Pressemitteilung Vaduz, 22. Januar 2016 Franz Roeckle Bauten 1902–1933 Buchpräsentation im Liechtensteinischen Landesmuseum Mittwoch, 10. Februar 2016, 18 Uhr Der Architekt des Vaduzer Rathauses und Gestalter des einst so beliebten Restaurants Real, Franz Roeckle, war eine ambivalente Persönlichkeit. Während er bereits in jungen Jahren sehr erfolgreich war als Architekt der Frankfurter Synagoge und später mit der heute noch bestehenden Riedhofsiedlung in Frankfurt-Sachsenhausen für den sozialen Wohnungsbau moderne Massstäbe setzte, beteiligte er sich 1933 an der tragisch endenden Entführung der Rotter-Brüder (Schaie) und deren Partnerinnen, was als „Rotter-Überfall“ in die Geschichte einging und von Peter Geiger in seinem Werk „Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren. 1928–1939“ eindringlich geschildert wurde. Roeckle wird 1879 als Sohn des Mühle- und Sägereibesitzers Johann Roeckle in Vaduz geboren. Seine Ausbildung zum Architekten erfolgt zwischen 1896 und 1903 zunächst in Innsbruck und anschliessend in Stuttgart bei Theodor Fischer. Er gewinnt kurz nach Beendigung seines Studiums den Wettbewerb um den Bau der Synagoge im Frankfurter Westend (1908–1910) und erhält in der Folge weitere wichtige Bauaufgaben im Auftrag jüdischer Bauherren in Frankfurt, wie z. B. das Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde (1911–1914) und das Israelitische Schwesternheim (1912– 1914) sowie für private Wohnhäuser. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er teilnimmt, zum Offizier befördert und verwundet wird, erhält er in Frankfurt erneut einen wichtigen Auftrag eines jüdischen Bauherrn: In den Jahren 1923/24 entsteht das Institut für Sozialforschung. Ebenfalls in den 1920er Jahren werden unter dem damaligen Stadtbaurat von Frankfurt, Ernst May, einem Vertreter des Neuen Bauens, mit Roeckles Beteiligung oder unter seiner Federführung Siedlungsbauten realisiert, die sich durch ihre innovative Bauweise auszeichnen. Für die architektonischen Fähigkeiten von Franz Roeckle spricht auch die Tatsache, dass Walter Gropius ihn einlädt, einen Teil der Siedlung Dammerstock in Karlsruhe zu übernehmen. Städtle 43, Postfach 1216 FL-9490 Vaduz T 00423 239 68 20 F 00423 239 68 37 E [email protected] www.landesmuseum.li Bankverbindung: Liechtensteinische Landesbank, Vaduz Konto-Nr. 203.367.04 Mitglied Museen und Schlösser Euregio Bodensee E.V. Seite 1 von 3 Ist Franz Roeckle als Architekt anhand seiner Bauwerke recht gut dokumentierbar, bleibt er als Mensch doch schwer zu fassen. So könnten seine Kontakte, Mitgliedschaften und Aktivitäten kaum gegensätzlicher sein. Fast zeitgleich ist er Mitglied der stark jüdisch geprägten Freimaurerloge „Zur aufgehenden Morgensonne“ sowie des Nationalen Offiziersvereins. Während er das Institut für Sozialforschung baut, sympathisiert er bereits mit der NSDAP. Als er das Rathaus von Vaduz realisiert, scheint er schon Pläne für die Gründung einer „nationalen Bewegung“ in Liechtenstein zu schmieden und beteiligt sich schliesslich an der Entführung im Jahr 1933, bei der Alfred Rotter und dessen Frau Gertrud zu Tode kommen und Fritz Rotters Begleiterin Julia Wolf schwer verletzt wird. Einerseits beteiligt er sich also an der Entführung jüdischer Emigranten in Liechtenstein, andererseits ist er verantwortungsvoller Familienmensch, der mit seiner Frau ab 1927, nach dem Tod seines Bruders Raimund, die Fürsorge für dessen Kinder Franz, Paula und Marianne übernommen hatte. Ob sein Verhalten nun als das eines Überzeugungstäters, eines Opportunisten oder aber eines Menschen zu bezeichnen ist, der in schwierigen Zeiten um Aufträge und Daseinssicherung für sich, seine Frau und die drei Kinder des Bruders kämpft, ist nicht leicht zu beurteilen. Vieles mag zudem dafür sprechen, dass ihn auch sein Bau- und Gestaltungswille zu opportunistischen Verhaltensweisen verführte. Franz Roeckle stirbt 1953 in Vaduz. Im Hatje Cantz Verlag ist nun ein erstes Überblickswerk zu Roeckles Bautätigkeit erschienen. Nachdem während seiner fluchtartigen Übersiedlung von Frankfurt nach Vaduz im Jahr 1944 offenbar zahlreiche Dokumente verloren gingen, werden in dieser Publikation die noch vorhandenen Dokumente und Quellen gesichert, die erlauben, sich ein Bild von diesem fast vergessenen Architekten des Neuen Bauens zu machen. Städtle 43, Postfach 1216 FL-9490 Vaduz T 00423 239 68 20 F 00423 239 68 37 E [email protected] www.landesmuseum.li Bankverbindung: Liechtensteinische Landesbank, Vaduz Konto-Nr. 203.367.04 Mitglied Museen und Schlösser Euregio Bodensee E.V. Seite 2 von 3 Programm anlässlich der Buchpräsentation im Landesmuseum: Prof. Dr. Rainer Vollkommer (Begrüssung) Cornelia Kolb-Wieczorek (Einführung) Dr.-Ing. habil. Wolfgang Voigt (Hauptvortrag) PD Dr. Peter Geiger (Kurzstatement zum Rotter-Überfall 1933) Apéro Franz Roeckle Bauten 1902–1933 Texte von Hubertus Adam, Florin Frick, Peter Geiger, Christoph Jobst, Wolfgang Voigt, Gestaltung von Peter Zimmermann Ca. 176 S., ca. 235 Abb., 24 x 30 cm, gebunden Ca. € 39,80 [D] ISBN 978-3-7757-4089-0 (Deutsch) Dezember 2015 Kontakt Liechtensteinisches Landesmuseum Donat Büchel Wissenschaftlicher Mitarbeiter Städtle 43, Postfach 1216 9490 Vaduz Fürstentum Liechtenstein Telefon: +423 239 68 22 E-Mail: [email protected] www.landesmuseum.li Städtle 43, Postfach 1216 FL-9490 Vaduz T 00423 239 68 20 F 00423 239 68 37 E [email protected] www.landesmuseum.li Bankverbindung: Liechtensteinische Landesbank, Vaduz Konto-Nr. 203.367.04 Mitglied Museen und Schlösser Euregio Bodensee E.V. Seite 3 von 3
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