Prof. Dr. Frank Schuster Lehrstuhl für Internationales Strafrecht [email protected] Unterschlagung § 246 StGB Rechtsgut ist (hier: unstreitig) ausschließlich das Eigentum Unterschied zu § 242: Angriff auf das fremde Eigentum erfolgt nicht durch einen Gewahrsamsbruch, sondern in sonstiger Weise: • Zueignung von Sachen, die der Täter schon in Gewahrsam hat. • Zueignung gewahrsamsloser Sachen. 2 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Aufbauvorschlag für den Tatbestand von § 246 1. Tatobjekt a) Fremde bewegliche Sache b) Vorsatz bzgl. Fremdheit 2. Tathandlung a) Zueignungswille mit Aneignungs- und Enteignungskomponente (m.E. wie bei § 242, StGB; Absicht/Vorsatz; a.A. Wessels/Hillenkamp, Rn. 280) b) Objektive Manifestation des Zueignungswillens 3. Rechtswidrigkeit der Zueignung a) Objektiv besteht kein fälliger einredefreier Anspruch b) Der Täter stellt sich einen solchen auch nicht irrtümlich vor 4. Evtl. Qualifikation bei anvertrauter Sache (Abs. 2) a) Anvertrautsein + b) Entsprechender Vorsatz 3 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Tathandlung: Fälle typischer Zueignung oder Nicht-Zueignung bei § 246 StGB I. Neutrale Verhaltensweisen 1. Bloßes Einstecken einer Fundsache 2. Entgegennahme von Geld durch Inkassoberechtigten in der vorgeschriebenen Form 3. Liegenlassen einer fremden Sache in der eigenen Gewahrsamssphäre. 4. Einstellen des längerfristig geliehenen Buches in das eigene Bücherregal 5. str.: Vermischung von Geld und anderen vertretbaren Sachen mit eigenen unter unverfänglichen Umständen (Bsp.: Geldbetrag, den man einem anderen übergeben soll, wird in die eigene Brieftasche gesteckt). 4 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Fälle typischer Zueignung oder NichtZueignung bei § 246 StGB II. Verlust der „Neutralität“ durch Begleitumstände 1. Vergewisserung über Unbeobachtetheit 2. Unterlassen einer vorgeschriebenen Registrierung 3. Vermischung mit eigenen Sachen trotz an sich vorgesehener getrennter Aufbewahrung 5 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Fälle typischer Zueignung oder NichtZueignung bei § 246 StGB III. Typische Manifestationen der Zueignung 1. Verbrauch, Verzehr, feste Verbindung m. anderen Sachen 2. Veräußerung der Sache oder entsprechendes Angebot 3. Verwendung als Kreditsicherheit: bei Sichübereignung: ja, bei Verpfändung: je nach Umständen 4. Verbale Betätigung des Zueignungswillens - Bestreiten der Eigentümerrechte oder Ankündigung von deren Nichtbeachtung - Bewusst wahrheitswidriges Ableugnen des Besitzes 6 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Problemfälle • Ausgleich von Kassenfehlbeträgen BGHSt 24, 115 und h.M. bejahen § 246 StGB • Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 283 ff) 7 Aufbauvorschlag für den Tatbestand von § 246 1. Tatobjekt a) Fremde bewegliche Sache b) Vorsatz bzgl. Fremdheit 2. Tathandlung a) Zueignungswille mit Aneignungs- und Enteignungskomponente b) Objektive Manifestation des Zueignungswillens 3. Rechtswidrigkeit der Zueignung a) Objektiv besteht kein fälliger einredefreier Anspruch b) Der Täter stellt sich einen solchen auch nicht irrtümlich vor 4. Evtl. Qualifikation bei anvertrauter Sache (Abs. 2) a) Anvertrautsein (§ 28 II!)+ b) Entsprechender Vorsatz 8 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Die Subsidiarität von § 246 Fall 1: A findet eine Maschinenpistole, die eine Polizeistreife verloren hatte. Er verkauft die Waffe an seinen Bekannten B. § 51 Abs. 1 WaffenG (1 bis 5 J. FS) § 246 StGB? vgl. BGH NStZ 2002, 480 (kein § 246 neben § 212) Fall 2: Dieb D wird nach der Tat von Reue ergriffen und beschließt, die gestohlene Cabrio zurückzubringen. Als er X von diesem Vorhaben erzählt, überredet ihn dieser, die Sache doch nicht zurückzugeben, sondern an den Autoschieber A zu veräußern. 9 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Die Subsidiarität von § 246 Fall 2: I. Strafbarkeit des D gem. § 246 StGB? • Fremde bewegliche Sache (+) • Sich oder einem Dritten zueignen… Problem: D hat die Sache schon gestohlen. Ist eine wiederholte Zueignung möglich? Konkurrenzlösung (S/S/Eser/Bosch, § 246 Rn. 19): Jede Verwertung der Sache ist eine neue tatbestandliche Zueignung, welche allerdings hinter dem ersten Zueignungsakt zurücktritt. Tatbestandslösung (BGHSt(GS) 14, 38): Die weiteren Zueignungsakte sind schon tatbestandslos. Eine erneute Zueignung ist nicht möglich (Arg.: Eigentumsdelikte sind keine Dauerdelikte; Verjährung!). D nach beiden Ansichten nicht wgn. § 246 StGB strafbar (i.d.R. ein Satz genügt), hier aber: II. Strafbarkeit des X? Konkurrenzlösung: §§ 246, 26 (+) Tatbestandslösung: §§ 246, 26 (-) §§ 257, 259 hier wohl (-) 10 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Die Subsidiarität von § 246 Fall 3: T hat unter dubiosen Umständen eine Perlenkette erworben, die aus einem Einbruch stammt. Dass sie zu diesem Zeitpunkt schon bösgläubig war (§ 259 StGB), lässt sich ihr jedoch nicht nachweisen. Als in der Presse nach dem auffälligen Schmuckstück gefahndet wird, bittet sie X es für sie aufzubewahren, bis „Gras über die Sache gewachsen ist“. 11 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster Privilegierte Fälle von Diebstahl und Unterschlagung • § 247 StGB • § 248a StGB 12 Grundkurs Strafrecht IV (Vermögensdelikte) Prof. Dr. Frank Schuster
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