«Ich weiss, dass ich ein wenig ein Spinner bin»

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Region
Zürichsee-Zeitung Bezirk Horgen
Dienstag, 1. März 2016
«Ich weiss, dass ich ein wenig
ein Spinner bin»
Wieder ein
1. Mai-Komitee
thalwil letztes Jahr ist
die 1.-Mai-Feier im Bezirk
Horgen ausgefallen. Dieses
Jahr findet sie in Thalwil
statt. ein prominenter Redner
hat bereits zugesagt.
thalwil Früher war
Hans-Rudolf Ambühl
Antiquar. Heute beschäftigt
sich der Thalwiler mit Kunst:
Rund 70 seiner teilweise
skurril anmutenden Collagen
zeigt er unter dem Motto
«Is this art?» demnächst
im Ortsmuseum Thalwil.
Im Bezirk Horgen existiert wieder ein 1.-Mai-Komitee. Es ist
kürzlich gegründet worden, wie
es in einer Medienmitteilung
schreibt. Initiant ist Jonas
Schmid, Vizepräsident der SP
Bezirk Horgen und Aktuar der
Sektion Rüschlikon. Neben der
SP-Bezirkspartei als grösste Organisatorin macht auch die Alternative Liste mit, welche die Idee
eines 1.-Mai-Komitees angeregt
hatte. Ebenfalls beteiligt sind der
Gewerkschaftsbund des Kantons
Zürich, der Partito Democratico,
die Colonia Libera Italiana in
Svizzera, die Arbeitnehmervereinigung Bezirk Horgen sowie die
Grünen Adliswil.
In allen Räumen des Ortsmuseums Thalwil sind zurzeit beobachtende Frauenaugen zu entdecken. Sie schauen interessiert
umher, scheinen aber auch zu
kontrollieren, zu kritisieren, mit
schönem Augenzwinkern zu manipulieren. Diese Interpretation
ist durchaus im Sinne des 70-jährigen Thalwiler Künstlers HansRudolf Ambühl: Er zeigt ab nächstem Donnerstag unter dem Slogan «Is this art?» im Thalwiler
Ortsmuseum einen Teil seiner
Werke.
Jahrzehntelang hat sich der
Antiquar Ambühl in seinem Beruf
auch mit visueller Kommunikation, sprich Werbung, beschäftigt.
Viele faszinierende Plakate habe
er gesehen, erzählt der leutselige
Rentner. Gerne gibt er zu, dass
ihm die innovativen Werbeaushänge oft weit besser gefallen hätten als herkömmliche Vorzeigebilder à la Mona Lisa.
Skurril überzeichnen
Und doch ärgerte sich Ambühl
immer mehr über die oberflächlichen PR-Aussagen auf den Plakaten. Er begann, nebenher neue
Bildwelten zu schaffen, um aufzuzeigen, dass das Lächeln der schönen Damen «kalt» sei. Da sei keine Empathie für das Gegenüber
auszumachen. Sehnsüchte zu
schüren und den Konsum anzuregen sei der einzige Grund für das
scheinbare Wohlwollen der Divas.
Auf vielen Bildern Ambühls,
meist Collagen und Assemblagen,
sind Barbie-Puppen zu sehen, die
bekanntlich der personifizierte
«Bis, dass der Tod uns scheidet»: Mit diesem Werk hat Hans-Rudolf Ambühl seine schwere Erkrankung thematisiert und verarbeitet.
Inbegriff von makelloser Schönheit sind. Die an Models erinnernden Plastikpuppen werden
in den gewagten Kreationen bald
zum Opfer, weil Hans-Rudolf Ambühl sich nicht scheut, Beine, Arme, Köpfe, ja die ganze Barbie in
ihren Einzelteilen in fremde Kontexte zu setzen. Zur Täterin wird
WeCHSel IM ORTSMuSeuM
Im Ortsmuseum in Thalwil
wird es in diesem Jahr gleich
zwei gewichtige personelle
Wechsel geben: Michel Bossart
hat auf Ende 2016 seinen Rück­
tritt als Kurator angekündigt. Er
hatte das Teilzeitamt seit Früh­
jahr 2014 inne. Grund für die
Veränderung ist der berufs­
bedingte Wegzug in den
Kanton St. Gallen.
Robert A. Bürgi, Stiftungsrats­
präsident des Ortsmuseums
Thalwil, wird Ende 2016 nach
elf Jahren den Stab altershalber
weitergeben.
Ein Nachfolger
sei in Aussicht,
sagt er. Die
Nachfolge des
Kurators, die
Finanzen und
die Perspekti­
ven des Orts­
Michel Bossart. museums
würden den
Stiftungsrat aktuell beschäfti­
gen. Beschlüsse würden aber
erst im Laufe des Jahres gefasst,
sagt Bürgi. vs
die hagere Plastikpuppe aber
auch, weil sie es schafft, die
Scheinwelt der Makellosigkeit in
den Köpfen der Betrachter zu zerstören.
Da Ambühl sein Atelier in
St. Peterzell im Toggenburg hat,
ist die bergige Ostschweiz oft der
Hintergrund seiner Bilder. Dabei
malt er die Landschaft nicht selber, sondern holt sich einen entsprechenden Helgen aus dem
Brockenhaus. Umso prickelnder
und schriller kommen dann seine
neuen Bildelemente zur Geltung.
Auch die Titel der Werke stehen
für die Doppelbödigkeit der Bildaussage. Ein Werk mit Barbie
heisst etwa: «Jungfrau bringt
Sonne ins Toggenburg». Andere
Werke irritieren mit Titeln wie
«Johnnie Walker am Viehmarkt
von Urnäsch» oder «Geiger,
Mönch und Jungfrau im nächtlichen Schneegestöber auf der
Hochalp».
Selbst Krankheit und Tod finden in Ambühls Werke Eingang.
Offen erzählt er, dass er vor 18
Jahren eine schwere Diagnose erhalten habe. Die Ärzte gaben ihm
nur noch zwei Jahre. Er lebe aber
heute noch, «dank der Pharmaindustrie», frotzelt der Künstler
scheinbar emotionslos.
Das Überleben thematisiert
Im Bild «Bis, dass der Tod uns
scheidet» hat er das Überleben
thematisiert. Im Hintergrund ist
ein kranker Mann, in dunklen
Brauntönen gemalt, zu erkennen.
Einzige Farbtupfer sind die grellen Pillen, die bereits an den Lippen des Patienten kleben. Aber
auch der Vordergrund ist pikant:
Rund 30 Medikamentenschachteln sind auf das Bild geklebt. Vor
der Collage steht ein Korb, der
mindestens nochmals so viele
leere Schachteln des lebensrettenden Elixiers enthält.
Hans-Rudolf Ambühl ist überzeugt, dass ihm die Kunst bei der
Verarbeitung der Todesdiagnose
half. Mit den Bildern hätte er sich
David Baer
«aus dem Bauch heraus» ausdrücken können. Das hätte ihm den
Psychiater erspart. Er stehe zu
seiner Kunst, wisse, «dass ich ein
wenig ein Spinner bin». Die Auseinandersetzung mit dem Tod
hätte ihn eben radikalisiert.
Heute könne er «jederzeit gehen,
denn das Dasein ist ja kein Honiglecken». Und doch ist er voller
Schaffenskraft, hat Ideen und
will Neues kreieren. So zwiespältig sei halt das Leben, sagt HansRudolf Ambühl.
Viviane Schwizer
Is this art? Ausstellung von HansRudolf Ambühl im Ortsmuseum
Thalwil, Alte Landstrasse 100,
Thalwil. Vernissage: Donnerstag,
3. März, 18 bis 20 Uhr, Einführung:
18.30 Uhr. Öffnungszeiten:
Sonntag, 13. März, Ostermontag,
28. März, Sonntag 10./24. April;
8./22. Mai, jeweils 14 bis 17 Uhr.
Finissage: Sonntag, 5. Juni.
Führungen und Verkauf der Werke
auf Anfrage.
Kompromisslose und geometrische Werke
prägen den «Kunstfrühling am See»
hoRgen Werke des Malers Bruno Heller und des Bildhauers
Marcel Späni sind an der Ausstellung «Kunstfrühling am See»
der Stiftung Künstler vom Zimmerberg und Zürichsee zu sehen.
Vernissage ist am Donnerstag in der Villa Seerose.
Zum 18. Mal in Folge organisiert
die gemeinnützige Stiftung
Künstler vom Zimmerberg und
Zürichsee den «Kunstfrühling am
See». Zweck der Stiftung ist es, die
Lebenswerke der bedeutenden
bildenden Künstler, die auf dem
Zimmerberg und am Zürichsee
leben und gelebt haben oder mit
diesem Kreis verbunden sind, zu
erhalten und der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. In den
jährlichen Ausstellungen wird
jeweils das Werk eines verstorbenen und das eines heute schaffenden bildenden Künstlers gezeigt.
Die diesjährige Ausstellung in
der Villa Seerose in Horgen dauert vom 5. März bis zum 3. April
und ist dem 2004 verstorbenen
Wädenswiler Maler Bruno Heller
sowie dem mit ihm befreundeten
Bildhauer Marcel Späni gewidmet.
Bruno Heller begann nach seinem Umzug nach Wädenswil in
den Siebzigerjahren mit dem Xerografieren zu experimentieren,
indem er die verschiedensten
Objekte übereinanderkopierte
und diese zu einer eigenen, nach
strengen Regeln geordneten
Bildsprache zusammensetzte. Im
Lauf seiner Auseinandersetzung
mit den ästhetischen Veränderungen durch die Bildsprache des
Computers wurden seine Collagen immer abstrakter. Bruno
Heller war in seinem künstlerischen Schaffen kompromisslos.
«Darum wohl war sein Werk nur
wenigen bekannt», schreibt die
Stiftung in einer Medienmitteilung.
Die Holzskulpturen von Marcel
Späni bilden einen Kontrast zu
den Collagen von Bruno Heller.
Der Rohstoff seiner Kunst ist das
Holz, von dem jeder Stamm, jedes
Holz seine Eigenheiten hat und
Spuren seiner Lebensgeschichte
trägt. Bestimmend bei der Gestaltung seiner Werke sind die geometrischen Grundformen Kreis
und Kugel.
Führungen und Konzert
Die Vernissage findet am kommenden Donnerstag, 3. März, um
19 Uhr statt. Der Horgner Gemeindepräsident Theo Leuthold
wird die Gäste begrüssen, Johan-
na Wirth führt in die Ausstellung
ein. Für die Musik sind Philipp
Mestrinel am Klavier und Deborah Marchetti an der Violine
besorgt.
An zwei Führungen (6. März,
11.15 Uhr, und 17. März, 19 Uhr)
werden Interessierte von einer
Fachperson durch die Ausstellung
geführt. An der Konzertmatinee
vom Sonntag, 20. März, wird das
Trio Fellini – klassische Musiker
mit Affinität zum Jazz – unter
dem Motto «La dolce vita» ein
heiteres Frühlingskonzert bieten
(Beginn 11.15 Uhr). Die Finissage
findet dann am Sonntag, 3. April,
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um 16 Uhr statt.
Höhere Preise, weniger Lohn
Die Feier zum Tag der Arbeit findet in Thalwil im «blauen Haus»
am See statt, wie das Komitee
schreibt. Thematisiert würden
die gestiegenen Lebenskosten der
Arbeitnehmenden im Bezirk bei
gleichbleibender oder gar sinkender Lohnentwicklung. Zwei Redner konnte das Komitee bereits
anbinden: SP-Regierungsrat Mario Fehr wird als Festredner auftreten sowie Santos Vena vom
Partito Democratico und der Colonia Libera Italiana in Svizzera.
Weitere Redner würden gesucht.
Das genaue Programm werde
noch erarbeitet.
Im Wahljahr 2015 fiel die 1.Mai-Feier aus. Die Genossen verzichteten auf das traditionelle
Fest, weil der SP-Bezirkspartei
im Wahljahr die personellen Ressourcen für die Organisation und
die konzeptionelle Neuausrichtung fehlten.
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Anlässe
samstageRn
Film
im Dorftreff
Am Freitagabend zeigt das
Forum Samstagern den Film «El
baño del Papa». Er erzählt von
den Bewohnern des Städtchens
Melo in Uruguay, die sich auf den
angekündigten Papstbesuch vorbereiten. Alle hoffen, Kapital aus
dem Besucherandrang schlagen
zu können; der arme Schmuggler
Beto hat die Idee, vor seinem
Haus eine kostenpflichtige
Toilette zu bauen. e
Freitag, 4. März, 20 Uhr, Gemeinschaftszentrum Drei Eichen,
Stationsstrasse 34, Samstagern.
Der Eintritt kostet 10 Franken.
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