Koelling_Mietvertragsklausel_28012015

IMMOBILIEN ZEITUNG
RECHT | 28.01.2016
Mietvertragsklausel über "sämtliche Kosten" ist genau genug
Mietrecht. Die Kostentragungspflicht eines Gewerbemieters für "sämtliche Wartungskosten" als
Betriebs- und Nebenkosten ist ohne nähere Auflistung der einzelnen Kosten und ohne
Begrenzung der Höhe nach in AGB wirksam.
OLG Frankfurt, Urteil vom 16. Oktober 2015, Az. 2 U 216/14
DER FALL
Ein Vermieter verlangt vom Mieter die Zahlung aller im Einkaufszentrum anteilig auf
den Mieter entfallenden Wartungskosten, und zwar auch solche, die nicht explizit im
Mietvertrag aufgeführt sind. Der Mieter verweigert die Zahlung, da die mietvertragliche
Regelung "sämtliche Wartungskosten" nicht dem Bestimmtheitserfordernis genüge.
Demnach könnten keine Wartungskosten für im Mietvertrag nicht explizit benannte
Anlagen und Einrichtungen umgelegt werden.
DIE FOLGEN
Das Nein des Mieters bleibt ohne Erfolg. Der Vermieter hat einen Anspruch auf
Bezahlung aller Wartungskosten. Es sind nicht lediglich die Wartungskosten für die im
Lars Kölling
Mietvertrag ausdrücklich genannten Anlagen umlagefähig. Vielmehr umfasst der
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Begriff "sämtliche Wartungskosten" auch ggf. nicht ausdrücklich genannte oder aus den
sonstigen Kostenpositionen ableitbare Wartungskosten. Die Klausel ist auch nicht überraschend (§ 305c BGB), da
ein durchschnittlicher Gewerbemieter mit einer Zahlungspflicht für übliche Wartungskosten rechnen muss. Es ist
auch keine Angabe der konkret entstehenden Kosten erforderlich; solche müssen zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses auch noch nicht feststehen. Der Vermieter hat insoweit ein Interesse an einer variablen
Kostenausweisung, um bei einer Änderung der entstehenden Kosten diese ohne Vertragsanpassung umlegen zu
können. Der Mieter wird seinerseits durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend vor überhöhten
Forderungen geschützt. Die Klausel stellt ferner keine unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB) dar und ist
auch nicht intransparent. Eine Aufschlüsselung oder sonstige Begrenzung ist nicht geboten. Die Rechte und
Pflichten sowie die wirtschaftliche Belastung sind durch den Begriff "Wartungskosten" klar und durchschaubar
dargestellt. Die umgelegten Kosten sind auch übliche Wartungskosten für ein nach den heutigen technischen
Maßstäben neu errichtetes Objekt. Mit der Installation und Verwendung einer solchen Technik muss ein Mieter
rechnen.
WAS IST ZU TUN?
Gemäß § 535 BGB trägt der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten. Soll hiervon abweichend der
Mieter Betriebs- und Nebenkosten tragen, muss die Umlagevereinbarung hinreichend bestimmt sein, damit der
Mieter Art und Umfang der Belastung erkennen kann. Diesen Grundsatz weicht das OLG Frankfurt auf, begrenzt
die Umlagefähigkeit aber ausdrücklich auf "übliche" Kosten. Auch das OLG Koblenz (Urteil vom 28. März 2013,
Az. 6 U 720/12) sieht dies nicht so eng und erachtet den Begriff "Betriebsvorrichtungen" nebst einer
beispielhaften Aufzählung (z.B. oder usw.) von technischen Einrichtungen für ausreichend.
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Rechtsanwalt Dr. Lars Kölling von Rotthege Wassermann