Breslau, Louise Catherine, Jeune femme et chrysanthèmes

Breslau, Louise Catherine, Jeune
femme et chrysanthèmes - Portrait
de Wilhelmina Carlsson-Bredberg,
1890, Öl auf Leinwand, 95 x 91,5 cm
Bearbeitungstiefe
Name
Breslau, Louise Catherine
Lebensdaten
* 6.12.1856 München, † 12.5.1927 Neuilly-sur-Seine
Bürgerort
Zürich
Staatszugehörigkeit CH
Vitazeile
Malerin, Zeichnerin, Grafikerin. Porträt, Figurenbild, Genreszenen,
Stillleben, Landschaft. Tätig in Paris. Erfolgreichste Schweizer Künstlerin
und gefragteste Porträtistin um 1900
Tätigkeitsbereiche
Lithographie, Grafik, Radierung, Malerei, Zeichnung, Pastell
Lexikonartikel
Louise Breslau zog 1858 mit ihren Eltern nach Zürich, wohin der Vater
als Universitätsprofessor berufen worden war. Nach seinem Tod (1866)
wuchs sie mit drei Schwestern auf. Lebte wegen eines Asthmaleidens
zeitweilig in einem Kloster am Bodensee. 1874–76 Besuch der
Malschule von Eduard Pfyffer in Zürich. Zum weiteren Kunststudium ging
sie nach Paris. 1876–78 Schülerin von Rodolphe Julian (1839–1907)
und Tony Robert-Fleury (1837–1911) an der Académie Julian. Dort traf
sie Sophie Schäppi, mit der sie ab 1879 in Wohngemeinschaft lebte, die
Irin Sarah Purser (1848–1943), mit der sie lebenslang korrespondierte,
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und die Russin Marie Bashkirtseff (1858–1884), die in ihren
Tagebüchern ihr von Konkurrenz geprägtes Verhältnis zur talentierteren
Breslau ausführlich beschrieb.
Breslaus künstlerische Fähigkeiten entwickelten sich rasch. 1880 erster
Auftrag, 1881 Auszeichnung mit einer «mention honorable» im Salon für
das Gemälde Les amies (1881, Musée d’art et d’histoire, Genf). Der
Pariser Kunsthändler Martinet nahm Breslau unter Vertrag, der Verleger
Georges Charpentier (1846–1905) publizierte 1881–83 in La Vie
Moderne ihre Werke, und die Revue Illustrée beauftragte sie 1887 mit
einer Porträtserie berühmter Frauen.
Breslau verkehrte in privaten Salons. Bekanntschaft mit dem Kritiker
Albert Wolff, dem Komponisten Gaetano Braga (1829–1907), den
Schriftstellern Gyp, Elisabeth de Gramont (1879–1954) und Robert de
Montesquiou (1855–1921), die ihr weitere Aufträge vermittelten.
Freundschaft mit den Künstlern Jean-Louis Forain (1852–1931), Henri
Fantin-Latour (1836–1904), Jules Bastien-Lepage (1848–1884), Auguste
Rodin (1840–1917) und Edgar Degas (1834–1917). Mit Jean Carriès
(1855–1894) hatte sie eine kurze Liebesbeziehung (Le sculpteur Jean
Carriès dans son atelier, 1886–87, Musée du Petit Palais, Paris). Ab
Ende 1887 lebte sie mit der französischen Kunstgewerblerin Madeleine
Zillhardt zusammen.
Zum Studium niederländischer Malerei reiste Breslau nach Belgien und
Holland. Ab 1880 Studienreisen in die Normandie und Bretagne; in
Douarnenez Bekanntschaft mit dem Maler Jules Breton (1827–1906).
1886 porträtierte sie in Tréboul ihre schwedischen Malerfreunde Ernst
Josephson (1851–1906) und Robert Thegerström (1857–1919)
(Nationalmuseum, Stockholm).
Breslau beteiligte sich regelmässig an internationalen Ausstellungen,
seit 1879 im Pariser Salon der Société des Artistes français und im
schweizerischen Turnus. Ab 1890 beschickte sie die Nationalen KunstAusstellungen der Schweiz und den Pariser Salon der Société Nationale
des Beaux-Arts, dessen Gründungsmitglied sie war. Auf den Pariser
Weltausstellungen 1889 und 1900 erhielt sie die Goldmedaille und
wurde von der Schweiz zum «Commissaire fédérale» gewählt. 1893
gehörte sie neben der Malerin Madeleine Lemaire (1845–1928) als erste
Frau der Pariser Salon-Jury an. Frankreich ernannte Breslau 1901 als
erste ausländische Künstlerin zum «Chevalier de la Légion d’honneur».
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Zeit ihres Lebens fühlte sie sich von ihrer Wahlheimat Frankreich
geschätzt, von ihrer Schweizer Heimat hingegen verkannt.
1890 war Breslau in Paris als Malerin etabliert und bis zum Ersten
Weltkrieg eine der gefragtesten Porträtistinnen. In ihrem Selbstbildnis
(1900) zeigte sie sich selbstbewusst, sie war auf dem Höhepunkt ihrer
Karriere. Die renommierten Pariser Galerien Georges Petit und DurandRuel organisierten 1904 und 1910 Einzelausstellungen;
Kunstzeitschriften publizierten Aufsätze über die Künstlerin. 1912 und
1917 wurden sogar Rosensorten nach ihr benannt.
Aus Solidarität mit Frankreich malte sie während des Ersten Weltkrieges
eine Porträtfolge von französischen Soldaten und Rotkreuzschwestern,
von denen das lithographierte Portrait de Georges Guynemer (1916,
Musée des Beaux-Arts, Dijon) hohe Popularität erreichte. Das Porträt von
Carl Spitteler (1915, Bibliothèque publique et universitaire, Genf) war
eine Hommage an den Schweizer Dichter für seine politische Haltung.
Nach dem Krieg folgten Krankheit und Rückgang ihrer künstlerischen
Produktivität. Breslau distanzierte sich von der Avantgardekunst; zugleich
Rückzug aus der Öffentlichkeit. Ihre Ausstellung 1921 in der Galerie
Hector Brame, Paris, bewirkte erneute Popularität und Aufträge auch aus
der Schweiz. 1925 hielt sie in der «Union des Femmes Françaises» eine
viel beachtete Rede. Die 1926 von Durand-Ruel organisierte
retrospektive Ausstellung war Breslaus letzter grosser Erfolg. Sie starb
1927 nach langer Krankheit in Neuilly-sur-Seine. Sie wurde auf dem
Friedhof der Stadt Baden neben ihrer Mutter bestattet. 1928 fanden in der
Pariser Ecole des Beaux-Arts, 1929 in Genf und Zürich
Gedächtnisausstellungen statt.
Louise Breslau war eine der erfolgreichsten Künstlerinnen ihrer Zeit und
nimmt in der Entwicklung der Schweizer Kunst um 1900, insbesondere
in der Porträt- und Figurenmalerei, eine führende Rolle ein. Frank
Wedekind beschrieb sie 1892 gar als «bedeutendste Malerin der Welt».
Doch sank das Interesse an Breslaus Œuvre bald nach ihrem Tod.
Die Ausbildung an der Académie Julian schuf die Vorraussetzung für ihr
Werk, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Die frühen Bilder zeigen
ihre Auseinandersetzung mit verschiedenen Stilansätzen. Neben
traditionellen dunkeltonigen Porträts, in denen sie sich an Vertretern der
niederländischen Renaissance orientierte (Jeanne Klotz, 1884), malte
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sie repräsentative Ganzfigurenbildnisse (Isabelle de Rodays, 1882,
Musée des Arts décoratifs, Paris), die dem Bedürfnis ihrer Auftraggeber
entsprachen. In den 1880er-Jahren entstanden an den Motiven der
naturalistischen Bewegung orientierte Bildnisse ländlicher Menschen
(La lande en fleurs, 1886, Montmédy, Musée Bastien-Lepage) oder
ärmlicher Grossstadtkinder (Gamins de Paris, 1885, Kunsthaus Zürich),
die sie stilistisch in die Nähe der Kunst von Bastien-Lepage und Breton
rücken. Ihre Auseinandersetzung mit aktueller französischer Kunst zeigt
sich in den 1882 gemalten Porträts ihrer Freunde Georg Michael Conrad
(La bonne pipe) und Henri Le Crosnier (Portrait de jeune homme, Musée
d’art et d’histoire, Genf). In der Nähe von Manets Malerei steht das
Portrait du poète anglais Henry Davison (1880, Musée d’Orsay, Paris),
durch das Degas 1882 auf die Künstlerin aufmerksam wurde.
Breslau porträtierte mit Vorliebe Menschen aus ihrer Umgebung, so die
Malerin Wilhelmina Carlsson-Bredberg (1857–1943) in dem Gemälde
Jeune femme et chrysanthèmes (1890; Goldmedaille 1900). Im
Unterschied zu den freien Arbeiten gehören die Auftragsbildnisse zum
gefälligeren, repräsentativeren Darstellungstopos.
Unter Einfluss der Impressionisten wandte sie sich ab 1888 verstärkt der
Wiedergabe des Lichtes zu (Contre-jour, 1888, Kunstmuseum Bern;
Gamines, 1893, Musée Municipal, Carpentras). Sie experimentierte mit
Lichtführungen und Beleuchtungseffekten, die ihren Höhepunkt in La
Chanson Enfantine (1898, Musée des Beaux-Arts, Nizza) erreichten.
Mit wachsender Anzahl der Aufträge kam eine stärkere Hinwendung zur
Pastelltechnik. In den 1890er-Jahren erreichte sie durch Verwischen der
Farbschichten eine malerische Wirkung. Diese wich einem
skizzierenden Stil (L’image dans la glace, 1904, Kunstmuseum Basel),
der in den Porträtköpfen des Spätwerks Methode wurde (Anatole France,
1921, Château de Versailles).
In den 1920er-Jahren entstanden neben Porträts und Aktstudien mit
energischem Pinselduktus ausgeführte farbkräftige Stillleben in Öl;
Tendenz zur Formvereinfachung.
Hauptthema in Breslaus Werk war der Mensch, den sie in Gedanken
vertieft und in melancholischer Besonnenheit darstellte. Ihr Interesse galt
der Psyche ihrer Modelle und deren wesentlichen Merkmalen. Das
psychologische Bildnis, die Darstellung der Vereinzelung der Person
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bleiben selbst in Gruppenbildnissen wie Le thé de cinq heures (1883,
Kunstmuseum Bern), Chez soi (1885, Musée d’Orsay, Paris), La vie
pensive (1908, Musée cantonal des Beaux-Arts, Lausanne) oder L’artiste
et son modèle (1921, Musée d’art et d’histoire, Genf) Hauptanliegen der
Künstlerin.
Werke: Aargauer Kunsthaus Aarau; Historisches Museum Baden;
Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum; Kunstmuseum Bern;
Carpentras, Musée Municipal; Dijon, Musée des Beaux-Arts; Genf, Musée
d’art et d’histoire; Genf, Bibliothèque publique et universitaire; Lausanne,
Musée cantonal des Beaux-Arts; Kunstmuseum Luzern; Montmédy,
Musée Bastien-Lepage; Nizza, Musée des Beaux-Arts; Paris, Musée des
Arts décoratifs; Paris, Musée d’Orsay; Paris, Musée du Petit Palais;
Kunstmuseum St. Gallen; Kunstmuseum Solothurn; Stockholm,
Nationalmuseum; Versailles, Musée National du Château de Versailles;
Kunsthaus Zürich; Zürich, Graphische Sammlung der ETH.
Anne-Catherine Krüger, 2008, aktualisiert 2014
Literaturauswahl
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- Anne-Catherine Krüger: «Louise Breslau. Eine Schweizer Malerin in
Paris». In: Weltkunst. Aktuelle Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, 2003,
5, S. 685-687
- Louise Breslau. De l'impressionnisme aux années folles. Lausanne,
Musée cantonal des beaux-arts, 2001-02. Sous la direction de Catherine
Lepdor, en collaboration avec Anne-Catherine Krüger; textes de AnneCatherine Kürger, Catherine Lepdor et Gabriel P. Weisberg. Milan: Skira,
2001
- Anne-Catherine Krüger: Die Malerin Louise Catherine Breslau (18561927). Biographie und Werkanalyse. Beschreibender Oeuvrekatalog des
Gesamtwerkes. Dissertation Universität Hamburg, 1988, 4 Bde.
- Madeleine Zillhardt: Louise-Catherine Breslau et ses amis. Paris:
Editions des Portiques, 1932
- Arsène Alexandre: Louise C. Breslau. Paris: Editions Rieder, 1928
(Maitres de l'Art Moderne)
- Gabriel Mourey: «Louise Breslau. Une Exposition des ses Oeuvres de
Jeunesse». In: Revue de l'art ancien et moderne, 39, 1921, pp. 253-262
- Emile William Brandt: «Une artiste suisse à Paris. Visite à LouiseCatherine Breslau». In: Les Etrennes Helvétiques, 1913, pp. 13-17
- Louise Georges-Renard: «Louise-Catherine Breslau». In: Au Foyer
romand, 1906, pp. 171-191
- Emile Hovelaque: «Artistes Contemporains. Mademoiselle Louise
Breslau». In: Gazette des Beaux-Arts, période 2, 34, 1905, pp. 195-206
- Robert de Montesquiou: «Un maître femme. Mademoiselle Breslau».
In: Art et Décoration, 1904, 15, pp. 133-142
Nachschlagewerke
- Historisches Lexikon der Schweiz. Dictionnaire historique de la Suisse.
Dizionario storico della Svizzera, hrsg. von der Stiftung Historisches
Lexikon der Schweiz; Chefredaktor: Marco Jorio, Basel: Schwabe, 2002 ff.
- E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres,
sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays
par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle
édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris:
Gründ, 1999, 14 vol.
- Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique
de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.:
Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne;
Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde.
- The Dictionary of Art. Edited by Jane Turner. 34 volumes. London:
Macmillan; New York: Grove, 1996
- Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und
Völker, München, Leipzig: Saur, 1992 ff.
- Künstlerlexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, Hrsg.: Verein zur
Herausgabe des schweizerischen Künstler-Lexikons; Redaktion: Eduard
Plüss. Hans Christoph von Tavel, Frauenfeld: Huber, 1958-1967, 2 Bde.
[unveränderter Neudruck 1983].
- Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts.
Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes bearbeitet,
redigiert und herausgegeben von Hans Vollmer. 6 Bände. Leipzig:
Seemann, [1953-1962] [unveränderter Nachdruck: München: Deutscher
Taschenbuch Verlag, 1992]
- Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur
Gegenwart. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes
herausgegeben von Ulrich Thieme und Felix Becker. 37 Bände. Leipzig:
Seemann, 1907-1950 [Taschenbuchausgabe: München: DTV, 1992]
- Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen
Kunstverein, redigiert unter Mitwirkung von Fachgenossen von Carl Brun,
4 Bde., Frauenfeld: Huber, 1905-1917[Reprint: Nendeln: Kraus, 1982].
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23.04.2015
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des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008,
2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz,
http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom
13.9.2012.
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