Akzeptanz und Wirkung von Quotierungsmodellen für den geförderten Wohnungsbau Immobilien Jour Fixe des IHK-Forums Rhein-Main Frankfurt am Main, den 13. Oktober 2015 Quaestio – Forschung und Beratung Bernhard Faller Teil 1 Einführung und Ausgangslage Förderquote: Was ist das? Auf kommunalen bzw. öffentlichen Grundstücken: Im Wege des Verkauf werden die Käufer/Investoren privatrechtlich verpflichtet, einen Mindestanteil geförderten Wohnungsbau zu realisieren relativ hohe Verbreitung oft in Verbindung mit Preisnachlässen beim Grundstücksverkauf auch Bestandteil von Vergabe nach Konzeptqualität (z. B. Hamburg) Auf privaten Grundstücken: Kommune schafft nur Baurecht (V+EPlan, B-Plan), wenn sich der Investor in einem städtebaulichen Vertrag verpflichtet, einen Mindestanteil im geförderten Wohnungsbau zu realisieren Vorbild: Sozialgerechte Bodennutzung in München (seit ca. 20 Jahren) Derzeit schnelle Verbreitung: Hamburg, Berlin, Stuttgart, Freiburg, Heidelberg, Münster, Würzburg, Köln, Düsseldorf und andere… Warum werden Förderquote vermehrt eingeführt? - Wohnungsmarktentwicklung Zur Wohnungsmarktlage große regionale Unterschiede, große innerstädtische Unterschiede moderate Preissteigerungen in den 2000er Jahren (Inflationsausgleich) Beschleunigung in den 2010er Jahren, aktuell Abflachen der Preisentwicklung Wohnbudgets eingeklemmt zwischen steigenden Wohnnebenkosten, steigenden Vorsorgelasten, ungebrochenen Konsumwünschen und moderater Einkommensentwicklung Abnehmender Wirkungsgrad der Wohnungsbauförderung Neubau ersetzt nicht das Auslaufen von Belegungsbindung Langanhalte Niedrigzinsen reduzieren Anreizwirkung der Förderung Etablierte Investoren wenden sich den Beständen zu (Reinvestitionszyklen, langfristige Effekte der Demografie, neue Aufgaben) Warum werden Förderquoten vermehrt eingeführt? - Grundstücksmarkt Intensiver Wettbewerb um knappe Grundstücke (Wachstumsstädte) Reduzierte Erträge/Mieten im geförderten Wohnungsbau werden nicht durch Baukosteneinsparungen und Fördervorteile ausgeglichen Im Ergebnis kann der freifinanzierte Wohnungsbau höhere Grundstückspreise finanzieren und setzt sich im Wettbewerb durch Bei reduziertem Grundstücksangebot (Wachstumsstädte) erhöht sich die Wettbewerbsintensität (Fokus Innenentwicklung) Folge: Der geförderte Wohnungsbau findet keinen Zugang zu geeigneten Baugrundstücken Förderquote: Entzieht die entsprechenden Grundstücksanteile dem Wettbewerb und reserviert sie für den geförderten Wohnungsbau Teil 2 Akzeptanz der Quotierungsregelungen bei Investoren These: Der geförderte Wohnungsbau belastet die Vermarktbarkeit des benachbarten freifinanzierten Wohnungsbaus Aussagen aus Investoreninterviews (München, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Dortmund (2011)) Städtebauliche und architektonische Qualität unterscheidet sich kaum vom freifinanzierten Wohnungsbau, insofern keine Probleme im Erscheinungsbild Klientel aufgrund der relativ weit gefassten Eigentumsgrenzen meist unproblematisch, solange auf der Basis einer flexiblen Anwendung der Belegungsregeln sehr einseitige Belegungsstrukturen vermieden werden Ausnahme ist das Premium- oder Luxussegment, da die Nachbarschaft zu „einfachem“ Wohnungsbau die zur Durchsetzung hoher Preise erforderliche Alleinstellung untergräbt These: Die Quotierung führt zu geringeren Renditen, zum Rückzug von Investoren und zu weniger Wohnungsbau (Teil 1) Aussagen aus Interviews und Eindrücke aus der Zusammenarbeit mit Wohnungsbauinvestoren: Akzeptanz solange die Wirtschaftlichkeit und das Geschäftsmodell nicht grundsätzlich in Frage gestellt sind verbunden mit grundsätzlicher Einsicht in die Notwendigkeit, über den geförderten Wohnungsbau preiswerten Wohnraum zu mobilisieren verbunden mit der Erwartung einen Teil der wirtschaftlichen Einbußen weitergeben bzw. überwälzen zu können (erhöhte Anfangsmieten / VKPreise und reduzierte Grundstückspreise) verbunden mit der grundsätzlichen Kritik, dass unzureichende Förderanreize der öffentlichen Hand durch Private ausgeglichen werden müssen These: Die Quotierung führt zu geringeren Renditen, zum Rückzug von Investoren und zu weniger Wohnungsbau (Teil 2) Ergänzende Aussagen und Eindrücke Die Realisierung von Wohnungsbauvorhaben wird als Folge der Quotierungsregelung noch komplexer: Wettbewerbsvorteil für regional gut verankerte Investoren? („closed shop“) Genossenschaften: Das wirtschaftlich grenzwertige Geschäftsmodell eines auf den preisgedämpften Wohnungsbau fokussierten Bestandshalters wird durch die Pflicht zum geförderten Wohnungsbau zusätzlich belastet. Akzeptanz vor allem auch von transparenten, wettbewerbsneutralen Regelungen und dementsprechendem Vollzug abhängig – keine Einzelfallregelung! („das muss für alle gelten“) Teil 3 Wirkungsanalytische Überlegungen und Empfehlungen Wirkungen auf Rendite und Investitionstätigkeit Die Förderquote reduziert die Erträge bei den Wohnungsbauinvestoren Daraus entstehende Reaktions- bzw. Kompensationswirkungen Renditeverzicht beim Investor Modellrechnung: gute bis sehr gute Standorte in Düsseldorf: 0,5%-Pkte bzw. 5,4% oder 151 € m² WF = 1,2 Mio € bei 100 WE mit je 80 m²) Absenkung des Grundstückspreises Modellrechnung: Ausgangsniveau 1.400 €/m² GF, -193 €/m² bzw. 14% Erhöhung der Anfangsmiete im freifinanzierten Segment‘ Modellrechnung: Ausgangsniveau 12,50 €/m², +1,48 €/m² bzw. 12 Bislang keine empirische Basis zur Beurteilung der Kompensationswirkungen: Grundstücksknappheit erschwert Überwälzung auf den Grundstückspreis Wirkungen auf den Wohnungsmarkt These: Die Förderquote mobilisiert zusätzlichen geförderten Wohnungsbau Ja, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß, abhängig vom lokalen Markt Beispiel (2005-2009): Köln 5% der Neubauwohnungen gefördert ohne Quotierung, München 5% der Neubauwohnungen gefördert mit SoBoN Köln: höherer Anteil einfacher, für geförderten Wohnungsbau prädestinierter Lagen These: Die Förderquote trägt zur Entlastung des lokalen Wohnungsmarktes und zur Preisdämpfung bei Nein bzw. allenfalls marginal, da Zusatzangebot und Preisdämpfung im unteren Segment und Minderangebot und Preisauftrieb im oberen Segment sich ungefähr ausgleichen dürften. Abschließende Empfehlungen bei Einführung einer Förderquote Förderquote sollte in Kenntnis der lokalen Markt- und Grundstückssituation eingeführt werden. Es sollte keine Einzelfallregelungen zugelassen werden. Es sollten Regelungen vorgesehen werden, die eine Überwälzung der Ertragseinbußen auf den Grundstückspreis unterstützen. Da keine oder nur eine sehr langsame Anpassung der Geschäftsmodelle bei Bauträgern und Projektentwicklern zu erwarten ist, sollten parallel sozialorientierte Bestandshalter zur Übernahme des geförderten Wohnungsbaus mobilisiert werden (in der Regel kommunale WU). Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quaestio Forschung und Beratung Friesenstraße 17 53175 Bonn Telefon: 02 28 / 266 888 0 Fax: 02 28 / 555 47 271 [email protected] www.quaestio-fb.de
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