Anleihen mit Allahs Segen - Handelsblatt macht Schule

Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 13.10.2015
Anleihen mit Allahs Segen
1. Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler sollen ...
1. sich die Charakteristika islamkonformer Anleihen erschließen.
2. deren Rolle im internationalen Finanzmarktgeschehen herausarbeiten.
3. sich die aktuellen Pläne von Weltbank und Uno hinsichtlich der Ausgabe derartiger Anleihen erschließen.
2. Aufgaben
1.
Erklären Sie die besonderen Merkmale von Sukuk-Anleihen. Legen Sie dar,
auf welchem Wege die Konformität mit dem islamischen Glaubensvorstellungen hergestellt wird.
2.
Ermitteln Sie die Bedeutung dieser Anleiheformen im internationalen Finanzgeschehen. Beschreiben Sie die Entwicklung von Angebot und Nachfrage in
den vergangenen Jahren.
3.
Erschließen Sie sich die Vor- und Nachteile für Investoren bei dieser Geldanlage.
4.
Fassen Sie die Pläne von Weltbank und Uno zusammen. Erläutern Sie die
hiermit verfolgten Zielsetzungen im Kontext der derzeitigen Flüchtlingskrise.
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Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 13.10.2015
Anleihen mit Allahs Segen
Weltbank und Uno wollen islamkonforme Zinspapiere für Hilfen an
Flüchtlingsgebiete fördern.
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Höhere Steuern und auch eine Art von Solidaritätszuschlag - das haben einige
Politiker, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel, bereits deutlich
ausgeschlossen, um die Flüchtlingskrise besser zu bewältigen. Stattdessen rückt jetzt
eine andere Lösung in den Fokus: Anleihen nach islamischen Recht.
Die Uno und die Weltbank haben angekündigt, über die Ausgabe von Bonds Geld
einzusammeln, um Flüchtlingen zu helfen. Geberländer sollen Garantien für Anleihen
von der Weltbank und der Islamischen Entwicklungsbank abgeben. Die Finanzmittel
sollen den Krisengebieten im Nahen Osten und in Nordafrika ebenso zugute kommen
wie den Staaten im Nahen Osten, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Dazu gehören
islamische Staaten wie der Libanon und Jordanien.
Im Gespräch zur Finanzierung dieser Hilfen sind deshalb auch islamkonforme Bonds,
im Branchenjargon Sukuk genannt - Wertpapiere, die es erst seit Anfang des
Jahrestausends gibt. Nach Ansicht von Fachleuten dürfte es allerdings nicht einfach
werden, diese Anleihen für den Wiederaufbau von Ländern wie etwa Syrien auf den
Markt zu bringen und Investoren aus der Region anzuziehen. "Die Nachfrage nach
Sukuk-Anleihen und ähnlichen Produkten ist in den dafür wichtigsten Ländern stark
von der Wirtschaftssituation abhängig, und solange es dort keine klare Erholung der
Wirtschaft gibt, werden die Budgets für solche Investitionen begrenzt bleiben", sagt
ein Finanzexperte.
Die Besonderheit islamkonformer Bonds liegt darin, dass sie mit dem in der Scharia
festgeschriebenen Zinsverbot vereinbar sind. Bei diesen Papieren beteiligt sich ein
Investor an einem Objekt des Schuldners. Dafür erhält er keinen Zins, sondern eine
Pacht oder Gewinnbeteiligung. Die Sukuk können dementsprechend mit konkreten
Investitionen in Immobilien, Straßen oder andere Infrastrukturprojekte besichert
werden. Die zentralen Prinzipien des islamischen Finanzmodells sind mehr als 1 500
Jahre alt, doch die ersten modernen Sukuk wurden erst 2001 in Malaysia begeben.
Auch heute entfallen von dem auf 270 Milliarden US-Dollar gewachsenen Markt 68
Prozent auf Emissionen aus Malaysia. Aus Saudi-Arabien und den Vereinigten
Arabischen Emiraten stammen jeweils neun Prozent.
Außerhalb der islamischen Welt war Großbritannien das erste Land, das eine Anleihe
nach islamischem Recht begeben hat: mit einem Volumen von 200 Millionen Pfund
im Sommer vergangenen Jahres. Es folgten Hongkong, Südafrika und Luxemburg.
Die Nachfrage nach solchen Finanzprodukten mit Allahs Segen war Experten zufolge
lange Zeit größer als das Angebot. Das britische Papier beispielsweise war zehnfach
überzeichnet. Vor allem Anleger aus der Golfregion haben Interesse gezeigt. Bei dem
luxemburgischen Wertpapier gingen gut 60 Prozent an Investoren aus dem Nahen
Osten. Was die Entwicklung allerdings bremst, sind die begrenzten
Verwendungsmöglichkeiten der Schuldner.
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Vor allem in den vergangenen Monaten hat zudem der sinkende Ölpreis das Geschäft
deutlich belastet. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres sind gerade in den
Golfstaaten 45 Prozent weniger neue Sukuk auf den Markt gekommen als im gleichen
Zeitraum des Vorjahres, hat der Finanzinformationsdienst Bloomberg ausgerechnet.
Skeptisch mit Blick auf das weitere Wachstum ist auch Mohamed Damak, der bei der
Ratingagentur Standard & Poor's den Bereich islamische Finanzierung leitet: "Wir
erwarten, dass das Wachstum auf dem Markt für Finanzprodukte nach islamischem
Recht nachlassen wird und wir ab 2016 keine jährlichen Wachstumsraten mehr im
zweistelligen, sondern nur noch im einstelligen Bereich sehen." Der Grund dafür sei
vor allem die schwächelnde Konjunktur in den für das Geschäft so wichtigen Ländern
wie den Golfstaaten und Malaysia. Auch der steigende Regulierungsdruck auf Banken
und die mangelnde Standardisierung der Sukuks sind laut Damak große
Herausforderungen für den Markt.
Investoren der islamkonformen Anleihen sind vor allem institutionelle Anleger. In
Deutschland zum Beispiel nutzen laut Bankern nur fünf Prozent der hier lebenden 4,3
Millionen Muslime islamische Finanzprodukte. "Vor einigen Jahren gab es ein
Projekt, wo man sich über islamkonforme Produkte Gedanken gemacht hat", zitiert
die Nachrichtenagentur Reuters einen Sprecher des Sparkassenverbands DSGV. Aber
es habe keinen Bedarf gegeben - was sich laut DSGV allerdings mit dem Strom von
Flüchtlingen vor allem aus Syrien ändern könne. Einträglich für Anleger sind die
Sukuk aber nicht. So rentiert ein in fünf Jahren fälliger auf Euro lautender Sukuk der
mit besten Bonitätsnoten ausgestatteten Islamischen Entwicklungsbank (IDB) mit 0,3
Prozent. Das ist zwar doppelt so viel, wie eine vergleichbare Anleihe der
Europäischen Entwicklungsbank bietet. Aber im Niedrigzinsumfeld bietet auch die
IDB nur Magerkost.
Quelle: Cünnen, A./Slodczyk, K., Handelsblatt print, Nr. 197, 13.10.2015, 34
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