PDF, 1 Seite - Bergrennen Gurnigel

Sport
Dienstag, 15. September 2015
Käsers
Premiere
Der Coup im alten Wagen
SCHWINGEN Mit einer
beeindruckenden Leistung
realisierte Remo Käser am
Luegschwinget seinen ersten
Sieg bei den Aktiven.
GURNIGEL-RENNEN Marcel
Steiner hat beim GurnigelBergrennen überraschend den
zweiten Rang erreicht. Mit
einem «nicht mehr konkurrenzfähigen» Auto war der
Lokalmatador angetreten. Dabei hätte er zuerst einen anderen Wagen benutzen wollen.
Auf der Lueg schlug Remo Käsers
Stunde. Im Schlussgang bezwang
der Sohn des Schwingerkönigs
Adrian Käser nach gut fünf Minuten Stefan Studer mit Überdrücken am Boden. Damit war
der erste Festsieg bei den Aktivschwingern im Trockenen.
Bereits im ersten Gang deutete
Käser seine Ambitionen an, indem er den einzigen anwesenden
Eidgenossen, den Nordostschweizer Gast Stefan Burkhalter, bezwingen konnte. In der
Folge liess die grosse Nachwuchshoffnung der Berner
nichts mehr anbrennen. Der Sieg
gibt dem 19-jährigen Alchenstorfer für die nächste Saison Motivation. Höhepunkt wird bekanntlich das Eidgenössische in Estavayer sein. Kann Käser im nächsten Halbjahr nochmals einen
Schritt Richtung Spitze machen,
scheinen dem Sennenschwinger
keine Grenzen gesetzt zu sein.
Wie der Festsieger legte auch
Stefan Studer eine starke Leistung an den Tag. Der kräftige
Koppiger warf im dritten Gang
Stefan Burkhalter mit einem
Kurzzug aus der Entscheidung
um den Tagessieg. Einzig gegen
den Emmentaler Adrian Gäggeler fand auch der in Hornusserkreisen bestens bekannte Studer
kein Siegesrezept. Bei seinen
Siegen gegen das Ostschweizer
Brüderpaar Domenic und Mario
Schneider liess der Stimmungsschwinger sein Können aufblitzen. Kann der Oberaargauer seine Leistungsschwankungen beheben, dürfte er ebenfalls ein
Kandidat für den Gewinn des
eidgenössischen Kranzes sein.
Werner Frattini
Der 18-jährige Sportwagen
glänzt. Die grossen Erfolge hat
der Martini-BMW von Marcel
Steiner längst hinter sich. Im
Vergleich zur Konkurrenz steht
das Fahrzeug in allen Bereichen
schlecht da. Trotzdem hoffte
Steiner bis zuletzt, an seinem
Heimrennen auf dem Gurnigel
einen Überraschungscoup zu
landen. Am Sonntag konnte er
diese Zielsetzung mit dem zweiten Platz mehr als erfüllen. «Das
ist mehr, als zu erwarten gewesen
war», sagte Steiner. Dabei hatten
unerwartete Verhältnisse die
Fahrer vor eine grosse Herausforderung gestellt.
Schwierige Bedingungen
Dadurch, dass es die ganze Nacht
geregnet hatte, blieben die Strecken bis spät in den Nachmittag
nass, die Waldstellen trockneten
als Letztes. Mit Regen- oder mit
normalen Pneus zu fahren, hätte
das Rennen entscheiden können.
Marcel Steiner entschied sich für
Regenpneus; offenbar die richtige Entscheidung. «Die anderen
haben mir, da ich früher an der
Reihe war, in diesem Punkt ein
bisschen abgeguckt», sagte er
Der alte Martini: 18 Jahre alt ist der Sportwagen von Marcel Steiner, mit dem er am Gurnigel-Rennen den zweiten Platz holte.
und konnte sich ein leichtes Lächeln kaum verkneifen. Die Strecke war unter diesen Bedingungen eine zusätzliche schwierige
Aufgabe für die Fahrer: Jede Kur-
Knöpfel
bezwungen
HORNUSSEN Erstmals wurde
am Eidgenössischen Nachwuchsfest ein Championstich
durchgeführt. Auf der Stufe 3
gab es eine Überraschung.
Im Gebiet zwischen den Emmentaler Dörfern Wynigen und Rumendingen wurde an den letzten
zwei Wochenenden das Eidgenössische Nachwuchsfest durchgeführt. Erstmals wurde zum Abschluss ein Championstich
durchgeführt, in dem wie beim
Königsstich am «Eidgenössischen» der Aktiven die besten
Einzelschläger ermittelt wurden.
Beim Nachwuchs ist das Leistungsvermögen je nach Alter
ziemlich unterschiedlich, sodass
die Sieger in drei Kategorien ermittelt wurden. Stufe 3 umfasste
die Hornusser der Jahrgänge
1999 bis 2001, Stufe 2 jene der
Jahrgänge 2002 bis 2004, Stufe 1
die mit Geburtsjahr 2005 und
jünger.
Auf der Stufe 3 setzte es dabei
eine Überraschung ab. Simon
Knöpfel (Schlosswil) hatte in
Limpach bei den Aktiven als
Fünfter den Silberkranz in der
3. Stärkeklasse gewonnen und
trat als Favorit an. Bei den
Nachwuchshornussern triumphierte er nicht. Kevin Röthlisberger (Oberdiessbach) legte mit
73 Punkten aus drei Streichen
eine Marke vor, die Knöpfel mit
67 Punkten nicht erreichte. Auf
der Stufe 2 gewann Sven Hauswirth (Sinneringen-Vechigen/42
Punkte), auf der Stufe 1 Marc Kaderli (Höchstetten/22). pd/rpb
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Der neue Lobart: Schnittig, modern und schwarz, aber noch nicht fahrbar.
Marcel Steiner (links) bei der Präsentation.
zvg
ve war aufgrund der Nässe anders. Das Gurnigel-Berg-Rennen
gehört an und für sich mit einer
Maximalgeschwindigkeit von etwa 250 Kilometern pro Stunde
nicht zu den schnellsten Bergrennen, die es gibt, erfordert aber
von Rennfahrern, sehr trickreich
und mit der richtigen Abstimmung zu fahren.
Nachdem Steiner sich im ersten Renndurchlauf auf dem dritten Rang platziert hatte, konnte
er sich im alles entscheidenden
zweiten Durchgang noch einmal
steigern. Er erreichte mit dem alten Martini seine Bestzeit und
rückte auf Rang 2 vor.
Im Hinterkopf des Oberdiessbachers ist aber noch ein anderes
Auto: der neue Lobart.
Drei Autos für einen Fahrer
Schnittig, modern, schnell und
schwarz. Aber noch nicht fahr-
bar. Marcel Steiners Lobart war
als Ersatz gedacht für den im
letzten Jahr abgegebenen Osella
FA30. Mit dem Osella hatte Steiner in den Jahren 2010, 2011 und
2013 Streckenrekorde am Gurnigel aufgestellt. Als dann letztes
Jahr der Sponsor, der das Auto
zur Verfügung gestellt hatte, in
eine finanzielle Notlage gelangte,
musste Steiner das Gefährt zurückgeben. Als Ersatz wurde, wie
auch in diesem Jahr notfallmässig, der fast zwanzigjährige Martini sporadisch für das Heimrennen am Gurnigel verwendet.
Das Auto ist nach dem heutigen Reglement zu schwer, hat
nicht die neueste Aerodynamik
und ist auch rein technisch gesehen nicht mehr konkurrenzfähig.
Als Reaktion hatten Steiner und
sein Team im Frühling ein Projekt ins Leben gerufen, welches
unterstützt durch einen italieni-
Marcel Bieri
schen Hersteller den Bau des
neuen Lobart vorsah. Die neue
Sportskarre sieht gut aus, doch
wird erst die Praxis zeigen, ob sie
an die Leistungsstärke, die Leichtigkeit und die moderne Aerodynamik des Osellas anknüpfen
kann. So weit ist es frühstens Ende dieses Herbstes. «In puncto
Sicherheit ist der Lobart dem
Osella aber auf jeden Fall voraus», erklärte Steiner.
Fahrbar ist der Lobart allerdings zurzeit wegen eines Lecks
noch nicht. Aus unerklärlichen
Gründen haben die frisch gekauften Kolben beim Motorenprüfstand nicht richtig funktioniert.
Deshalb würde sich der Wagen
zurzeit in der Werkstatt befinden. «Erst wenn ich ihn bei einem
Roll-out testen kann, wird sich
zeigen, wie betriebsfähig der Lobart wirklich ist», sagte Steiner.
Luca Ferrari
Wie Tag und Nacht
UNIHOCKEY Nationaltrainer
David Jansson ist der Gegenentwurf zu seinem Vorgänger
Petteri Nykky. In Schönbühl
schrammt das Ensemble des
35-jährigen Schweden knapp
an einem Debakel vorbei.
Und dann kommen sie doch
noch, die lichten Momente. Ein
gefühlvoller Heber Emanuel Anteners, ein genialer Pass Patrick
Mendelins auf Linard Parli – in
den letzten drei Minuten wendet
die Schweizer Nationalmannschaft die Partie gegen Deutschland und damit ein historisches
Debakel ab. Nie hat eine helvetische Auswahl gegen die in einer
ungleich spartanischer ausgestatteten Unihockeywelt spielenden Nachbarn verloren, nie hat
eine auch nur annähernd solche
Schwierigkeiten bekundet wie
jene David Janssons beim 6:5
vom Samstag in Schönbühl.
Seit sechs Monaten ist der
Schwede im Amt, seine Mission
nicht unmöglich, aber allemal
abenteuerlich. Der Weg zurück
auf Platz drei führt an den Aufwind verspürenden Tschechen
vorbei, jener in den Einzugsbereich von Finnland und Schweden über gewaltige Fortschritte.
15 Monate verbleiben bis zur WM
in Lettland – im Amateursport
Unihockey eine kleine Spanne.
Matthias Hofbauer pausiert aus
beruflichen Gründen, sein Bruder Christoph ist verletzt; Philipp
Fankhauser, Adrian Zimmermann und Simon Stucki zogen
sich aus dem Nationalteam zurück. Die Genannten gehören zu
den fünfzehn Besten des Landes.
Jansson muss, jedenfalls im Moment, ohne sie auskommen.
Deutsch im Dialekt
Der 35-Jährige sagt, er habe die
Herausforderung gesucht, den
Vertrag mit Swiss Unihockey vor
allem deshalb unterschrieben,
weil er etwas Neues aufbauen
könne. Etwas in fast jeder Hinsicht Neues, liesse sich präzisieren. Jansson ist der Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Petteri
Nykky. Der Finne agiert im Stil
eines NHL-Coach, wahrt zwischen sich und der Mannschaft
Distanz, spricht, wenn überhaupt, nur mit Führungsspielern,
überlässt die Durchführung der
Trainings oft seinen Assistenten.
Der Schwede, zuletzt Instruktor an einem Unihockey-Gymnasium in Göteborg, ist ausgesprochen kommunikativ, nicht nur
Nahe an den Spielern: David Jansson (links) ist ein ausgesprochen
umgänglicher und kommunikativer Nationaltrainer.
Marcel Bieri
der geringen Altersdifferenz wegen nahe an der Mannschaft. Er
hat für jeden ein offenes Ohr, und
seine Worte kommen bei jedem
an, weil er seit des Gastspiels bei
Floorball Köniz (2009–2011)
ausgezeichnet Deutsch spricht
und sogar Dialekt versteht. Nykky ist ein in sich gekehrter, zuweilen mysteriös wirkender Denker,
der Titel der Biografie des
zweimaligen Weltmeistertrainers lautet «Der Alchemist». Im
Zusammenhang mit dem netten,
extrovertierten Schweden wäre
eine Bezeichnung mit obskurem
Beigeschmack unvorstellbar.
Kreieren und Variieren
Transportiert der Finne Botschaften gerne mit Metaphern,
hört sich Janssons Strategie simpel an. «In der Offensive kreieren, nicht abwarten und kontern,
sonst werden wir gegen die Besten nie gewinnen. In der Defensive mehrere Systeme beherrschen, damit wir den Gegner
überraschen können», hält er
fest. Den 750 Zuschauern in der
ausverkauften Arena neben dem
Shoppyland wurde vor Augen geführt, wie weit Anspruch und
Wirklichkeit derzeit voneinander abweichen. Unterliefen den
Schweizern in der Rückwärtsbewegung zuweilen haarsträubende individuelle Fehler, lässt sich
einzig bei erwähnter Reihe mit
den technisch hoch veranlagten
Antener und Mendelin vom Kreieren schreiben. Diese wäre nicht
formiert worden, hätte sich Manuel Maurer nicht verletzt. Und
sie wird gegen die Besten kaum
formiert werden, weil die Flügel
physische Defizite haben. Was
gegen die Deutschen nicht ins
Gewicht fiel, gegen die Besten jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit gravierende Folgen hätte.
David Jansson versucht nicht,
die Leistung schönzureden. Er
fragt rhetorisch, «wann sollen
wir testen, wenn nicht jetzt?»,
und liegt damit nicht falsch. Im
Gespräch wird rasch klar: Der
Trainer weiss sehr wohl, wie viel
noch geschehen muss, damit seine Auswahl in fünfzehn Monaten
nur gegen die Besten auf lichte
Momente angewiesen sein wird.
Micha Jegge