Gerecht? Effizient? - Universität Bielefeld

Forum Offene Wissenschaft
Bielefeld, 07. Dezember 2015
Gerecht? Effizient?
Finanzierungssysteme im
internationalen Vergleich
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
Alfried Krupp von Bohlen und HalbachStiftungslehrstuhl für Medizinmanagement
der Universität Duisburg-Essen
Gesundheitsökonomisches Zentrum CINCH, Essen
Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement GmbH
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
1
Informationen zum Referenten
Daten zu Jürgen Wasem
Studium der WiWi und PolitikWi an der
PennState U, U of Sussex und U Köln (1978-83)
Kurzportrait des Lehrstuhls
Promotion in WiWi (Köln 1986), Habilitation in
Gesundheitswiss. (Bielefeld1996)
Der Lehrstuhl für Medizinmanagement (zur Zeit: 18
WiMis) arbeitet insbesondere in folgenden
Forschungs- u. Beratungsfeldern:
• Management von Gesundheitseinrichtungen
Referent in der Abteilung Krankenversicherung des BMA (jetzt: BMG) (1985-89)
• (Ökonomische) Evaluation/Systematische
Reviews/ HTAs/ Nutzenbewertungen
Prof. an der FH Köln (1989-97, beurlaubt:91-94)
• Krankenversicherungsökonomie
Projektleiter am MPI f. Gesellschaftsforschung,
Abt. Gesundheitssystemforschung (1991-94)
• Steuerungswirkung von Vergütungssystemen
Prof. an den Unis München (1997-99), Greifswald (1999-2003) u. Duisburg-Essen (seit 2003)
Mitgliedschaften u.a.: Vors. Unabhängige
Expertenkomm PKV (94-96), Mitgl. HerzogKommission (03), Vors. Wiss. Beirat Betriebl.
Krankenversicherung (04-06), Vors. Erweiterter
(seit 2007) und Ergänzter Erweiterter (seit
2013) Bewertungsausschuss, Sprecher
Expertenkomm. K-N-B. (2007); Vors. MorbiRSA-Beirat (seit 2009); Vors. DGGÖ (13/14);
Vors. AMNOG-Schiedsstelle (2015/16)
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
• Gesundheitssystem/Gesundheitspolitik
• Versorgungsforschung
• Evaluation betrieblicher Gesundheitsförderung
Finanzierende Stellen:
•
BMBF, EU, Stiftungen
•
Weltbank, WHO
•
Ressortforschung BMG, BMWi
•
Leistungserbringer, Industrie u. ihre Verbände
•
Kostenträger und ihre Verbände
•
G-BA, IQWiG
2
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
5.
Schlussfolgerungen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
3
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
Idealtypische (empirisch zu einfache) graphische Darstellung
Versicherte
Arbeitsämter
Arbeitgeber ……
Externe Finanzierung
Staat
Krankenversicherungen
Health Maintenance Organisations
……
Interne Finanzierung
Krankenhäuser
Ärzte
Apotheker
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
Sozialstationen ……
4
Das Konzept von externer und interner Finanzierung
 Verteilungsfragen der Mittelaufbringung („gerecht“) können
analytisch von Wirkungsfragen der Mittelverwendung („effizient“)
getrennt werden
 Die externe Finanzierung wird meist unter „Finanzierungs-System“
gefasst, die interne Finanzierung unter „Vergütungs-System“
 Unterschiedliche Ausgestaltungen des Finanzierungs-Systems sind oft
unabhängig von Ausgestaltungen des Vergütungs-Systems
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
5
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
5.
Schlussfolgerungen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
6
Finanzierungssystem und Effizienz
 Es besteht weitgehend kein direkter Link zwischen
Finanzierungssystem (externe Finanzierung) und der Effizienz des
Versorgungssystems
 Auf der Makro-Ebene kann der Zusammenhang zwischen Umfang der
aufgebrachten (finanziellen) Ressourcen und Outcomes untersucht
werden
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
7
Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit 2013
in US-$ zu Kaufkraftparitäten.
Ausgewählte Länder der OECD
10.000,00
9.000,00
8.000,00
7.000,00
6.000,00
5.000,00
4.000,00
3.000,00
2.000,00
1.000,00
0,00
* Daten aus dem Jahr 2012.
OECD Health Data Files 2015; Download: 27.10.2015
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8
Ausgaben für Gesundheit 2013 als %-Satz des
Bruttoinlandsprodukts.
Ausgewählte Länder der OECD
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
* Daten aus dem Jahr 2012.
OECD Health Data Files 2015; Download: 27.10.2015
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Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung: Besteht
ein Zusammenhang?
1. Bivariate Analyse
AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG
Regressions-Statistik
Multipler Korrelationskoeffizient
0,373380653
Bestimmtheitsmaß
0,139413112
Adjustiertes Bestimmtheitsmaß
0,073214121
Standardfehler
1,994123687
Beobachtungen
15
ANOVA
Regression
Residue
Gesamt
Freiheitsgrade (df)
Quadratsummen
Mittlere
(SS)
Quadratsumme
Prüfgröße
(MS) (F)
1
8,374452718 8,37445272 2,10597034
13
51,69488062 3,97652928
14
60,06933333
Schnittpunkt
H E $ pc
Koeffizienten Standardfehler t-Statistik
P-Wert
81,68213343
1,307757515 62,4596934 1,6815E-17
0,000410012
0,000282534 1,45119618 0,17042617
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis OECD Health Data Files 2015
Es ergibt sich ein statistisch nicht signifikanter Zusammenhang zw.
Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung
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Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung: Besteht
ein Zusammenhang?
2. “Multi“variate Analyse mit Einkommen
AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG
Regressions-Statistik
Multipler Korrelationskoeffizient
0,4896797
Bestimmtheitsmaß
0,23978621
Adjustiertes Bestimmtheitsmaß
0,11308391
Standardfehler 1,95075916
Beobachtungen
15
ANOVA
Freiheitsgrade
Quadratsummen
(df)
Mittlere(SS)
Quadratsumme
Prüfgröße
(MS) (F)
Regression
2 14,4037976 7,20189882 1,89251663
Residue
12 45,6655357 3,80546131
Gesamt
14 60,0693333
Schnittpunkt
Income $ pc
HE $ pc
Koeffizienten Standardfehler t-Statistik
79,751826 1,99709818 39,9338535
0,00010456 8,3064E-05
1,2587266
-0,00016417 0,00053336 -0,30779617
P-Wert
3,9279E-14
0,23206631
0,76351431
 in der multivariaten Analyse mit Einkommen dreht sich der (nicht stat.
sign.) Effekt für die Gesundheitsausgaben um
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11
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
12
Zusammenhang zum EuroHealth Consumer Index
AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG
Regressions-Statistik
Multipler Korrelationskoeffizient
0,85684476
Bestimmtheitsmaß
0,73418295
Adjustiertes Bestimmtheitsmaß
0,67511249
Standardfehler 65,7836739
Beobachtungen
12
ANOVA
Regression
Residue
Gesamt
Freiheitsgrade
Quadratsummen
(df)
Mittlere(SS)
Quadratsumme
Prüfgröße
(MS) (F)
2 107572,241 53786,1204 12,4289365
9 38947,4258 4327,49176
11 146519,667
Koeffizienten Standardfehler t-Statistik
Schnittpunkt
503,70652 84,3992108 5,96814253
Income $ pc -0,00399696 0,00449572 -0,88905839
HE $ pc
0,10280854 0,03659557
2,8093165
P-Wert
0,00021058
0,39711187
0,02039981
 in der multivariaten Analyse mit Einkommen sind die Pro-KopfGesundheitsausgaben statistisch signifikant (das Einkommen mit nicht
erwartetetem Vorzeichen ist nicht signifikant)
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
13
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
5.
Schlussfolgerungen
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14
Lorenz-Kurven und Kakwani-Index
Lpre (p): Lorenzkurve Einkommen
vor Zahlungen für Gesundheit
Lpay(p): Lorenzkurve Zahlungen
für Gesundheit
KI > 0 bei Progressivität (2*
Fläche zw. beiden Kurven)
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15
Vier Mechanismen der externen Finanzierung
 Steuern
 Wirken im Gesamtsystem im allgemeinen progessiv
 uneinheitl. Befunde bei indirekten Steuern
 Sozialversicherungsbeiträge
 Progressivität im allgemeinen schwächer als bei Steuern
 Pauschalprämien regressiv
 Beiträge zu privaten Versicherungen
 im allgemeinen risikoabhängig, dann tendenziell doppelt
regressiv
 Isoliert betrachtet je nach Gesundheitssystem progressiv
 Direkte Zahlungen (out-of-pocket) für Gesundheitsleistungen
 Tendenziell doppelt regressiv
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16
Quelle: OECD 2011
Finanzierungsanteile
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Kakwani-Index: Empirie
Summe PrivatDirekte
Land
öffentlich versicherung Zahlungen
Dänemark (1987)
0,0372
0,0313
-0,2654
Finnland (1990)
0,0604
0,0000
-0,2419
Frankreich (1989)
0,1112
-0,1956
-0,3396
Deutschland (1989)
-0,0533
0,1219
-0,0963
Irland (1987)
n.a.
-0,0210
-0,1472
Italien (1991)
0,0712
0,1705
-0,0807
Niederland (1992)
-0,1003
0,0833
-0,0377
Portugel (1990)
0,0723
0,1371
-0,2424
Spanien (1990)
0,0509
-0,0224
-0,1801
Schweden (1990)
0,0100
-0,2402
Schweiz (1992)
0,1389
-0,2548
-0,3619
Großbritannien (1993)
0,0792
0,0766
-0,2229
USA (1987)
0,1060
-0,2374
-0,3874
Summe Summe
privat Zahlungen
-0,2363
-0,0047
-0,2419
0,0181
-0,3054
0,0012
-0,0067
-0,0452
-0,0965
n.a.
-0,0612
0,0413
0,0434
-0,0703
-0,2287
-0,0445
-0,1627
0,0004
-0,2402
-0,0158
-0,2945
-0,1402
-0,0919
0,0518
-0,3168
-0,1303
Quelle: Wagstaff & van Doorslaer 2000
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
18
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
a. Was soll unter „dualem System“ verstanden werden?
b. Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems
c. Anwendung der Kriterien auf das duale System
5.
Schlussfolgerungen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
19
a) Was soll unter „dualem System“ verstanden sein?
 Geltung der heutigen „Spielregeln“ für GKV und PKV bei
versichertem Personenkreis, Rechtsformen, Beitragskalkulation,
Leistungsgewährung, Vergütungssystemen etc.
 Insbesondere darunter auch: dauerhafte Option für die freiwillig
in der GKV-Versicherten, zur PKV wechseln zu können und ihrer
Pflicht zur Versicherung mittels einer PKV-Vollversicherung
nachzukommen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
20
b) Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems

Finanzielle Ergiebigkeit

Nachhaltigkeit

Verteilungsgerechtigkeit in der Finanzierung

Verteilungsgerechtigkeit in der Versorgung

Gewährleistung der Versorgungssicherheit

Innovationen in der Versorgung

Steuerungsfähigkeit der Versorgung

Wettbewerbswirkungen im Krankenversicherungssystem
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
21
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
a. Was soll unter „dualem System“ verstanden werden?
b. Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems
c. Anwendung der Kriterien auf das duale System
5.
Schlussfolgerungen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
22
Finanzielle Ergiebigkeit
 Der GKV-Teil des dualen Systems leidet bekanntlich unter einem
systematischen Lag der Einnahmenbasis (s. nächste Folie)
 Dieser ist partiell auf die Dualität zurückzuführen
 In welchem Umfang er bei Abschaffung der Dualität geschlossen
würde, hängt von der Ausgestaltung in einem einheitlichen
Versicherungssystem ab – voraussichtlich würde nur eine teilweise
Schließung hierdurch möglich
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
23
Das strukturelle Finanzierungsproblem der GKV
220
200
180
Wachstum p.a.:
BIP:
2,55%
GKV-LA: 3,01%
BPE:
1,97%
Index
160
140
120
GKV-Leistungsausg. je M.
BIP je Einwohner
100
BPE je Mitglied
80
1991
1994
1997
2000
2003
2006
2009
2012
Jahr
Quelle: BMG, Statistisches Bundesamt, verschiedene Jahrgänge
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24
Nachhaltigkeit
 Kontroverse Positionen aufgrund einer heterogenen
Konzeptualisierung von Nachhaltigkeit und streitiger Analyse der
Wirkungen des Kapitaldeckungsverfahrens
 In der PKV praktiziertes Kapitaldeckungsverfahren kann u.U. zu
höherer Kapitalbildung in der dt. Volkswirtschaft als beim
Umlageverfahren führen und aufgrund des offenen Charakters der
Volkswirtschaft ggfs. eine reale Lastenverschiebung in die Zukunft
ermöglichen – insofern wohlfahrtssteigernder Effekt
 Von anderen werden diese möglichen Effekte des
Kapitaldeckungsverfahrens in der nationalen und internationalen
ökonomischen Diskussion bestritten (Mackenroth-Theorem);
teilweise wird vielmehr auf die Risiken der Kapitalmärkte und
potentiell wohlfahrtsmindernde Effekte verwiesen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
25
Verteilungsgerechtigkeit in der Finanzierung
 Die individuelle Wahlmöglichkeit eines Teils der GKV-Versicherten zwischen
 einem System mit einkommensabhängigen Beiträgen und
Familienversicherung und
 einem System mit risikoabhängigen Beiträgen und Individualprinzip
(geringfügig modifiziert durch Annahmezwang für den Basistarif)
verletzt die Prinzipien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit in
der Finanzierung
 Das in der PKV im Grundsatz angewendete Äquivalenzprinzip kann eo ipso
im Rahmen bestimmter ethischer Ansätze durchaus als verteilungsgerecht
interpretiert werden, nicht aber in der Verbindung mit der Wahlmöglichkeit
zwischen beiden Systemen
 Insoweit die Kapitaldeckung in der PKV eine intertemporale
Lastenverschiebung ermöglicht (was – wie gesagt – umstritten ist), ist ein
höheres Maß an intergenerationeller Gerechtigkeit realisiert als im
Umlageverfahren der GKV
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
26
Verteilungsgerechtigkeit in der Versorgung
 Operationalisiert sich insbesondere als Zugangsgleichheit und
Orientierung des Zugangs und der Versorgung am Bedarf
 Bezüglich der Kapazitäten ist im niedergelassenen Bereich eine hohe
Korrelation zwischen kleinräumiger Angebotsdichte und Anteil der PKVVersicherten gezeigt
 Bezüglich der Terminvergabe ist eine Bevorzugung von (besser
vergüteten) PKV-Versicherten gezeigt, allerdings wurden bislang nicht
sehr zeitkritische Behandlungsanlässe untersucht
 Bezüglich der Interventionen ist eine höhere Durchdringung der PKVVersicherten mit neuen Medikamenten (keine Budgets!) und eine höhere
Invasivität bei ärztlichen Maßnahmen (finanziell attraktiv!) gezeigt,
Ergebnisse bezüglich des Outcomes sind m.W. nicht untersucht
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
27
Gewährleistung der Versorgungssicherheit
 Die höhere Vergütung für die Behandlung von PKV-Versicherten führt zu
erheblichen Mehrumsätzen, insbesondere (aber nicht nur) in der ambulanten
ärztlichen Versorgung
 Die Mehrumsätze sind sehr ungleich zwischen Regionen und Arztgruppen verteilt
 In einigen Bereichen sind diese Mehrumsätze wohl bei
Investitionsentscheidungen „zwingend einkalkuliert“
 Bei Abschaffung des dualen Systems und Übergang zu Vergütung „auf GKVNiveau“ würden diese Mittel c.p. fehlen
 Entscheidet sich der Gesetzgeber zur Kompensation der Mehrumsätze, wird er
insbesondere zu regeln haben, ob die Kompensationsmittel
 den individuellen Honorarverlust ausgleichen sollen oder
 in der interregionalen Verteilung nach dem bisherigen Vergütungsvolumen
in der GKV bzw. nach dem Versorgungsbedarf im einheitlichen
Versicherungssystem eingesetzt werden sollen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
28
Innovationen in der Versorgung
 Neue Arzneimittel und neue ärztliche Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden diffundieren aufgrund des dualen Systems
rascher im deutschen Gesundheitswesen
 Bewertung ist ambivalent:
 „Garant für Innovationen“? oder
 Erschwerung der Steuerung durch Diffusion auch solcher
Innovationen, die keinen nachgewiesenen Zusatznutzen bzw.
keine nachgewiesene Kosteneffektivität haben?
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
29
Steuerungsfähigkeit der Versorgung
 In GKV und PKV stoßen unterschiedliche Idealtypen zur Steuerung
der Versorgung aufeinander:
 Sachleistungsprinzip mit Steuerung über Verträge zwischen
Krankenversicherern und Leistungserbringern in der GKV
 Steuerung über Risikoselektion bei der Geschäftsanbahnung und
über Kostenerstattung mit Steuerung über die Ausgestaltung der
Versicherungspolice im Verhältnis Versicherer – Versicherter in
der PKV
 Begrenzte Wirksamkeit des PKV-Steuerungsinstrumentariums –
daher auch der „Ruf nach dem Gesetz-/Verordnungsgeber“
 Gegenseitiges Lernen im dualen System?
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
30
Wettbewerb im Krankenversicherungssystem
 Der „System-Wettbewerb“ an der Schnittstelle GKV-PKV ist
überwiegend dysfunktional, da ihm verzerrte Preissignale zugrunde
liegen
 Ob die Existenz des „Abwanderungsrisikos“ im politischen Prozess
einen umfangreicheren Leistungskatalog der GKV beschert hat als bei
Abschaffung der Dualität kann kontrovers diskutiert werden; für die
Entscheidungen der Kassen über ihre Nutzung der Spielräume im
Leistungsrecht gilt dies vermutlich
 Ablösung des dualen Systems durch ein einheitliches
Versicherungssystem ist nicht identisch mit „Einheitsversicherung“
 Ausgestaltung des Wettbewerbs im einheitlichen
Versicherungssystem hängt von zahlreichen Faktoren ab, die
(überwiegend auch unabhängig von der Dualität) gesetzgeberischer
Gestaltung zugänglich sind
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
31
Übersicht:
1.
Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung
2.
Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes
3.
Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen
4.
Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen
Krankenversicherungssystems in Deutschland
5.
Schlussfolgerungen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
32
5. Schlussfolgerungen /1
 Für die Finanzierung von Gesundheitssystemen stehen
unterschiedliche Finanzierungsquellen zur Verfügung
 Mit diesen gehen unterschiedliche Verteilungswirkungen einher
 Da die „Mischungsverhältnisse“ zwischen den Gesundheitssystemen
verschieden sind, unterscheiden sie sich in den
Umverteilungswirkungen (von progressiv bis stark regressiv)
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
33
5. Schlussfolgerungen /2
 Die (externen) Finanzierungssysteme beeinflussen die Effizienz eines
Systems nur indirekt; die internen Finanzierungsarrangements sind
von der externen Finanzierung weitgehend unabhängig gestaltbar
 Es liegen keine eindeutigen Befunde für einen Zusammenhang
zwischen Höhe der Gesundheitsausgaben und Outcomes der
Gesundheitsversorgung vor
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
34
5. Schlussfolgerungen /3
 Die Bewertung des „dualen Systems“ der Krankenversicherung und
Deutschland und des „System-Wettbewerbs“ ist nicht schwarz-weiß
 Auf der „grünen Wiese“ würde allerdings wohl niemand ein System
so ausgestalten
 Die Idee „Kein duales System  keine 2-Klassen-Medizin“ springt
vermutlich zu kurz
 Dass es allerdings möglich ist, sich aus der GKV und ihren
verteilungspolitisch cum grano salis als verteilunspolitisch in die
„richtige“ Richtung gehenden interpersonellen vertikalen und
horizontalen Verteilungswirkungen zu verabschieden, um zu
(zumindest zum Wechselzeitpunkt) niedrigeren Beiträgen einen
bevorzugten Zugang im Versorgungssystem zu erfahren, will nicht so
recht einleuchten
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
35
4. Schlussfolgerungen /4
 Insgesamt vermag ein integriertes Versicherungssystem daher bei
Abwägung aller Vor- und Nachteile m.E. mehr zu überzeugen als das
duale System
 Im Kern muss m.E. stehen, dass für den obligatorischen Teil des
Leistungskataloges für alle Versicherten trägerunabhängig die
gleichen Kalkulationsspielregeln (z.B. einkommensabhängige Beiträge
an den Gesundheitsfonds mit versicherungsspezifischen
Zusatzbeiträgen) gelten
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
36
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf
eine spannende Diskussion.
Prof. Dr. Jürgen Wasem
Universität Duisburg-Essen
[email protected]
tel.: 0201-183-4072
www.mm.wiwi.uni-due.de
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
37