Der Tod des „Schwarzen Veri“ - Gesellschaft für Heimatpflege in

Von Br. Kurt Bremer, Biberach
verwegener und zu.jedem Verbrechen aufgelegten
Mensch, als„der Schrecken jener Gegend" bezeich-
Wohl einer der bekanntesten „Biberacher" ist Xav er H o henleiter a l ias d e r „ Schwarze Veri", d e r
durch seinen Tod durch Blitzschlag im Ehinger Tor
bis heute unvergessen geblieben ist.
net. Von einer anderen Seite lernen wir den gefürch-
Wer war nun dieser Xaver Hohenleiter'? Geboren
1788 in Rommelsried G d e .
K u t zenhausen Kreis
Augsburg, war er der Sohn armer Hirtenleute, „die
von den Behörden das Zeugnis des schlechtesten
Wandels erhielten und selbst auch wegen Biebstahfs
abgestraft worden ~a~en". Mit acht Jahren mußte er
sig, trat er 1813 als Gemeiner in das bayerische
Chevauzlegers-Regiment „K önig" e in , desertierte
aber schon nacli acht Tagen und trieb sich in den
folgenden Sahren als angeblicher Metzgergeselle in
Böhmen. Ästerreicl>, der Schweiz, Bayern, Baden,
Hohenzollern und Württemberg herum.
Max Planck. dem wir eine heute noch nicht über-
holte Geschichte der „i.etzten Räuberbanden in
(3berschwaben" verdanken, die auf den Erinnerungen des Malers Johann Baptist Pflug und sorgfältigen u e Benstudien beruht, gibt eine anschauliche
Beschreibung des „Sclhwarzen Veri": „ X aver H o henleiter war ein starker, muskulöser Mann. der
über sechs Fuß' maß; den gewesenen Soldaten verriet die st~amme, aufreclhte Haltung und der militärische Gang, seine raschen Bewegungen zeigten den
lebhaften und entschlossenen Geist. Er hatte eine
von der Sonne gebräunte Gesiclltsfarbe, ein feuriges
Auge und prachtvolle, blendend weiße Zähne. In
den unteren Partien seines Gesichtes war ein starker
Zug von Sinnlichkeit ausgeprägt. Arn meisten aber
und Kinnbart und seine in langen Flechten herabhängenden Haare waren pechschwarz, daher sein
Gaunername „der Sclhwarze Veri". Häufig kräuselte
er auch nach Gaunerart die Haare in viele Locken,
welche Kopf und Stirne umwallten Er trug gewöhnlich einen bis zu den Knien reichenden weiten Rock
von schwärzlicherFarbe, den er unten zuknöpfte;
oben stand er weit offen„und das zurückgeschobene
Hemd ließ den nackten Hals und die entblößte B~ust
sehen. Seinen hohen schwarzen Hut mi t b r eitem
Rande pflegte er stark seitwärts gerückt zu tragen.
Aus dero dunklen Haar glänzten kleine, fein ciselierte ohrringe hervor; nur er und seine Genossin, die
Günzburger Sephe, hatten Ghrringe von Gold, die
übrigen silberne Halbmonde. Sein ganzes Äußere
Äößte Furcht ein: es zeigte den kühnen, zu allem
fähigen Gesellen. So wurde er auch von dem K.andgericht Zusmal shaUsen als elll höcllst gefahr lichter,
len einsprach, kennen , Der Veri", sagt er, „war der
bravste Mensch. Er wa r s o k u rzweilig, man hat
müssen lachen. Er hat. wenn er so im Wirtshause
saß, oft sagen können, er tu d e n B auern nichts,
wenn er ihnen auch mancllmal ein Stück Fleisch
nehme. Er b l eib' deswegen doch ein Bauer. E r
müsse eben auch wieder etwas zu leben haben. Er
hat wohl auch von Einbrüchen geredet, die sie begangen haben, aber mordiren, hat er esagt, tu' ich
keinen; nurwenn ich kann in einen Kamin kommen
wo die Bauern ihr Rauchßeisch haben, z/a geht's
an".-' Mit seiner Gefährtin, der „Günzburger Sephe"
Maria Josepha Tochtermann, hatte der „ Schwarze
Veri" im übrigen einen Sohn, der zur Zeit der Verh aftung seiner Mutter eineinhallb Jahre alt w ar .
Über sein Schicksal ist weiter nichts ibekannt.
Bie Napoleonischen Kriege undl in ihrem Gefolge
d er Verlust vo n
V e r d ienstmöglicllkeiten i.ind d i e
rung' begunstigten die auffallende Vernlehrung der
Zahl der Bettler und Vaganten. Baß sie gerade in
(3berschwahen so starkin Erscheinung traten, hatte
zwei Gründe: zum einen die Nähe der badischen und
hohenzollerischen Grenze, zum anderen die dünne
Besiedlung und di e Siedlungsstruktur mi t v i elen
%ei)ern und Einzelhöfen. Zur Bande des „Schwarzen Veri", wie sie sich Ende Februar 1819 zusammentat gehörten außer ihm und der Josepha Tochterrnann „Günzburger Sephe" F r i edrich K lump
der „schöne Fritz" u n d T h eresia Jeppler „des
Posarnentierers Resel" oder kurz „die Resel" , sein
Bruder Ulrich Hohenleiter „der Urle" und Agathe
Gebhard, Fidelis Sohm der „einäugige Fidele" und
C resccntia Toclltermanil d i e „Günzburger Crcszenz" , Sebastian Kelilerrnann de r „ B aste" u n d
A gncs Gerhard, Joseph Anton Jung „ d e r C o ndeer" und Creszentia Geb4ard, deren Mütter Katharina Gebhard „ die dreckete Mutter" , sowie einige Zeit wenigstens — Christian Vlaucher „das
Bometshauser Schneiderle" und Franz Merkle der
len, bei denen sie es vor allem auf Rauchfleisch und
andere Lebensrmttel abgesehen hatte; das schwerste
Verbrechen war der Überfall auf den Hof A r genhardt Stadt Tettnang , wo sie eine allein anwesende
alte Frau schwer mißhandelten. Am 16. April N19
wurden der „Schwarze Veri" und der „Schöne Fritz"
in der Nähe der k.aubbacher Mühle h e ute Gde.
Gsfrach gestellt und nach Saulgau abgeführt.
Als Sammelpunkt für die Verhafteten — am 28.
und 29. Mai war in und bei dem Storchenhause die
Bande des Anton Rosenberger, des „Sclhleifertoni",
ausgehoben werden — w urde B i herach hestimmt;
die schließlich 73 Personen brachte man im Bürgerturrn, im Ehinger Tor, im Seelhaus in der heutigen
Hahnhofstraße und später auch im Weißen Turm
unter. Während der langen Bauer der Untersuchung
— bei den Hauptangeklagten vom Mai 1819 bis Juni
N21 — kam es zu insgesamt vier Ausbruchsversuchen. am 7. April1820 gelang Joseph Lang, Sebastian Kellermann und Franz IVlerkle die Flucht aus
dem %eißen turm. Bis auf Merkle wurderi sie aber
schon wenige Wochen später wieder gefangen.
Bas aufsehenerregendste Ereignis aber war der
Tod des,.Schwarzen Veri" durch Blitzschlag am 2().
Juli N19. lamas über diesen Vorfall aufgenommene
Protokoll' lautet:
,.Verhandelt den 1. Juli N19
Vor den Unterzeichneten
Gestern Abend um 9 Uhr zog ein Gewitter unter
starken Regengüssen über die Stadt, und um H) Uhr
fiel ein Blitzstrahl auf den Turm des Ehinger Tors.
Es bestehet die Verordnung, daß bei iheranna-
fängnisse durchgeschlagen. Die i n b eiden Gemächern befindlichen Gefangenen aber blieben unverletzt. I m d r i t te n S t ocke zeigten sich Spuren d es
Blitzes, welcher durch di e F e uerwand gedrungen
und den obern Teil des Ofens abgeworfen hatte.
In dem zweiten Stocke verlor sich die Spur. Es ist
aber wahrscheinlich. daß der Blitz nu,n von dem
Kamin albgesprungen, an der durch die Wand laufenden Kette,, mit welcher 1nquisit Xaver Hohenleiter von Rornrnelsried gefesselt war, in das Gefängnis
gedrungen und hier den,selben erschlagen hat
diese Vermutung beruht auf dem Grunde, daß Inquisif gerade an der Seite verletzt wurde, an welcher
die Kette festgemacht war.-' Der Strohsack des In-
quisiten war entzündet und das Hemd heim Herausziehen des Körpers entbrannt. In dem ersten Stocke
fuhr der Blitz an der un d h e r ab. zersplitterte den
eichenen Tidrpfosten undl leitete sich dann in das
Gemach, in welchem sich vier Weibspersonen befanden. Es zeigte sich hier die deutliche Spur. daß der
Blitz oben am Fenster eingebrochen. die Mauer
zertrümmert und am Gitter herab sich wieder unter-
halb des Fensters durchgeschlagen lhatte. Er lief nun
außerhalb cles Turms durch cien untern Bogen, wo er
die angeschlagene Tortafel zersplitterte. auf den zum
OMA
zeidiener beigegeben werden.
Diesem zu Folge wurde der Turm sogleich durch
die Verfügung des Gefangenwärters geöffnet und
clie Gefängnisse aufgeschlossen. Er selbst zog dann
N'" 2 befindlichen Inquisiten Xaver Hohenleiter, an
welchem sich aber keine Merkmale des I.ebens mehr
zeigten, aus der@ mit Rauch und 13ampfe angefüllten
Kerker heraus. Dieser wurde sofort„um keine Rettungsversuche zu versäumen. auf derStelle in ein
benachbartes Gebäude getragen, währenddessen die
übrigen aus den Gefängnissen befreiten Gefangene~
von dem herbeigeeilten Untersuchungscomrnissär
Gheramtsrichter Hörrier unter angerufener Hülfe
der noch nicht zahlreich versammelten Bürger in
V
den Glocke, fuhr dann in die Mauer dieses Hauses,
zertrummerte die Fenster und verlor sich dann, ohne
digen. In der LJmgebung des Turms in einer Entfernung von sechs Schritten war der Boden mit Ziegeln
bedeckt; auch wurde das 13ach eines anstoßenden
Gebäudes durch d'is von) Turme herabgestürzte Ge
=
mäuer zerschllagen.
Zur Beurkundung
Gberarntsrichter
Homer
Beisitzer
Zink
ll eonhard
Gbcl fellerschauer
Kibel."
In seinem Huch berichtet Max Planck ausführlich
über diesen Vorf il):
,.13ie gewaltigste Katastrophe ~~ährend dieses Ge-
den die Bewachungsanstalten durch Beigebung von
Gendarmen gesichert und die ganze Nacht hindurch
fängnißlehens. welche auch v,ahrhaft erscliütternd
von dien Vorgesetzten untersucht.
auf die Gefangenen ~virlkte, v,ar der jähe Tod des
13iesen Morgen in aller Frühe he~ahen sich dann
sonen in den Turm. wo Fßilgendes ei hoben wurde:
Allen Anzeigen nach hatte der Blitz die Wetter-
s chwarzen Veri d u rch den B l i tzstrahl a m
A. Juli
1819.
Bas Gewitter. ~velches an diesem Tage nach 9 Uhr
fahne zuerst berührt. den 13achstuhl zertrümmert,
das Kamin ergriffen und umgestürzt. Burch dieses
fuhr er in dem ganzen Turm herunter, jedoch ohne
das Gebäude zu entzünde~. Indem vierten Stocke
unmittelbar unter dem Bache zeigte sich Folgendes:
13ie beiden ineinander laufenden Kamine waren
sorgnisse, da der Bonner sich nur aus der Ferne
hören ließ. Man hatte sich deßhalb auch nicht beeilt,
wie es fiir einen solclhen Fall verordnet war, die
liehe Wachen aufzustellen. Aber plötzlich fiel ein
zertrümmert und die Zwischenwand der zwei Ge- furchtbarer Donnerschlag, der Ehinger Thurrn war
nen vier Stockwerken mit Verhafteten angefült. Per
l3achstuhl des Thurms war zert~ümmert, die Mauer
zel rissen,— das I3acll eines Bnsfoßellden Gebaudes
ten Mittel waren umsonst; die rechte Seife der Brust
von der Schulter bis zu den Lenden war wie gebraten, der innere Theil des rechten Qberarms ganz
zerrissen,cler Vorderarm Überall von der Gberhaut
durch das herabgeworfene Gemäuer zerschlagen, entblößt, der übrige Körper war unverletzt.
und der Hoden ringsum mit zerschmetterten Ziegeln
ll.m ersten Stock fuhr der Blitz an der Außenwand
becleckt. Aus einem der Gefängnisse drang dicker
des Gefängnisses heiab, zersplitterte den Thürpfu-
ualm hervor. 13och war der Thurm nicht in Hraind
gerathen, und von den sän~mtlichen Bewohnern desselben nur einer getroffen, derjenige, welcher kurz
vorher mit frevelhaften Worten den Blitz selbst auf
sten aus starkem Eichenholz und drang dann in das
sein schul elbe) ade nes Haupt herabgewÜnsch t hatte,
ben. Der Blitz riß die Nägel aus der Wand, welche
sie zum Aufhängen der Kleider eingeschlagen hatten, sp~ang dann in clie Mauer oberhalb des Fen-
eier schwarze VeI i.
Per Bl itz hatte merkwürdige Wege genommen.
Er war in die Wetterfahne gefahren, hatte den Bachstuhl zerschmettert und clen Schornstein ergriffen
Und umgesturzt. Burch dlesell heI unter fahrend, zeltrürnmerte er im obersten vierten S tock die beiden
ineinander laufenden Kamine und durchschlug die
Zwischenwand der zwei in diesem Stock befindlichen Gefangnlsse. ohne indeß einen cler in diesen
v erwahrten G efangenen zu v e r letzen. I m d r i t t e n
Stock fandsich daß er durch die Feuerwand gedrungen war und den oberen Theil des Qfens abgeworfen.
hatte. Auch in diesem Gefängnisse, wo Ursulla L au-
Gefängniß selbst, das sogenannte Verhörstüble, ein,
in welchem sich vier W e iber. di e G e b hardinnen,
befanden, welche aber vollkommen unverletzt blie-
ste~s, zertrümmerte dieselbe. lief am 6 1tter herab
unc1 brach siclh unterhalb des Fensters einen Ausgang. An der A u ßenseite des Thurmes hinabfahrend, lief er durch den Thorbogen. Z erschm
etterte
die am Thore angeschlagene Tafelund ~vurde sofort
durch den nach dem nahen Thorlhäuschen führenden
I3raht zu der dort aufgel>ängten Glocke geleitet. Er
fuhr von dieser in die M a uer des Häuschens. Zer-
schlug die Fenster und verllor sich endliclh im Freien,
ohne daß clie I eute. welche sich im Zimmer befanden, beschädigt wurden v aren.
Bie in
d e m T h u rme befindlichen Arrestanten
schäcllgt. IITl zweiten Stock vellol s ich seine Spur.
wurden sogleich unter B ewachung von Polizeidlie
Aber die am Leichnam des hier eingeschlossenen
nern und herbeigeeilten Biirgern in andere Lokale
schwarzen VerI vorgenommene Untersuchung führt e zu dem Schlusse, da.ß der B ht z nu n vo n d e m
g ebracht, dI e g e fährlichsten unter i h ne n au f d i e
=
Hauptwache. Bie einen ~raren durch den Tod ihres
K ameraden
t i e f er s c hüt tert. V e r i ' s Gefährtin.
fenden Kette, mit welcher der Verbrecher gefesselt
war, in sein Gefängn18 eingedrungen war und ihn so
3osepha Tochterrnann, brach in ein lautes Samrner-
erschlagen hatte. Denn der Blitz hatte ilIn gerade an
laut, daß man die Gefängnisse nicht aufgeschlossen
habe uncl sie so elend umkommen lasse. Sie hatten
alle Todesangst ausgestanden. und das hatte bei
ihnen diese verschiedenen Stimmungen hervorgebracht. Pas Gefängniß Veri's v ar ihnen fortan ein
der rechten Seite berührt, an welcher clie Kette
befestigt war. Als ein Gehilfe cles Gerichtsdieners.
welcher zunächst zur Stelle war, die Thüre seines
GefangnIsses offnete, clIang so cllckeI R auch und
13ampf hervor, daß er nicht eintreten konnte; er rief
den EivgeschlosseneII mehrere Malle mit Namen,
erhielt aber keine Antwort. Er zog von auBen an der
Kette. aber inwendig rührte sich nichts. K)arauf karn
d er Gerichtsdiener selbst, um den V eri, der a m
schwel sten geschlossen wal, loszuITlachen. Auch er
rief ihn mit Namen, es erfolgte aber keine Antwort,
vielmehr bemerkte ihm sein Gehilfe:, G H e rr, mit
cllem ist's aus, er antwortet nicht mehr.' Nun schloß
d er Gerichtsdiener von a ußen die K e tt e au f u n d
geschlel aus, ancleIe 9 aren entl Ustet und schimpften
unheimlicher (3rt. aus clem sie entfernt zu werden
wünschten, er weckte,so dCistere Gedanken'."'
Schon bald wurde der Tod des ..Schwarzen Veri"
als Strafe Gottes empfunden. Beutlich wird dies in
der Halilade Gustav Schwabs. die siel~ bereits in der
Ausgabe sei~e~ Gedichte von (851 findlet:
„Psalm l(34. 4.'
Anklopft das Wetter unter Sturem
versuchte in das Gefängnis zu dringen. Zweimal
Zu ßiberach am Sünderthurm.
Bie %'ö/bung hebt vorn %'iderh all,
mal drang er entschlossen mit tiefgesenktem Kopfe
l3ie Eisenstäbe zittern all.
Es bllitzt so hell, es kracht so schnell,
gestreckt ohne eine Spur von Lehen, sein Fuß hieng
schlaff auf den Boden herab, der Strohsack ~lammte.
Er machte die Kette los undl zog den Korper ihinaus.
Sobald dieser an dlie Luft kam, fiengen die Kleider
an zu brennen. A/lezur Wiederbelebung angewand-
il3a liegt auf Stroh kein Piebsgesell,
Bem in der schwarzen Feuernacht
Kcht das Gewisse» lodernd wacht.
Ein jeder Blitz weckt eine Tück,
Ein jecler Knall ein Bubenstück.
Der 54ol der kI ÜITlmt s ich wlc cln Wurm,
Bcr Bonner schüttelt all dem Thurm.
Bic andcrI1 hat verschont der Schlag
Und nur als schwarze Schlacke lag
sich entwickelnde Schwindsucht, deren Keim sie im
wilden Leben unter abwechselnden Entbehrungen
und Sinnengcnuß eingezogen hatten, die übrigen
erlitten die verdiente Strafe.""
In den von Julius Ernst Günthert acht Jahre spä-
Verschmolzen Einer an der Wand.""
ter, 1874, herausgebrachten, ebenfalls auf den Erzählungen Johann Baptist Pflugs fußenden „ErinI1c-
E)icses Thema schlägt auch der verkürzte Bericht
ubcr den Tod des „Schwarzen Veri" an, den Planck
rungen eines Schwaben" liest es sich schließ4ch so:
„Es war am 26. Juli 1819, als ein schweres Gewit-
an den BCglnll SClllCs Bucl1cs stCllt:
ter über Bilberach losbrach. Dasselbe zeichnete sich
SOwOhl durCh Seine Heftigkeit alS durCh SeiI1e Dauer
aUs, ITlall glaubfc, daß cs gaI k c In E n de n c l llücn
werde. Eben unterhielt sich Veri mi t d e r U r schel
Und rief: , W enn nur der Blitz auch einmal in dieses
„Am z wanzigsten Juli de s Jahres N19 zogen
schwere Wolken über dem R ißtal und der alten
mit A n b ruch der N acht entlud sich ein G e witter,
begleitet von heftigen Regengüssen. Doch schien es
nicht gefährlich; denn das Rollen des Donners deutete auf ziemliche Entfernung. Plötzlich, um 9 '/~
Uhr, e rfolgte i n g r ö ßter N äh e ei n f u r chtbarer
Schlag: der Turmwärter rief,Feuer.'Es hieß, der
Blitz habe im Wirtshause zum Strauß gezündet, als
durchdringende Hilferufe die herbeieilenden Bürger
nach einer anderen Seite hin lenkten. Diese Rufe
kame~ von dem sogenannten,Siechcnturrn',dem
Turni ü'her dem Ehingcr Tore, und die Rufenden
w aren dort e i ngeschlossene Gauner, M ä nner u n d
Weiber, in beträchtlicher Zahl. Miitten Unter sie war
der Blitzstrahl gefahren, hatte alle in Todcsschrckken veisetztUnd mehrere niedergeworfen, ohne sie
jedoch zubeschädigen. Auch das Gebäude war nicht
in Brand geraten, obwohl die E rde ringsum mit
zerschmetterten Ziegeln und M a u crdrurümern be-
deckt war. Nur einer von den Bewohnern lag erschlagen am Boden. Die außerhalb des Gclasses
gefestigte Kette, an welche der Verbrecher angeschlossen war, hatte den Blitz zu ihm geleitet; an ihr
h erauffahrend, verbrannte er ihm Brust und Ar m
und tötete den Mann auf der Stelle. Dicker c ) alm
erfüllltc das Zimmer, Hemd und Strohsack branI1ten.
Der Verbrecher war kurze Zeit, elhc der Schlag fiel,
verfluchte Loch schlüge' — als ein Strahl zündend
den Thurm t r af . E r f u h r m i t t elst der L e i tung dcI
Kette dem Veri aI11 Arm empor, um den sie gewun-
den war, zuckte über dessen Brust, die er versengte,
so daß auch das Hemd verbrannte. Und schlug den
anderen Arm entzweI. Veri war auf der Stelle todt.
Auf den donnernden Schlag, welcher ganz Bilberach
zittern machte, rief der Wächter: Feuer. Erst auf die
Hilferufe der Gauner erfuhr man. daß es bei ihnen
eingcschllagen habe. Hörner ließ sogleich die Bürger
sich versammeln. Als die Gefängnisse geöffnet wurden, sah man, daß der Blitz nicht weiter gezündet
hatte, nur Veri und sein Strohsack brannten. Durch
die Spaliere der Bürger giengen die Jauner aus dem
Thurm in eine andere Verwahrung — theils waren
sie tief erschüttert, namentlich j an1Incrten Vcri s
Bruder und dessen Konkubine laui(. thcils schimpften und fluchten sie. daß man sie gar so elend
Urükomrücn lasse. Veri's Leiche wurde an der Kette
die Stiege hcrabgeschlcppt Und in dem Wasser, das
sich auf der Straße gcsaIümclt, herumgezogen, um
den BraI1d ZUloschcn — dalln ins Seclcnhaus gelegt.
Im Angesicht des Todten 11ielt der R ichter eine
eindringliche Rede über das an Vcri vollzogene Got
=
tesgcricht, welche natürlich im G eringsten nichts
fruchtete; im Gegentheil 1äugneten die Verbrecher
ses gestanden, die ihm Gelegenheit bot, sich mit den
nur um so hartnäckiger. indem sie nun alle Schuld
gefangenen Weibern im oberen Stock zu «nterhal- auf Veri wälzen wollten. weßhalb sie dessen Bruder
ten. Als sie den rollenden Donner hö~ten, fiel die
mit den schwersten Vorwürfen überhäufte."'"
Aeußerung:,Wenn doch nur deI Blitz auch einmal
Und so ist der „Sclhwarze Veri" durch seinen lbald
I11das verfluchte Loch 11IcI schlüge l
als Strafe Gottes verstandenen Tod bis heute am
Gleich diarauf wurde der Turm getroffen. So rasch k.eben geblieben: jedes Jahr am Schützenfest feiert
war dem ausgesprochenen Wunsche die Erfüllung cr frohliche Urständ.
riachgcfolgt. Berjenige aber, dessen schuldbcfleckte
Seele so plötzlich vor den höheren Richter gerufen
Anmerkungen
wurde, waI das HaUpt der GaUncI, der An f üllIcr
den, Xaver Hohenleitcr, unter seinen Genossen von
der Farbe seines Haars und Barts der , schwarzc
Veri' genannt. Er, der schlimmste von alllen, ward so
keit entzogen, auch andere seiner Genossen endeten
vor gesprochenem Urteil im Gefängnis durch rasch
8
l Ein württembergischer Fuß (1806) = 28.649 cm
2 Max Planck. Die letzten lRäuherbanden in Gberschwaben in den
Jahren 1818 — 19. Ein Beitrag zur Sittengeschichte, Stuttgart
1866. S. 55 f.
3 So berichtet clie „Beschreibung des Qberamts Riedlingen" aus
dem Jahre 1827: „Der Vermögensstand der Einzelnen hat sich
zwar, wie öberall. bedeutend vermindert. doch herrscht im
Allgemeinen noch Wohlhabenheit. Bi e verrnöglichsten Grte
sind dermalen: Riedlingen. Bechingen. Gröningen. Großtissen.
Zell. Zwiefaltendorf. die unvermüglichsten Pflummern, Binz-
wangen und Andelfingen. Die Einwohne~ der beiden l etztem
Orte fanden früher größtenteils in dem Kloster Heiligkreuztal.
dem sie angehörten. Arbeit. Erwerb und Unterstützung; seitdern nun diese Quelle nicht mehr fließt. ist fast allgemeiner
7 Psalm 104,4: „13u machst Dir die Winde zu Boten und lodernde
Feuer zu Deinen Dienern"
8 Das Gedicht ist wiedergegeben nach der eigenlhändigen Niederschrift Gustav Schwabs (Deutsches Literaturarchiv Marbach).
Gustav Schwab geht im übrigen mit den Tatsachen einigermaßen frei um. Ein Beispiel: der „Schwarze Veri" war kein 54örder; er hatte im Gegenteil die An«veisung gegeben, nur in der
höchsten Not, wenn man nicht mehr anders könne. zu schießen,
damit man nicht gefangen «verde, aber nur auf die Füße, nicht
anderswohin (Planck S. 53). Gefesselt war er an Händen und
Notstand eingetreten."
4 Protokoll vom 21. Juli l819. l3uplikat. Staatsarchiv Lud««igsburg
E 350 Bü 72/16>
5 Über die Verletzungen Veris berichtet ein noch am 0. Juli 1819
nachts nach l0 Uhr aufgenommenes Protokoll: „l3as Hemd des
Leichnams an der rechten Seite ist ganz verbrannt. l3ie rechte
Seite der Brust ist «on der Schulter bis zu der Lendengegend
gleichsam «vie gebraten. Die innere Seite des rechten Qberarmes ist ganz zer~issen und zum Teil mit Substanzverlust. Der
Vorderarm ist weniger lädiert. jedoch überall «on der Oberhaut
entblößt.- (E 3~0 iB,ü V~/1r4~
6 Planck S. '33 bis 235
Füßen (Planck S. 34 [Abb.] und 249).
9 Planck S. 1f.
10 Erinnerungen eines Sch«vaben. Zeit = und Sittenbilder aus den
letzten und ersten Tagen des 18. und 19. Jahrhunderts, hrsg. von
Julius Ernst Günthert, Nördlingen 1874. S. 195.
Die Bilder auf S. 5 sind dem Buch von M. Planck entnommen.
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