In fünf Jahren ein Muss

04.12.15 08:15
Magazin / Rubriken / Management / Operations • 04.12.2015 • 7146 • 33733
In fünf Jahren ein Muss
Erfahrungen: Bis zu 30% der Gäste nutzen Mobile Check-in bis ins Zimmer
Im Schani Hotel Wien kann sich der Gast bereits mobil sein WunschZimmer aussuchen. / Foto: Kurt Hoerbst
Wiesbaden (4.12.2015).
Per Smartphone aufs
Zimmer: Was vor einigen
Jahren noch wie eine
totale Utopie klang, ist
inzwischen Wirklichkeit
geworden. Immer mehr
Gäste buchen nicht nur
ihr Hotelzimmer über eine
App, sondern gelangen
mit deren Hilfe ohne
Zwischenstopp an der
Rezeption vorbei direkt
zum Zimmer. Ein Zauber,
den bestimmte
Zielgruppen schon heute
nicht mehr missen
wollen. Welche Technik
kann was? prizeotel,
B&B, Lindner Hotels und
das Privathotel Schani
Wien berichten.
AccorHotels enttäuscht.
Im prizeotel Bremen
funktioniert der
Durchmarsch ins Zimmer
bereits wie am Schnürchen – vorausgesetzt, der Gast hat ein iPhone (mit iOS Betriebssystem). Doch
prizeotel-CEO Marco Nussbaum hat eine alternative Android-Lösung bereits auf den Weg gebracht. Ein
einfach strukturierter Trailer – ebenfalls vorzugsweise auf einem Mac abzuspielen – erklärt dem Gast, wie
er in wenigen Schritten ins Zimmer kommt.
1. Schritt: die prizeotel-App aufs Smartphone laden.
2. Schritt: über die App buchen und dabei "Mobile Check-in" anklicken. Am Anreisetag erhält der
Gast eine Message mit der Zimmer-Nummer.
3. Schritt: Im Hotel angekommen lautet die oberste Priorität: Bluetooth einschalten. Denn darüber
kommuniziert das Smartphone mit den Schliess-Systemen im Hotel, je nach Hotel auch mit dem nur
für Hausgäste zugelassenen Aufzug.
4. Schritt: Vor dem Zimmer wird das Smartphone vor das Schloss gehalten. Dieses blinkt und gibt
einen leisen Klick von sich, die Tür geht auf. Bei Türöffnung meldet das System der Rezeption das
Einchecken, bezahlt wird mit der bei der Online-Buchung hinterlegten Kreditkarte.
"Bei uns ist es ein echter Check-in", zieht Nussbaum den Vergleich zu anderen Hotels, die auch bereits mit
"Online-Check-in" werben, aber den Gast noch an die Rezeption lotsen müssen. prizeotel-Gäste müssten
auch keinen Computer mehr in der Halle aufsuchen, der ihnen die Zimmerkarte ausspuckt.
Im prizeotel Bremen wurden
http://www.hospitalityinside.com/articles/print-article,in-fuenf-j…0-der-gaeste-nutzen-mobile-check-in-bis-ins-zimmer,33733,277.html
Seite 1 von 4
04.12.15 08:15
in die Schliess-Systeme von
VingCard zusätzliche
Lesegeräte für BLE
(Bluetooth Low Energy)
integriert, bei den anderen
Hotels der Gruppe erfolgt
dies gerade. Zum Öffnen
dieses Schliess-Systems
namens VingCard Signature
RFID (Radio Frequency Data
Identification) benötigt man
nur einen kleinen RFID-Leser
an der Tür. Signature RFID
schützt ausserdem durch
einen Kopierschutz gegen
unerlaubten Zutritt. Die
Schlösser bei prizotel
arbeiten mit VingCard
Visionline, einer patentierten
Datenkommunikationsprizeotel Bremen: Bis der Reisende "seamless" ins Zimmer kann,
Plattform von Assa Abloy
sind diverse Technik-Partner eingebunden.
Hospitality (früher VingCard
Elsafe). Eingebunden in den
Mobile Check-in Prozess sind zudem u.a. der Payment-Provider Six Payment Solution und die Gubse AG
für das Front Office System.
Ein Drittel der Gäste nutzen es
Von vornherein sehr gut angenommen wurde der Online Check-in im neuen Jaz Amsterdam. Bei ihrer
neuen, für internet-affine Reisende konzipierte Marke hat die Steigenberger Hotel Group die gesamte
Kommunikation zwischen FrontDesk und Hotelgast gemeinsam mit dem Münchner Software-Unternehmen
hotelbird in einer App komprimiert, die zudem wichtige Informationen zum Hotel enthält. Den Online Checkin nutzen bereits rund 30 Prozent der Gäste.
Bei der Budget-Hotelgruppe B&B, die schon im August 2014 Online Check-in als erste Hotelgruppe in
Deutschland einführte, erhält der Gast am Anreisetag den Code für das gebuchte Zimmer wahlweise per
eMail oder SMS auf sein Smartphone gesendet. Auch diese Gruppe beziffert den Prozentsatz der Gäste,
die Online Check-in nutzen, auf rund 30 Prozent, mit eindeutig steigender Tendenz. Ihr System haben die
B&B Hotels gemeinsam mit Ariane Systems & MICROS (Oracle Hospitality) entwickelt.
Die ab 2016 eröffnenden me and all Hotels von Lindner werden ebenfalls einen Online Check-in anbieten,
gleichzeitig wird er sukzessive in bestehenden Lindner Hotels eingeführt. "Wir haben uns für den Online
Check-in zu einer Zusammenarbeit mit Ariane Systems entschieden, da das Ariane Systems und Oracle
etablierte Partner am Markt sind", erklärt Lindner-Pressesprecherin Catherine Bouchon.
"Wir sind davon überzeugt, dass sich der mobile Check-in mit dem
Smartphone in der Hotellerie langfristig durchsetzen wird."
Momentan aber spürt Lindner eher noch Zurückhaltung bei den
Gästen, auch bei Geschäftsreisenden, die man gezielt auf die
neuen Möglichkeiten anspricht.
Auch das Wunsch-Zimmer lässt sich buchen
Das im April 2015 eröffnete Hotel Schani in Wien – gefeiert als
"Zukunftshotel" – ist in puncto Online-Check-in in der Tat ein
Stückchen weiter als andere Hotels. Dort kann der Gast ebenfalls
den gesamten Buchungsprozess online durchlaufen. Über die
Buchungsmaschine des Hotels lässt sich auf allen Endgeräten, egal
ob Laptop, Tablet oder Smartphone, ein Zimmer buchen – und nach
dem Prinzip der Sitzplatz-Auswahl im Flugzeug bereits vor Anreise
das individuelle Wunsch-Zimmer über einen Etagen-Plan
auswählen.
Mit dem Herunterladen der Schani-App behält der Gast den
Überblick über seine Buchung, er kennt bereits seine ZimmerNummer und erhält eine Nachricht, sobald sein Zimmer bezugsfertig
ist. Dann wird er automatisch eingecheckt, kann aber noch
entscheiden, oder er das Smartphone auch als Schlüssel benutzt
http://www.hospitalityinside.com/articles/print-article,in-fuenf-j…0-der-gaeste-nutzen-mobile-check-in-bis-ins-zimmer,33733,277.html
Seite 2 von 4
04.12.15 08:15
oder lieber die Schlüsselkarte an der Rezeption abholt. Entscheidet
er sich für den digitalen Zimmer-Schlüssel, bekommt er ihn –
ebenfalls über die App – als Button aufs Smartphone.
Die App stellt zudem Informationen über das Hotel und Wien zur
Verfügung. Bis September dieses Jahres hatten fast 900 Gäste die
Schani-App geladen und ca. 19 Prozent checkten mobil ein. "Wir
arbeiten mit Hetras zusammen, denn das Unternehmen verwendet
eine internet-basierte Anwendung für Hotels, deren Software sich
besonders für neue Hotel-Generationen eignet und einen hohen
Automatisierungsgrad aufweist. Hetras ermöglicht eine Nutzung nur
mit Tablet oder jeglichem Browser mit Standard-Internet-Zugang
sowie eine mobile Abwicklung der Gastreise", heisst es aus dem
Hotel.
Ärgernis Meldeschein
Derzeit liegen die anhand der Gästedaten vorbereiteten
Meldescheine auch im Schani noch zum Unterschreiben auf dem
Zimmer. Das Hotel arbeitet jedoch an einer Lösung, bei der der
Gast seinen Meldeschein am mobilen Device unterschreiben kann.
Nach österreichischem Gesetz muss der papierne Meldeschein
noch persönlich unterschrieben werden – genau wie in
Deutschland. Dort darf das Hotel seit 1. November 2015 bereits die
Gastdaten vorab eintragen, doch verlangt der Staat immer noch die
Original-Unterschrift des Gastes (sh. Link).
Noch müssen Lindner-Gäste
nach dem Online-Checkin via
Smartphone einen Stop am
Automaten in der Lobby
einlegen: Mit seiner Bestätigung
und dem QR-Code in seinem
Mobile kann er dann am HotelAutomaten sich den ZimmerSchlüssel auslösen. Mit der
neuen Marke me and all wird
alles anders.
"Hier hat der Gesetzgeber leider eine Grauzone geschaffen", merkt
dazu Lindner-Vorstand Andreas Krökel an. Eine zufriedenstellende
Lösung ist es zumindest nicht, denn der online durchgecheckte
Gast findet in der Regel den Meldeschein jetzt im Hotelzimmer vor.
Den soll er – bitte – ausfüllen und an der Rezeption abgeben. Ob er
es tut? Das ist fraglich. Kein Hotelier will sich öffentlich dazu
äussern, wie viele Meldescheine abgegeben werden oder nicht.
"Das ist alles rückwärtsgewandt", ärgert sich Martin Stanits, der
Pressesprecher der Österreichischen Hotelier-Vereinigung (ÖHV),
die dabei ist, die Weichen für eine Änderung dieser antiquierten
gesetzlichen Vorgaben neu zu stellen. "Mit dem Meldeschein fährt
jeder Hotelier ein zweites System, das ist nur Bürokratie! Ein
Finanz-Ministerium überweist vermutlich Milliarden online, aber
Gäste dürfen ihre eine Nacht und ihren einwöchigen Urlaub nicht online dokumentieren." Entscheidend sei
doch immer nur die Kreditkarte bei der Zimmer-Buchung, fügt er hinzu – alles andere, z.B. auch die
Prüfung der Identität, dürfe der Hotelier ja noch nicht einmal vornehmen. Insofern führt sich der papierne
Meldeschein in der Tat ad absurdum.
AccorHotels ohne Ehrgeiz
Wie handhabt eigentlich
Deutschlands grösste Kette
dieses Thema? Wie weit ist
sie eigentlich in der
Umsetzung des Online
Check-ins? Eike Kraft, Vice
President Corporate
Communications Central
Europe, erläutert: Bei allen
Accor-Marken sei der RollOut für Online Check-in/-out
über die Accor-App erfolgt.
Der Fokus der ServiceLeistungen liege dabei aber
nicht auf der Einführung
eines Systems, bei dem sich
das Zimmer mit dem
Smartphone öffnen lasse,
sondern auf dem Ausbau der
Service-Leistungen der App.
Junge Hotel-Konzepte wie das Jaz in Amsterdam müssen im Trend
mitschwimmen, auch beim Online Check-in.
http://www.hospitalityinside.com/articles/print-article,in-fuenf-j…0-der-gaeste-nutzen-mobile-check-in-bis-ins-zimmer,33733,277.html
Seite 3 von 4
04.12.15 08:15
Der Gast erhalte seinen
Schlüssel nach wie vor im
Hotel und fülle dort seinen Meldeschein an der Rezeption aus; auch dafür gebe es bisher keine andere
Möglichkeit.
Die Antwort von AccorHotels ist enttäuschend – investiert die Gruppe derzeit nicht Millionen in ITTechnologie und offene Buchungsplattformen? Strebt sie nicht eine Führungsfunktion in IT an?
In fünf Jahren ein Muss
Alle übrigen Hoteliers sind sich in einem einig: "In fünf Jahren ist der Online Check-in bis ins Zimmer ein
Muss", sagt Nussbaum und weist gleichzeitig darauf hin, dass die Privathotellerie bei der Einführung klar
im Vorteil ist. "Die grossen Ketten werden Probleme mit ihren Franchise-Betrieben bekommen, denen die
Umrüstung der Schliesskarten-Systeme zu teuer ist", meint er. Gunther Träger, Pressesprecher von
Steigenberger, relativiert die Euphorie etwas. Nicht jeder Gast liebe die durch den Online Check-in
entstehende Anonymität. Stammgäste vieler Häuser wollten die Begrüssung an der Rezeption nicht
missen, gibt er zu bedenken.
Anonymität oder gar eine aus dem Online Check-in resultierende Reduzierung der Rezeptionsmitarbeiter
weisen alle Hotels nach wie vor energisch von der Hand: "Somit können sich Hotel-Mitarbeiter mehr auf die
individuellen Bedürfnisse der Gäste konzentrieren. Ihnen bleibt mehr Zeit für die persönliche Betreuung
und sie übernehmen vermehrt typische Concierge-Tätigkeiten, die man sonst nur von der Luxus-Hotellerie
kennt", heisst es dazu aus dem Midscale-Hotel Schani. Alle anderen stimmen in diesen Chor mit ein. /
Susanne Stauss
© HospitalityInside GmbH. Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die Verwendung in Druckwerken
oder die Veröffentlichung in digitalen Medien erfordert jeweils die schriftliche Zustimmung der
HospitalityInside GmbH. Der Schutz der Inhalte ist ein wesentlicher Bestandteil zur Wahrung unseres
redaktionellen Geschäftsmodells. Bei Verstössen stellen wir ein marktübliches Honorar in Rechnung.
Rechtliche Schritte und Schadenersatzforderungen bleiben darüber hinaus vorbehalten.
http://www.hospitalityinside.com/articles/print-article,in-fuenf-j…0-der-gaeste-nutzen-mobile-check-in-bis-ins-zimmer,33733,277.html
Seite 4 von 4