwareentwicklung „aus einem Guss“ als wesentliche Anforderung – im Gegensatz zum durchgängigen Engineering. Das
Thema Softwareentwicklung gewinnt für die gesamte Fertigungsindustrie massiv an Bedeutung, denn der wertmäßige Anteil von
Software in den Produkten, in der Produktion und in den Wertschöpfungsketten im Umfeld der Produkte steigt von Jahr zu
Jahr. Umso entscheidender wird eine Orchestrierung dieser Entwicklungsarbeit, die oft rund um den Globus in unterschiedlichen
Teams stattfindet.
So werden Cloud Computing, Big Data & Analytics, Software Engineering, Collaboration Tools, Sicherheitslösungen und Integrationswerkzeuge benötigt, um Industrie 4.0 Projekte zu realisieren.
Manufacturing Executive System (MES) als
zentrale Plattform – ZVEI, 2013
Der ZVEI setzt in diesem Architekturvorschlag auf die Verknüpfung von Office und Shop Floor
durch das MES.
14 ▪ INDUSTRIE 4.0
Der ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie
e.V.) hat bereits 2013 einen weiteren Aspekt in die Betrachtung
der Automatisierungspyramide eingebracht: In den Unternehmen
finden wir aktuell zwei Welten, den oberen Teil der Pyramide, das
Enterprise Network (Office Floor), und den unteren Teil, das Real
Time Network (Shop Floor). Mit Enterprise Network (Office Floor)
ist die gesamte Vernetzung der Systeme und Anwendungen der
Geschäftsprozesse in der Produktentwicklung, der Auftragsabwicklung und der Logistik sowie im Bereich Finanzen gemeint. In
dieser Ebene finden wir im Wesentlichen die Machine-toBusiness-Kommunikation. Das Real Time Network (Shop Floor)
beschreibt alle Systeme in der Produktion: Maschinen, Steuerungssysteme, Sensorik und Aktorik.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Ebenen ist
die notwendige Echtzeitsteuerung auf dem Shop Floor im Gegensatz zur Interaktion auf dem Office Floor, auf dem in den meisten
Anwendungsfällen keine Echtzeitinteraktion notwendig bzw. noch
nicht technisch realisiert ist. Insbesondere aufwendige Berechnungen wie z. B. die Materialdisposition werden im Batch-Betrieb
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
zeitverzögert durchgeführt. Echtzeit auf dem Shop Floor heißt
dabei: Steuerung im Millisekunden-Takt.
Abb. 9: MES als zentraler Baustein für die Verknüpfung von Office Floor und Shop Floor [3]
Zur Vernetzung der beiden Ebenen und der Systemwelt wird hier
das MES als zentraler Baustein aufgeführt – aus unserer Sicht
ein klarer Trend in den vergangenen Jahren, der in den Unternehmen allerdings bei Weitem noch nicht durchgängig eingeführt
worden ist. Ohne MES ist eine Durchgängigkeit der IT jedoch
nicht möglich.
Zentrale Verbindung zwischen Office Floor und
Shop Floor – ZVEI, 2014
Das 2014 vom ZVEI veröffentlichte Modell weist nach wie vor die
Ebenen Enterprise Network (Office Floor) und Real Time Network
(Shop Floor) aus. Beide Ebenen zeichnen sich schon heute dadurch aus, dass sie in sich gut vernetzt sind. Die Vernetzung zwischen den Ebenen findet allerdings nur mit erheblichem Aufwand
ohne weitere Standardisierungen oder sogar Normen statt.
In diesem Architekturmodell steht daher die zentrale Kommunikations- und Verwaltungsplattform aller am System beteiligten
Komponenten im Vordergrund, die die Konnektivität zu beliebigen Endpunkten eines Unternehmens auf Basis eines gemeinsamen semantischen Modells ermöglicht.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 15
Abb. 10: Die Konnektivität wird durch das Prinzip der serviceorientierten Architektur (SOA) hergestellt. [4]
Auf Basis eines gemeinsamen
semantischen Modells wird
die Konnektivität zu beliebigen
Endpunkten eines Unternehmens
möglich.
Die Schnittstelle zwischen Office Floor und Shop Floor wird auf
Basis von SOA-Konzepten (Service Oriented Architecture) als
gemeinsamer Mechanismus für die Integration realisiert. Zur
Realisierung werden allerdings noch weitere Standards als Basis
für den Anschluss an das Enterprise Network benötigt, sodass
die Wiederverwendung von Komponenten für einen einheitlichen
Entwicklungsansatz ermöglicht wird.
Offenes Grundkonzept der IoT-Plattform – SAP, 2015
Das 2015 von SAP veröffentlichte Grundkonzept der IoT-Plattform bringt einen weiteren Blickwinkel in die Architekturdiskussion. Der obere Teil der Pyramide wird mit den Business-Systemen
beschrieben, die über eine Schnittstelle in das Restsystem integriert werden.
16 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Die von SAP dargestellte IoT-Plattform mit den Layern „Analyse
und Vorhersage“, „Basis-Anwendungen“ und „App Store“
stellt eine Technologie in der Cloud dar. Die Maschinen, Fabriken
und Transportsysteme werden direkt an die Plattform in der Cloud
angeschlossen. Auf der Basis dieser Daten werden dann weitere
Dienste von Partnern, Kunden, SAP und weiteren Nutzern zur
Verfügung gestellt. Als Beispiele für derartige Dienste werden
Predictive Maintenance, Remote Service oder auch Energiemanagement genannt.
In diesem Modell werden die Business-Systeme nicht in das
Betrachtungszentrum gestellt, da SAP schon von einer homogenen, integrierten Systemlandschaft ausgeht. Im Fokus stehen
neu zu generierende Dienste und Services. Basis dafür ist die von
SAP bereitgestellte HANA®-Plattform als Grundlage für die neu zu
realisierenden Geschäftsmodelle und End-to-End-Prozesse.
Im Modell von SAP werden Maschinen, Fabriken und Transportsysteme an eine IoT-Plattform in
der Cloud angeschlossen.
Abb. 11: Zur Realisierung von IoT-Geschäftsmodellen entstehen Plattformen mit verschiedenen Diensten. [5]
INDUSTRIE 4.0 ▪ 17
Bei der Realisierung dieser neuen Geschäftsmodelle ist dann
zu klären, wem die Daten gehören und wer berechtigt ist, diese
zu nutzen oder auch weiterzuverarbeiten. Diese Klärung ist von
großer Bedeutung, da sie entscheidet, wer die Hoheit über das
neue Geschäftsmodell hat – der Systemanbieter, der Anlagenbauer oder neu entstehende Service-Unternehmen.
Reference Architectural Model Industrie 4.0
(RAMI 4.0) – ZVEI, Plattform Industrie 4.0, 2015
Das Modell (RAMI 4.0) zur Entwicklung detaillierter Architekturen
baut auf Standards und Normen
auf.
Der Führungskreis des ZVEI und die Plattform Industrie 4.0 haben 2014 begonnen, ein Referenzmodell für Industrie 4.0 Architekturen zu entwickeln. Nach Auflistung aller bereits bestehenden
Normen zur Architekturbeschreibung erschien es sinnvoll, die wesentlichen Normen in einem Modell zusammenzufassen. Es handelt sich hier nicht um eine Architektur, sondern um ein Modell für
Architekturen, das als Basis für die weitere Detaillierung dient.
Eine Achse stellt die vertikale Integration von der UnternehmensEDV bis hin zu den Leitsystemen (IEC 62264) dar. Die zweite
Achse orientiert sich am Lifecycle Management (IEC 62890). Eine
als „Layers“ bezeichnete dritte Achse weist die Ebenen Business,
Functional, Information, Communication, Integration und Asset
aus. Aktuell werden Use Cases für unterschiedliche Branchen
erarbeitet. Es wird davon ausgegangen, dass verschiedene Architekturen für unterschiedliche Branchen notwendig sind.
Zur Lösung der jahrelangen Schnittstellenproblematik zwischen
Softwareprogrammen wird auf den Software-Schnittstellenstandard OPC UA (Unified Architecture) IEC 62541 gebaut. Dieser
basiert auf einer Middleware-Lösung der Industrieautomation zur
Normung der Dienste für die Kommunikation zwischen Programmen und Geräten entsprechend dem Paradigma SOA (Service
Oriented Architecture).
18 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Abb. 12: Referenzmodell zur Entwicklung branchenspezifischer Industrie 4.0 Architekturen [6]
Zwischenfazit: IoT-Architekturentwicklung
Aktuelle Architekturen und Modelle repräsentieren unterschiedliche Sichten und adressieren verschiedene Zielgruppen. Nun
müssen praktische Anwendungen den Nutzen beweisen. Es wird
sich zeigen, wie die Transformation vom Status Quo eines Unternehmens hin zur Umsetzung einer Referenzarchitektur realisiert
werden kann.
„Industrie 4.0 ist ein Tempo-Thema. Als Nächstes brauchen wir
praktische Implementationen der neuen Architektur. Nun sind die
Unternehmen und die Unternehmer gefragt“, drängt der ZVEIPräsident Michael Ziesemer zu weiteren Fortschritten.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 19
Die zwei wesentlichen Handlungsfelder für Ihr Unternehmen
Entsprechend der Forderung des ZVEI wird ein Unternehmen
Industrie 4.0 nur dann umsetzen, wenn es den Nutzen erkennt.
Der Nutzen wird sich in zwei wesentlichen Dimensionen darstellen. Die erste bezieht sich auf die vertikale Integration der Automatisierungspyramide.
Digitalisierung
Ziel ist, die Produktivität durch Erhöhung des Automatisierungsgrads und der IT-Durchdringung zu steigern.
Abb. 13: Industrie 3.x: Mit durchgängiger IT und hohem Automatisierungsgrad lässt sich die Produktivität signifikant steigern.
Voraussetzung für Industrie 4.0
ist der durchgängige Einsatz von
Automatisierungstechniken in der
Produktion, also Industrie 3.x.
20 ▪ INDUSTRIE 4.0
Dazu gibt es drei Subziele:
1.Homogenisierung der Business-IT
CRM-, ERP-, MES- und PDM-Systeme sollten zu einer durchgängigen IT-Landschaft ausgebaut werden.
2.Vernetzung und Automatisierung der Systeme auf dem
Shop Floor
Steuerungs- und Automatisierungstechnologien sollten konsequent zur Steuerung einer effizienten Produktion eingesetzt
werden.
3.Verknüpfung der Business-IT (Office-Systeme) mit den
Shop-Floor-Operating-Technologien (OT)
Nur mit einer durchgängigen IT/OT-Architektur kann das
Zusammenwachsen von Material- und Informationsfluss auf
Dauer erreicht werden.
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Es muss nicht immer Industrie 4.0, der Einzug des Internets auf
dem Shop Floor, sein. Dennoch sollte jedes Produktionsunternehmen das Ziel haben, Industrie 3.x und damit einen durchgängigen Einsatz von Computern und Automatisierungstechniken zu
realisieren. Vielen Unternehmen fehlt hier oftmals das Wissen
über bereits bestehende Technologien. Die Durchdringung von
IT ist notwendige Voraussetzung für die weiteren Schritte. Dieses
Ziel kann sofort angegangen werden, sodass Quick Wins in Bezug auf die Produktivität möglich sind.
Geschäftsmodelle
Ziel ist die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zur Generierung von Diensten und Umsätzen, die es heute noch nicht gibt.
Abb. 14: Das Internet bietet neue Möglichkeiten für zukünftige Geschäftsmodelle.
Im Jahr 2000 wurde im Handel noch von der Internetblase gesprochen. Jetzt, nach 15 Jahren, bezeichnet man die großen
neuen internationalen Player als Disruption des Geschäftsmodells im Handel. Wenn nun das Internet auf den Shop Floor
gelangt, so kann von einer ähnlichen Disruption in den nächsten
15 Jahren ausgegangen werden. Die Aufgabe ist sicher komplexer, dafür ist die technologische Basis deutlich fortgeschrittener.
Die Chance, einfachen Service mit erfolgreichen Geschäftsmodellen durch die Basistechnologie Internet zu entwickeln, ist groß.
Die Basistechnologie Internet
bietet die Chance, innovative
Services zu entwickeln.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 21
Die Herausforderungen dabei sind:
1.das aktuelle Geschäftsmodell zu optimieren, zu verfeinern und
effizienter zu gestalten,
2.zu prüfen, welche neuen Geschäftsmodelle kurzfristig, mittelfristig und langfristig möglich sind,
3.zu antizipieren, welche fremden Player das eigene bestehende Geschäftsmodell disruptieren können und somit die eigene
Existenz gefährden.
Internationale Internetunternehmen können Gefahr und
Chance sein.
Geschäftspraktiken internationaler Internetunternehmen stellen
hierbei sowohl eine Chance als auch eine Gefahr für die heimische Industrie dar. Zur Gefahr werden sie auf jeden Fall, wenn sie
nicht beachtet werden und die Unternehmen untätig bleiben.
Es bedarf also neuer Geschäftsmodelle zur Generierung von
Diensten und Umsätzen, die es heute noch nicht gibt. Unternehmen benötigen eine Innovationskultur und die Fähigkeit zur
Entwicklung disruptiver Geschäftsmodelle. Ob sich aus Industrie
4.0 ein attraktiver Business Case für die Unternehmen ergibt, der
zudem attraktiver ist als andere Investitionen, muss jedes Unternehmen für sich herausfinden und beantworten. Industrie 4.0
bzw. IoT wird sich nur durchsetzen, wenn der Nutzen klar erkennbar ist und der wirtschaftliche Erfolg erreicht wird.
Nutzen von Industrie 4.0 am
Beispiel Automobilindustrie
Erste Hochrechnungen des wirtschaftlichen Nutzens ausgewählter Potenzialfelder von Industrie 4.0 im Automobilbau liegen
bereits vor, auch wenn diese im Kontext der jeweiligen Hersteller
und Zulieferer noch konkreter zu ermitteln sind: So erwartet der
Verband BITCOM laut einer Studie ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 15 Mrd. Euro (1,5 Prozent pro Jahr bis 2025)
für die Automobilbranche. Vor allem die Integration von Echtzeitdaten an der Schnittstelle von Produktentstehung und Produktion
sowie wandlungsfähigere Produktionssysteme durch die Nutzung
von Echtzeitdaten, intuitive Mensch-Maschine-Schnittstellen und
22 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
flexible Automatisierung werden als Treiber für die Potenziale zur
Bewertung herangezogen.
Jedoch lassen sich auch für die übrigen Potenzialfelder Befürworter aus der Branche finden. Das Vernetzen der Produktionsstätten eines Herstellers mit Zulieferern ist in der Branche erst
zum Teil erprobte Praxis. Selbst für die Vorreiter der Branche, die
seit den 90er Jahren daran arbeiten, die Vernetzung und Flexibilisierung des Wertschöpfungsnetzwerks voranzutreiben, ist dieses Potenzial noch nicht vollständig ausgeschöpft. Exemplarisch
für neue Geschäftsmodelle in der Automobilbranche ist das
Wachstum bei den sogenannten Free Floating-Anbietern wie
car2go oder DriveNow anzuführen. Verschiedene Studien gehen
von einem weiteren Wachstum aus, europaweit wird die Zahl
sogar bis 15 Millionen Kunden geschätzt.
Für die Automobilbranche wird
ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 15 Mrd. Euro
erwartet.
Fazit
In Unternehmen sind drei entscheidende Kompetenzen für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 notwendig: die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zur Generierung von Diensten,
die es bisher noch nicht gibt, die Einführung einer passenden
IoT-Architektur sowie eine ausgeprägte Systems-EngineeringKompetenz zur Beherrschung der steigenden Komplexität. Das
Denken in Gesamtsystemen und über Fachdisziplingrenzen hinweg muss stärker ausgeprägt werden.
Die Herausforderungen der Zukunft sind klar. Jedes Unternehmen sollte sich nun intensiv mit dem Thema Industrie 4.0 auseinandersetzen. Wer diese Entwicklung als vorübergehenden Hype
abtut, läuft Gefahr, genau wie die Fraktion Quelle, Karstadt und
Co. zu enden. Auch sie haben den Einzug des Internets in ihr
Geschäft nicht ernst genommen, sodass die neuen Player im
Handel heute eBay, Amazon und Zalando heißen. Die Industrie
sollte diesen Fehler nicht wiederholen.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 23
UNITY Expertise
UNITY begleitet Unternehmen auf ihrem Weg zu Industrie 4.0. Unser
breites Leistungsangebot – von Themen der Produktentstehung über
Services und Vertrieb bis hin zur optimalen Auftragsabwicklung – bildet
die ideale Basis für eine zielgerichtete Beratung zu Industrie 4.0.
Zudem ist UNITY Kernunternehmen im Spitzencluster it’s OWL (Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe), das mit einem Forschungsetat von 100 Mio. Euro als eines der bedeutendsten Projekte
im Kontext Industrie 4.0 gilt.
Abb. 15: UNITY-Leistungsangebot zu Industrie 4.0
UNITY Projektreferenzen
Automotive OEM: Geschäftsmodellentwicklung Connected Services für den
gewerblichen Sektor
Nutzung von Fahrzeugdaten für Connected Services; Ableiten von digitalen Potenzialen aus gewerblichen Tätigkeiten für Connected Services
Automotive OEM: IT-Security Produktion
Evaluierung von Risiken in Bezug auf Schadsoftware; Identifizierung wirtschaftlich und
technisch sinnvoll umsetzbarer Gegenmaßnahmen
Marine Equipment: Umsetzung von Service-Innovationen
Identifizierung von produktbegleitenden Service-Innovationen; Begleitung der Umsetzung durch erste Piloten
24 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Siemens: Markt- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für das Produktportfolio
„Digital Plant“
Entwicklung von Szenarien für neues Produktportfolio in verschiedenen Branchen;
Verbesserung der Vertriebsunterstützung
Lufthansa Technik AG: Fabrikplanung zur Neuausrichtung von „Wheels & Brakes“
Entwicklung und Simulation des Konzepts (Materialfluss, Flächennutzung, Technologie, Logistik, Kosten und IT); Spezifikation MES-System; signifikante Produktivitätssteigerung
Technologieunternehmen: Strategien für eine Unternehmenskooperation im
Kontext Industrie 4.0
Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für das Management; Bewertung von Technologien und Unterstützung des Business durch Marktangangsszenarien
UNITY Verbands- und Forschungstätigkeit Industrie 4.0
acatech – Akademie der Technikwissenschaften
UNITY ist im Senat und in Fachgruppen vertreten, um den Know-how-Transfer
aus Wissenschaft und Forschung in die deutsche Industrie voranzutreiben.
Spitzencluster Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe
UNITY ist Kernunternehmen im Spitzencluster für Industrie 4.0 in Deutschland.
Ziel ist die marktreife Entwicklung von Produkten und Produktionssystemen.
INBENZHAP
INBENZHAP steht für „Industrie 4.0 – Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung“. Ziel des
Forschungsvorhabens ist, auf Basis eines internationalen Benchmarks Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung in Deutschland zu geben.
GEMINI – Geschäftsmodelle für Industrie 4.0
Ziel des Verbundprojekts GEMINI ist ein Instrumentarium zur Entwicklung und
Realisierung von Geschäftsmodellen im Kontext Industrie 4.0.
Geschäftsmodelle für Industrie 4.0
mecPro²
UNITY begleitet den Entwicklungsprozess für cybertronische Produkte und
Produktionssysteme. Ziel ist eine skalierbare und branchenunabhängige
Lösung für die zukünftige Entwicklung gemäß Industrie 4.0.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 25
Literatur
acatech – Deutsche
Akademie der Technikwissenschaften: acatech Position, Cyber-Physical Systems, 2012
Bauer, W.; Schlund, S.; Marrenbach, D.; Ganschar, O.: Studie Industrie 4.0 – Volkswirtschaftliches Potenzial
für Deutschland: Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und neue Medien e. V. in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Berlin 2014
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO: Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0,
2013
Gausemeier, J.; Plass, C.: Zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung, München, 2014
IBM Deutschland Unternehmenskommunikation: Von der Vision zur Umsetzung: Mit Lösungen von IBM ins Zeitalter von Industrie 4.0. Portfolio für den Einstieg in die nächste industrielle Revolution, Unternehmenskommunikation, http://www-03.ibm.com/press/de/de/pressrelease/45614.wss abgefragt am 29.5.2015
it’s
OWL 2015: Technologienetzwerk – Die Unternehmen des Spitzenclusters, http://www.its-owl.de/technologie-netzwerk/partner/unternehmen, abgefragt am 1.3.2015
Kagermann, H.; Wahlster, W.; Helbig, J. (Hrsg.): Deutschlands Zukunft als Produktionsstandort sichern, Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie
4.0, April 2013
Kienzle, S.: Implikationen für die Automobilproduktion durch Industrie 4.0, Stuttgart 14.7.2014
Pierre Audoin Consultants: IT Innovation Readiness Index, 2014
Roland Berger: Leaner, faster, more stable – Interview mit Harald Krüger, Mitglied des Vorstands der BMW
AG, Produktion, in: http://www.rolandberger.com/media/news/2014-12-09-rbsc-news-Interview_Harald_Krueger_zu_Industrie_4_0.html, abgefragt am 1.3.2015
Schlesinger, C.: Carsharing-Markt. Die Ökos schlagen zurück, in: http://www.wiwo.de/technologie/auto/carsharing-markt-15-millionen-nutzer-bis-2020/7245234-2.html, abgefragt am 1.3.2015
Verein Deutscher Ingenieure e.V.: Thesen und Handlungsfelder Cyber-Physical Systems: Chancen und
Nutzen aus Sicht der Automation, April 2013
Wocher, M.: Industrie 4.0. Nichts kommt mehr von der Stange, in: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/
industrie/industrie-4-0-nichts-kommt-mehr-von-der-stange/11816454.html, abgefragt am 29.5.2015
ZVEI Führungskreis I40/Verbändeplattform AG2: ZVEI: Wichtige Etappenziele bei Industrie 4.0 erreicht, März
2015, http://www.zvei.org/Presse/Presseinformationen/Seiten/Wichtige-Etappenziele-bei-Industrie-40-erreicht.aspx, abgefragt am 29.5.2015
Abbildungen
[1] Forschungsunion: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, Abschlussbericht des
Arbeitskreises Industrie 4.0, April 2013
[2] Verein Deutscher Ingenieure e.V.: Thesen und Handlungsfelder Cyber-Physical Systems: Chancen und
Nutzen aus Sicht der Automation, April 2013
[3] Wegener, D., Siemens AG 2014: Industrie 4.0 – Schritt für Schritt auf dem Weg zu neuen Produktions umgebungen, Vortrag, Forum Industrial IT, Hannover, 7.4.2014
[4] ZVEI Führungskreis I4.0, 14.1.2014
[5] 2015 SAP AG or an SAP affiliate company: Geschäftsmodelle im Internet der Dinge, 2015
[6] ZVEI Führungskreis I40/Verbändeplattform AG2: ZVEI: Wichtige Etappenziele bei Industrie 4.0 erreicht,
März 2015, http://www.zvei.org/Presse/Presseinformationen/Seiten/Wichtige-Etappenziele-bei-Industrie 40-erreicht.aspx, abgefragt am 29.5.2015
26 ▪ INDUSTRIE 4.0
FAKTEN FÜR ENTSCHEIDER
Autor dieser Ausgabe:
Christoph Plass
Mitglied des Vorstands
[email protected]
Telefon +49 2955 743-434
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(ISBN 978-3-946184-02-7)
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Dienstleistungen (ISBN 978-3-946184-01-0)
Über UNITY
UNITY ist die Managementberatung für zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung. Wir steigern die Innovationskraft und die
operative Exzellenz unserer Kunden. Seit 1995 haben wir mehr
als 1.000 Projekte zum Erfolg geführt. Zu unseren Kunden der
Branchen Automotive, Luft- und Raumfahrt, Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik, Energie sowie Pharma und Chemie
gehören Global Player – darunter 18 der DAX-30-Unternehmen
– sowie der renommierte Mittelstand. Wir sind weltweit an zwölf
Standorten vertreten und führen rund um den Globus Kundenprojekte durch.
Smart Logistics Award
China
UNITY verleiht in Kooperation mit dem BME den Smart
Logistics Award China. Der
Award verfolgt das Ziel,
neuen Praktiken in technischen Prozesslösungen für
die Logistik Aufmerksamkeit zu schenken.
UNITY ist der ideale Begleiter auf dem Weg zu Industrie 4.0, weil
unser breites Leistungsangebot – von der Entwicklung von Geschäftsmodellen über die Prozesse in der Produktion und in der
Supply Chain bis zur ITOT-Architektur und IT-Konzeption reicht.
INDUSTRIE 4.0 ▪ 27
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