Eine heitere Vernissage - St. Jakobus Behindertenhilfe

Eine heitere Vernissage
FRIEDRICHSHAFEN – Bezaubernde Engel mit Strahlkraft haben die Kreativund Seniorengruppe von St. Konrad Haslach (St. Jakobus-Behindertenhilfe)
geschaffen. Ihre Werke sind bis 21. Dezember in der Schaufenster-Galerie in
Friedrichshafen zu sehen. Die Galeristen Petra und Frieder Gros eröffneten die
Ausstellung „…als zöge ein Engel durchs Blaue und rief‘ die Gesellen sein“
nach Joseph von Eichendorff mit einer heiteren Vernissage.
Engel mit Strahlkraft
Es stürmte, es regnete, aber just zur Vernissage vor der Schaufenster-Galerie
blinzelten Sonnenstrahlen um die Ecke, schenkten dem Panorama am See eine
besondere Atmosphäre. „Sei du doch mein Engel für heute, dann bin ich auch Engel
für dich.“ Die Musikgruppe „Taktvoll“ von St. Konrad hat eigens für die Vernissage ein
Lied geschrieben und stimmte die Besucher auf die Ausstellung ein. Frieder Gros
erinnerte an Ludwig Thoma, der mit seiner Satire „Ein Münchner im Himmel“ das Bild
eines Engels prägte. „Aber der Engel Aloisius hat keine Flügel.“ Umso mehr begrüßte
Frieder Gros das Engagement der Künstler von St. Konrad, denen es gelungen ist,
den Engeln ihrer Vorstellungen einen Ausdruck zu geben, der bezaubert.
In der Friedrichstraße angekommen
Einen Monat lang wird die Ausstellung die Häfler durch die Vorweihnachtszeit
begleiten. Die Besucher waren von den Engeln angetan, klebten am Schaufenster.
„Jeder Engel ist etwas Besonderes“, bestätigte Cosima Kehle, Büchereileiterin von
Tettnang. Die Besucher waren von dem ganz eigenen Charme der Engel begeistert
und entdeckten immer neue liebevolle Details zum Staunen. „Wir bewundern die
Werke nicht, weil sie von Menschen mit Hilfebedarf geschaffen wurden, sondern
jeder Engel ist auf seine Art und Weise schön“, sagte Cosima Kehle.
Von Engeln und Bengeln
„Wir haben uns von Joseph von Eichendorff inspirieren lassen“, berichtete Norma
Sperlich-Osterkorn. Im Glashausatelier von St. Konrad begleitet die Kunsttherapeutin
die Kreativ- und Seniorengruppe: „Das schöpferische Gestalten ist für Menschen, die
sich oft weniger über und durch das Wort mitteilen können, eine kraftvolle, lebendige
Alternative, um etwas Innerem Ausdruck zu verleihen.“ Das Jahr 2015 widmeten die
Kunstschaffenden ganz intensiv dem Thema „Engel“. „Jeder in seinem Tempo, mit
seinen Stärken und Vorstellungen“, erklärte Norma Sperlich-Osterkorn.
Beschwingt und heiter
„Lass uns zusammen schweben, uns Halt und Liebe geben.“ Mit heiteren,
beschwingten Rhythmen gestaltete die Musikgruppe „Taktvoll“ von St. Konrad den
musikalischen Rahmen, erfüllte so manche Musikwünsche der Gäste. Während die
Engel zum Staunen, Entdecken und Innehalten einluden, ermutigten die Musiker
zum Tänzchen auf dem Asphalt. Die Besucher waren beeindruckt: „Die Vernissage
ist ein Geschenk“, und so mancher Engel wechselte den Besitzer.
In der Schaufenster-Galerie Gros in Friedrichshafen stimmen Engel aus St. Konrad
auf die vorweihnachtliche Zeit ein. Die Galeristen Petra und Frieder Gros eröffneten
die Ausstellung der Senioren- und Kreativgruppe mit einer Vernissage.
„Sei du doch mein Engel für heute, dann bin ich auch Engel für dich.“ Mit viel Freude
am Singen und Musizieren begeisterte die Musikgruppe „Taktvoll“ von St. Konrad
Haslach unter der Leitung von Anita Diatta (links) die Besucher.
Bei der Vernissage
überreichten die
Kunstschaffenden von
St. Konrad gemeinsam
mit Kunsttherapeutin
Norma SperlichOsterkorn den
Galeristen Petra Gros
(im Bild) und Frieder
Gros die goldenen
Flügel am Bande.
Im Glashausatelier von
St. Konrad begleitet die
Heilerziehungspflegerin
und Bildhauerin Norma
Sperlich-Osterkorn die
Kreativ- und
Seniorengruppe von
St. Konrad: „Kreative
Beschäftigung dient der
Persönlichkeitsentfaltung und
Individualisierung. Ich
behaupte, jeder kennt
diese Art von Freude,
die durch und in dieser
Arbeit entstehen kann
und weiß auch wie gut
es der Seele tut, dafür
Anerkennung und
Wertschätzung zu
bekommen.“
Text und Bilder: Lioba Scheidel
Von Engeln und von Bengeln
Im Frühling auf grünem Hügel, da saßen viel Engelein. Die putzten sich ihre Flügel
und spielten im Sonnenschein.
Da kamen Störche gezogen, und jeder sich eines nahm und ist damit fortgeflogen,
bis dass er zu Menschen kam.
Und wo er anklopft' bescheiden, der kluge Adebar, da war das Haus voller Freuden –
so geht es noch alle Jahr.
Die Engel weinten und lachten, und wussten nicht, wie ihn'n geschehn. – die einen
doch bald sich bedachten, und meinten: das wird wohl gehn!
Die machten bald wichtige Mienen und wurden erstaunlich klug. Die Flügel gar
unnütz ihn'n schienen, sie schämten sich deren genug.
Und mit dem Flügelkleide, sie ließen den Flügelschnack. Das war keine kleine
Freude: Nun stattlich in Hosen und Frack!
So wurden sie immer gescheiter und applizierten sich recht – das wurden
ansehnliche Leute, befanden sich gar nicht schlecht.
Den andern war's, wenn die Aue noch dämmert' im Frühlingsschein, als zöge ein
Engel durchs Blaue und rief' die Gesellen sein.
Die suchten den alten Hügel, der lag so hoch und weit – und dehnten sehnsüchtig
die Flügel mit jeder Frühlingszeit.
Die Flügeldecken zersprangen, weit, morgenschön strahlt' die Welt, und übers Grün
sie sich schwangen, bis an das Himmelszelt.
Das fanden sie droben verschlossen, versäumten unten die Zeit – so irrten die
kühnen Genossen, verlassen in Lust und Leid. Und als es nun kam zum Sterben, Gott Vater zur Erden trat, seine Kinder wieder zu
werben, die der Storch vertragen hat.
Die einen konnten nicht fliegen, so wohlleibig, träge und schwer, die musst Er da
lassen liegen, das tat ihm leid so sehr.
Die andern streckten die Schwingen In den Morgenglanz hinaus, und hörten die
Engel singen, und flogen jauchzend nach Haus!
Joseph von Eichendorff (1788-1857), aus: Gedichte, Ausgabe 1841