Busgarage verwandelt sich in ein Café - AZ

DONNERSTAG. 11. JUNI 2015
Innenstadt IOberhausen .
NU IWIMER 131
Augsburger Allgemeine Zeitung
Busgara'ge verwandelt sich in ein Cafe
Begegnung Der neue Treffpunkt des Vereins Tür an )'ür unterscheidet sich in vielem von üblichen Gastronomieangeboten
VON ANDREA BAUMANN
Rechts der Wertach Die Zeiten, in
denen hier Busse .geparkt und repariert wurden, sind längst vorbei.
Doch völlig wollten die Initiatoren
des Cafes Tür an Tür die Spuren der
Vergangenheit nicht tilgen. Besucher betreten die Gaststätte durch
das Tor, das ernst in die Garage
führte. Die Theke befmdet sich
. über der einstigen Schmiergrube.
Und ein Teil der Sitzplätze ist den
Holzbänken nachempfunden, auf
denen die Passagiere einst in den
Straßenbahnen Platz nahmen . .
Mit seinem neuen Cafe bekennt
sich der Verein Tür an Tür zum
Standort. Es befmdet sich ebenso
wie das Zentrum für interkulturelle
,,Jeder gibt das, was er
kann und will."
Thomas Kömer-Wilsdorf
Beratung (zib) auf dem Gelände. des
ehemaligen Straßenbahndepots am
Senkelbach. Eigentlich wollte Vorsitzender Thomas Körner-Wilsdorf
den Treffpunkt bereits im vergangenen Jahr eröffnen. Das Projekt
nahm bereits vor eineinhalb Jahren
seinen Anfang in einem Architekt~
urkurs am · Holbein-Gymnasium,
den er als Kunstlehrer leitete. Doch
bis das Konzept stand und der Umbau bewältigt war, verstrich mehr
Zeit als gedacht. Denn auch hier ,
setzte Tür an Tür stark aufs Ehrenamt mit fachlicher Unterstützung
des Architekten Günther Prechter.
Stolz ist der Vorsitzende auf die große Theke, die mit dem knallgrünen
Anstrich ins Auge sticht. Gebaut
wurde sie in der Werkstatt des Kissinger Schreinermeisters Gerhard
Huber: "Er hat uns sogar einen Gesellen an die Seite gestellt. "
Dass am zib überhauptein gastronomisches Angebot aus der Taufe
gehoben wurde, hat mehrere Gründe. An ersteI: Stelle nennt KörnerWilsdorf den "riesigen Zulauf" im
Haus mit rund 1000 Besuchern im
Monat, davon gut 300 Asylbewerber, die allwöchentlich Sprachkurse
besuchen. "Uns fehlte es hier bis-
;
Mit vielen Ehrenamtlichen baute~ die Aktiven des Vereins Tür an Tür die Busgarage des ehemaligen Tramdepots am Senkelbach in ein (afe um. Seit Kurzem läuft dort der Probebetrieb.
.
Fotos: Ruth Plössel
lang an Räumen zum Warten und
Entspannen", sagt der Vereinschef.
Doch der rund 100 Quadnümeter
große hohe Raum soll mehr als ein
Aufenthaltsraum für die Klienten
und Mitarbeiter des zib sein. "Wir
sehen das Cafe als Wohnzimmer für
alle. " Hier seien auch die Bediensteten der umÜegenden Geschäfte und
Behörden und die Anwohner des
Viertels wilkommen. Denn an Cafes
herrscht im Viertel Mangelware.
Da~ Cafe Tür an Tür unterscheidet sich nicht nur optisch von seinen
"Artgenossen": Es gibt (noch) keine
Speise- und Getränkekarte - und
auch auf die Rechnung warten die
Gäste vergeblich. Die Bezahlung
läuft auf Spendenbasis: Laut Körner-Wilsdorf diente das Grandhotel
Cosmopolis im Domviertel als Vorbilq: ,;Jeder gibt das, was er kanp
und will." Bislang funktioniere das
gut. Hinter der Theke stehen Eh-
~
renamtliche wie Mark Alt.meyer,
der regelmäßig mittags seine veganen Spezialitäten wie Soja-Döner
zubereitet. Der junge Mann, der
zum Heilerziehungspfleger umschult, genießt den Kontakt zu den
"vielen unterschiedlichen Menschen" im ' Cafe. Beispielsweise zu
den Damen der Handarbeitsgruppe
"AllerHand". Sie treffen sich dienstags ab 10 Uhr und donnerstags ab
13 Uhr im Cafe und fertigen kleine
Geschenke wie Blumen, Topflappen, Eierwärmer oder Handyhüllen,
die sie gegen eine Spende fürs Cafe
abgeben. Dass sich die Teilnehmerinnen den Platz auf der Galerie ausgesucht haben, verwundert nicht:
Von den Fenstern hier können sie
auf den Senkelbach blicken.
Am anderen Ende des Raums, direkt neben dem großen Tor, haben
sich ein paar junge Männer mit Laptops niedergelassen - angehende Fi-
nanz- und Informationsmilnager,
die für eine Uniprüfung lernen. Und
nicht nur das: "Das Cafeprojekt ist
sogar in unseren Studiengang integriert", verrät Daniel ·Kehne. Dass
im Cafe ein gespendeter ' Kicker
steht und es WLAN-Anschluss sowie einen Facebook-Auftritt gibt,
ist das Werk · der Studenten. Momentan läuft im Cafe in der Wertachstraße 29 noch der Probebetrieb
- Montag, Dienstag und Donnerstag
von 9 bis 15 Uhr. Wenn sich die Abläufe eingespielt haben, ist aus Sicht
der Initiatoren auch an einen abendlichen Kneipenbetrieb zu denken.
"Bei internen Veranstaltungen haben wir das schon ausprobiert", sagt
Körner-Wilsdorf.
o Für das (afe werden noch Ehrenamtliche gesucht. Sie können-sich unter der Mailadresse [email protected]
oder Telefon 0821/45542923 melden.
Daniel Kehne (links) zählt zum Ehrenamtlichenteam des Vereinsvorsitzenden
Thomas Körner-Wilsdorf. Der junge
Mann konnte 'das Cafeprojekt in seinen
Studiengang integrieren.