Philospohie und Religion in der Romantik - Schauspiel

Philosophie und Religion
in der Romantik
Diplomarbeit
Dezember 2013
Schauspiel Zentrum Köln
INHALTSVERZEICHNIS
i
1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS .............................................................................. 1
2
BEGRIFFSKLÄRUNG "ROMANTIK" ................................................................... 2
3
2.1
Einführende Betrachtungen ....................................................................... 2
2.2
Wort- und Begriffsgeschichte .................................................................... 3
DIE EPOCHE DER ROMANTIK .......................................................................... 4
3.1
4
Frühromantik ............................................................................................... 5
3.1.1
„Jenaer Gruppe“ ........................................................................................ 5
3.1.2
Das Athenäum und das „Romantisieren“ ................................................... 6
3.1.3
Dichtergattungen ....................................................................................... 8
3.1.4
Die literarische Welle ................................................................................. 9
3.2
Hochromantik ............................................................................................ 11
3.3
Spätromantik ............................................................................................. 14
PHILOSOPHIE UND RELIGION IN DER ROMANTIK ............................................. 16
4.1
Philosophie in der Romantik .................................................................... 16
4.1.1
4.1.1.1
Biographie ....................................................................................... 16
4.1.1.2
Fichtesche Philosophie .................................................................... 17
4.1.2
4.2
Johann Gottlieb Fichte............................................................................. 16
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ......................................................... 18
4.1.2.1
Biographie ....................................................................................... 18
4.1.2.2
Identitätsphilosophie ........................................................................ 18
Religion in der Romantik .......................................................................... 20
5
SCHLUSSWORT ........................................................................................... 23
6
QUELLENVERZEICHNIS ................................................................................. 24
7
6.1
Buchquellen............................................................................................... 24
6.2
Internetquellen........................................................................................... 26
ERKLÄRUNG ÜBER DIE S ELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT .................... 27
1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1
1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: August Wilhelm
http://www.findabout.net/august-wilhelm-schlegel.html (30.11.2013, 16:40 Uhr)
Abbildung 2: Friedrich Schlegel
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt97/9703deua.htm (30.11.2013, 16:50 Uhr)
Abbildung 3: Ludwig Tieck
http://de.wikisource.org/wiki/Ludwig_Tieck (30.11.2013, 17:30 Uhr)
Abbildung 4: Friedrich von Hardenberg
http://www.neuer.at/arche_2010_31_7.html (01.12.2013, 12:20 Uhr)
Abbildung 5: Joseph von Eichendorff
http://www.onlinekunst.de/maerz/10_03_Eichendorf.htm (01.12.2013, 9:10 Uhr)
Abbildung 6: Achim von Arnim
http://www.rowohlt-theaterverlag.de/autor/Achim_von_Arnim.71853.html
(01.12.2013, 10:00 Uhr)
Abbildung 7: Clemens Brentano
http://www.brentano-gesellschaft.de/Clemens%20Brentano.php
(02.12.2013, 15:20 Uhr)
Abbildung 8: Jacob und Wilhelm Grimm
http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder
_grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr)
Abbildung 9: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
http://www.causa-nostra.com/Einblick/ETA%20Hoffmanns%20Mirakel_e1311
a04.htm (08.12.2013, 18:20 Uhr)
Abbildung 10: Johann Gottlieb Fichte
http://encyklopediaksiazek.cba.pl/Wiki/images/e/e0/Fichte.jpg
(10.12.2013, 17:10 Uhr)
Abbildung 11: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schelling,+Friedrich+Wilhelm+Joseph
(11.12.2013, 13:50 Uhr)
Abbildung 12: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher
http://www.huberlin.de/pr/medien/publikationen/humboldt/2008/200904/geschic
hte/schleiermacher (11.12.2013, 15:30 Uhr)
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“
2
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“
2.1 Einführende Betrachtungen
„Romantik“ ist ein Begriff den heutzutage vermeintlich jeder versteht,
beziehungsweise jeder seine eigene Definition dieses Wortes hat und somit
jeder etwas mit diesem Begriff anfangen kann.
Die meisten Menschen verbinden das Wort mit positiven Momenten und
Gefühlen wie einem Spaziergang am Strand, einem Abendessen bei
Kerzenlicht, einer symbolischen Geste oder einem Heiratsantrag.
Es ist ein Begriff der sich im alltäglichen und populären Wortgebrauch etabliert
hat.
Nahezu inflationär benutzt der Fremdenverkehr diesen Begriff und lockt mit
Orten in „romantischer“ Lage oder auch verführerischen „Romantikhotels“.1
Dieser häufige und variable Gebrauch des Wortes Romantik macht eine
genaue Definition unmöglich. Aufgrund dessen ist und wird das Wort wohl
immer ein Widersacher des „Begriffes“ bleiben.2
Aufgrund dieser so offenen oder auch fehlenden Definition dieses Begriffs,
spricht Schriftsteller Eckhard Henscheid sogar von einer „Begriffskatastrophe“.
Sogar die in der Romantik lebenden größten Romantiker vermochten keine
klare Definition des Begriffes abzugeben. 3 So auch der Romantiker Friedrich Schlegel der in einem Brief an seinen Bruder
August Wilhelm folgendes schrieb: „Meine Erklärung des Worts Romantisch
kann ich Dir nicht gut schicken, weil sie − 125 Bogen lang ist.“4
Romantiker
benutzten
diesen
Begriff
aus
diesen
Gründen
ableitend
programmatisch und grenzten sich damit von der Klassik ab. Goethe
beispielsweise bezeichnete die Klassik als das Gesunde und Romantik als das
Kranke.5
1
vgl. N EUBAUER, Martin: Romantik. Stuttgart: Reclam, 2007, S. 5.
vgl. SCHULZ, Gerhard: Romantik. Geschichte und Begriff. 3. Aufl., München: Beck, 2008,
S. 8.
3
vgl. N EUBAUER (2007), S. 6.
4
PIKULIK, Lothar: Frühromantik. Epoche – Werke – Wirkung. 2. Aufl., München: Beck, 2000,
S. 78.
5 vgl. http://www.deutschelyrik.de/index.php/rom antik.html (24.11.2013, 14 :45 Uhr).
2
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“
3
2.2 Wort- und Begriffsgeschichte
Das Wort „Romantik“ stammt vom altfranzösischen Wurzelwort „romanz“ ab.
Damit bezeichnete man damals im Gegensatz zum gepflegten Latein, der
Sprache der Gebildeten, die romanische Volkssprache.
Werke und Dichtungen, in denen es hauptsächlich um abenteuerliche,
fantastische und unwirkliche Geschichten ging, wurden in der Volkssprache als
„romance“ bezeichnet. Daraus entwickelte sich der heutige Begriff „Roman“.
Der Gebrauch des Wortes „romantisch“ führt in das Frankreich des 17.
Jahrhunderts zurück, das damals zur Beschreibung von Empfindungen diente,
die speziell Landschaftsgemälde bei einem Betrachter auslösten.6
Nach Deutschland gelangte das Wort über England im 18. Jahrhundert und
wurde erst zum Ende des 18. Jahrhunderts kennzeichnend für eine neue
Bewegung verwendet.7
6
vgl. SCHMITZ-EMANS, Monika: Einführung in die Literatur der Romantik. 2. Aufl., Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007, S. 8.
7
vgl. SCHREYER, Reinhard: Romantik. Texte, Materialien und Bilder zu einer Epoche.
1. Aufl., Berlin: Cornelsen, 1997, S. 5.
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
4
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
Die Romantik war eine kulturrevolutionäre Bewegung die zwischen ca. 1790 bis
1850 in ganz Europa zur Entfaltung kam. Aus Gründen der inneren
Differenzierung unterteilen Literaturwissenschaftler die Epoche der Romantik in
drei Phasen: 8
 Frühromantik
 Hochromantik
 Spätromantik
Die Voraussetzung für die Entstehung der Bewegung der Romantik, war das
Unbehagen
der
Menschen
gegenüber
der
überlieferten
Ordnung
der
vorausgehenden Epoche, der Klassik.
Die Romantiker lehnten die Wirklichkeit und die Ordnung der Klassik radikal ab.
Somit entstand die Romantik als Gegenbewegung zur Klassik.
Die Romantiker wollten eine neue literarische Kunst und ein neues Denken
etablieren. Auch für das Volk, das vom eintönigen bürgerlichen Berufsleben
beherrscht wurde, sollte diese neue Bewegung eine neue Lebens-, sogar eine
Alltagsrevolution werden. Die Romantiker wollten das Selbstbewusstsein der
Menschen stärken. Um dies zu ermöglichen wurde unter anderem die Literatur
neu definiert. Die wichtigsten Grundthemen waren Gefühl, Sehnsucht und
Leidenschaft.9
Die Romantiker fanden ihre Inspiration nicht in der Wirklichkeit, sondern
bevorzugten alles Wunderbare. „Das Andersartige, Fremde und Unbekannte
wurde vor allem im Unbewussten, Geheimnisvollen, Fantastischen, Skurrilen, in
den „nächtlichen“ Seiten des Lebens gesucht.“10 Durch die Nachtseiten der
menschlichen Seele wollte man in Neuland vordringen und die Literatur
bereichern.11
8
vgl. N EUBAUER (2007), S. 7.
http://www.deutschelyrik.de/index.php/rom antik.html (29.11.2013 15:00 Uhr).
10
HESS, Jürgen; PFERSDORFF, Heike: Duden – Allgemeinbildung kompakt. Was jeder
wissen muss. 4. Aufl., Mannheim: Dudenverlag, 2012, S. 96.
11
vgl. ebd., S. 96.
9
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
5
3.1 Frühromantik
Die Frühromantik war die kürzeste Phase der Romantik. Trotz ihrer
Kurzlebigkeit, war die Frühromantik wohl die prägendste und einflussreichste
Phase der Romantik.12
3.1.1 „Jenaer Gruppe“
Die Anfänge der Romantik spielten sich zum Ende des 18. Jahrhunderts in
Jena ab. Aus diesem Grund ist die Frühromantik auch als „Jenaer Romantik“
bekannt. Im Zentrum der „Jenaer Romantik“ standen unter anderem die Brüder
August Wilhelm und Friedrich Schlegel, die mit Caroline Schlegel, (später:
Schelling) und Dorothea Veit verheiratet waren.13
August Wilhelm (1767–1845) studierte wie es sein Vater von
ihm forderte Theologie. Dieses Studium brach er jedoch
wenig später ab und wurde Philologe.
Außerdem
war
Wilhelm
Literaturwissenschaftler.
Schriftsteller,
Sprach-
und
nach
einer
14
[Abbildung 1] August Wilhelm
Friedrich
Schlegel
(1772–1829)
studierte
Kaufmannslehre, Rechtswissenschaften in Göttingen und
Leipzig. Im Studium der Philologie fand auch er, wie sein
älterer Bruder August Wilhelm seine Berufung. Außerdem
war
Schlegel
Schriftsteller,
Philosoph,
Sprach-
und
Literaturwissenschaftler.15
[Abbildung 2] Friedrich Schlegel
Die Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel standen in engem Kontakt
zu den Dichtern Ludwig Tieck und Friedrich von Hardenberg, die auch im
Zentrum der Jenaer Romantik standen.
12
vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 77.
vgl. ebd., S. 77.
14
vgl. UERLINGS, Herbert (Hrsg.): Theorie der Romantik. Stuttgart: Reclam, 2000, S. 413.
15
vgl. BUNZEL, Wolfgang (Hrsg.): Romantik. Epoche – Autoren – Werke.
1.Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010, S. 11.
13
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
6
Ludwig Tieck (1773-1853) sollte auf den Wunsch seines
Vaters Theologie studieren. Tieck ging allerdings nicht dem
Wunsch seines Vaters nach und wurde gegen dessen Willen
Schriftsteller, Dichter und Übersetzer.16
[Abbildung 3] Ludwig Tieck
Friedrich von Hardenberg (1772-1801), Novalis genannt, war
Schriftsteller,
Philosoph
und
Bergbauingenieur.
Unter
anderem studierte er Jura an der Universität Jena und legte
nach einer Zwischenstation in Leipzig sein juristisches
Examen in Wittenberg ab.17
[Abbildung 4] Friedrich von Hardenberg
Ein Grund für die Sehnsucht der Romantiker nach einem Leben mit mehr
Gefühl und Leidenschaft, waren die autoritären Familienverhältnisse aus denen
sie stammten. Die Eltern waren von der Klassik und deren Realitätsprinzip, in
der es das Ziel war jeden Menschen nach einem Ideal, mit all seinen Tugenden
zu formen, geprägt. Während die Väter als autoritär und streng galten, so galten
die Mütter als verständnisvoll und emotional.
Als studierte Erwachsene hatten sie alle ein Ziel: die Flucht zu ergreifen, aus
einer Welt, in der Ordnung und Gesetz ihr Leben bestimmten. Sie wollten eine
gefühlvolle, wunderbare Welt schaffen und das Leben und alle Gattungen der
Kunst vereinen. Später wurden sie auch als die „Jenaer Gruppe“ bezeichnet. 18
3.1.2 Das Athenäum und das „Romantisieren“
Den Anfang für einen literarischen Umbruch lieferten die Brüder August Wilhelm
und Friedrich Schlegel.
Sie entwickelten die Grundlagen einer neuen „Denkungsart“ durch die
Veröffentlichung der Zeitschrift „Athenäum“. In dieser Zeitschrift konnten sie ihre
Kunstauffassung darlegen und verbreiten.
16
vgl. N EUBAUER (2007), S. 36.
vgl. U ERLINGS (2000), S. 408.
18
vgl. BUNZEL (2010), S. 11.
17
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
7
Friedrich Schlegel und Novalis, die eng miteinander verbunden waren, wollten
die Grenzen zwischen den literarischen Formen auflösen. Alle Gattungen der
Kunst sollten benutzt werden können.
Friedrich Schlegel prägte dafür den Begriff der „progressiven Universalpoesie“
und veröffentlichte es in seiner Zeitschrift „Athenäum“, als einen kurz und
prägnant formulierten Prosatext:
„Athenäum“ -Fragment Nr. 116.
„Die
romantische
Poesie
ist
eine
progressive
Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle
getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen,
und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in
Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und
Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie
bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig
und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch
machen, den Witz poetisieren und die Formen der Kunst
mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und
sättigen und durch die Schwingungen des Humors
beseelen.“19
Dieses Zitat von Friedrich bildete das Grundmanifest der Frühromantik. Es
veranschaulicht sehr deutlich und prägnant die womöglich wichtigste These
dieser Phase der Romantik. Die Worte „progressive Universalpoesie“ sind
hierbei eigentlich schon die Definition selbst. „Progressive“, folglich eine immer
fortschreitende,
nie
vollendete
„Universalpoesie“,
also
eine
weltoffene,
allgemeingültige, als auch grenzüberschreitende Dichtung.
Die Hauptthese dieses Fragments ist demnach, dass mit Hilfe der romantischen
Poesie Grenzen aufgelöst werden sollen.
Den Künstler sollten keinerlei Grenzen in seinem künstlerischen Vorhaben
beschränken. Die Kunst sollte sich keinen Regeln fügen.20
19
THIELE, Martin: Lyrik der Romantik – Eine Übersicht der Wesensmerkmale romantischer
Lyrik anhand beispielhafter Gedichte Joseph von Eichendorffs und Clemens Brentanos.
München: GRIN Verlag. 2007, S. 24-25.
20
vgl. N EUBAUER (2007), S. 14-15.
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
8
Die Grenzen der Poesie, der Religion, der Wissenschaft und der Philosophie,
als auch die Grenzen zwischen den einzelnen Kunstgattungen wie der Musik,
der Malerei oder der Dichtung und die Grenzen zwischen den einzelnen
Dichtungsgattungen wie dem Fragment, dem Roman und dem Drama sollten
ineinander verschwimmen. Sogar die Grenzen zwischen Realität, Fantasie,
Traum und Wirklichkeit sollten sich auflösen, um sich mit allen Sinnen auf die
Kunst einzulassen.21
Einen großen Einfluss auf den Literaturumbruch hatte außerdem die Definition
des „Romantisierens“ von Novalis.
"Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den
ursprünglichen
Sinn
wieder.
(…)
Indem
ich
dem
Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein
geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des
Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein
gebe, so romantisiere ich es.“22
Die Poesie war für Novalis Ausdruck seines Inneren und somit Äußerung seiner
tiefsten und innigsten Gedanken, die nach dem Geheimnisvollen und
Wunderbaren strebten. Die Definition des „Romantisierens“ entstand aus der
Idee die Welt auf eine romantische Art zu poetisieren. Dem pauschalem
„Allgemeinem“ sollte wieder ein höherer Sinn und eine tiefere Bedeutung
verliehen werden.23
3.1.3 Dichtergattungen
Fast jeder Dichter befasste sich mit dem Anfang der Frühromantik für Goethes
Bildungsroman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, in dem es um die Anpassung an
das tätige, bürgerliche Leben und um die Prinzipien der Ökonomie ging. Den
Romantikern war sein Roman nicht volkstümlich genug, allerdings bot er sich
als ein ideales Muster für die Gestaltung ihrer eigenen Kunstvisionen an. So
wandelte sich der Bildungsroman mit der Zeit in einen Künstlerroman. Es wurde
21
vgl. N EUBAUER (2007), S. 16.
UERLINGS (2000), S. 14.
23
vgl. BUNZEL (2010), S. 21.
22
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
9
zwischen Prosa und Vers gewechselt, dramatische Teile, Gedichte und Lieder
ließ man in Erzählungen einfließen. Friedrich Schlegel schrieb um 1800 in
seinem Brief über den Roman: “Ja, ich kann mir einen Roman kaum anders
denken, als gemischt aus Erzählung, Gesang und anderen Formen“.
Beliebte Schauplätze und Motive in der Romantik waren Friedhöfe, Ruinen oder
alte Burgen, dunkle Wälder, Höhlen und Naturlandschaften.24
Als Antwort auf Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, verfasste Novalis den
Roman „Heinrich von Ofterdingen“. Darin stand die Entgrenzung und
Poetisierung des Lebens im Mittelpunkt.
In dem Roman, der als Fragment veröffentlicht wurde, geht es um den Weg
eines Minnesängers zum Dichter. Novalis schrieb in diesem Roman zum ersten
Mal über die „Blaue Blume“. Diese wurde daraufhin zum Symbol der Romantik
und stand für Sehnsucht und Liebe.25
Den
ersten deutschen
Künstlerroman,
„Franz Sternbalds
Wanderung“,
verfasste Ludwig Tieck. Dieser erschien im Jahr 1797 und beschrieb die Kunst
als die wichtigste Grundlage der menschlichen Existenz.26
Im selben Jahr veröffentlichte Tieck die romantische Komödie „Der gestiefelte
Kater“ und das Märchen „Der blonde Eckbert“.27
Auch andere Genres, wie Dramen, Fragmenten, Märchen, Novellen und
Gedichte erfreuten sich großer Beliebtheit.
3.1.4 Die literarische Welle
Zwischen 1790 und 1800 erschienen rund zweieinhalbtausend Romantitel auf
dem Markt, genauso viele wie insgesamt in den neunzig Jahren zuvor. Die Lyrik
war nun von einer totalen Regellosigkeit beherrscht. Die Sprache wurde
bewusst volkstümlich gehalten. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Lesen in
den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreisen fast epidemisch, es lasen
doppelt so viele Menschen wie noch im Jahr 1750.
Diese Lust am Geheimnisvollen und Wunderbaren, wie sie in der literarischen
Kultur am Ende des Jahrhunderts aufkommt, ist das Symptom eines
Mentalitätswandels, der den rationalistischen Geist der Klassik zurückdrängt.
24
vgl. Neubauer (2007), S. 63.
vgl. ebd., S. 35.
26
vgl. ebd., S. 64.
27
vgl. ebd., S. 75.
25
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
10
10
Das Lesen ermöglichte den Menschen für einige Stunden in ein anderes Leben
zu tauchen, das andere Geheimnisse und Überraschungen bereit hielten als ihr
eigenes. Das viele Lesen, ließ Lesen und Leben zusammenrücken. Man
fahndete im Gelesenen nach dem Leben des Autors und auch nach dem Leben
hinter der Literatur. Die Menschen waren von der Vorstellung fasziniert wie
Literatur das Leben formen könnte. Man versuchte zum Beispiel das zu Leben
was man gelesen hatte. „Man zog Werthers Sperlingsfrack an oder rollte mit
den Augen wie Karl Moor“. In den Romanen und Dramen hofften die Menschen
auf überraschende Wendungen und Begegnungen.
Die Romane lebten von Sätzen wie: „Nichtsahnend ging ich aus dem Haus, als
plötzlich…“ diese wurden nun die Formel der Spannungserzeugung.
Am Ende des 18. Jahrhunderts konnte das Wunderliche wieder selbstbewusst
als das Wunderbare auftreten. So kam es dann, dass die Wunderheiler, die
man zuvor in Arbeitshäuser gesperrt hatte, wieder auftauchten und die
Menschen in den Städten wieder zusammenkamen um Propheten anzuhören,
die den Weltuntergang oder die Wiederkehr des Messias predigten. Die
Definition von Novalis des „Romantisierens“ war in voller Blütezeit.
Die allgemeine Stimmung hatte sich verändert. Die Menschen fanden Gefallen
am Rätselhaften, am Wunderbaren, an Dramen und an den offenen Textformen
die nun in den Romanen herrschten. Das Rationale denken der Klassik wurde
schwächer und ihre Anhänger immer weniger.
Lesen versprach den Menschen das Abenteuer um die Ecke, die kleine
Alltagsrevolution. Man las nicht mehr ein Buch viel Male, sondern viele Bücher
einmal. Das Volk war von dieser literarischen Welle begeistert.
Der große, sie antreibende Ehrgeiz der Romantiker war es, mit ihren Schriften
noch zu existieren, wenn alle anderen schon längst verschwunden sind.28
28
vgl. SAFRANSKI, Rüdiger: Romantik. Eine deutsche Affäre. 3. Aufl., München: Hanser.
2010, S. 48-54.
11
11
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
3.2 Hochromantik
Die zweite und mittlere Phase der Romantik bildete die Hochromantik. Zu
dieser Zeit war Deutschland nicht geeint, eine deutsche Hauptstadt gab es auch
nicht. Deswegen verteilte sich diese Phase der Romantik auf mehrere
Zentren.29
Demgemäß löste sich auch der Jenaer Kreis um das Jahr 1800 auf. Novalis
starb im Jahr 1801, die Schlegel Brüder zogen in die preußische Hauptstadt,
der Philosoph Fichte nach Berlin, Friedrich Schelling nach Würzburg und Tieck
erstmals auf das Landgut Ziebingen.
In den Jahren 1801 – 1804 wurde Berlin zum Zentrum der romantischen
Dichter. Zwischen 1805 und 1808 wurde Heidelberg das Zentrum der
Hochromantik. In diesen Jahren lebten dort Clemens Brentano, Achim von
Arnim und Eichendorff. Aus diesem Grund wurde die Hochromantik auch als die
„Heidelberger Romantik“ bezeichnet.
Die Dichter Joseph von Eichendorff, Achim von Arnim, Clemens Brentano und
die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm bildeten den Kreis der Romantik in
Heidelberg.30
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) wurde katholisch
erzogen. Er war früh zu einer bescheidenen Lebensführung
gezwungen
und
musste
früh
einen
Beruf
erlernen.
Eichendorff studierte in Halle und Heidelberg, wo in Kontakt
mit der romantischen Bewegung kam. Daraufhin schlug er
die Beamtenlaufbahn ein und wurde Verwaltungsbeamter. 31
[Abbildung 5] Joseph von Eichendorff
Achim von Arnim (1781 – 1831) war Schriftsteller und
Publizist.
Unter
Naturwissenschaften
anderem
und
Rechte
studierte
in
Halle
er
und
Mathematik in Göttingen. Im Jahr 1811 heiratete er
Sophie, die Schwester von Clemens Brentano.32
[Abbildung 6] Achim von Arnim
29
vgl. N EUBAUER (2007), S. 8.
vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 77.
31
vgl. N EUBAUER (2007), S. 56-57.
32
vgl. U ERLINGS (2000), S. 405.
30
12
12
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
Clemens Brentano (1778 – 1842) stammte aus einer
Kaufmannsfamilie. Durch seine Großmutter, Sophie
von
La
Roche,
die
als
einer
der
wichtigsten
Schriftstellerin der Aufklärung galt, war ihm das Talent
für das kreative Schreiben bereits in die Wiege gelegt
worden. Der Kontakt zu dem Jenaer Romantikkreis
und seine lebenslange Freundschaft mit Achim von
Arnim stärkte seine Lust zum Schreiben.33
[Abbildung 7] Clemens Brentano
Jacob (1785 – 1863) und Wilhelm (1786 –
1859) Grimm studierten nachdem sie ihr Abitur
gemacht haben,
Jura
in
Marburg.
Im
Gegensatz zu Jacob, schloss Wilhelm das
Jurastudium erfolgreich ab. Durch Kontakte
gelangten
die
Gebrüder
Grimm
in
den
Dichterkreis der Heidelberger Romantik.34
[Abbildung 8] Jacob und Wilhelm Grimm
In den Jahren 1809 bis 1822 war Berlin der Aufenthaltsort für viele romantische
Dichter. Weitere Zentren der Hochromantik waren Dresden und Wien.
Im Mittelpunkt dieser Zeit stand insbesondere die Auseinandersetzung mit dem
Geschichtlichen,
Philosophischem
und
Mythologischem
und
die
Weiterentwicklung und Vertiefung von Märchen, Sagen und Liedern.35
Clemens Brentano und Achim von Arnim gelang im Jahr 1806 der Durchbruch
mit ihrer Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“. Es folgten weitere
Erfolge durch getrennt voneinander verfasste Dramen, Novellen, Romane und
Gedichte der Dichter Brentano und Arnim.36
33
vgl. N EUBAUER (2007), S. 46.
vgl. http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder_
grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr).
35
vgl. N EUBAUER (2007), S. 8.
36
vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 78.
34
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
13
13
Durch die Veröffentlichung des Werkes „Kinder- und Hausmärchen“ (1812 – 15)
der Gebrüder Grimm gelangten sie zu einem ihrer ersten literarischen Erfolge.
Wilhelm Grimm überarbeitete das Werk und daraufhin erschien im Jahr 1819
die zweite Auflage der Märchensammlung mit dem typischen Märchenton wie
zum Beispiel „Es war einmal…“. Die Märchensammlung enthielt an die
zweihundert einzelne Texte. Das Werk „Kinder-und Hausmärchen“ der Brüder
Grimm ist heute noch das erfolgreichste und meist verbreitete Werk der
deutschen Literatur.37
37
vgl. N EUBAUER (2007), S. 53.
14
14
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
3.3 Spätromantik
Die Spätromantik spielte sich hauptsächlich in Berlin ab, daher ist diese Phase
auch als die „Berliner Romantik“ bekannt. Nebenzentren waren Wien und
München.
Die Spätromantik grenzt sich von der Hochromantik in erster Linie durch einen
ausgeprägten Katholizismus. Mit dem Übergang zur Spätromantik verschieben
sich auch die Zentren. Berlin und München bilden in dieser Phase wichtige
Standorte. Die Spätromantik ist deswegen auch als „Berliner Romantik“
bekannt.
Es ist eine Phase in der sich wichtige Vertreter von ihren früheren Werken
entfernen und ein sich auf die gesamte Romantik beziehendes christlichkatholisches Programm entwerfen. Das Motiv der Romantik ist zwar noch
vorhanden, aber eher im Modus einer ironischen Variation. Diesen Werken
wurde deswegen teilweise auch ein biedermeierlicher Einschlag nachgesagt.
Die Werke der Spätromantik können schon eher als Schwelle zu neuen
diskursiven Themen gelesen werden.
Im Mittelpunkt dieser Phase standen unter anderem Ernst Theodor Amadeus
Hoffmann und Ludwig Tieck.38
Ernst Theodor Amadeus Hoffman (1776-1822) war Schriftsteller, Komponist,
Musikkritiker, Maler, Zeichner und Jurist. Er schrieb
Romane, Novellen, Märchen und vertonte viele Lieder
von Dichtern. Seine Musikkompositionen unterstützen
auch heutzutage noch viele Theaterstücke. Hoffmann
thematisierte in seinen Werken das Wunderbare, das
Groteske,
den
Wahnsinn
und
die
Mächte
der
Verführung.39
[Abbildung 9] Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
In seinem ersten Werk „Fantasiestücke“ spielte das Fantastische eine
bedeutende Rolle. Neben dem Fantastischen wird nun auch das „Nächtliche“ zu
seinem Markenzeichen. Seine Werke erzählen von schauerlichen Gespenstern
38
39
vgl. BUNZEL (2010), S. 40.
vgl. N EUBAUER (2007), S. 39-40. ; UERLINGS (2000), S. 409
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
15
15
und bösen Räubern die ihr Unwesen trieben, auf Rachezug waren oder
Menschen in den Tod rissen. Hoffmann wurde deshalb unteranderem auch der
„Gespenster-Hoffmann“ genannt.40
Tieck war ein typischer Modeschriftsteller der seine Werke stets dem
Geschmack der jeweiligen Zeit anpasste. In der Frühromantik beschäftigte er
sich mit fantastischen und wunderbaren Motiven und Märchenstoffen. In der
Spätromantik wendete er sich historischen Themen zu.
Die Jahre vergingen, die Menschen, die Wirtschaft, die Politik und auch die
technischen Erfindungen hatten sich verändert. Es gab mehr Arbeit und
weniger Freizeit. Heinrich Heine (1797 – 1856) ein deutscher Schriftsteller der
Romantik, Dichter und Journalist, forderte die Überwindung der Romantik. Für
ihn repräsentierte
die Romantik das Rückschrittliche zu der Zeit der
Industrialisierung.41
40
41
vgl. BUNZEL (2010), S. 175.
vgl. N EUBAUER (2007), S. 81.
16
16
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
4 PHILOSOPHIE UND RELIGION IN DER ROMANTIK
Die Gemeinsamkeit der Philosophie und der Religion ist die Suche nach
Antworten. So sucht man in der Religion eine Antwort auf die Frage aus
welchem Grund der Mensch existiert und warum überhaupt etwas ist und nicht
nichts.
Darauf
haben
verschiedene Glaubensrichtungen,
verschieden
Antworten. In der Philosophie dagegen stellt man sich bspw. die Frage wie das
Universum entstanden ist und weniger die Frage wieso. Ein Unterschied
zwischen Religion und Philosophie ist das einfließende Maß der Vernunft.
An dem Punkt, an dem die Vernunft ihre momentane Grenze erreicht setzt der
Glaube ein und schafft Platz für die Religion. Während die Philosophie versucht
rational und mit guten Gründen zu argumentieren, stützt sich die Religion meist
auf Heilige Schriften oder Offenbarungen. Die Philosophie „denkt“, die Religion
dagegen „glaubt“. Die Tatsache, dass viele Philosophen auch Theologen waren
zeigt allerdings auch, dass Philosophie und Religion nicht zwangsläufig
gegensätzlich, sondern auch vereinbar sein können.42
4.1 Philosophie in der Romantik
Die Epoche der Romantik wurde von den Philosophen Johann Gottlieb Fichte
und Friedrich von Schelling stark beeinflusst.
4.1.1 Johann Gottlieb Fichte
4.1.1.1 Biographie
Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814) stammte aus armen Verhältnissen und
musste schon als kleiner Junge zum Lebensunterhalt beitragen. Nach dem
Schulabschluss studierte er in Jena und Leipzig
Theologie. Dieses musste er jedoch aufgrund seiner
schlechten finanziellen Lage abbrechen und arbeitete
fortan als Hauslehrer in Leipzig. Hier prägten ihn Kants
Lektüren und wurden für ihn zum entscheidenden
Erlebnis. Auf Kants Empfehlung veröffentlichte er seine
erste große Schrift, die „Versuch einer Kritik aller
Offenbarung“ und wurde dadurch schlagartig berühmt.
[Abbildung 10] Johann Gottlieb Fichte
42
vgl. LAW, Stephen: Philosophie. München: Dorling Kindersley, 2008, S. 16-17.
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
17
17
Im Jahr 1794 führten ihn seine Wege nach Jena um dort an der Universität
Philosophie zu unterrichten. Mit seiner „Wissenschaftslehre“ schuf er eine der
wichtigsten philosophischen Grundlagen der Romantik. Weil er seine eigene
Philosophie darlegte und nicht aus einem Lehrbuch vortrug war er bei den
Studenten sehr beliebt. Im Jahr 1799 geriet er wegen einer anonymen Schrift in
den sogenannten „Atheismusstreit“. Öffentlich verteidigte er sich gegen diese
atheistischen Vorwürfe, doch seine Bemühungen blieben erfolglos. Daraufhin
zog Fichte nach Berlin wo er Privatvorlesungen hielt. In den Jahren 1807/08
verfasste er die „Reden an die deutsche Nation“. Im Jahr 1814 starb er an einer
Typhusinfektion.43
4.1.1.2 Fichtesche Philosophie
Der wichtigste Bezugspunkt für die Frühromantiker war Fichtes Philosophie.
Die Grundgedanken der Fichteschen Philosophie sind in den beiden Schriften
„Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie“
und „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“, die im Jahr 1794
erschienen festgehalten. Der Begriff „Wissenschaftslehre“ deutet auf eine
Wissenschaft hin, die vor anderen Wissenschaften steht. Es ist eine
Philosophie, die sich nicht wie viele Einzelwissenschaften mit Gegenständen
befasst, sondern mit dem Wissen selbst.
Die Philosophie soll genutzt werden, um unsere Vorstellung von Dingen, unsere
Erfahrungen zu erklären. Dafür konnte es nach Fichte nur zwei philosophische
Systeme geben.
Im ersten System wird die Vorstellung vom Ding hergeleitet, wodurch sich ein
Dogmatismus ergibt. Im zweiten wird das Ding von der Vorstellung hergeleitet
und es ergibt sich dadurch ein Idealismus. Während sich passive Menschen für
den Dogmatismus entscheiden, wählen die Selbstständigen und Kreativen den
Idealismus. Für Fichte war der Idealismus das einzig konsequente System. 44
Wenn man vom anfänglichen Sein der Dinge ausgeht, kann man nicht ihr
Bewusstsein erklären. Stellt man das Denken an den Anfang, kann man zwar
nicht die Dinge selbst, aber die Vorstellungen, also Erfahrungen von ihnen
herleiten.
43
vgl. H ÜGLI, Anton: Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen
Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. 6.Aufl., Hamburg: Rowohlt, 2005, S. 205.
44
vgl. STÖRIG, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. 3. Aufl., Frankfurt am
Main: Fischer, 2002, S. 506.
18
18
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
Aufgrund dessen muss am Anfang der Philosophie das denkende Subjekt
stehen.
Daraus
erschließt
sich
der
Ausgangspunkt
der
Fichteschen
Wissenschaftslehre: „Das Ich setzt sein eigenes Sein“.45 Man muss sich
demnach selbst denken, also mit einer eigenständige Handlung oder Tat
beginnen. Setzt man diesen Gedanken fort, so entspringt die Erfahrung aus
dem Ich. Das Eigentümliche an einer Empfindung erklärt Fichte durch einen
unbewusst und frei produzierenden Vorgang durch das „Nicht-Ich“, dass vom
„Ich“ erzeugt wird. Das „Ich“ erzeugt das „Nicht-Ich“, um sich selbst Barrieren zu
schaffen, die es durch Kampf und Arbeit überwinden muss.46
4.1.2 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
4.1.2.1 Biographie
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854) studierte Philosophie und
Theologie in Tübingen. Im Jahr 1793 begegnete Schelling
zum ersten Mal Fichte von dessen Philosophie er anfangs
sehr angetan war. Im Jahr 1798 wurde er Professor in
Jena und lernte wenig später die Jenaer Gruppe kennen,
die bald zu seinen Freunden zählten. Im Jahr 180
heiratete er Caroline Schlegel, die Frau von Friedrich
Schlegel.47
[Abbildung 11] Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
4.1.2.2 Identitätsphilosophie
Die Naturphilosophie von Friedrich Wilhelm Schelling bestimmte die Weltsicht in
der Romantik. Schellings System war als Identitätsphilosophie bekannt. Dieses
System bildet das Zwischenstück zwischen Fichte und dem auf Schelling
folgenden Hegel.
Was bedeutet Identitätsphilosophie? Nach Fichtes System ist die Natur kein
eigenständiges, unabhängiges Wesen. Es ist nur eine durch das Ich
hervorgebrachtes Produkt, eine Konkurrenz, dem das Ich durch Kampf und
Arbeit Widerstand leistet und sich somit verwirklichen kann.
45
STÖRIG (2002), S. 507.
vgl. ebd., S. 507-508.
47
vgl. U ERLINGS (2000), S. 412.
46
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
19
19
Diese Abhängigkeit voneinander dreht Schelling um. Er will damit die
Einseitigkeit der Fichteschen Philosophie beheben. Demnach ist nicht die Natur
ein Produkt der Vorstellung, sondern die Vorstellung ist ein Produkt der Natur.
Die Vernunft ist nach Schelling bereits in der Natur wirksam.
Die Aufgabe Schellings, gleicht sich mit Fichtes Aufgabe, die Abhängigkeit
zwischen Subjekt und Objekt zu erklären.
Dabei unterscheidet sich die Fragestellung von Fichte. Man muss fragen: Wie
ist von der Natur her, in der Natur, das Ich oder der Geist möglich?
Das ist möglich, da die Natur ursprünglich ein Geist von unserem Geiste ist,
weil Natur und Geist, Reales und Ideales, im tiefsten identisch sind.48
48
STÖRIG (2002), S. 514.
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
20
20
4.2 Religion in der Romantik
Das Vorbild der romantischen Kultur entstand unter anderem durch den Bezug
der modernen europäischen Kultur auf das Christentum. Die Religion hängt
infolgedessen mit der Epoche der Romantik eng zusammen und spielt darin
eine entscheidende Rolle.
Daraus lässt sich allerdings nicht der Umkehrschluss ableiten, dass
„romantisch“ und „religiös“ oder gar „christlich“ die gleiche Bedeutung haben.
Das „Romantische“ kann somit als das „Religiöse“ aufgefasst werden,
allerdings ist das „Religiöse“ nicht direkt „romantisch“.49
Die deutsche Literatur des 17. Und 18. Jahrhunderts wurde hauptsächlich durch
protestantische Schriftsteller beeinflusst. Die literarischen Strömungen der
Romantik wurden dagegen erstmals von katholischen Autoren getragen.
Dabei stammten nicht alle von ihnen aus einem katholischen Elternhaus,
sondern konvertierten aus verschiedenen Gründen zum Christentum.50
Der Zusammenhang zwischen der Romantik und der Religion entwickelte sich
erst mit der Zeit und war nicht bereits mit der Geburtsstunde der Romantik
vorhanden.
Dadurch erhielt die Religion zu dieser Zeit eine zusätzliche Rolle. Sie war nun
nicht mehr alleiniger Lebensbestandteil von Theologen und Gläubigen, sondern
wurde auch Studienobjekt weltlicher Philosophie.
Diese geschichtliche Entwicklung der Religion hatte dadurch auch die
Verweltlichung des christlichen Glaubens zur Folge. Durch diese Entwicklung
sah man die Religion einem evolutionärem Prozess unterzogen. Dieser
Erziehungsprozess der Religion wurde mit den Lebensstufen eines Menschen,
also der Kindheit, Jugend und Reife verglichen. Zu dieser Zeit sah man die
Religion sich einem neuen Schritt unterziehen und das Christentum als einen
endlichen Zeitabschnitt der Weltgeschichte.51
Den Übergang von der Antike zum Christentum sah man als die Entwicklung
eines Kindes zu einem Erwachsenen. Zum Ende dieser Entwicklung sollte ein
göttlicher Heilsplan sichtbar werden.
49
vgl. SCHULZ (2008), S. 93.
vgl. N EUBAUER (2007), S. 19.
51
vgl. SCHULZ (2008), S. 93.
50
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
21
21
Der Einfluss des Christentums auf die europäische Kultur und die Entwicklung
der Romantik hatte verschiedenste Auswirkungen und Folgen.
Die Autoren der Frühromantik lebten in einer religiösen Aufbruchsstimmung,
allerdings fernab kirchlicher Dogmatik. Durch ihre starke Orientierung am
Mittelalter, waren ihre Vorstellungen versetzt mit mystischem Gedankengut. Die
Religion bot ihnen das Wunderbare und Geheimnisvolle zu erforschen. Dieses
mystische Gedankengut war allerdings weit entfernt vom Christentum und von
der Kirche nicht akzeptiert.52
Beispielsweise wurde von Novalis seine früh verstorbene Braut in seinem Werk
„Hymnen an die Nacht“ mir Christus gleichgestellt. Sie waren das einzige
größere Werk, das Novalis vor seinem Tod vollendete und veröffentlichte und
bildeten den Höhepunkt seines Schaffens. Dieses Werk entstand aus der
Trauer um seine Braut und ist auch Dokument einer persönlichen Religion, da
es neben Sehnsucht, Schmerz und Trauer, die Antike und Christentum zum
Gegenstand hat. Es ist eine poetisierte Verbindung von Privatmythologie und
christlicher Mythologie.53
Des Weiteren wurde die christliche Kunst Italiens wurde von Wackenroder und
Tieck als ein Werk des göttlichen dargestellt und sogar zu einer Religion
erhoben.
Diese Aussagen in den Werken junger deutscher Dichter, die sich als gläubige
Christen sahen, sollte allerdings mehr als literarische Kunst denn als wahre
Offenbarung interpretiert werden.54
Die Autoren der Romantik fanden im Religiösen die Sehnsucht nach Ordnung,
Harmonie und Frieden. So waren beispielsweise der Philosoph und Theologe
Friedrich Schleiermacher und Friedrich Schlegel von der Notwendigkeit der
Gründung einer neuen Religion fest überzeugt. Ihre Ideen und Vorstellungen
dies umzusetzen, blieben jedoch oft unvollendete Utopien.55
All das waren Zeichen der Verwirklichung des Christentums, deren weiteren
Auswirkungen auch Atheismus und Nihilismus waren.
52
vgl. SCHULZ (2008), S. 94.
vgl. N EUBAUER (2007), S. 34.
54
vgl. SCHULZ (2008), S. 94.
55
vgl. N EUBAUER (2007), S. 20.
53
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
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Eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Religion in der Romantik
spielte Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher.
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768 – 1834) war
evangelischer Theologe und Philosoph. Von 1796 bis 1802
war er Prediger an der Charité in Berlin. Auch zu dieser
Zeit stand er in engem Kontakt zu den Romantikern in
Jena. Seine Philosophie wurde von Kant, Fichte, Schelling
und Platon (dessen Werk er übersetzt hatte) beeinflusst.56
[Abbildung 12] Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher
Im Jahr 1799 erscheint Schleiermachers Werk „Über die Religion. Reden an die
Gebildeten unter ihren Verächtern“. Es galt als das bedeutendste Werk
frühromantischer Religiosität, das die Sehnsucht der Romantik verkörperte.57
Ein Auszug der ersten Rede aus seinem Werk lautet:
„Jede menschliche Seele(…) ist nur ein Produkt zweier
entgegengesetzter Triebe. Der eine ist das Bestreben
alles was sie umgiebt an sich zu ziehen, in ihr eignes
Leben zu verstriken, und wo möglich in ihr innerstes
Wesen ganz einzusaugen. Der andere ist die Sehnsucht
ihr eigenes inneres Selbst von innen heraus immer weiter
auszudehnen, alles damit zu durchdringen, allen davon
mitzuteilen, und selbst nie erschöpft zu werden.“58
Für Schleiermacher war die Religion unabhängig von Moral und Metaphysik,
ein unmittelbares Erfühlen des Alls, eine mystische Vermählung mit Gott.
So wie die Romantiker die Sehnsucht für unendlich hielten so hielt
Schleiermacher die Religion für unendlich.59 Friedrich Schlegel schrieb im
„Athenäum“: „Nur derjenige kann ein Künstler sein, welcher eine eigene
Religion, eine originelle Ansicht des Unendlichen hat“.60
56
vgl. U ERLINGS (2000), S. 414.
vgl. SCHLEIERMACHER, Friedrich: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren
Verächtern. Hamburg: Meiner, 2004, S. 7.
58
SCHLEIERMACHER (2004), S. 13.
59
vgl. SCHLEIERMACHER (2004), S. 15-19.
60
vgl. BUNZEL (2010), S. 20.
57
5 SCHLUSSWORT
23
23
5 SCHLUSSWORT
Die Romantik war eine Epoche in der Philosophie, Religion und Kunst eine
Einheit bildeten. Es war eine Zeit in der Dichter, Philosophen, Theologen und
Künstler ihre Arbeit aufeinander aufbauten, sich gegenseitig inspirierten und
sich in ihren jeweiligen Kunstvisionen unterstützten. Zusammen standen sie
gegen das Realitätsprinzip der vorausgehenden Epoche, der Klassik.
Durch ihren Glauben an eine bessere Welt und einen einheitlichen
Grundgedanken über eine neue lyrische Stilrichtung, schafften sie es die
überlieferte Ordnung der Klassik zu überwinden. Der Literaturumbruch den sie
mit ihren fantastischen und wunderbaren Geschichten geschaffen hatten,
stärkte das Selbstbewusstsein der Menschen ungemein.
Die Dichter, Theologen und auch Philosophen der nachfolgenden Epochen,
blickten oftmals auf die Romantiker und deren Visionen zurück, um sich von
ihnen inspirieren zu lassen.
Der Geist des damaligen Literaturstils wirkt bis heute. Das Erbe der Romantik
hält sich nun schon seit gut 200 Jahren, ohne an Intensität nachzulassen.
6 QUELLENVERZEICHNIS
24
24
6 QUELLENVERZEICHNIS
6.1 Buchquellen
BUNZEL (2010)
BUNZEL, Wolfgang (Hrsg.): Romantik. Epoche – Autoren – Werke.
1. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010
HESS (2012)
HESS, Jürgen; PFERSDORFF, Heike: Duden – Allgemeinbildung kompakt. Was
jeder wissen muss. 4. Aufl., Mannheim: Dudenverlag, 2012
HÜGLI (2005)
HÜGLI, Anton: Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen
Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. 6.Aufl., Hamburg: Rowohlt, 2005
LAW (2008)
LAW , Stephen: Philosophie. München: Dorling Kindersley, 2008
NEUBAUER (2007)
NEUBAUER, Martin: Romantik. Stuttgart: Reclam, 2007
PIKULIK (2000)
PIKULIK, Lothar: Frühromantik. Epoche – Werke – Wirkung.
2. Aufl., München: Beck, 2000
SAFRANSKI (2010)
SAFRANSKI, Rüdiger: Romantik. Eine deutsche Affäre. 3. Aufl., München:
Hanser, 2010
SCHLEIERMACHER (2004)
SCHLEIERMACHER, Friedrich: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter
ihren Verächtern. Hamburg: Meiner, 2004
SCHMITZ-EMANS (2007)
SCHMITZ-EMANS, Monika: Einführung in die Literatur der Romantik.
2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007
SCHREYER (1997)
SCHREYER, Reinhard: Romantik. Texte, Materialien und Bilder zu einer Epoche.
1. Aufl., Berlin: Cornelsen, 1997
SCHULZ (2008)
SCHULZ, Gerhard: Romantik. Geschichte und Begriff.
3. Aufl., München: Beck, 2008
STÖRIG (1999)
STÖRIG, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie.
3. Aufl., Frankfurt am Main: Fischer, 2002
6 QUELLENVERZEICHNIS
THIELE (2007)
THIELE, Martin: Lyrik der Romantik – Eine Übersicht der Wesensmerkmale
romantischer Lyrik anhand beispielhafter Gedichte Joseph von Eichendorffs
und Clemens Brentanos. München: GRIN Verlag. 2007
UERLINGS (2000)
UERLINGS, Herbert (Hrsg.): Theorie der Romantik. Stuttgart: Reclam, 2000
25
25
6 QUELLENVERZEICHNIS
26
26
6.2 Internetquellen
http://de.wikisource.org/wiki/Ludwig_Tieck (30.11.2013, 17:30 Uhr)
http://www.brentano-gesellschaft.de/Clemens%20Brentano.php
(02.12.2013, 15:20 Uhr)
http://www.causa-nostra.com/Einblick/ETA%20Hoffmanns%20Mirakel_e1311
a04.htm (08.12.2013, 18:20 Uhr)
http://www.deutschelyrik.de/index.php/romantik.html (24.11.2013, 14:45 Uhr)
http://encyklopediaksiazek.cba.pl/Wiki/images/e/e0/Fichte.jpg
(10.12.2013, 17:10 Uhr)
http://www.findabout.net/august-wilhelm-schlegel.html (30.11.2013, 16:40 Uhr)
http://www.huberlin.de/pr/medien/publikationen/humboldt/2008/200904/geschic
hte/schleiermacher (11.12.2013, 15:30 Uhr)
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt97/9703deua.htm (30.11.2013, 16:50 Uhr)
http://www.neuer.at/arche_2010_31_7.html (01.12.2013, 12:20 Uhr)
http://www.onlinekunst.de/maerz/10_03_Eichendorf.htm (01.12.2013, 9:10 Uhr)
http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder
_grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr)
http://www.rowohlt-theaterverlag.de/autor/Achim_von_Arnim.71853.html
(01.12.2013, 10:00 Uhr)
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schelling,+Friedrich+Wilhelm+Joseph
(11.12.2013, 13:50 Uhr)
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7 ERKLÄRUNG ÜBER DIE SELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT
7 ERKLÄRUNG ÜBER DIE SELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT
Mit Einreichung der vorliegenden Ausarbeitung versichern die Verfasser, dass
die Arbeit selbstständig verfasst wurde. Alle Stellen der Ausarbeitung, die dem
Sinn nach aus anderen Arbeiten entnommen wurden, sind durch Angabe der
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