BegleittextzumBeitragvonMyrielMilicevic,LeonieFischer&JasminHonold PLANTenaryURBANISM vonwanderndenArtenundglücklichenMenschen Hintergrund WeltweitwachsenmitderBevölkerungdiestädtischenGebiete–infastunvorstellbaren Ausmaßen:NachVaclavSmil(2013)hatalleinChinazwischen2011und2013mehrZement dafürverbrauchtalsdieUSAimgesamten20.Jahrhundert.InDeutschlandwerdentäglichnoch immerca.73HektarunversiegelterBodenineinemeistbebauteFlächeumgewandelt,alsoweit mehralsderfürdasJahr2020anvisierteFlächenverbrauchvon30Hektartäglich(BMUB2014). DabeiwerdendieLebensräumezahlreicherTier-undPflanzenartenzerstörtoderfragmentiert, sodasssienichtmehralsintakteÖkosystemefunktionierenkönnen.DieUrbanisierungführt daherzueinemgenerellenRückgangderBiodiversität,z.B.seltenerodereinheimischerArten (McKinney2002).BiodiversitätsverlustgiltnebendemKlimawandelalsgrößteökologische KatastrophederGegenwart:WenngleichquantitativeSchätzungenschwierigsind,mussglobal miteinemVerlustvon20Artentäglichgerechnetwerden(Streit2010). AuchfürdenMenschenistdiestädtischeVerdichtungeineHerausforderung,da StadtbewohnerInnenmitzahlreichenUmweltbelastungenkonfrontiertsind,dieaus industriellerProduktion,starkemVerkehrsaufkommenundeinerhohenBebauungsdichte resultieren.DieseUmweltbedingungenkönnennichtnurdiekörperlicheGesundheitgefährden, sondernauchdaspsychischeWohlbefindeneinschränken,indemsieStresserzeugen(z.B.Evans 2001).StressbezogeneErkrankungenhabenindenvergangenenJahrzehntenstark zugenommenundhäufensichinStädten(Galeaetal.2005,WHO2009). NeuereErkenntnissezeigenaberMöglichkeitenauf,diesenRisikofaktorenderUrbanisierungzu begegnen:DerAufenthaltin,oderderBlickaufbegrünteUmgebungenkönneninnerhalb urbanerGebieteStressreduzierenundsodieGesundheitvonStadtbewohnerInnenfördern (Velardeetal.2007).DabeischeintinsbesondereeinehoheVielfaltanVegetationvorteilhaftzu sein(z.B.Fulleretal.2007).AuchwennvieleeinheimischeArtenausStädtenabwandernoder dortaussterben(z.B.feuchtigkeitsliebendeArten,Knappetal.2010),profitierensowohlandere einheimischeArten(z.B.TrockenrasenartenaufehemaligenAbrissflächen,Fischeretal.2013a) odernicht-einheimischeArten(z.B.mediterraneArten,dieaufhöhereTemperaturen angewiesensind)vondenspeziellenstädtischenBedingungenundtragensozururbanen Artenvielfaltbei(Kowarik2011).SomitbietenstädtischeLebensräumeundihretypischeFlora undFaunaeinnichtzuunterschätzendesPotenzialfürdasErlebenvonBiodiversitätfür StadtbewohnerInnen(Miller2005). 1 BegleittextzumBeitragvonMyrielMilicevic,LeonieFischer&JasminHonold ZusammenfassungundThese DieweltweiteUrbanisierunggehtmiteinemRückgangderArtenvielfaltundeinerZunahme stressbezogenerErkrankungeneinher.StädtekönnenaberauchNischenfüreineVielfaltvon ArtenundErholungsräumefürMenschenbieten.GezielteMaßnahmenkönnendafürsorgen,die biologischeVielfaltunddamitauchdiemenschlicheGesundheitzufördern. Informationsprozessierung UmdasAusmaßvonBebauungundVersiegelunginurbanenGebietenunddiebestehenden ökologischenPotenzialeaufunterschiedlichenFlächennutzungendarzustellen,wähltenwir BerlinalsModellstadt:BerlinwirdhäufigalseineüberdurchschnittlichgrüneStadt wahrgenommenundbesitztdurchseineGeschichte–insbesonderedurchBaulückenausdem zweitenWeltkriegunddenlangeZeitunbebautenMauerstreifennachderdeutschenTrennung –eineVielzahlunterschiedlicherGrünflächenundBrachen.Dennochistderaktuelle Versieglungsgradum35%alsrelativhochzubewerten(SenStadt2015a).Seitzetal. beschreiben2014insgesamt2445PflanzensippenfürBerlin,vondenenmehralsdieHälfteals etabliertgilt–unddemnachBerlinalseinesehrartenreicheStadteingestuftwerdenkann. ZurUntersuchungundDarstellungunsererTheserecherchiertenwirzunächstdieAnteile unterschiedlicherFlächennutzungenimBerlinerStadtgebiet(SegmenteinZeichnungI).Dann durchsuchtenwirwissenschaftlicheStudien,dieAussagenzufolgendenökologischen FunktionendieserFlächennutzungenerlauben:EffekteaufdasMikroklima,Versieglungsgrad bzw.DurchlässigkeitundTiefedesBodens,ZusammenhängemitderArtenvielfaltundmitdem „Glück“bzw.demWohlbefindenvonStadtbewohnerInnen.LetzteresfasstStudienzur körperlichenundpsychischenGesundheit,zurWohn-undLebenszufriedenheitundzur geistigenLeistungsfähigkeitzusammen.DieinZeichnungIIdargestellteökologischeDynamik umdieZu-undAbwanderungvonArtenfasstbeispielhaftinternationaleStudienzusammenund veranschaulichtunterschiedlicheProzessesowiezeitlicheundräumlicheHintergründeder Artenmigration.InZeichnungIIIzeigenwirHandlungsperspektivenfüreinigeFlächennutzungen auf,diedieArtenvielfaltund/oderdasWohlbefindenvonStadtbewohnerInnenfördern. DieDatenundInformationenentstammennebendenschonzuvorgenanntenReferenzendem UmweltatlasderSenatsverwaltungfürStadtentwicklungundUmweltBerlin(SenStadt2015b), derstadtökologischen(z.B.Banaszak-Cibicka&Żmihorski2012,Kattwinkeletal.2011, Lehmannetal.2014,Maureretal.2000,Nielsenetal.2014,PolitiBertoncinietal.2012,Sukopp &Wittig1998,Thompsonetal.2003,vonderLippe&Kowarik2008)undder umweltpsychologischen(z.B.Hofmannetal.2012,Nassauer1995,vanDillenetal.2011,Ward Thompsonetal.2010,Weberetal.2014)FachliteratureinschließlicheigenerForschung (Fischeretal.2013a&b,Honoldetal.2015). 2 BegleittextzumBeitragvonMyrielMilicevic,LeonieFischer&JasminHonold Ergebnisse&Lösungsansätze VieleurbaneFlächennutzungenhabenPotenzial,BiodiversitätundmenschlichesWohlbefinden zuerhaltenundzufördern.DieGegenüberstellungvonumweltpsychologischenund vegetationsökologischenErkenntnissenlässtvermuten,dassMaßnahmenundKonzeptezur Förderungdeseinenauchdasandereunterstützen: (a)DichtversiegelteSiedlungs-undVerkehrsflächenerhöhendasStadtklimamerklich(Effekt derurbanenWärmeinsel)undbergendieGefahrvonÜberschwemmungen,daderBodenwenig durchlässigist.ZudemkannalleineinehoheBebauungsdichteStressdurchBeengungsgefühle erzeugenundbietetwenigLebensraumfürFloraundFauna.DennochkönnenVerkehrwege bzw.ihreRänderLebensraumfürspezialisierteArtenbieten(z.B.Strand-Grasnelke,Armeria maritima),undVegetationamStraßenrandkanndasWohlbefindenvonAnwohnernerhöhen. DieseFunktionkannauchdieBegrünungvonFassadenundDächernerfüllen,diezudemetwa InsektenundVögelnLebensraumgibt. (b)GrößerebegrünteFlächenundParkanlagenmiteinemhohenAnteilanBäumenund SträuchernkühlendasKlima,unddurcheinengeringenVersieglungsgradkönnenhohe Niederschlagsmengenaufgenommenwerden.DiestärkstenErkenntnissezum ErholungspotenzialfürgestressteGroßstädterInnenliegenfürtraditionelleParkanlagenvor. GleichesgiltauchfürdenWertvonParkanlagenfürdieurbaneBiodiversität:beispielsweise wurdedasPotenzialsehralterBaumbeständealsLebensraumfürselteneArtenwieden Heldbock(Cerambyxcerdo)bestätigt.SeltenimJahrgemähteWiesengenießenteilweisesogar gesetzlichenSchutzstatusaufgrundihrerbesonderenArtenzusammensetzung.Darauskann abgeleitetwerden,dass–woauchästhetischzuvertreten–WiesengegenüberRasenflächen bevorzugtwerdensollten.AlteundabsterbendeGehölzesowieBiotopholzsolltenimBestand belassenwerden. (c)SolchebiodiverstätsförderndenMaßnahmenfürParkskönnenauchaufalte Friedhofsanlagenübertragenwerden,fürdieesnochwenigewissenschaftlicheUntersuchungen gibt. (d)Kleingärtenwerdenalsartenreichereingeschätzt,wenneinkleinflächigesMosaikvon gepflegtenundwilderenBereichenbesteht.ZudemkannderBlickauf,oderdiegärtnerische AktivitätinGartenanlagengesundheitsförderlichseinundsozialeNetzefördern. (e)BrachenerlaubenbesserestadtklimatischeEffekte,wennsieineinemspäteren SukzessionsstadiumsindunddamiteingrößeresVegetationsvolumenaufweisen.Jedoch wurdendiehöchstenArtenzahlenaufBrachenmiteinerSukzessionsdauerbiszu15Jahren festgestellt.SomitistfürdenErhaltderBiodiversitätwichtig,dasszumindesteinTeilder VegetationregelmäßiggestörtwirdunddieSukzessionsreihenauchoffeneunderstkurz besiedelteBereicheaufweisen.DieskannetwadurcheinAufreißenundStörendesBodensmit 3 BegleittextzumBeitragvonMyrielMilicevic,LeonieFischer&JasminHonold Baggern,durchNutzungenwieMotocross-FahrenoderViehbeweidunginitiiertwerden.Fürdas WohlbefindenderMenschensindZeichenderPflegeundAnwesenheitvonMenschen(„cuesof care“),wieetwaangelegteWege,ParkbänkeoderMülleimerwichtig. (f)StadtwäldererreichendiegrößtenKühlungseffekte,könnenhoheNiederschlagsmengen aufnehmenundhabeneinhohesErholungspotenzial,welchesfürstärkergepflegte,offenere WälderhöherzuseinscheintalsfürwildgewachseneAnlagenmitdichtemUnterholz.Wiezuvor fürhistorischeParkanlagenbeschrieben,istinökologischerHinsichtvorteilhaft,alte, absterbendGehölzezuerhaltenundBiotopholzimGeländezubelassen.Unterschiedliche AltersklassenundeineDurchmischungverschiedenerGehölzartenförderndasVorkommen weitererArtengruppen. DasengeMosaikunterschiedlicherFlächennutzungeninstädtischenRegionenisteinwichtiger BausteinfürdieurbaneBiodiversität.IneinigentypischstädtischenFlächennutzungen(z.B. Wohnbebauung)kanndurcheinfacheMaßnahmenvielerreichtwerden(z.B.Erhaltvon LebensräumenfürFledermäusedurchOffenhaltenkleinerRitzenundSpaltenimDachgebälk). InAnbetrachtderTatsache,dassGroßstädterInnenimmerseltenerdieChancehaben,eine VielfaltvonArtenzuerfahren(„extinctionofexperience“,Miller2005),können biodiversitätsförderndeMaßnahmennichtnurdenPflanzen-undTierartensondernauchdem menschlichenWohlbefindenzuGutekommen. Referenzen Banaszak-Cibicka,W.&Żmihorski,M.(2012)Wildbeesalonganurbangradient:winnersandlosers.JournalofInsect Conservation,16,331-343. BMUBBundesministeriumfürUmwelt,Naturschutz,BauundReaktorsicherheit(2014)Flächenverbrauch–Worum gehtes?Online:http://www.bmub.bund.de/themen/strategien-bilanzen-gesetze/nachhaltigeentwicklung/strategie-und-umsetzung/reduzierung-des-flaechenverbrauchs/(08.07.2015) Evans,G.W.(2001)Environmentalstressandhealth.Handbookofhealthpsychology(edsA.Baum,T.A.Revenson&J. E.Singer),pp.365-385.Mahwah,NJ:LawrenceErlbaumAssociates. Galea,S.,Freudenberg,N.&Vlahov,D.(2005)Citiesandpopulationhealth.SocialScience&Medicine,60,1017-1033. 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