Markt+Verkauf - Swiss Marketing

| 10. März 2016
Special
Markt+Verkauf
Ausgezeichnet
Die Marketing-Trophy 2016 geht an ...
Seite 26
Uwe Tännler
Der Swiss-Marketing-Präsident
über kreative Knochenarbeit
und seine Träume. Seite 6
Peter Felser
Der Werbeprofi erklärt, warum
man zur Hure wird, wenn man
dem Zeitgeist folgt. Seite 28
Beim Hören der
Charts habe
ich keinen Song
gekannt.
Älter werden fängt früher an,
als man meint.
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© UBS 2016. Alle Rechte vorbehalten.
special markt+verkauf
«Kennet dir das
Gschichtli scho»
Impressum
Der Magazin-Special
«Markt +Verkauf» ist eine
­redaktionelle Beilage der
­«Handelszeitung».
Gesamtverantwortung
Norman C. Bandi
Redaktionelle Mitarbeit
Veit Etzold, Peter Felser, Daniel
­Fischer, Matthes Fleck, Alexander
Horn, Isabel Imper, Anja Janoschka,
Klaus Rimnov, Patricia Schmidt,
­Johannes J. Schraner, Vera
­Sohmer, Christoph Spengler,
­Denise Weisflog, Robert Wildi
titelbild: Cortis & Sonderegger/13 Photo
Chefredaktor Stefan Barmettler
Stv. Chefredaktor Marcel Speiser
Ressortleitung Norman C. Bandi
Stv. Ressortleitung
Roberto Stefano
Layout Roger Cavalli
Korrektorat Simone Abegg,
Urs Bochsler, Cristina Jensen,
Beat Koch
Adresse Redaktion
«Handelszeitung»
Förrlibuckstrasse 70
8021 Zürich
­Telefon: 043 444 59 00
Fax: 043 444 59 30
Mail: [email protected]
Online: www.handelszeitung.ch
Leitung Wirtschaftsmedien
Uli Rubner
Leitung Werbemarkt
Beniamino Esposito
Ringier AG
Kreuzstrasse 26
8008 Zürich
Telefon: 044 259 63 24
Fax: 044 259 68 94
Mail: [email protected]
Online: go4media.ch
Leitung Nutzermarkt
Jörg Tobuschat
Lesermarketing
Ringier Axel Springer Schweiz AG,
Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich,
Telefon: 043 444 58 95, Mail:
kunden­[email protected]
Adresse Verlag
«Handelszeitung»
Förrlibuckstrasse 70
8021 Zürich
Telefon: 043 444 59 00
Mail: [email protected]
Druck
Swissprinters AG, Zofingen
Herausgeberin
Ringier Axel Springer Schweiz AG
Bekanntgabe von ­namhaften
Beteiligungen im ­Sinne von
Art. 322 StGB: Le Temps SA
D
ie einen fassen sich jetzt an
den Kopf und denken: «Was
meint der?» Die anderen hatten längst ihr Aha-Erlebnis.
Mit diesen Worten beginnt
«Dr Eskimo» des Berner Mundart-Liedermachers Mani Matter, der leider viel zu
früh von uns gehen musste. Diese Song­
zeile ist vielen noch immer ein Begriff.
Und wer das «Gschichtli» kennt, weiss,
welch ironische Wendungen es nimmt.
Genau das ist es, was gutes Storytelling ausmacht. Wir hören oder lesen ein paar Worte
und schon hat uns etwas gepackt. Doch im
Marketing heisst das nicht, dass Kunden zu
Fans werden, nur weil etwas in tolle Slogans
oder Kampagnen verhüllt uns ansprechen
soll. Nicht die Produkte oder Dienstleis­
tungen müssen überzeugen, sondern die
­Anbieter müssen glaubhaft vermitteln, dass
wir ohne ihr Ding nicht auskommen.­Das
Zielpublikum macht die Geschichte aus.
Wie das geht, belegen jährlich die Gewinner
der Marketing-Trophy, die anlässlich des
Schweizerischen Marketing-Tages am
8. März 2016 im KKL Luzern zum 17. Mal
verliehen wurde. Die zwölf nominierten
Norman C. Bandi
Ressortleiter
«Handelszeitung»
­ nternehmen und Organisationen haben
U
Dinge geschaffen, ohne die viele Kunden
nicht mehr sein können. Zudem haben sie
es in magische Geschichten verpackt, die
das Zielpublikum automatisch ansprechen.
Es gibt nun aber auch Leser, die vom einen
oder anderen Projekt heute zum ersten Mal
Kenntnis nehmen. Das mag an Desinter­esse
oder Unkenntnis l­ iegen. In beiden Fällen sei
die Lektüre der Seiten 30 bis 42 empfohlen.
Wie entscheidend dabei gutes Storytelling
ist, zeigen die drei Kategoriensieger, die mit
ihren Projekten aus dem exklusiven Kreis
herausgestochen haben. Ihr «Gschichtli» ist
noch einprägsamer angekommen. Wäre
dem nicht so, würde Mani Matter wohl sein
«I han es Zundhölzli azündt» anstimmen.
Denn es ist nicht auf den Teppich gespickt.
Inhalt
Uwe Tännler Der
Präsident von Swiss
Marketing über die
Magie der Story. 6
Storytelling Wie SBB und
McDonald’s Schweiz gute
Geschichten erzählen und
was sie KMU raten. 10
Veit Etzold Der deutsche
Keynote-Referent und
Storytelling-Experte über
Content Marketing. 13
Controlling Wie sich
der Erfolg von OnlineKampagnen laut GfK
besser messen lässt. 17
TitelBild
Sebastian Maiss So
macht der Chief Sales &
Marketing Officer des
KKL Kunden zu Fans. 18
Social Media Was die
­«BaselWorld» gemäss
Argus über luxuriöse
Uhrenmarken verrät. 20
Marketing-Trophy Wie
die Fachjury entscheidet
und wer dieses Jahr die
Preise gewonnen hat. 26
Peter Felser Der Werber
und Unternehmer über
das gewisse Etwas der
drei Kategoriensieger. 28
Die Marketing-Trophy stellt
Jahr für Jahr erfolgreiche
Projekte und Kampagnen
ins Rampenlicht. Für diese
Beilage haben die beiden
Fotografen Jojakim Cortis
(1978) und Adrian Sonder­
egger (1980) im Auftrag
der «Handelszeitung»
die Auszeichnung ins
Scheinwerferlicht gerückt.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
3
Special markt+verkauf
Prüfungswesen
neu organisiert
V
Denise Weisflog
ergangenen Herbst lancierten
der Kaufmännische Verband
Schweiz und Swiss Marketing
die Examen.ch AG. Das neue
Kompetenzzentrum fokussiert auf die Organisation und Erbringung
professioneller Dienstleistungen für die Berufs- und Höheren Fachprüfungen und ist
landesweit tätig.
«Examen.ch richtet sich an alle Trägervereine von eidgenössischen Prüfungen.
Die Muttergesellschaften sind Verbände,
die sich seit Jahren in der Berufsbildung engagieren und ihre eigenen Prüfungsorganisationen miteingebracht haben», erklärt
Sandra Fickel, Geschäftsführerin von Examen.ch. Der Kaufmännische Verband ist zu
60 Prozent, Swiss Marketing zu 40 Prozent
am Unternehmen beteiligt. «Durch die
Verselbstständigung des Dienstleistungs­
­
bereichs in der Examen.ch AG wird klar
­getrennt zwischen der politischen Funktion
der Dachverbände als Organisationen der
Arbeitswelt und Mitträger von Prüfungen
sowie der Aufgabe als Servicepartner von
Trägervereinen», sagt Fickel.
Der Bereich von Examen.ch umfasst
zwölf Prüfungen, elf Prüfungskommissio-
nen und vier Trägervereine – neben dem
Kaufmännischen Verband und Swiss Marketing auch der Schweizerische Verband
der Sozialversicherungs-Fachleute und der
Schweizerische Trägerverein für Berufsund Höhere Fachprüfungen in Human Resources (HR) – sowie rund 8000 Kandidaten und 2000 bis 3000 Experten.
Grösster Prüfungsorganisator werden
Laut Fickel gehören die von Examen.ch
organisierten Prüfungen zu den grössten
schweizweit, darunter die Berufsprüfungen
für Marketingfachleute, Verkaufsfachleute,
HR-Fachleute und Fachleute in Finanz- und
Rechnungswesen. Das Unternehmen so zu
expandieren, dass alle 240 Berufsprüfungen
und 170 Höhere Fachprüfungen sowie die
entsprechenden Trägervereine unter einem
Dach zusammengefasst würden, steht kaum
zur Debatte. Dazu sei das Feld zu breit.
Das wichtigste Ziel von Examen.ch ist gemäss Fickel, die Prüfungen gemeinsam mit
den Kunden fit für die Zukunft zu machen.
Dabei gebe es zahlreiche Herausforderungen­
zu meistern. Unter anderem die Konkurrenz
durch andere Bildungsabschlüsse oder die
ständige Aktualisierung und Reformierung
der Berufsbilder und Abschlüsse sowie der
entsprechenden Prüfungen. «Hier können
Joint Venture
Daniel Jositsch und Uwe Tännler an Bord
Verwaltungsrat Im Verwaltungsrat des
Dienstleistungsunternehmens Examen.ch
finden sich illustre Namen: Präsident Daniel Jositsch ist Ständerat und Präsident
des Kaufmännischen Verbands Schweiz.
Vizepräsident Uwe Tännler ist Präsident
von Swiss Marketing (siehe Interview auf
Seite 6). Der Delegierte Peter Kyburz ist
noch bis 1. April 2016 CEO des Kaufmännischen Verbands Schweiz, danach wird
er Geschäftsführer des Strassenverkehrsamts des Kantons Zürich. Seine Nachfol-
4
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
ge im Kaufmännischen Verband Schweiz
tritt der promovierte Jurist Christian
Zünd an. Der Verwaltungsrat der Examen.
ch AG mit Hauptsitz in Zürich wird komplettiert von André Mettler, Vorstandsmitglied ­sowie Ressortleiter Finanz- und
Rechnungswesen von Swiss Marketing.
Geschäftsführung Geschäftsführerin des
neuen Ausbildungs-Kompetenzzentrums
des Kaufmännischen Verbandes Schweiz
und Swiss Marketing ist Sandra Fickel.
zvg
Examen.ch Kaufmännischer Verband Schweiz und Swiss
Marketing gründen ein Ausbildungs-Kompetenzzentrum.
Sandra Fickel: Geschäftsführerin des neuen
Portals Examen.ch mit Hauptsitz in Zürich.
wir unsere Erfahrung einbringen. Wir wollen uns als grösster Prüfungsorganisator im
Markt positionieren und mittelfristig weitere Prüfungen dazugewinnen», sagt Fickel.
Am Angebot dürfte dieses Vorhaben
nicht scheitern, die Höhere Berufsbildung
ist nach wie vor gefragt. In der Schweiz werden jährlich rund 10 000 Fachausweise und
3000 Diplome ausgestellt. Laut Fickel stehen­
Berufsprüfungen und Höhere Fachprüfungen für grosse Praxisnähe. Berufsleute mit
mehrjähriger Erfahrung könnten ihre vertieften Kompetenzen mit einem eidgenössischen Fachausweis oder Diplom belegen.
Damit werde auch ihnen ein Abschluss auf
Tertiärstufe ermöglicht.
Auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt
«Solche Absolventen haben einen starken Branchenbezug. Es sind die Branchenverbände, die die Prüfungen tragen, die Anforderungen definieren und die Prüfungskommission besetzen. Dies garantiert, dass
die Absolventen genau das können, was sie
in ihrem Berufsfeld brauchen», so Fickel.
Entsprechend seien sie auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Der Praxisbezug ist ihr
zufolge in der Höheren Berufsbildung viel
stärker als etwa an einer Fachhochschule.
Von der Vielfalt des Bildungssystems mit
den zahlreichen, auf die Bedürfnisse der jeweiligen Branche und des Berufsfelds zugeschnittenen Abschlüssen sowie der Durchlässigkeit der Bildungsstufen profitierten
insbesondere Berufsleute und Weiterbildungsinteressierte. Also jene Personen, die
keine Matura hätten und auf den beruf­
lichen Bildungsweg setzten. «Dieser bietet
ebenso viele und gute Karrierechancen wie
der universitäre Weg, wenn man die hohe
Bildungsrendite der Höheren Berufsbildung
betrachtet», erklärt Fickel.
Gutes Storytelling
ist der Schlüssel ins
Herz Ihrer Kunden …
… und der Brief Ihr
besonders überzeugender
Weg dorthin.
Die Wirkung macht den Unterschied.
Mit dem adressierten Werbebrief wird Ihr Storytelling zur Erfolgsgeschichte.
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«Es ist absolut
nicht simpel»
Uwe Tännler Der Präsident von Swiss Marketing über den Marketing-Tag,
die Magie der Story, seinen beruflichen Werdegang – und seine Träume.
Der Netzwerker
Uwe Tännler wirbelt an allen Fronten – ist
hier Geschäftsleiter, da Jurymitglied und
dort Fachbeirat. Als Präsident des Verbands
Swiss Marketing organisiert er seit über zehn
Jahren auch den Schweizerischen Marketing-Tag. Sein selbstbewusstes Motto lautet:
«Schneller ist besser ist überzeugender ist
erfolgreicher». Der gelernte Maschinenmechaniker ­besitzt und führt in Urdorf ZH ein
kleines Unternehmen für Personalberatung
und -vermittlung. Daneben hat er verschiedene weitere Mandate, etwa als Jurymitglied
beim Award Marketing + Architektur, Fachbeirat der KonferenzArena, Vice Chairman
der European Marketing Confedera­tion oder
Marketing Director des Hotel Restaurant
Ryokan Hasenberg in Widen AG.
Name: Uwe Tännler
Funktion: Präsident von Swiss
Marketing, OK-Präsident des
Schweizerischen Marketing-Tages,
Inhaber und Geschäftsführer von
Tännler Personalmanagement
Alter: 57
Wohnort: Bellikon AG
Familie: Verheiratet, zwei Söhne
Ausbildung: Grundausbildung als
Maschinenmechaniker; diverse
Weiterbildungen in den Bereichen
Human Resources und Marketing
Der Titel Ihres Schweizerischen Marketing-­
Tages am 8. März 2016 war: «Die Magie der
Story – wie Kunden zu Fans werden». Sind
Sie ein magischer Geschichtenerzähler?
Uwe Tännler: Ja, ich liebe Geschichten und
ich kann die kleinste Begebenheit so erzählen, dass die Zuhörer sie am Ende kaufen.
Wenn ich von einem Produkt oder einer
Dienstleistung überzeugt bin, scheue ich
keinen Aufwand, um meine Mitmenschen
davon zu begeistern. Ich will sie mit Argumenten und Emotionen abholen, mit dem
Ziel, dass sie das gleiche sofort auch wollen.
Ich möchte, dass sie Fans werden.­
Und das gelingt Ihnen auch?
Immer wieder. Ich gehe zum Beispiel seit 15
Jahren regelmässig in eine Schroth-Kur, um
den Körper zu entschlacken, zu entgiften
sowie rundum zu entspannen. Bis heute
konnte ich bereits mindestens 25 Freunde
dafür begeistern. Sie alle fahren seit geraumer Zeit ebenfalls jährlich zu einer solchen
Kur. Und sie tut enorm gut.
Welche Eigenschaften müssen gute Storys
aufweisen, damit Kunden zu Fans werden?
6
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Der Verband Swiss Marketing
­ ündelt das Fachwissen von fast
b
4000 Fach- und Führungskräften
aus u
­ nterschiedlichen Branchen.
Der Verband ist zudem Träger
des Schweizerischen MarketingTages mit der jährlichen Verleihung
der ­Marketing-Trophy im KKL.
­ ie müssen in erster Linie glaubhaft sein
S
und Begeisterung auslösen. Dazu müssen
sie sämtliche sechs Sinne und sogar den
siebten Sinn des Zuhörers ansprechen.
Tönt simpler, als es wohl ist.
Es ist absolut nicht simpel, sondern mit viel
kreativer Knochenarbeit verbunden. Die
besten Ideen und Konzepte sind nicht einfach himmlische Eingebungen, sondern das
Resultat von visionärem Denken – gepaart
mit einem unbändigen Fleiss.
Bringt der Schweizer Marketingbildungsmarkt genügend dieser fleissigen Kreativköpfe hervor, um für Tausende profilloser
KMU einzigartige Storys zu kreieren?
Leider nein. Lassen Sie mich ausholen. Das
Silicon Valley ist entstanden, weil sich dort
vor vielen Jahren einige kreative Köpfe tra-
fen mit der klaren Vision: Lasst uns etwas
Gigantisches kreieren. Die Basis für dieses
Denken ist ein Schulsystem, das jungen
Menschen Freiräume schafft und sie im
Sinne­von «open your mind» zur selbstständigen Entwicklung von solchen Visionen
animiert. Das geht nicht mit sturem Zahlenaddieren und Wörterdeklinieren bis zum
Abwinken.
Sie kritisieren das Schweizer Schulsystem?
Unser Schulsystem ist – sorry, ich muss es sagen – viel zu technisch. Nach dem Schema X
wird mir vorgesetzt, was ich zu lernen habe.
Und wenn mir das nicht liegt, werde ich abgestempelt und falle aus dem System. Das
wird doch dem Individuum absolut nicht gerecht. Fähigkeiten und Kompetenzen sollten
herausgekitzelt werden. Das geht aber nicht,
wenn die Schüler stattdessen Lexika auswendig lernen müssen. Unsere­Lehrpläne zwängen die Kinder schon im Kindergarten in ein
System, was ich total falsch finde. Wie soll da
Kreativität entstehen?
Apropos Kindheit. Wo und in welchen
­Verhältnissen sind Sie aufgewachsen?
In einer Winterthurer Arbeiterfamilie. Mein
Vater war Dreher-Meister in einem grossen
Industriekonzern. Ich stehe altersmässig in
der Mitte von fünf Geschwistern und arbeitete schon als Kind und Jugendlicher viel.
Da mein Vater im zweiten Nebenjob auch
Hauswart einer grossen Einfamilienhaussiedlung war, mähte ich Rasen, jätete Unkraut, schaufelte Schnee und wischte den
Hof. Weil das Geld nicht reichte, hatten wir
zudem einen eigenen Gemüsegarten.
Welches waren Ihre ersten beruflichen
Wunschträume?
Aus heutiger Sicht eher erstaunlich, stellte
ich mir in ganz jungen Jahren eine Tätigkeit
im medizinischen Bereich vor und wollte
mal Physiotherapeut werden. Dieses Ziel
verwarf ich allerdings rasch wieder und hatte danach über längere Zeit keine echte }
zvg
Interview: Robert Wildi
Uwe Tännler: «Ich kann die
kleinste Begebenheit so
erzählen, dass die Zuhörer
sie am Ende kaufen.»
Special markt+verkauf
Heute führen Sie ein PersonalmanagementUnternehmen und sind weit entfernt von
­ihrem angestammten Beruf. Wie kam das?
Mein Wunsch, beruflich mehr mit Menschen statt mit Technik in Kontakt zu kommen, wuchs über die Jahre. Die Tätigkeit in
der Rehabilitation von Unfallopfern war
eine gute Kombination, bot mir aber auf
Dauer zu wenig Herausforderung. Deshalb
wechselte ich zu Beginn der 1990er-Jahre in
ein Unternehmen für Personalberatung und
-vermittlung. Vier Jahre später gründete ich
meine eigene Tännler Personalmanagement AG, die ich bis heute führe.
Zudem sind Sie Präsident von Swiss Marketing. Was fasziniert Sie an Marketing?
Marketing is everything – everything is Marketing. Man verkauft doch im Leben permanent eine Meinung, ein Produkt und vor
­allem sich selbst. Marketing muss zum Verkaufsabschluss führen. Ich betrachte mich
«Manchmal bekomme ich
‹Vögel› wegen der Schweizer
Ängstlichkeit. Alles hundertmal
überprüfen. Grausam!»
selbst als Verkäufer und lasse mich durch
gutes Marketing auch als Käufer inspirieren.
Ich möchte Produkte oder Dienstleistungen
nachfühlen und nachleben können. Das ist
in beiden Positionen wichtig.
Wie lange sind Sie schon OK-Präsident vom
Schweizerischen Marketing-Tag?
Seit 2005, und dies mit voller Begeisterung.
Dieser Event repräsentiert für mich eine
360-Grad-Kommunikation, bietet enorm
viel Praxisbezug, greift aktuelle, relevante
Themen auf und liefert den Teilnehmenden
einen direkten, in vielen Fällen sofort umsetzbaren Nutzen. Und vor allem trifft sich
hier eine ganze Branche. Wer Marketing
­betreibt, verpasst diesen Event nicht.
Ein schöner Werbespot. Wie sieht Ihr Tagesablauf im Vorfeld der Veranstaltung aus?
Es gibt kein Vorfeld des Schweizerischen
Marketing-Tages. Diese Grossveranstaltung
8
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
zvg
} Vorstellung von meiner beruflichen Zukunft. Weil mein Vater bei Sulzer in Winterthur arbeitete, entschloss ich mich dann zur
Lehre als Maschinenmechaniker. Mit Beginn der Lehre begann für mich eine neue
Zeitrechnung, weil ich plötzlich auch finanziell auf eigenen Beinen stehen konnte. Meine ersten beruflichen Sporen verdiente ich
mir danach im Ausland auf Montage ab.
Uwe Tännler: «Entscheidend wird auf lange Frist die Wahl eines gesunden Marketingmix.»
beschäftigt mich übers ganze Jahr hinweg
ohne Unterbruch. Nach dem Marketing-Tag
ist vor dem Marketing-Tag. Immer zwischen
November und Februar erreichen die Organisationsarbeiten ein Pensum von 60 bis 70
Prozent. Parallel dazu laufen auch die Tätigkeiten für den Verband Swiss Marketing und
meine Beratungsfirma weiter.
Am Marketing-Tag wird jährlich auch die
Swiss-­Marketing-Trophy für herausragende
­Leistungen in der Branche verliehen. Wem
­würden Sie eine fiktive «World-MarketingTrophy» für das vergangene Jahr verleihen?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Na gut,
die «World-Marketing-Trophy 2015» würde
ich sicher nicht dem Schweizer Schulsystem
verleihen, dafür aber der aus meiner Sicht
perfekt gelebten Demokratie in unserem
Land. Davon könnten sich einige Länder
und Völker eine grosse Scheibe abschneiden.­
Und in der Kategorie Grossunternehmen?
Auf unsere Branche bezogen würde meine
Wahl auf Google fallen. Viel muss ich dazu
wohl nicht ausführen. Google macht in Sachen Marketing sicherlich einiges richtig,
wobei ich nicht behaupte, dass dies immer
zum Wohle aller ist.
Wie schätzen Sie denn die Schweizer
­Marketingkultur ein?
Sie wird aus meiner Sicht viel zu stark geprägt von typischen Schweizer Eigenschaften wie Bescheidenheit und Zurückhaltung.
Manchmal bekomme ich «Vögel» wegen der
Schweizer Ängstlichkeit. Alles hundertmal
überprüfen: Sollen wir? Was meinst du? Ich
möchte noch nicht! Geht das wohl gut? Und
wenn das schiefgeht? Grausam!
Wie sieht Ihr wirksames Gegenrezept aus?
Es basiert auf einem ganz einfachen Motto:
Machen! Es gibt nichts Gutes, ausser man
tut es. Ich kann nicht verstehen, dass man
etwas einfach nicht tut, nur weil es eventuell
schieflaufen könnte. Denn wer nicht probiert, wird es nie erfahren. Fehler zu machen
gehört dazu. Man sollte sich solche selber
zugestehen, aber auch eingestehen. So denke und lebe ich. Von nichts kommt nichts.
Wie beurteilen Sie den raschen Wandel im
Marketing von offline zu online und mobile?
Er zeigt, wie schnelllebig und spannend
diese­Branche ist. Vor 15 Jahren hiess es,
dass die Welt bald online gehe. Heute ist sie
es schon längst. Und nun ist Mobile Marketing auf dem Vormarsch, weil effizient,
günstig und mit einer riesigen Wirkung.
Dieser Entwicklung kann sich niemand verschliessen. Wer nicht mitmacht, geht unter.
Entscheidend wird langfristig die Wahl
­eines gesunden Marketingmix sein. Jeder
gewählte Kanal muss sich dabei stets an den
Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren.
Welches sind Ihre grössten Wünsche für das
laufende Jahr?
Frieden auf der Welt. Die zahlreichen internationalen Auseinandersetzungen bereiten
mir zurzeit Sorge. Millionen von Menschen
flüchten. Warum? Der Westen, also auch
wir, haben aus Profitgier über Jahrzehnte
Kriegsmaterial heutigen Krisenländern
­geliefert, ihre Rohstoffe und damit auch Bevölkerungen ausgebeutet. Viele dieser Staaten wurden dadurch auch politisch destabilisiert. Grosse Teile der Bevölkerung sind
nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Diese Geschichte ist beschämend.
Die besten Preise gehören
in eine Vitrine.
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<wm>10CFWLqQ4CQRAFv6gn_XpeX4wk6zYrCH4NQfP_isMhKmWq9n350B_X7bhvtwUFKbMZVcvbh6VnrOw5UrWWwtoUcYGzETXzbxEyvJTntxGFWJ-gsOTjyQDSxuvxfAOLO_xOeQAAAA==</wm>
Die Migros gratuliert den Gewinnern
der Marketing-Trophy 2016.
Ein M besser.
Special markt+verkauf
«BuzzwordBingo ahoi»
Storytelling Die Verantwortlichen der digitalen
Kommunikation von McDonald’s und SBB sagen,
wie ihre Konzerne gute Geschichten erzählen.
Umfrage: Norman C. Bandi
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Thomas Truttmann
VP Marketing, Communications, Public
Affairs & Supply
Chain, McDonald’s
Schweiz, Crissier VD
1.
In meinem kurzen Panel-Beitrag ging
es um den zeitgemässen Einsatz von
Bewegtbild. Ich wollte die Anwesenden
dazu anregen, ihren Ansatz – falls nicht
schon ­getan – zu überdenken: Umfassend,
vom grundsätzlichen Verständnis über
Briefing bis zur Ausführung, und die heuti-
Mit welcher Kurzgeschichte haben Sie das
­Publikum am Marketing-Tag überrascht?
«Die Magie der Story – wie Kunden zu Fans
werden», so der Tagungstitel. Wie geht das?
Storytelling klingt einfach. Doch was machen
wirklich gut erzählte Geschichten aus?
Das Schlagwort der Zukunft ist Storydoing.
Kommt das für Sie noch etwas zu früh?
Mit welcher magischen Geschichte wird Ihr
Konzern uns dieses Jahr noch überraschen?
KMU haben weder Marketing-Millionen noch
Storytelling-Experten. Was raten Sie ihnen?
Sarah Stiefel
Leiterin Digitale
Kommunikation,
SBB Bern
1.
Ganz im Sinne von Storytelling entschied ich mit meinem Digitalkollegen
Aldo Gnocchi, das Referat im Duoformat
und mit Publikumsinteraktion zu halten. Zu
Beginn erzählten wir, wie wir uns digital –
ganz im Zeichen von Digital Influence – kennengelernt haben und wie es dazu kam,
dass wir am Schweizerischen Marketing-Tag
­gemeinsam auf der Bühne standen. In der
­Folge lieferten wir im Dialog Einblicke in
Theorie und SBB-Praxis zum Thema In­
fluencer Marketing und Visual Storytelling.
2.
Das ist ein intensiver Prozess, der bei
den SBB 2012 initiiert wurde. Damals
hat die Konzernleitung entschieden, sich
der Welt der sozialen Medien zu öffnen und
Marketing-Tag
Die Magie der Story zieht das Publikum an
D
er diesjährige Schweizerische Marketing-Tag am 8. März 2016 im KKL
Luzern stand ganz im Zeichen des
Titels «Die Magie der Story – wie Kunden zu
Fans werden». Gemäss OK-Präsident Uwe
Tännler zog dieses Thema so viele Besucher
an wie noch nie. Mit über 1100 Teilnehmern
wurde ein neuer Rekord verzeichnet. Sie
­kamen, um folgende internationale Key­
note-Referenten auf der Bühne zu erleben:­
10
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
• Keith Reinhard, Chairman Emeritus von
DDB Worldwide mit Hauptsitz in New York.
• Ty Montague, Co-Founder und Co-CEO von
Co:Collective sowie Autor («True Story»).
• Hans-Georg Häusel, Experte für Marketing- und Management-Hirnforschung.
• Veit Etzold, Experte für Strategie und
­Wirkung sowie Thrillerautor («Final Cut»).
Sogenannte Kurzgeschichten erzählten
Vertreter von namhaften Schweizer Firmen:
• Aldo Gnocchi, Geschäftsführer der Gnocchi GmbH Digital Marketing.
• Sarah Stiefel, Leiterin Digitale Kommunikation bei den SBB (siehe Artikel oben).
• Thomas Truttmann, Vice President von
McDonald’s Schweiz (siehe Artikel oben).
• Olivier Quillet, Head of Corporate Marketing & Communication von Nestlé Schweiz.
• Patrick Warnking, Country Director von
Klaus Rimnov
Google Schweiz. special markt+verkauf
gen vielfältigen Formen von Bewegtbild in
Betracht ziehend.­Ganz nach dem Motto:
Von «nur TV» zu «und auch TV».
«Gut» und «Böse» wechselnder Spannungsbogen aufgebaut werden kann, umso eindrücklicher.
2.
4.
3.
5.
Wir haben mit unseren 163 Restaurants­
die ideale Bühne, um Geschichten zu
schreiben und erlebbar zu machen. Gerade
dieses unmittelbare Offline-Erlebnis kann
zu so vielem führen – im Guten wie im
Schlechten.
Gute Geschichten sind einfach zu erzählen, emotional, geben den Erzähler
authentisch und persönlich wieder und bieten dem Zuhörer die Möglichkeit zur Identifizierung. Wenn die Geschichte auch noch
einen Antagonisten hat und ein zwischen
Facebook sowie Twitter als KundenserviceDialog-Kanäle zu lancieren. Ab 2013 wurden auch unsere Marketingaktivitäten über
Social Media stetig und gezielt amplifiziert.
2014 war die Zeit reif, den Change-Prozess,
Projektname «Content Heroes – Connecting
the Dots», hin zu einer themenzentrier­ten,
integrierten Digital-Content-Strategie einzuleiten. 2015 wurde der erste übergreifende
Jahresthemenplan für digitale Inhalte ins
Leben gerufen. Seither bespielen wir nicht
mehr Social Media, Newsletter oder Online,
sondern inhaltlich und terminlich koor­
dinierte, kundennahe Themen, die kanal­
spezifisch aufbereitet werden. 2016 sind wir
nun startklar, um unsere Fans und konstruktiven Kritiker zu einem aktiven Part unserer
digitalen Kommunikation zu machen.
3.
Integriertes Storytelling bedeutet viel
Koordination, vor allem in einem Konzern. Die drei elementaren Aspekte einer
guten Geschichte in der digitalen Kommunikation sind: Menschen, Emotionen und
Authentizität. Grundsätzlich ist Storytelling
gar nicht so schwierig, nur trauen sich viele
diese Einfachheit nicht zu, wollen sie nicht
Nein, im Gegenteil. Wer Unternehmenskommunikation schon bis anhin
strategisch, proaktiv und transparent angegangen ist, der hat sich schon im Storydoing
geübt. Ty Montague hat diesen Begriff 2013
in seinem Buch kommerziell clever an sich
gebunden und bis heute geprägt.
Wir werden in den kommenden ein,
zwei Jahren einige Themen zum Leben­
erwecken, die auf den ersten Blick «so nicht
McDonald’s» sind. Dadurch werden wir die
Gastronomie ganz schön aufmischen und
oder suchen zu weit. Ich empfehle hierzu
das Buch «The Cluetrain Manifesto», das
2002 herauskam. Es werden die veränderten
Beziehungen der Menschen­untereinander
und die Beziehung zu Firmen und Märkten
in der digitalen Welt beschrieben.
4.
Moment, ich muss kurz googeln ... Ok,
verstanden: Buzzword-Bingo ahoi!
Storydoing meint also, man soll nicht nur
schöne Geschichten erzählen, sondern damit auch einen Return on Investment (ROI)
generieren. Ja klar, und überhaupt nicht verfrüht, sondern die Grundlage einer effizienten digitalen Kommunikation. Es ist aber
eine Tatsache, dass man integrierte digitale
Kommunikation schrittweise in einer Organisation etablieren muss und sie nicht von
einem Tag auf den anderen den gewünschten ROI erzielt. Ziele und Key Performance
Indicator (KPI) werden übergreifend vom
Konzern gesetzt und von den Geschäfts­
bereichen heruntergebrochen. Die digitale
Kommunikation muss diese Ziele dann
übersetzen, bei uns auf drei digitalen Ebenen: Unternehmenskommunikation, Marketingkommunikation und Kundendialog.
anzeige
Ganz persönlich
für Sie da.
Wir interessieren uns für Sie. Deshalb beraten wir Sie bedürfnisgerecht
und unterbreiten Ihnen ein massgeschneidertes Angebot in einer
der 120 Agenturen, per Telefon 0844 277 277 oder auf www.css.ch.
Ganz persönlich.
schöne Geschichten ermöglichen. Zum Beispiel muss der beste Cappuccino ab dem 23.
März 2016 definitiv nicht mehr teuer und
nur in speziellen Coffee Shops erhältlich
sein: Es wird ihn um jede Ecke geben. Oder
warum sollte Service an den Tisch nicht
auch in einem modernen Selbstbedienungs­
restaurant möglich sein? Wir definieren
Art und Geschwindigkeit des Service neu,
sodass unser Gast mehr Zeit für Genuss hat.
6.
Ich bin weit davon entfernt, KMU
Tipps zu geben. Die machen es heute
schon sehr oft sehr gut und sind häufig
auch agiler als internationale Konzerne –
McDonald’s Schweiz natürlich in aller Bescheidenheit ausgeschlossen ...
5.
Mit magischen Geschichten wohl eher
weniger, das ist nicht unser Ding. Aber
mit authentischen, emotionalen, von Menschen erzählten Geschichten rund um die
SBB ganz bestimmt. Nächstes Rendez-vous
am 21. März 2016, wenn die neue Genera­
tion unsere Dachkampagne live geht ...
6.
Seien Sie selber digital aktiv. Erstellen
Sie Profile auf den gängigen sozialen
Netzwerken und probieren Sie es aus. Wenn
es Ihnen auf einem Kanal unwohl ist, dann
kommunizieren Sie das aktiv. Entdeckungslust wird digital selten bestraft und wenn
doch, dann lernen Sie daraus. Erzählen Sie
Ihre eigene Geschichte authentisch. Wer
sind Sie? Wieso machen Sie, was Sie machen? Worin sind Sie stark? Was ist Ihr USP?
Womit können Sie Ihren Kunden Mehrwert
bieten? Wer sind Ihre Mitarbeitenden? Wie
motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden? Was
beschäftigt Sie? Was machen Sie nebst der
Arbeit? Halten Sie diese Informationen in
einem auf Ihrer Webseite integrierten Blog
fest und kommunizieren Sie die Inhalte
­aktiv über ein, zwei für Sie und Ihre Zielgruppen relevante Social-Media-Kanäle.
special markt+verkauf
Content Marketing
Via das Desaster
zum Happy End
S
torytelling und die digitale Welt.
Geschichten am Lagerfeuer und
riesige Server und Big Data. Passt
das zusammen? Nicht nur das.
Es muss zusammenpassen, da
gerade in der schnelllebigen Welt des Internets, der Smartphones und der sozialen
Netzwerke die Gefahr, übersehen, nicht
­beachtet oder gleich weggeklickt zu werden, noch höher ist als ohnehin schon.
Veit Etzold
Bestsellerautor und
Keynote-Referent
Empfängern an. Potenzielle Kunden, die
«Die Marke ist das, was Leute über dich
dann beim jeweiligen Unternehmen viel­sagen, wenn du nicht im Raum bist», sagt
leicht nicht mehr einkaufen.
Amazon-Chef Jeff Bezoz. Dies zeigt, dass die
Marke nicht allein dem Unternehmen
Storytelling hilft dabei, aus Kunden Fans
­gehört, sondern dass ein Teil der Marke
zu machen. Natürlich kann eine gute Story
oder ­sogar die gesamte Marke nicht nur von nicht ein schlechtes Unternehmen oder
Marketingexperten und Werbeagenturen,
ein schlechtes Produkt in ein gutes verwansondern auch von den Kunden gemacht
deln. Und selbstverständlich ist Storytelling
wird. Letzteres übrigens ohne Absprache
kein Fairytelling. Es geht nicht darum, ein
mit dem Marketingchef. Dies ist schon imschlechtes Produkt mit einer guten Story
mer so gewesen, wird aber
aufzublasen, sondern gute
durch die Social Networks
Produkte mit einer guten
nahezu exponentiell verStory noch besser beim
«Die Marke ist
stärkt. Denn: Was macht ein
­Gegenüber zu platzieren.
das, was Leute
Kunde, der nach mehr als
20 Minuten Warteschleife
Die schlechte Nachricht
über dich sagen,
entnervt aus der Call-Center­dabei ist: Wir tun das noch
wenn du nicht
Hotline aussteigt und richtig
viel zu wenig.
im Raum bist.»
sauer ist? Er postet seinen
Frust auf der Facebook-Site
Die gute Nachricht: Wir
des jeweiligen UnternehMenschen sind geborene
mens. Oder er vergibt eine richtig miese Be- Storyteller. Denn unser Gehirn will Storys
wertung auf einer E-Commerce-Plattform.
und Bilder hören und sehen und keine
langatmigen Datenwüsten. Storys sind die
Das Gesetz der grossen Zahl, das die InterArt und Weise, wie wir uns die Realität ernetwirtschaft bestimmt, gilt hier erst recht:
klären. Storys sichern uns seit JahrtausenWo früher nur ein unzufriedener Kunde
den das Überleben. Dies führt auch heute
etwa mit seinem Kumpel, seiner Frau oder
noch dazu, dass der Türsteher im Gehirn
einem Kollegen gesprochen hat («Was für
Storys hereinlässt, während faktentschwanein Mistladen!»), kommt die Nachricht
gere Powerpoint-Präsentationen draussen
heutzutage bei zigtausend potenziellen
warten müssen.
Gehen wir also 20 000 Jahre zurück in die
Vergangenheit und hören uns eine dieser
Geschichten von einem unserer Vorfahren
an: «Ich, der Held der Geschichte, ging
durch einen dunklen Wald. Ich wollte eines
der Mammuts erlegen, die normalerweise
jenseits der Lichtung in einer Herde grasen.» Das ist der Beginn der Geschichte.
Die Situation.
«Doch dann hörte ich plötzlich das Knurren des Säbelzahntigers hinter mir.» Das ist
der Konflikt, der beginnende Spannungsbogen. Man könnte es auch dramatischer
ausdrücken: Das Desaster. Und spätestens
jetzt sind unsere 20 000 Jahre alten Vorfahren in ihren Höhlen eng zusammengerückt.
Und wollen vom Erzähler wissen: Wie
geht es weiter? Und wie bist du da wieder
­he­rausgekommen?
«Doch dann fiel mir wieder diese grosse
Lichtung ein, wo immer die Mammuts he­
rumlaufen.» Der Held hat eine Idee. Etwas,
was die Handlung ändert, was dafür sorgt,
dass unser Steinzeitmensch nicht gefressen
wird – wurde er ja auch nicht, sonst könnte
er nicht diese Geschichte erzählen. Das ist
der Wendepunkt.
«Und ... ich hatte Glück! Es gelang mir, den
Säbelzahntiger in die Mammutherde hi­
neinzulocken. Er war weg. Und ich konnte
sogar noch ein Mammut erlegen. Und wir
hatten für vier Wochen genug zu essen in
der Höhle.» Das ist das Happy End.
Abgesehen davon, dass unser steinzeit­
licher Ahne seinen Freunden und Verwandten eine unterhaltsame Zeit beschert
hat – Fernsehen, Facebook und Dschungelcamp gab es ja damals noch nicht –, hat }
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
13
Special markt+verkauf
} er ihnen auch eine optimale Heran­
gehensweise an ein Problem – heute würde
man sagen Best Practice – mit auf den Weg
gegeben. Der nächste, der im Wald von
­einem Säbelzahntiger gejagt wird, kommt
dann vielleicht auch sofort auf die Idee mit
den Mammuts und rettet auf diese Weise
auch sein eigenes Leben.
Und wenn Sie ein Steinzeitmensch wären,
dem man in der Steinzeit eine solche Ge­
schichte erzählt: Sie würden doch diesen
Menschen auch gerne auf der Jagd
­dabeihaben, oder nicht? Er hat sich durch
diese Story als hilfreicher Gefährte in einer
feindlichen Welt erwiesen, auf den man
in Zukunft ungern verzichten würde. Und
seine sogenannte Absenderkompetenz für
die Mammutjagd hat er nicht durch irgend­
welche Bullet Points auf einem Lebenslauf
präsentiert, sondern durch
eine packende Geschichte
mit dem Vierklang Situation,
Desaster, Wendepunkt und
Happy End.
Geändert hat sich daran bis
heute nicht viel. Auch die
heutigen modernen Mär­
chen funktionieren nach
­einem ähnlichen Schema.
Der Held macht sich, zu­
nächst widerwillig, auf den
Weg, erlebt Tausende von
Gefahren, die er nur gerade
so eben besteht, und kommt
schliesslich sehr viel stärker
und grösser als vorher zu­
rück in seine alte und be­
kannte Welt.
Gutes Content Marketing stellt den Kunden
als Helden in den Mittelpunkt. Und wenn
der Kunde einen anderen Kunden sieht,
der das gleiche Problem hat
wie er – wir könnten sagen
«vom gleichen Schurken
­bedrängt wird» –, und dann
ebenso sieht, wie dieses
­Problem elegant gelöst
­wurde, dann ist doch die
­naheliegende Reaktion:
«Das will ich auch haben!
Genau das hat mir gefehlt!»
Empfehlungsmarketing via
Storytelling – genau so, wie
jeder den Storyteller aus der
Steinzeit, der den Säbel­
zahntiger ausgetrickst hat,
gerne in seiner Gruppe ge­
«Storytelling
habt hätte.
versucht nicht,
Kunden etwas
in den Kopf
zu drücken.»
Die Steinzeitgeschichte mit
den Mammuts und dem
­Säbelzahntiger ist nicht nur
eine klassische Heldenreise, sondern auch
eine typische Customer Journey. Erfolg­
reiche Unternehmen, die gutes Content
Marketing betreiben, stellen den Kunden in
den Mittelpunkt und erzählen dessen Ge­
schichte. Was ist die Situation des Kunden?
Welche Bedürfnisse hat er und wo will er
hin? Was ist das Desaster? Wie und wie oft
ist er mit anderen Anbietern schon auf die
Nase gefallen? Was konnten ihm die zahl­
reichen Wettbewerber nicht bieten?
Dann der Wendepunkt: Welchen Vorteil
bietet gerade unser Unternehmen? Wie
konnten wir dem Kunden gerade durch
­unseren einzigartigen Ansatz helfen, dass
er perfekt bedient wird? Und wie haben wir
dafür gesorgt, dass der Kunde dann mit den
bestmöglichen Produkten glücklich und
zufrieden das Happy End erlebt?
14
Die scheinbaren Nachteile der digitalen
Welt, die Komplexität, die Menge an Infor­
mationen und die Möglichkeit, innerhalb
von Sekunden zum nächsten Wettbewerber
zu klicken, sind winzig im Vergleich zu den
Vorteilen. Wo, wenn nicht im Internet und
in den sozialen Netzwerken können Sie
Kundenfeedback einholen und erfahren,
wo bei Ihrem Kunden wirklich der Schuh
drückt, wo seine Situation und sein Desas­
ter verortet sind? Und wo, wenn nicht in
Form von Multi-Channel-Marketing über
interaktive Websites und Videos können
Sie zeigen, dass Sie den Wendepunkt für
das Desaster des Kunden parat haben, eine
Lösung und damit ein Happy End?
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Die Struktur Situation,
­Desaster, Wendepunkt und
Happy End ist die Grund­
struktur aller Storys. Mit
­dieser Struktur haben sich
unsere Vorfahren ihre Best
Practices des Überlebens erzählt. Und da­
mit ihr Überleben gesichert. Und darum ist
unser Gehirn, auch wenn wir mittlerweile
nicht mehr in Höhlen, sondern zuneh­
mend im Virtuellen leben, nach wie vor
zu gern bereit, Storys durchzuwinken,
­während faktenschwangere Kommunika­
tion, die nichts mit dem Kunden – dem
Helden der Story – zu tun hat, draussen
warten muss.
Storytelling versucht nicht, dem Kunden
­etwas in den Kopf zu drücken. Storytelling
zieht den Kunden zu sich. Der Kunde hört
eine gute Story zu seinem Produkt. Und
ihm wird klar, dass er genau dieses Produkt
braucht – und kein anderes. Damit werden
Kunden von Kunden zu Fans.
Veit Etzold, Bestsellerautor und Keynote-Referent.
Veit Etzold
Thrillerautor
und Redner
Erfahrung Der 1973 in Bremen
­geborene Veit Etzold ist Bestsellerautor, Keynote-Referent und Unternehmensberater. Er versteht es
­daher, die Techniken einer spannenden Geschichte nahtlos in die
Kommunikation von Individuen
oder Unternehmen zu übertragen.
Nach einer Karriere als Manager in
der Finanzbranche, Unternehmensberatung und in der Management­
ausbildung gelang ihm mit seinem
Thriller «Final Cut» vor vier Jahren
der Durchbruch als einer der besten Thrillerautoren Deutschlands.
Weitere «Spiegel»-Bestseller folgten. Bislang hat Etzold 16 Bücher
in sieben Ländern veröffentlicht,
mit einer Gesamtauflage von mehr
als 300 000 Exemplaren. Etzold
studierte Anglistik, Kunstgeschichte, Medienwissenschaften und
­General Management in Oldenburg,
London und Barcelona. Er lebt und
arbeitet in Berlin.
Vorträge Als Redner fokussiert
­Etzold auf die Themenbereiche
Content Marketing und Storytelling. Vermittelt durch die Agentur
Premium Speakers, referierte er
anlässlich des Schweizerischen
Marketing-Tages am 8. März 2016
im KKL Luzern. Der Vortrag «Digital Storytelling – Content Marketing in den Märkten von morgen»
zeigte, wie Unternehmen im 21.
Jahrhundert durch Storytelling
Strategien erklären und umsetzen,
hochmargige Produkte verkaufen,
sich in der digitalen Welt besser
vermarkten und dadurch insgesamt den Wert ihres Unternehmens
erhöhen.
www.veit-etzold.de
Die rahmenlosen Schiebefenster des Schweizer Herstellers Sky-Frame gehen
schwellenlos in ihre Umgebung über. Innenräume verwandeln sich so zu Aussenräumen und ermöglichen eine einzigartige Wohnatmosphäre. SKY-FRAME.CH
Storytelling
since 1956
Die Filmschauspielerin Ava Gardner (1922–1990) entsteigt aus London kommend
am Flughafen Zürich-Kloten einer Swissair-Maschine. Sie ist auf der Durchreise
nach Mailand. Aufgenommen 1956, dem Gründungsjahr von Swiss Marketing.
(Keystone/Photopress-Archiv/Alphons Biland)
Weiterkommen mit
Talacker 34 · CH-8001 Zürich · Tel. +41 44 914 44 44 · www.swissmarketing.ch
special markt+verkauf
Effizienteres
Controlling
Online-Kampagnen Die Forderung nach mehr Analysetiefe wird
vor allem durch das Erreichen der definierten Zielgruppe forciert.
W
Alexander Horn
ährend das Controlling
von Online-Kampagnen
in der Schweiz heute oft
auf der einfachen Auszählung von Ad Impressions und Clicks basiert, verlangen Marketingverantwortliche bei der Evaluation von
Online-Kampagnen eigentlich schon lange
wesentlich mehr Analysetiefe und Trans­
parenz, um den Erfolg anhand von harten
Fakten zu belegen. Diese Forderung wird
insbesondere aufgrund der Problematik der
schwammigen Anzeigenauslieferung laut,
was für die ganze Branche immer noch eine
grosse Herausforderung ist.
Die Forderung nach mehr Analysetiefe
und Transparenz wird vor allem durch das
Erreichen der definierten Zielgruppe forciert. Für die zielgerichtete Aussteuerung
der Werbemittel stehen dem Werbetreibenden zahlreiche Techniken zur Verfügung,
die jedoch im Wesentlichen auf technischen
Informationen basieren, wie es etwa beim
Event
Analyse-Tool
live erleben
GfK Mit Audience Profiles bietet
GfK ein Tool an, mit dem man in
Echtzeit die soziodemografische
Struktur der erreichten Personen
analysieren kann. Die wichtigsten
KPI der Performance-Leistung
­werden dabei in einem Dashboard
optisch aufbereitet, sodass die
­Online-Kampagne effizient auf
­einen Blick ausgewertet werden
kann. Das Analyse-Tool von GfK
können Interessierte in einer LiveMessevorführung erleben – an der
Swiss Online Marketing am 13. und
14. April 2016 in der Messe Zürich.
Keyword- oder beim Kontext-Targeting der zu diesem Bereich gescrollt hat. Ein anderes
Fall ist. Die gezielte Auslieferung beruht auf Beispiel wäre, dass sich das Werbemittel
der relativ oberflächlichen­Annahme, dass ganz oben auf der Seite befindet und der
Nutzer so schnell nach unten
beispielsweise ein Nutzer auscrollt, dass die Anzeige nur
tomatisch zur potenziellen
für einen Bruchteil einer SeKäuferschicht gezählt wird,
Laut Experten
kunde sichtbar war.
wenn er den N
­ amen des Prowerden bis zu
Doch ab wann gilt eine
dukts in das Feld einer SuchWerbeeinblendung offiziell
maschine eingetippt hat. Was
30 Prozent der
als «viewable»? Gemäss dem
aber nicht ­
immer zwingend
Display Ads gar
amerikanischen Media Rating
der Fall sein muss. Für die
nicht gesehen.
Council (MRC) und dem gloMarke kann es sogar zum
balen Interactive Advertising
Nachteil werden, wenn sich
Bureau (IAB) gilt eine Disein Nutzer zum Beispiel über
den Unfall vom Vortag bei einem Autoren- play-Werbeeinblendung als sichtbar, wenn
nen informieren möchte und plötzlich eine mindestens die Hälfte des Werbemittels für
Werbeanzeige desselben Herstellers auf der eine Sekunde auf dem Screen sichtbar war.
Bei Video Ads gilt die 50/2-Regel, wonach
Website erscheint.
mindestens die Hälfte des Werbemittels für
Wichtig für Werbetreibende ...
zwei Sekunden für den Nutzer sichtbar geDie Verwendung von soziodemografi- wesen sein muss.
schen Variablen ist dagegen wesentlich vielversprechender und kommt auch bereits im ... und wichtig für Mediaplaner
Erfolgt die Abrechnung der Ad Impres­
begrenzten Ausmass zum Einsatz, wie etwa
teilweise beim CRM-Targeting (Customer sions jedoch nicht nach diesen definierten
Relationship Management), das auf Infor- Regeln, wird für einen nicht unerheblichen
mationen in einer vorhandenen Kunden­ Teil der ausgelieferten Werbemittel bezahlt,
datenbank zurückgreift. Die dynamischsten obwohl diese nachweislich nicht auf dem
und innovativsten Targeting-Ansätze dürfte Bildschirm der Nutzer zu sehen waren.
man derzeit bei Facebook finden, die auf- ­Somit ist es nur nachvollziehbar, dass die
grund ihrer Sammelleidenschaft für perso- Werbetreibenden auf die Einführung dieser
nenbezogene Daten die grössten Fortschrit- Metrik drängen, damit die Abrechnung der
te verzeichnen. Auch wenn Facebook bei Online-Kampagne nach einem standardidiesem Thema die Nase anscheinend vorn sierten Qualitätskriterium erfolgt.
Darüber hinaus spielt die Kennzahl der
hat, findet man keine Zahlen darüber, wie
oft und vor allem wie lange die Werbemittel Sichtbarkeit und der durchschnittlichen
Dauer von ausgelieferten Anzeigen nicht
bei Facebook sichtbar waren.
Dabei ist die Sichtbarkeit einer Anzeige nur bei Marketingverantwortlichen eine
einer der zentralen Key Performance Indi- Rolle, wenn es um den Erfolg von Brandingcator (KPI) beim Controlling von Online- Kampagnen geht, sondern auch bei den
Kampagnen. So schätzen beispielsweise Mediaplanern, die die gemessenen KennMarketingexperten, dass bis zu 30 Prozent zahlen der eingesetzten Werbemittel zur
der ausgelieferten Display Ads erst gar nicht Beurteilung der Mediaqualität einer Per­
gesehen werden. Dies kann eine grosse formance-Kampagne verwenden, um den
­Anzahl von Ursachen haben: So wird etwa resultierenden Werbeerfolg zu beurteilen.
ein ausgeliefertes Werbemittel, das sich
­weiter unten – «below the fold» – befindet, Alexander Horn, Research Consultant Digital Market
nicht vom Nutzer gesehen, weil er nicht bis Intelligence, GfK Switzerland, Hergiswil NW.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
17
Special markt+verkauf
Sebastian Maiss Der Chief Sales & Marketing Officer des KKL Luzern über
das Storytelling einer Eventlocation und sein Projekt «Getting-to-Wow».
mit Schlüsselkunden wie dem Schweizerischen Marketing-Tag laufend weiterentwickelt, um gemeinsam mehr Erfolg zu erzielen.
Interview: Norman C. Bandi
Der Marketing-Tag am 8. März 2016 bei
­Ihnen im Haus stand unter dem Titel
«Die Magie der Story – wie Kunden zu
Fans ­werden». Was unternimmt das
KKL Luzern diesbezüglich?
Sebastian Maiss: Basierend auf unserem
Projekt mit dem Titel «Getting-to-Wow – mit
­exzellenter Erlebnisqualität zur Kundenund Gästebegeisterung» wurde ein Leit­
faden für alle Mitarbeitenden im Kundenund Gästekontakt entwickelt. Hierdurch
wird gewährleistet, dass das gesamte Haus
sich systematisch mit den Interaktionen der
Kunden und Gäste auseinandersetzen kann
und alle Voraussetzungen schafft, um für sie
einmalige Erlebnisse zu kreieren und das
Ziel «Kunden und Gäste werden zu Fans»
sicherzustellen.
Wie heben Sie sich von der Konkurrenz ab?
Das KKL Luzern – wie auch andere Kongresszentren – befindet sich in einem
­umkämpften nationalen und internationalen Marktumfeld. Unser Geschäftsmodell,
basierend auf den drei Pfeilern Kultur,
­Kongress und Kulinarik, macht die Einzig­
artigkeit und damit den Erfolg des Hauses
als solches aus. Die verschiedenen KKL-­
Abteilungen sorgen für eine individuelle
und stra­tegisch auf den Kunden zugeschnittene B
­etreuung. Zwar wurde uns früh
­bewusst, dass wir in unserem qualitäts­
orientierten Marktumfeld heute eine hohe
Dienstleistungsqualität gewährleisten und
unsere Kunden und Gäste mehrheitlich
­zufriedenstellen, aber damit sie zu Fans
werden, b
­ edurfte es mehr, als unsere Anspruchsgruppen bloss zufriedenzustellen.
Doch ehe Kunden und Gäste zu
Fans ­werden, muss man sie gewinnen.
Wie ­überzeugt das KKL Luzern?
Die Qualität und der Erfolg eines Anlasses
beginnen bereits bei der Akquise. Das KKL
Luzern ist auf den bekanntesten Fachmessen­
18
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Der Event-Marketeer
Name: Sebastian Maiss
Funktion: Chief Sales & Marketing
Officer (CSMO) und Mitglied der
Geschäftsleitung des KKL Luzern
Alter: 38
Wohnort: Zürich
Zivilstand: Ledig
Ausbildung: Hotelkaufmann
Das Unternehmen Das 2000
­offiziell eröffnete KKL (Kulturund Kongress­zentrum ­Luzern)
ist ein multi­funktionaler Bau für
Veranstaltungen aller Art mit
­einem Konzertsaal, der für seine
hochkarätige Akustik g
­ eschätzt
wird – gebaut nach den Plänen
des Architekten Jean Nouvel.
zu Gast sowie im permanenten Austausch
mit Branchenexperten und Fach­gremien.
Im Kongressbereich kann sich das KKL Luzern immer stärker als Full-Service-Anbieter für Veranstalter etablieren. Gleichzeitig
werden die langjährigen Partnerschaften
Konkret?
Mit System zur Kunden- und Gästebegeisterung und dadurch zu Fans zu gelangen, ist
unser Anspruch. Dabei sollen gelungene Erlebnisse den Kunden oder den Gast an allen
Kontaktpunkten im KKL Luzern involvieren
und sind daher ganzheitlich, emotional und
erinnerungswürdig aufzugleisen. Die Voraussetzungen dürfen für diese Involvierung
nicht nur als kreative Ideen oder emotionale
Kommunikationsbotschaften geschaffen
werden, sondern eine konsistente Planung
und Umsetzung über alle Kontaktpunkte
im KKL Luzern hinweg muss gewährleistet
sein. Das Projekt «Getting-to-Wow» dient
hierbei als Leit­faden beziehungsweise Handbuch bei der Inszenierung, Realisierung
und Messung von erinnerungswürdigen
Kunden-Gäste-Erlebnissen.
Mit welchem Sales-Fokus erreichen Sie
mehr Anlässe und Besucher?
Im Konferenzbereich fokussiert das KKL
­Luzern auf Grossanlässe, die die Wertschöpfung für das Haus und die Region steigern.
Zugleich haben wir aber auch eine MeetingPauschale in unseren Räumlichkeiten lanciert, um an neue Firmen zu gelangen, die
wir dann zu Stammkunden aufbauen möchten. Im kulturellen Bereich erfreuen sich
die Eigen- und Koproduktionen wie «Film,
­Music & Dinner», «KKL Impuls» und «KKL
Orgelklänge» einer grossen Beliebtheit. Mit
qualitativ hochstehenden Formaten und
immer neuen Food-and-Beverage-Angeboten, kurz F&B, konnten die Besucherzahlen
wiederholt gesteigert werden.
Mit dem Siegeszug von Content-Marketing
und Social Media rückt Storytelling
ins ­Zentrum. Auf welchen Kanälen spielen
Sie Ihre Marketing-Botschaft und
mit ­welchen Mitteln und Inhalten?
zvg
«Kunden und Gäste
werden zu Fans»
special markt+verkauf
KKL Luzern: Das Haus besteht aus drei Gebäudeteilen, die unter einer imposanten, 113 mal 107 Meter grossen Dachkonstruktion vereint sind.
Das wichtige Mittel ist unsere Website.
­Sowohl im Kongressbereich als auch im
Konzertbereich verzeichnen wir online die
höchsten Nutzerzahlen. Unterstützend sind
wir zudem auf sämtlichen beliebten SocialMedia-Kanälen und Bewertungsplattformen­
aktiv: Facebook, Twitter, Instagram, You­
Tube, Google+ sowie Trip-Advisor. Auch
­unsere 360-Grad-Tour und unser ImageFilm auf der Website sind wichtige Vermittler des einzigartigen KKL-Erlebnisses.
Können Sie den Ausbau beziehungsweise
Fokus Ihrer Online-­Präsenz auch anhand
konkreter Wachstumszahlen belegen?
Im Ticketing-Bereich haben wir in einem
sehr umkämpften Marktumfeld in den vergangenen zwei Jahren Marktanteile dazugewonnen. Unsere Wachstumszahlen sind im
zweistelligen Prozentbereich und nehmen
stetig zu. Wir verkaufen inzwischen fast die
Hälfte aller Eintrittskarten für das KKL
­Luzern online. Für Konzertveranstalter wer-
den die Ticketing- und Marketing-Angebote
immer entscheidender.
Inwiefern?
Hier haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und profitieren heute von einer FullResponsive-Lösung, die nachweislich sehr
gute Eintrittskartenverkäufe mit sich bringt.
«Die Qualität und der
Erfolg eines Anlasses
beginnen bereits
bei der Akquise.»
Wir haben unsere E-Commerce-Plattform
konsequent auf Tempo und Usability für
sämtliche Devices und Browser ausgerichtet. Man kann heute zum Besipiel mit seinem Mobiltelefon sitzplatzgenau ein Ticket
barrierefrei bestellen. In den Social-MediaKanälen verzeichnen wir ein kontinuier­
liches Wachstum.
Welche Rolle spielt das?
Für uns zählt hier mehr die Interaktion mit
Kunden als nur die Zahlen, zum Beispiel bei
attraktiven Wettbewerben.
Vor zwei Jahren hat das KKL Luzern die
Marketing-Trophy 2014 in der Kategorie
Mittelunternehmen für die vorweih­nächt­
liche Veranstaltungsreihe «A Pirate’s
­Symphony» gewonnen. Was planen Sie
­dieses Jahr Neues?
Der grosse Erfolg dieses Formats konnte
letztes Jahr mit «Indiana Jones» erfolgreich
fortgesetzt werden. Wir sind mit unseren
Partnern momentan in der Planung für die
Weiterführung dieser Veranstaltungsreihe –
und freuen uns auf ein neues Highlight. Was
dies sein wird, können wir an dieser Stelle
noch nicht verraten ...
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Nächste HSG-Weiterbildungen für Professionals in Marketing, Kommunikation und Verkauf:
CAS Kommunikation und Management (20 Tage, Start: August 2016, erweiterbar zum DAS Marketing Executive)
CAS Verkaufsmanagement (18 Tage, Start: September 2016, erweiterbar zum DAS Vertriebsleiter)
Intensivseminare Business-to-Business Marketing und Verkauf (25. – 29. April 2016) und Excellence im
Key Account Management (9 Tage, Start: September 2016) – beide erweiterbar zum CAS Marketing- und
Kundenmanagement im Business-to-Business Geschäft
Special markt+verkauf
Die Logik wird verändert
Social Media Digitale Kanäle bergen einen Kontrollverlust für Firmen. Gleichzeitig
­bieten sie das Potenzial, sich gegenüber Kunden und Konkurrenten zu behaupten.
D
Johannes J. Schraner
ie Feststellungen haben es in
sich: «Die zunehmende Di­
gitalisierung aller Branchen
­verändert ihre Logik und ver­
ändert Wertschöpfungsketten
sowie Geschäftsmodelle. Social Media und
Netzwerkeffekte sind meist elementare
Treiber neuer Geschäftsmodelle», erklärt
Christian Trottmann von Argus, einem
­bekannten Schweizer Anbieter von Media
­Monitoring, Media Intelligence und Media
Analysis. Social Media zwinge Unterneh­
men, sich zu verändern und bestehende
­Abläufe aufzubrechen.
Einen interessanten Case liefert jeweils
die Luxusgütermesse «BaselWorld» Mitte
März. 2015 analysierte Argus sämtliche
­Social-Media-Bewegungen von insgesamt
35 Marken während der acht Messetage. Ge­
samthaft sind während einer Woche rund
67 000 Meldungen zum Suchbegriff «Basel­
World» abgefangen worden. Dabei waren
Twitter, Instagram und Tumblr die am meis­
ten genutzten Social-Media-Kanäle. In 34
Prozent der Meldungen ist gemäss ArgusAnalyse eine Uhrenmarke oder mehrere
genannt worden. Am meisten erwähnt
­
­wurden Rolex, TAG Heuer und Omega.
«BaselWorld»-Case belegt Zurückhaltung
Obwohl grosse Marken häufig erwähnt
worden seien, sei die Präsenz der Unterneh­
men auf diesen Kanälen selbst nach einem
Jahr noch verhalten, stellt Argus in seiner
Case-Analyse weiter fest. «Die Adaption von
Social Media schreitet in der Uhrenbranche
relativ langsam voran», sagt Trottmann. Es
könne vermutet werden, dass viele Uhren­
Argus der Presse
hersteller beziehungsweise Uhrenmarken Positionierung im Wettbewerbsumfeld ge­
diesen Kommunikationskanälen noch mit zogen werden. Dies wiederum schaffe hin­
Vorsicht begegneten, da insbesondere in sichtlich der Strategie – unter anderem in
der Luxusgüterindustrie dem Image ein der Unternehmenskommunikation – einen
besonders hoher Stellenwert zukomme. entscheidenden Marktvorteil.
­
Deshalb liege das Hauptaugenmerk bisher
Der Bewertung eines Produkts oder einer
auf den klassischen Medienkanälen wie Dienstleistung durch einen User bezie­
Print, TV, Radio und Online. «Die Dynamik hungsweise einen Kunden werde aufgrund
und Eigenheiten der verschiedenen Social- ihrer Authentizität eine sehr hohe Glaub­
Media-Kanäle aber verlangen einen kom­ würdigkeit beigemessen. Dadurch hätten
plett anderen Ansatz», ergänzt Trottmann sie einen direkten Einfluss auf die Marken­
(siehe Kasten auf Seite 21).
wahrnehmung und das Kaufverhalten der
Durch die sozialen Medien hätten sich Personen. «Daher ist die Reputationsrele­
die Dynamik und die Kom­plexität der Kom­ vanz von Social Media sehr hoch», fasst
munikation ­
gewaltig erhöht. «Das geht Trottmann abschliessend zusammen.
gleichzeitig mit einem starken
Eine Einordnung dieser
Kontrollverlust seitens der Un­
Aussage nimmt die jährliche
ternehmen einher», folgert der
«Bernet ZHAW Studie Social
Die User haben
Spezialist Trottmann. Ohne
Media Schweiz» vor. Die Un­
online direkten
den Aufbau einer professionel­
tersuchung vom Februar 2016
len Medienbeobachtung kön­
der Kommunikationsagentur
Einfluss auf die
ne ein Unternehmen dieser
Bernet und der Zürcher
Wahrnehmung
Datenflut nicht mehr Herr
­Hochschule für Angewandte
eines Brands.
werden. Der Kreis relevanter
Wissenschaften (ZHAW) bil­
Anspruchsgruppen sowie In­
det die gegenwärtige Socialfluencer, die im Rahmen der
Media-Befindlichkeit von 51
Kommunikation einbezogen werden soll­ ­Unternehmen (davon 14 börsenkotiert), 26
ten, habe sich extrem vergrössert. Es sei des­ Behörden und Verbänden sowie 13 Nonsationen (NPO) ab. «Socialhalb für ein Unternehmen zentral, objekti­ Profit-Organi­
ve, professionelle und kanalübergreifende Media-­Kanäle werden am stärksten für die
Analysen über diskutierte Themen und rele­ Markenführung und für Kampagnen genutzt.
Nur wenige Befragte sehen darin eine gute In­
vante Influencer zu erstellen.
«Der Mehrwert einer Reputationsana­ tegration von Rekrutierung, Service, interner
lyse besteht für Unternehmen darin, dass Kommunikation oder Verkauf», fassen die
hier das ungefilterte Feedback der Kunden Autoren ein wichtiges Ergebnis zusammen.
Die Befragten strebten mit Social Media
zu Produkten und Marken eruiert und abge­
bildet werden kann», meint Trottmann. Aus vor allem eine erhöhte Sichtbarkeit, eine
einer Analyse der Aktivitäten und Erwäh­ bessere Reputation, eine grössere Reichweite
nungen der Konkurrenten könnten auch und mehr Traffic auf der eigenen Website an.
wesentliche Erkenntnisse in Bezug auf die Deutlich weniger wollen damit Ziele in der
Medienarbeit, bei den Suchmaschinen oder
im Verkauf erreichen, bestätigt die Untersu­
chung mindestens teilweise die Aussagen
von Argus-Mann Trottmann.
120-jähriger Informationslieferant
Unternehmen Argus steht seit 1896 im
Dienst einer unabhängigen, wertfreien
­Informationssuche und Informationsvermittlung. Das Unternehmen mit Sitz in
Zürich ist in der Schweiz ein Marktleader
im Bereich Media Monitoring, Media Intelligence sowie Media Analysis. 160 Angestellte suchen für über 3000 Kunden in
20
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Print, Radio, TV, Online, Social Media und
Nachrichtenagenturen nach relevanten
Informationen in den acht Themenfeldern
Wissenschaft, Politik, Recht, Kultur, Tourismus, Sport, Bildung und Religion. Die
Daten werden zuerst verdichtet und danach auf der All-in-one-Plattform Argusavenue zu Media Intelligence verarbeitet.
Unternehmen messen – aber nicht gut
Das Bewusstsein für Online-Monitoring
und für die Evaluation bezüglich Wirksam­
keit von Social Media habe deutlich zuge­
nommen, schreiben die Autoren der Studie
weiter. Rund 90 Prozent aller befragten Un­
ternehmen und Organisationen betrieben
Monitoring und beurteilten die Wirksam­
keit. Die Messungen seien allerdings immer
special markt+verkauf
Tipps
Georgios kefalas/keystone
Schöne neue
Medienwelt
Um Chancen im Umfeld von Social
Media zu erkennen und Actionable
Insights zu generieren, muss eine
Firma in drei Schritten vorgehen:
«BaselWorld»: Die Weltmesse für Uhren findet das nächste Mal vom 17. bis 24. März 2016 statt.
noch sehr quantitativ. Es würden vor allem
die Anzahl Follower und Likes wie auch die
Besucherzahlen im Web verfolgt sowie der
Anteil an Berichten in Social Media.
Interessant sind auch die festgestellten
Veränderungen in der Rangliste der meist­
genutzten Plattformen. Gemäss aktueller
­Untersuchung hat YouTube zu Facebook
aufgeschlossen: Je 87 Prozent aller Befrag­
ten nutzen die beiden Plattformen regel­
mässig. Twitter liegt mit 12 Prozent deutlich
dahinter, gefolgt von den punktgleichen
Business-Plattformen LinkedIn und Xing.
Blogs haben sich mit 44 Prozent wieder drei
Positionen nach vorne gearbeitet. Ebenfalls
positiv entwickelt hat sich die Fotoplattform
Instagram. Noch wenig genutzt werden
­offenbar neuere Angebote wie Pinterest,
Snapchat und Vine oder Live-StreamingDienste wie Periscope.
} Schritt 1 Verfolgen und Analysie­
ren der Diskussionen auf den ver­
schiedenen digitalen Plattformen.
«Fast neun von zehn Schweizer Unter­
nehmen, Behörden und Non-Profit-Organi­
sationen sind in Social Media präsent»,
heisst ein weiteres Ergebnis der Studie. Die
Unterschiede zwischen den verschiedenen
Typen hätten sich deutlich reduziert. So
­seien sämtliche befragten Grossfirmen im
Social Web aktiv, ebenso wie sämtliche
NPO. Auch 89 Prozent aller Verwaltungen
und Behörden sind auf den digitalen Kanä­
len sichtbar.
Am meisten Aufwand werde für die Er­
stellung von Inhalten betrieben. Die Dialog­
pflege folge mit Abstand. Etwas mehr als die
Hälfte der Befragten vergibt die entsprechen­
den Aufträge extern, tendenziell an spezia­
lisierte Agenturen. Am meisten nachgefragt
werde dabei technische Unterstützung, mit
deutlich weniger Anteilen folgten Strategie,
Inserate und Inhaltserstellung.
} Schritt 2 Danach gilt es, durch
entsprechende Verdichtung und
Visualisierung der Daten relevante
Erkenntnisse in Bezug auf die Un­
ternehmensziele zu identifizieren.
} Schritt 3 Um diese Erkenntnisse
zu nutzen, besteht die zentrale
­Herausforderung darin, sie den
­jeweiligen Abteilungen mit Ent­
scheidungsbefugnis verfügbar
zu machen. So werden aus den
­Erkenntnissen Actionable Insights
zur Verbesserung der Produkte,
Dienstleistungen und Kommuni­
kationsmassnahmen einer Firma.
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Nicht nur die
Likes zählen
Studie Schweizer B2B-Firmen nutzen Social Media für
Reichweite und Image – die Crux liegt in der Effizienz.
D
technologie, im Baugewerbe, im Detail­
handel oder im Pharmabereich tätig. In
ie Mehrheit der Schweizer ­Zusammenarbeit mit Switzerland Global
KMU nutzt Social-Media-­ Enter­prise (S-GE) wurden deren export­
Kanäle, um damit Reichweite orientierte­Mitglieder (rund zwei Drittel)
zu erzielen und das Image im und Kommunikationsverantwortliche der
Kontext Business-to-Business MAS-Alumni aus der Weiterbildung am
(B2B) zu stärken – aber ihre Geschäftspro- IKM (rund ein Drittel) befragt.
zesse können sie noch nicht effizient gestalten. Die Unternehmen kennen das Potenzial­ Erst Facebook und YouTube entdeckt
Wie schon bei der ersten Welle (siehe
der Sozialen Medien und sind offener sowie
mutiger geworden. Nichtsdestotrotz ist «Handelszeitung» vom 26. November 2015)
­deren Umsetzung optimierungsbedürftig, aus B2B-Kundenperspektive werden auch
insbesondere im Bereich Controlling. Des- von Unternehmensseite Website und Newshalb gelingt es vielen KMU vielleicht nicht, letter als die am häufigsten genutzten
Online-Kanäle angegeben. In Bezug auf
mit Social Media Leads zu generieren und ­
­Social Media haben die Befragten allerdings
die Conversion zu steigern.
Dies zeigt die zweite Welle der am Insti- eine grössere Erfahrung, wenn es um die
tut für Kommunikation und Marketing Verwendung von Facebook, YouTube und
(IKM) der Hochschule Luzern – Wirtschaft LinkedIn geht. Mehr als 50 Prozent der
(HSLU-W) durchgeführten Online-Befra- ­befragten KMU nutzen Twitter und Xing
gung «Social Media & B2B» im Februar 2016. ­beziehungsweise haben eine Nutzung vorDas Sample umfasst 99 Personen aus dem gesehen. Bei etwa einem Fünftel steht die
oberen und mittleren Management. Alle Entscheidung für oder gegen einen zukünfteilnehmenden Unternehmen nutzen So­ tigen Einsatz von Social-Media-Tools noch
cial-Media-Kanäle in ihrer Kommunika­ aus (siehe Grafik oben).
Präziser formuliert heisst das, dass, auch
tion. Diese sind zu einem grossen Anteil als
KMU und Grossbetriebe in der Maschinen- wenn Wikis, Communities, Instagram und
und Metallindustrie, im Dienstleistungs- Blogs aktuell eher wenig bis moderat eingeund ­Finanzsektor sowie in der Computer- setzt werden, ist doch hier ein erheblicher
IKM HSLU-W
Projekt zu «Social Media & B2B»
Partner Durchgeführt und ausgewertet
wurden beide Teilerhebungen zu «Social
Media & B2B» vom Institut für Kommunikation und Marketing (IKM) an der Hochschule Luzern – Wirtschaft (HSLU-W).
Das Forschungsteam besteht aus Anja
Janoschka (Projektleiterin), Matthes
Fleck (stellvertretende Projektleitung),
Brigitte Gasser und Samuel Kirchhof.
­Unterstützt wird das Projekt von Agence
Trio AG, Bernexpo Group, Hinte Messe,
22
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
SBB Cargo, Schärer & Schläpfer AG,
SWA – Schweizer Werbeauftraggeber
Verband, Swisscom und 4B Fenster.
Hauptsponsor der Studie ist die Kom­
mission für Technologie und Innovation
(KTI), die Förderagentur für Innovation
des Bundes. Die Exportförderin Switzerland Global Enterprise (S-GE) begleitet
die Studie seit der zweiten Umfrage.
blog.hslu.ch/b2b-social-media
fotolia
Anja Janoschka und Matthes Fleck
Anteil von jeweils rund 20 Prozent in der
Entscheidungsphase, dies zu ändern. Das
Ergebnis ist zwar offen, einen Stimmungswandel kann dies aber aufzeigen.
In diesem Zusammenhang wurde auch
nach der Relevanz der eingesetzten Instrumente im Hinblick auf die Zielerreichung in
Marketing und Vertrieb gefragt. Setzen
Unternehmen Facebook, YouTube und
­
­LinkedIn ein, dann sind sie vom Erfolg überzeugt. Diese Erfolgsindikatoren kann man
auch bei Wikis und Communities erkennen.
Selbst wenn deren Einsatz noch verhältnismässig gering ist, so schätzen die Befragten
deren Bedeutsamkeit bezüglich der Erreichung der Marketing- und Vertriebsziele
trotzdem als sehr hoch ein.
Verschenktes Potenzial, wenig Budget
Unternehmen setzen nämlich SocialMedia-Instrumente immer vernetzter mit
anderen Kommunikationsträgern ein. Geht
man von der starken, vielfach favorisierten
und gelernten Nutzung von Newsletter und
Website aus, dann ist deren hoher Vernetzungsgrad von annähernd 70 Prozent plausibel. Auch gedruckte Werbemittel sind
mittlerweile mit Social-Media-Kanälen in
der Kommunikation gut kombiniert. Lediglich Radio und TV mangelt es an mediumübergreifenden Verknüpfungen – vielleicht
spielt die Parallelnutzung von TV und Mo­
bile in Form von Second-Screen-Botschaften eine untergeordnete Rolle im B2B, da
auch reine TV-Werbung im B2B eher sekundär ist. Dennoch könnte sich dies in Zukunft
ändern, wenn die Grenze zwischen privater
und beruflicher Nutzung der Sozialen Me­
dien immer mehr verschwindet.
72,2 Prozent der Befragten überprüfen
Interaktionskennzahlen, allerdings bezieht
Communities und Wikis im Hintertreffen
Kanalnutzung der 99 befragten Unternehmen (in Prozent)
Facebook 75,3
YouTube 73,7
Google+ 43,4
LinkedIn 63,7
Blogs 40,7
Instagram 26,4
Xing 52,7
Twitter 51,6
Communities 20,8
Wikis 19,0
Pinterest 9,2
Wenig Kenntnis zu wichtigen Kennzahlen
Erfolgsmessung der 99 befragten Unternehmen (in Prozent)
Interaktion*
Clicks (Cost per Click)
Leads/Conversion
Impressions (Cost per Mile)
Weiss nicht
Keine
72,2
50,5
41,2
30,9
9,3
6,2
*likes, shares, comments, retweets ETC.
sich dieses Controlling lediglich auf Likes,
Shares oder Retweets – also auf Kennzahlen,
die ohne grossen (finanziellen) Aufwand
über die Tools direkt gemessen werden können. Ebenso relativ einfach zu erhebende
Kennzahlen wie Cost per Click, beispielsweise für bezahlten Content oder für Werbung bei Facebook, werden lediglich von
der Hälfte der Befragten erhoben (siehe
Grafik oben).
Ein erfolgreicher Einsatz von
Social Media hängt von vielen
Faktoren ab – neben dem
­Storytelling auch vom Budget.
Erstaunlich scheint es, dass von denjenigen, die Leads und Conversion anstreben, lediglich 41,2 Prozent die Kennzahlen
auch messen. Oder umgekehrt ausgedrückt, dass sich fast 60 Prozent der Unternehmen im Blindflug befinden oder intuitiv handeln beim Beurteilen dessen, was
sie tun. Dies würde erklären, warum die
Befragten Social Media für ihre Geschäftsprozesse noch nicht erfolgreich einsetzen
können. Wenn sechs von zehn Firmen die
Wirkung der eingesetzten Tools nicht überprüfen, wie können sie dann einschätzen,
wie Social Media gewinnbringend genutzt
werden kann? Quantität ist weniger aussagekräftig als eine qualitätsorientierte Messung, etwa kombinierte Kennzahlen oder
Herkunft der Leads.
Ebenfalls in Bezug auf das eingesetzte
Social-Media-Budget trennt sich die Spreu
vom Weizen. Das für die Kommunikation
zur Verfügung stehende Marketingbudget
ist bei der Mehrheit der Firmen vergleichsweise gering bemessen, sowohl am Gesamtbudget als auch am digitalen Budget: 49
­beziehungsweise 59 von 99 Unternehmen
investieren nur bis zu 15 Prozent des
­Gesamt- und digitalen Budgets in Social
Media. Dies könnte auch erklären, warum
die Effizienz von Social Media nicht besonders detailliert gemessen wird. Zusätzlich
muss hier berücksichtigt werden, dass das
Budget stark vom Paid-Anteil getrieben ist,
das heisst, eine Website ist im Vergleich zur
Printanzeige mitunter wesentlich günstiger.
Lediglich zehn Firmen wenden 45 Prozent und mehr ihres Budgets für Soziale
­Medien auf. Interessanterweise beurteilen
sich Unternehmen mit hohem Budget auch
als kompetenter darin, via Social Media
­Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten
oder neue Erlöse zu generieren als Firmen
mit vergleichsweise niedrigem Budget.
Es findet langsam ein Umdenken statt
Selbst wenn sich die Schweizer Unternehmen nicht als Vorreiter der digitalen
Transformation sehen und Social Media
noch vermehrt aus Opportunitätsgründen
und daher weniger strategisch eingesetzt
wird, so findet doch ein Umdenken statt, das
sich bei vielen Firmen konkret in Zielgrös­
sen wie Reichweite und Image auswirkt.
Die unterschiedlichen Reifegrade der
Unternehmen spiegeln sich hier genauso
wider wie die Gewichtung beziehungsweise
die Rolle von Social Media innerhalb des
Gesamt- und digitalen Budgets. Damit wird
­Social Media zunächst als billiges, zeitsparendes Reichweiten-Tool verwendet, komplexe Anwendungen mit Auswirkung auf
­Erlöse sind eher selten.
quelle: ikm hslu-w
Inwiefern bei den Kommunikations­
verantwortlichen kein Messbewusstsein
vorhanden ist oder ob es an einem mangelnden Know-how einer aussagekräftigen
Messung liegt, ist unklar. Vielleicht ist indes
bei einigen Unternehmen Social Media
doch (noch) zu unbedeutend oder aber
man befindet sich bewusst in der Trial-andError-Phase. Das Potenzial, Geschäftsprozesse damit effizient zu beeinflussen, geht
dabei auf jeden Fall verloren.
Toolbox für KMU als Fortsetzungsziel
Ein erfolgreicher Einsatz von Social Media hängt von vielen Faktoren ab: Erfahrung
und Know-how, Art der Marketing- und
Vertriebsziele, Grösse des Unternehmens
und der Kommunikationsabteilung, Budget, Wahl und Vernetzung der Kanäle, Content und Storytelling und so weiter. Dies
geht oftmals einher mit einem Change-­
Prozess, bei dem zum Beispiel interne und
­externe Sensibilisierung und Commitment,
personelle und finanzielle Ressourcen,
­Bestimmungen von Verantwortlichkeiten,
Mitarbeiterschulungen, Umsetzung sowie
Controlling eine Rolle spielen.
In einem nächsten Schritt wird das «Social Media & B2B»-Team am IKM auf Basis
der beiden Studien und zusammen mit den
Forschungspartnern eine Toolbox entwickeln, die Unternehmen einen praktischen,
zielabhängigen Step-by-Step-Leitfaden zur
Entwicklung einer Social-Media-Strategie
und vor allem deren Umsetzung bietet.
Anja Janoschka, Leiterin Studienrichtung Kommu­
nikation & Marketing, Dozentin, und Matthes Fleck,
Leiter Major Online Business & Marketing, Dozent,
­Institut für Kommunikation und Marketing (IKM),
Hochschule Luzern – Wirtschaft (HSLU-W), Luzern.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
23
Special markt+verkauf
Guter Rat ist wertvoll
Škoda Trotz Frankenschock und Budgetreduktion mehr Fahrzeuge verkauft.
S
Christoph Spengler und Isabel Imper
koda ist hierzulande eine Erfolgsgeschichte. In den vergangenen
Jahren baute die tschechische
Traditionsmarke den Marktanteil
konstant aus. 2015 erreichte die
Volkswagen-Tochter den 5. Platz in der natio­
nalen Verkaufsrangliste. Mit dem Octavia
Combi hievte sich Škoda in die Hitparade
der beliebtesten Autos von Herrn und Frau
Schweizer – als meistverkaufter Kombi,
zweitmeistverkaufter Personenwagen,
meistverkauftes Allradfahrzeug und meistverkauftes Dieselfahrzeug. Zudem wurde
Škoda vor kurzem zum 14. Mal von der
Fachzeitschrift «Auto-Illustrierte» mit dem
«besten Preis-Leistungs-Verhältnis» in der
Schweiz ausgezeichnet.
Um den Erfolgskurs weiter zu beschleunigen, beauftragte die Škoda-Importeurin
Amag das Research- und Beratungsunternehmen Accelerom mit der Durchführung
einer 360-Grad-Touchpoint-Analyse. Unter
anderem standen folgende Fragen und
­Optimierungsziele in der Marktkommunikation (MarCom) sowie im Vertriebs- und
Händlernetzwerk im Fokus:
• Ist Škoda mit dem Offline- und Online-­
Media-Mix zielgruppennah unterwegs?
• Sind diesbezüglich die MarCom-Budgets
crossmedial optimal alloziert (zugeteilt)?
• Welche Touchpoints des Vertriebs und
Handels sind im Kaufprozess der Neu- und
Bestandskunden wirklich relevant, um die
Neukundengewinnung weiter zu stärken
und die Kundenzufriedenheit beziehungsweise Loyalisierung zu erhöhen?
• Daraus abgeleitet: Massnahmen für Mit­
arbeitertraining und Services.
Unerwartete neue Ausgangslage
Kurz nach dem Projektstart erhielt das
Thema effiziente Budgetallokation für die
Amag höchste Wichtigkeit. Durch die überraschende Aufhebung des Euro-Mindestkurses am 15. Januar 2015 kam es zu e­ iner
Aufwertung des Frankens um knapp 15 Prozent, was bei importierenden Unternehmen
in der Schweiz substanzielle Anpassungen
respektive Budgetkürzungen über Nacht zur
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Warum auf ein
Drittel verzichten?
Genauso eingeschränkt wäre eine nationale
Kampagne ohne die Südostschweiz Gesamtausgabe.
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Frankenaufwertung
um 15 Prozent
Einführung neuer
Superb Combi
Die letzten
12 Monate
2016
Projektstart
2015
Budgetreduktion nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses
Anzahl verkaufter Fahrzeuge
quelle: Accelerom
Folge hatte. Wo kann ohne Qua­litäts­ab­stri­
che­in MarCom sowie Vertrieb und Handel
eingespart werden?
Zur Beantwortung all dieser Fragestel­
lungen wurde das Entscheidungs- sowie
Informationsverhalten beim Kauf eines
­
Neuwagens untersucht. Für die CustomerJourney-Analysen wurden Daten sowohl
von Škoda-Fahrern als auch von Käufern
der Konkurrenzmarken in der Deutsch- und
Westschweiz erhoben. Das Untersuchungs­
universum deckte dabei das ganze Spektrum­
von Massnahmen aus Marketing, Vertrieb,
Kommunikation, Media und Services ab.
Von Plakat und Sponsoring­aktivitäten über
Website und Autoverkaufsportale bis hin zu
Showroom und Beratungsgespräch­– jeder
Kontakt wurde registriert.
Elf Schlüssel-Berührungspunkte
Die Analyse zeigte schnell: Den einen
Kaufprozess gibt es nicht. Die Customer
Journeys verlaufen je nach Zielgruppe und
Kaufauslöser unterschiedlich. Mit welchem
richtigen Multi-Channel-Massnahmenmix
kann Škoda demnach die individuellen
Kaufprozesse am effektivsten abdecken?
Hier kam der 360-Grad-Touchpoint-Algo­
rithmus zum Zug. Er vergleicht die Wirkung
von Millionen von verschiedenen Berüh­
rungspunktkombinationen und berechnet
daraus, welche Massnahmen kombiniert
die höchste Wirkung bei der Käuferziel­
gruppe erreichen. Online und offline, direk­
ter oder indirekter Kundenkontakt.
Anschliessend wurden gemeinsam mit
dem Kunden verschiedene Szenarien für
Crossmedia-Kampagnen und spezifische
Strategien erarbeitet. Getrennt für Be­
standskunden sowie für die Neukunden­
gewinnung wurden Umsetzungsstrategien
für MarCom sowie Vertrieb und Handel
­berechnet, inklusive Verkaufstraining.
In einem ersten Analyseschritt wurden
über den Algorithmus elf Schlüssel-Berüh­
rungspunkte identifiziert – jene TouchpointKombination, die Autokäufer am wirkungs­
vollsten über den gesamten Kaufprozess bis
zum Abschluss führt. Aufgedeckt wurde un­
ter anderem, welche Online-Schlüsselstellen­
eine kaufentscheidende Rolle spielen. Und
wie die Verbindung mit den Offline-Berüh­
rungspunkten am besten hergestellt wird.
Accelerom
Entscheidungen
leichter machen
Unternehmen Accelerom mit Sitz
im Technopark Zürich ist ein
­Research- und Beratungsunternehmen mit national und international
tätigen Kunden aus den Bereichen
B2B (Business-to-Business) und
B2C (Business-to-Consumer). Um
Firmen von der Analyse über die
Strategie bis zur Ausgestaltung
von Einzelmassnahmen in der sogenannten Multi-Channel-Marktbearbeitung zu begleiten, kombiniert
Accelerom intelligente Insights mit
innovativster Analysetechnologie
und Managementexpertise. Kunden erhalten dank der 360-GradTouchpoint-Methode Wirkungstransparenz über alle Massnahmen
der Marktbearbeitung sowie Entscheidungssicherheit für zukünf­
tige Strategien und Kampagnen.
Ergänzend gab das Mitbewerber-Bench­
marking Aufschluss darüber, auf welchen
Schlüssel-Touchpoints für die Marke Škoda
Optimierungspotenzial besteht.
Massnahmenmix per Algorithmus
In einem zweiten Schritt wurden in Sze­
nario-Workshops verschiedene Offline- und
Online-Mixes zur Neukundengewinnung
sowie für die Škoda-Kunden generiert. Mit
welchen MarCom-Aktivitäten kann der Ab­
verkauf bei Neukunden gesteigert werden?
Und wie interagiert man am besten mit den
Škoda-Kunden? Darüber hinaus: Wie lässt
sich der neue Superb Combi bei der Ziel­
gruppe am effektivsten einführen? Und wie
fördern einzelne Garagen den Abverkauf?
Für jedes der neun Szenarien generierte der
Algorithmus einen optimalen Massnahmen­
mix. Dieser umfasste jeweils zwischen drei
und zehn Schlüssel-Massnahmen.
Die Erkenntnisse unterstützten Škoda,
das MarCom- sowie Vertriebs- und Handels­
budget wirkungsorientiert auf die zentralen
Touchpoints auszurichten, die Markenfüh­
rung über die relevanten Offline- und On­
line-Kanäle zu gestalten und Kundeninter­
aktion gezielt zu optimieren – auch indirekt
über das Vertriebs- und Händlernetzwerk.
Fazit samt Business Impact: Mit dieser
Fokussierung und Budget­
allokation auf
dem richtigen Berührungspunktemix blieb
Škoda trotz substanzieller Budgetreduktion
in der Schweiz unverändert auf der Erfolgs­
spur. 2015 konnte Škoda erneut mehr Fahr­
zeuge verkaufen und wuchs im Vergleich
zum Gesamtmarkt überdurchschnittlich
(siehe Grafik oben).
Christoph Spengler, Managing Director, und Isabel
­Imper, Analyst and Consultant, Accelerom, Zürich.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
25
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016
Kurz nach der
Oscar-Nacht
Award Die Marketing-Trophy gilt als wichtigste ­Auszeichnung
der Schweizer Branche. Wer sie gewinnt, hat alles richtig
­gemacht. Aber nicht immer so, wie es im Lehrbuch steht.
M
Vera Sohmer
arco Bernasconi beweist
Ausdauer. Der CEO der
WEMF AG für Werbemedienforschung in Zürich
ist seit 2003 Jurymitglied
der 1999 lancierten Marketing-Trophy, war
schon Jurypräsident und gehört dem momentan 16-köpfigen, fachübergreifenden
Gremium am längsten an (siehe Kasten auf
Seite 27). Jedes Jahr aufs Neue stundenlang
Eingabe um Eingabe sichten. Wird das nicht
langweilig irgendwann?
Im Gegenteil, sagt er. «Ich erlebe jedes
Mal Wow-Effekte.» Dabei ist schwer zu sagen, welche der Eingaben ihm bislang am
besten gefiel. Ihn fasziniert die Verschiedenartigkeit der Arbeiten und in wie vielen
verschiedenen B
­ ereichen gutes Marketing
und Storytelling betrieben wird.
Auf der gesamten Linie überzeugen
Mal ist es eine gelungene Aktion, um
Kunden besser an sich zu binden. Oder
­neues Publikum zu gewinnen und eine bessere Auslastung zu erzielen. Ein anderes Mal
eine Kampagne, um ein neues Produkt oder
eine neue Marke zu lancieren oder einen
Relaunch zu starten. Oder eine Werbemassnahme, um eine Dienstleistung bekannt zu
machen, die es in der Form noch nie gab.
«Rent a Rentner» ist eine dieser Aktivitäten. Das KMU gewann vor zwei Jahren eine
Marketing-Trophy in der damaligen Kate­
gorie Kleinunternehmen. Die Online-Plattform, auf der man Rentnerinnen und Renter
fürs Hundehüten, Heckenschneiden oder
die Montage der Sommerreifen mieten kann,
26
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
ist gefragt wie nie und erfreut sich laut
Gerade die Innovationskraft
­Bernasconi steigender Nutzerzahlen.
wird stark gewichtet. Stärker als das
Und dann gibt es jene Eingaben, die gute Handwerk, das sich strikt ans
überraschen, weil sie aus untypischen Bran- Lehrbuch hält. Die Botschaft an die
chen kommen. «Dass Grossverteiler ihr Marketeers lautet: Traut euch an neue
Handwerk beherrschen, daran hat man sich Dinge heran, betrachtet sie von einer andefast gewöhnt. Aber auch Industrieunterneh- ren Seite. Die Message scheint anzukommen betreiben durchdachtes Konsumgüter- men. Bernasconi ist immer wieder erstaunt
marketing», sagt Bernasconi. Als Beispiel darüber, wie kreativ hierzulande k­ leine und
nennt er den Rohrleitungs-Spe­
zialisten mittlere Unternehmen (KMU) oder NonProfit-Organisationen (NPO)
­Georg Fischer, der 2012 zu
sind. Obschon oder gerade
den Gewinnern gehörte. Er
darum, weil sie über keine
überzeugte mit e­ iner Kammillionenschweren Werbepagne, um ein neues Wasbudgets verfügen.
serfiltersystem bekannt zu
Funktioniert das Konmachen. Überzeugend unzept? Ist der Erfolg eines
ter anderem deshalb, weil
Produkts oder einer Dienstdas Konzept konsequent
leistung auf längere Sicht
durchgezogen war und
­gegeben? Diese Fragen stellt
praktisch alle Stakeholder
sich die Jury immer, wenn
darin involviert waren.
sie die Eingaben auf Herz
Auf der gesamten Linie
und Nieren prüft. Den Nachüberzeugen – wer kurz nach
«Ich erlebe
weis dafür liefern Jahr für
den Oscars in Hollywood im
jedes Mal
Jahr unter anderem AbsatzKKL Luzern eine Marketingund Umsatzzahlen oder exTrophy gewinnen will, muss
Wow-Effekte.»
terne Marktforschungsanaein schlüssiges GesamtkonMarco Bernasconi
lysen. Das ist – neben dem
zept vorlegen. DokumentieCEO der WEMF AG
Neuartigen – das wichtigste
ren, dass die ganze Prozessund Jurymitglied der
Kriterium dafür, ob jemand
kette logisch durchdacht ist
Marketing-Trophy
punktet. Und eines, an dem
und sämtliche Facetten beschon Bilderbuch-Bewerrücksichtigt sind. «Es geht
bungen bekannter Firmen
nicht nur um schöne Bilder»,­
sagt Bernasconi. Sondern darum, wie eine scheiterten. Bernasconi erinnert sich an ein
Idee zustande kam, wie Markt und Publikum­ Dossier, das glänzend war auf den ersten
analysiert, die Aktion umgesetzt, das Ziel Blick und woanders vielleicht einen Preis
­erreicht wurde. Und ob man dafür einen der gewonnen hätte. Auch der Erfolgsnachweis
klassischen Wege ging oder jedoch etwas schien plausibel. Bei näherer Betrachtung
kamen Zweifel auf. Die Eingabe fiel durch.
wagte,­was sich sonst noch keiner traute.
special markt+verkauf
Marketing-Trophy: Der
Award wird seit 1999
Jahr für Jahr verliehen.
die fachjury
Peter Felser Jurypräsident, Werber des
Jahres 2007 und Unternehmer, Zürich
Marco Bernasconi CEO der WEMF AG
für Werbemedienforschung, Zürich
Petra Dreyfus Managing Director und
Mitinhaberin von Wirz Werbung, Zürich
Reto Dürrenberger CEO und Mitinhaber
von Werbeanstalt Schweiz, Zürich
Niina Eschmann Coach und Inhaberin
von Eschmann Consulting, Riehen BS
Sabina Furler Geschäftsführerin
von Beldona, Baden-Dättwil AG
zvg
Um wen es sich handelte, verrät das Jury­
mitglied nicht. Nur so viel: «Tatsächlich hielt
sich das Produkt nur kurze Zeit.»
Bewerber manchmal ein Jahr zu früh
Völlig daneben sei die Jury noch nie gele­
gen. Das Gremium konnte sich bislang auch
immer einig werden, wer nominiert werden
soll. «Dafür wird zäh diskutiert und jeder
kämpft natürlich um seine Favoriten», sagt
Bernasconi. Und manchmal gibt es Grenz­
fälle. Jene mit Potenzial beispielsweise.
Überzeugend in vielen Punkten, aber viel­
leicht muss sich das Ganze ein weiteres Jahr
am Markt beweisen. «Wir ermuntern diese
Kandidaten, es beim nächsten Mal wieder
zu versuchen.» Bei einigen hat es in der
zweiten Runde geklappt.
Gutes Marketing, sagen Fachleute, ist
ein integraler Bestandteil der Unterneh­
mensstrategie. Es ist innovativ, relevant,
ganzheitlich gedacht, glaubwürdig und die
Umsetzung von hoher Qualität. Darüber
­hinaus weist das Konzept effiziente Ziel­
erreichung aus. Diese Kriterien sind unver­
ändert, so Bernasconi. Deshalb hätten die
Marketing-Trophy-Preisträger der ersten
Stunde auch heute noch gute Chan­
cen auf eine Auszeichnung.
Dennoch haben sich die Eingaben geän­
dert in den letzten 13 Jahren. Weil die Rah­
menbedingungen andere sind. In der Bran­
che weht ein rauer Wind, es herrschen
scharfe Budgetrestriktionen, die Leute ste­
hen unter Druck. Eigentlich hätten sie ande­
res zu tun, als an Wettbewerben mitzuma­
chen und dafür ihre Dossiers feinsäuberlich
aufzubereiten. Das Teilnahmeprozedere ist
deshalb vereinfacht worden. «Zeitdruck soll
kein Grund sein, auf eine Eingabe zu ver­
zichten», findet Bernasconi.
Er kann nur dazu ermuntern, am Wett­
bewerb um die begehrte Marketing-Trophy
teilzunehmen. Sie bringe Renommee und
beflügle auch kleine Marken oder Firmen.
Die Schweizer Marketingbranche könne
sich sehen lassen und arbeite professionell.
Gleichwohl wünscht sich Bernasconi mehr
Querdenker. Logisch spiele heute der cross­
mediale Charakter eine gewichtige Rolle.
Oft aber lohne sich die Frage: Muss ich
zwingend auf allen Kanälen präsent sein?
Oder reichen mir jene, die nachweislich
brauchbare Resultate liefern? Ein Werber
wird nicht automatisch ein guter Werber,
nur weil er das macht, was alle machen: Bei
Social Media mitzwitschern.
www.marketingtag.ch/marketing-trophy-2016
Christine Hallier Willi Professorin
für Reputation an der ZHAW School
of Management and Law, Winterthur
Roger Harlacher SWA-Präsident und
CEO von Zweifel ­Pomy-Chips­, Zürich
Pam Hügli Geschäftsführerin
von Serviceplan Suisse, Zürich
Marcel Kohler Geschäftsführer von
«20 Minuten» (Tamedia), Zürich
Peter E. Naegeli Partner von Abegglen
Management Consultants, Zürich
Sven Reinecke Geschäftsführender
­Direktor am Institut für Marketing der
Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen
Marie-Françoise Ruesch Head of
Corporate & Marketing Communications
von Canon (Schweiz), Wallisellen ZH
Philipp Sauber Aussendienstmitarbeiter
und Inhaber von INM, Wetzikon ZH
Peter Schäfer Planning Director von
Havas Worldwide Switzerland, Zürich
Christoph Theler Leiter von Coop
Bau+Hobby, Wangen bei Olten SO
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
27
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Laudatio
Storytelling
Wie Projekte zu
Siegern werden
S
torytelling ist ein gehyptes Buzzword. Im Marketing steht das
­Erzählen einer guten Geschichte
von jeher im Mittelpunkt. Durch
die digitale Revolution wurde der
Inhalt allerdings aus den Augen verloren
und erlebt jetzt als «marketing content»
wieder eine Auferstehung. Doch warum
kommen gewisse Geschichten an, während
andere ungehört in den Tiefen des Netzes
verhallen? Was zeichnet gute Markengeschichten aus? Und erzählen sämtliche
Marketing-Trophy-Gewinner tatsächlich
eine magische Geschichte?
Peter Felser
Jurypräsident der
Marketing-Trophy
Jurygruppe bestehend aus Marketingprofessoren, Forschern, Unternehmens- und
Kommunikationsberatern, CEO, Marketing- und Medienexperten gemeinsam die
Stärken und Schwächen der einzelnen
Marketingprojekte.
So viel vorweg: Die Sieger der MarketingTrophy 2016 beherrschen das Storytelling.
Doch warum ist es grundsätzlich zielfühWer sich hier durch­setzen will, braucht
rend, Geschichten zu erzählen? Die Defini- eine einfache und klare Geschichte. Ideation von Wikipedia macht den Nutzen klar:
lerweise verbindet sie folgende vier Ele«Storytelling ist eine Erzählmethode, mit
mente: Ein klares Problem, eine einfache
der explizites, aber vor allem implizites
Lösungsidee, ein konsistentes MassnahWissen in Form einer Metapher weiter­
menpaket und nachweisbaren Erfolg. Und
gegeben und durch Zuhören
das Ganze so spannend
aufgenommen wird. Die Zu­erzählt, dass man sich auch
hörer werden in die erzählte
«Im Marketing steht noch nach stundenlangen
Geschichte eingebunden,
Diskussionen x-beliebiger
das Erzählen einer
damit sie den Gehalt der Geanderer F
­ älle daran erinschichte leichter verstehen
nert. So neu und inspirieguten Geschichte
und eigenständig mitdenrend, dass sich sogar in der
von jeher im
ken. Das soll bewirken, dass
Jury eine Fangemeinschaft
Mittelpunkt.»
das zu vermittelnde Wissen
bildet. Bookbridge («In viebesser verstanden und angelen Teilen der Welt ist Bilnommen wird.» Selbst wenn
dung immer noch nicht für
die Zielgruppe nicht jede Einzelheit konalle möglich»), Supersack («In der Schweiz
kret versteht, wird sie dennoch den Kern
werden Haushaltskunststoffe nur zu etwa
der Geschichte begreifen.
15 Prozent recycelt, der Rest landet im regulären Haushaltsabfall») und Mondovino
Menschen erinnern sich an Geschichten,
(«Im Schweizer Weinmarkt nimmt der
nicht an Powerpoint-Charts. Dies gilt eben
Konsum pro Kopf ab») basieren allesamt
auch für Juroren der Marketing-Trophy.
auf einer klaren Ausgangslage.
16 Persönlichkeiten aus Wissenschaft und
Praxis treffen sich frühmorgens. In einer
Und aus diesen Herausforderungen leiten
ersten Phase beurteilt jeder für sich die
sie eine prägnante Lösungsidee ab. Ebenso
­eingereichten Arbeiten. Dann werden die
einfach und klar – aber dennoch überraMarketingprojekte in Kleingruppen diskuschend, eigenständig und inspirierend.
tiert. Schliesslich argumentiert die ganze
Jetzt will man mehr erfahren. Wie haben
28
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
die Verantwortlichen die Idee umgesetzt?
Hat es funktioniert? Wurde die Idee mit
­Erfolg gekrönt? Um sich durchzusetzen
und in Erinnerung zu bleiben, braucht
es diese Art von Geschichten. Dies gilt im
realen Marktumfeld wie auch beim inten­
siven Juryprozess.
Fehlt ein Element in der Geschichte, so tauchen Fragen auf. Bei der Marketing-Trophy
legen wir grossen Wert auf ein Happy End,
sprich auf den Erfolg der Marketingidee.
Das Projekt Swiss Shrimps («Immer mehr
Leute vertrauen den 9000 Tonnen importierten Shrimps-Produkten aus fernen Ländern nicht mehr») faszinierte die Jury
mit Idee und Konzept. Der Erfolg konnte
jedoch aus naheliegenden Gründen noch
nicht nachgewiesen werden, weil die
­Massenproduktion erst startet. Mut, Innovationskraft und ein sinnstiftendes Konzept
– «Storytelling at its best!» – waren der Jury
einen Sonderpreis wert.
Wie findet ein Unternehmen oder eine
Marke die besten Storys? Genügt es, mit
­offenen Augen durch die Welt zu gehen?
Oder im Internet nach neusten Trends zu
suchen? Wer sich nur am Markt orientiert,
wird schnell austauschbar. Wer nur dem
Zeitgeist folgt, wird zur Hure variierender
und heterogener Zielgruppenbedürfnisse,
bemerkt Marketingprofessor Franz-Rudolf
Esch pointiert. Eine starke Markengeschichte kommt aus dem innersten einer
Marke. Deshalb basieren die besten Markengeschichten auf der Markenmission
und den Menschen, die diese Mission tagtäglich vorleben. Auf Dauer erfolgreich sind
nur jene, die konsequent und authentisch
die eigene Markengeschichte vorleben.
Storytelling und Storydoing eben.
Peter Felser, Jurypräsident der Marketing-Trophy,
Werber des Jahres 2007, Inhaber von Felser Brand
Leadership, VR-Präsident von Serviceplan Suisse
– Agentur für innovative Kommunikation, Zürich.
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Sonderpreis
Unerwarteter Triumph
Swiss Shrimp Obwohl die Projekteingabe nicht für eine Nomination
gereicht hat, erhält das Solothurner KMU eine Marketing-Trophy 2016.
A
Klaus Rimnov
nlässlich des diesjährigen
Schweizerischen MarketingTages im KKL Luzern wurde
die Marketing-Trophy am
8. März 2016 schon zum 17.
Mal verliehen – beides organisiert und
­getragen vom Verband Swiss Marketing.
Aus sämtlichen Projekteingaben hat die
Fachjury (siehe Artikel auf Seite 26) zwölf
Unternehmen beziehungsweise Organisa­
tionen in drei Kategorien für die MarketingTrophy 2016 nominiert. Die drei Kategorien­
sieger Coop, Elkuch und Bookbridge sowie
die restlichen Nominierten werden auf den
folgenden Seiten vorgestellt und gewürdigt.
Dabei erfährt man, dass Coops Weinclub
Mondovino nicht nur die Experten überzeugt, sondern auch die Gunst der Marketeers erobert und im Online-Voting zudem
den Publikumspreis gewonnen hat.
Sonderpreis als Vorschusslorbeeren
Wie jedes Jahr stand es der Fachjury frei,
ein Unternehmen beziehungsweise eine Organisation mit einem Sonderpreis zu ehren,
obwohl die Projekteingabe noch nicht für
eine Nomination gereicht hat. 2016 gingen
diese Vorschusslorbeeren an Swiss Shrimp.
Swiss Shrimp: Das Team des Solothurner KMU hat kürzlich den InnoPrix SoBa gewonnen.
Das ist ein Solothurner KMU, das hierzu­
lande erstmals Garnelen züchten und vertreiben will. In der Schweiz gibt es bisher
ausschliesslich gefrorene oder bereits gekochte Import-Garnelen zu kaufen. Die
Idee: Swiss Shrimp produziert lokal vor Ort
mit einer geschlossenen Salzwasser-Kreislaufanlage und bezieht die Wärme und das
Salz fürs Meerwasser (28 Grad) von den
Schweizer Salinen in Rheinfelden AG. 2017
soll die Marktreife erlangt werden.
«Der Erfolg konnte aus naheliegenden
Gründen noch nicht nachgewiesen werden,
weil die Massenproduktion erst startet»,
sagt Jurypräsident Peter Felser. Doch: «Mut,
Innovationskraft und ein sinnstiftendes
Konzept – ‹Storytelling at its best!› – waren
der Jury einen Sonderpreis wert.»
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Marketing-Trophy 2016 Gewinner Kategorie Grossunternehmen
Zwei auf einen Streich
Coop Der Weinclub Mondovino holt nicht nur den Kategoriensieg der
Fachjury, sondern erhält im Online-Voting zudem den Publikumspreis.
patricia schmidt
Mondovino: Coops
Weinclub setzt auf
mobile Endgeräte.
Idee Weinkunden gehören für Coop zu
einer der wichtigsten Zielgruppen. Durch
die Lancierung des Weinclubs Mondovino
konnte diese noch besser und effizienter
­bedient und die im Vergleich zum Fach­
handel geringere persönliche Beratung
konnte nahezu ausgeglichen werden. Zu­
dem sollte das Thema Weinkompetenz, das
bei Mondovino­im Zentrum steht, die Fach­
kunden noch stärker ansprechen. Die Lücke
zwischen den Weinfachläden und Coop
konnte dadurch minimiert werden.
Das ganzheitliche Konzept mit der
Cross-Channel-Ausrichtung und dem um­
fangreichen Wein-Content auf der Website
Mondovino.ch ist bis heute einzigartig in
der DACH-Region (Deutschland, Österreich
und Schweiz). Durch den Clubgedanken
und die Auswertungsmöglichkeiten über
die Supercard-Daten besteht die Möglich­
keit, die Mitglieder von Mondovino effizient
und nachhaltig zu bearbeiten.
Ziele Das Hauptziel von Mondovino
war der Ausbau beziehungsweise die Vertei­
digung des Marktanteils sowie eine Steige­
rung des Nettoumsatzes. Ferner sollte die Be­
kanntheit und das Image von Coop als kom­
petentem und vielseitigem Weinhändler wei­
ter gestärkt werden. Als Weinclub hatte Mon­
dovino auch interne Ziele: Die Mitglieder­
zahl und die Weiterentwicklung der Mitglie­
der standen hier im Fokus. Seit dem Launch
von Mondovino ist die Mitgliederzahl nach
eineinhalb Jahren auf über 100 000 gestiegen.
Die Umsatzentwicklung bei den Mitgliedern
zeigte in einem rückläufigen Markt mit zu­
nehmendem Konkurrenzumfeld eine Steige­
rung von 45 Prozent gegenüber 2014.
Fazit Mit Mondovino ist es Coop nach­
weislich gelungen, sich in einem hart um­
kämpften Marktumfeld zu beweisen und
durchzusetzen. Zudem zeigt das in der
DACH-Region einzigartige Konzept, wie
­innovativ die Idee dieses Weinclubs ist.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
«Weinkunden eine der wichtigsten Zielgruppen»
Michael Bietenhader, Leiter CRM/­
Digitales Marketing, Coop, Basel.
Ihr Projekt hat zwei Marketing-Trophy
2016 gewonnen. Überrascht vom Sieg?
Michael Bietenhader: Es freut uns aus­
serordentlich, den Preis doppelt gewon­
nen zu haben. Neben Kundenfeedback
und Umsatzentwicklung ist dieser Sieg
eine weitere Bestätigung für uns, dass
wir mit unserem Weinclub Mondovino
auf dem richtigen Weg sind. Zugleich
ist er eine Motivationsspritze für das
­gesamte Team hinter Mondovino.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Weinkunden sind für Coop eine der
wichtigsten Zielgruppen. Durch die
­Lancierung des Weinclubs Mondovino
kann diese noch besser und effizienter
bedient und die im Vergleich zum Fach­
30
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
handel geringere persönliche Beratung
nahezu ausgeglichen werden. Das ganz­
heitliche Konzept mit der Cross-Chan­
nel-Ausrichtung und dem umfang­
reichen Wein-Content auf Mondovino.
ch ist bisher einzigartig in der DACH-­
Region. Durch den Clubgedanken und
die Auswertungsmöglichkeiten über die
Supercard-Daten besteht die Möglich­
keit, die Mitglieder von Mondovino effi­
zient und nachhaltig zu bearbeiten.
Wie gross war das Budget dafür?
Das Budget lag im einstelligen Prozent­
bereich des Coop-Weinumsatzes.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Das Konzept für Mondovino wurde bei
Coop intern erarbeitet. Die involvierten
Werbe- und Media-Agenturen standen
vor der Herausforderung, das von Coop
­erarbeitete Konzept kommunikativ um­
zusetzen. Die Umsetzung reichte von
der Erarbeitung des Branding-Konzepts
über die Gestaltung aller klassischen
und digitalen Werbemittel bis hin zur
zielgruppengerechten Media-Planung
über alle Kanäle.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Zur Erfolgsmessung wurden verschie­
dene Key Performance Indicators, kurz
KPI, definiert, beispielsweise Bekannt­
heit, Mitgliederzahl, Umsatz- und Markt­
anteilswachstum. Diese werden laufend
beobachtet und als Steuerungsgrössen
eingesetzt.
Interview: Norman C. Bandi
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Grossunternehmen
Konsequent konvergent
Somedia Die «Medienfamilie Südostschweiz» wurde geschaffen, um
Print, Radio, TV und Internet zum crossmedialen Erlebnis zu machen.
Patricia Schmidt
Idee Die Digitalisierung hinsichtlich
der Verschmelzung sämtlicher Medien­
kanäle, die Bewegung von Print zu Online
und der starke Fokus auf die Werbewirkung
stellen die Medienbranche seit Jahren vor
grosse und bisher unbekannte Herausfor­
derungen. Somedia – vormals Südost­
schweiz Medien – begegnete dem durch
eine umfassende Medienstrategie.
Die Konvergenz als crossmediales Erleb­
nis (Print, Radio, TV und Internet) ermög­
lichte die multimediale Kundenansprache
und umfasste sowohl ein einheitliches Leis­
tungsversprechen an die Konsumenten mit
dem Slogan «Alles, was die Region interes­
siert» sowie eine auf den umfassenden
­Medienmix ausgelegte Agenturleistung für
Werbekunden. Somedia hatte damit als
­erstes Medienunternehmen der Schweiz
die Konvergenz konsequent umgesetzt.
Ziele Durch die Konvergenz konnten
die Reichweiten von Print (+3,1 Prozent),
Radio (+10,2 Prozent), TV (+17,5 Prozent)
und Internet (+6,2 Prozent) deutlich gestei­
Somedia: Blick auf
den Newsdesk im
Churer Hauptsitz.
gert werden. Auch die Werbeumsätze sind
in einem rückläufigen Markt um etwa 2 Pro­
zent gestiegen. Zudem konnte Somedia mit
Standorten in den Kantonen Graubünden,
Glarus, St. Gallen und Zürich auch qualita­
tiv profitieren und hat seine Position als
führendes Medienunternehmen der Süd­
ostschweiz weiter ausgebaut.
­ f­fensiv angepackt und gezeigt, wie w
o
­ ichtig es ist, die Konvergenz konsequent­
um­
zu­
setzen. Die neue «Medienfamilie
Südostschweiz» konnte sich in einem
hart u
­mkämpften Markt positionieren
und sehr positiv ent­wickeln. Beigezogener
Berater: Abegglen Management Con­
sultants.
Fazit Somedia hat die aktuellen Her­
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
ausforderungen in der Medienbranche
«Weiter gegangen als andere in der Schweiz»
Thomas Kundert, Geschäftsführer
­Werbe- und Nutzermarkt, Somedia, Chur.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Thomas Kundert: Für Somedia ist die
Nomination für den begehrtesten Marke­
tingpreis der Schweiz eine grosse Ehre.
Dass wir es zusammen mit Grosskonzer­
nen wie Migros, Coop, Spar und UBS als
regionales Unternehmen unter die No­
minierten g­ eschafft haben, hat uns sehr
gefreut.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Somedia hat als erstes Medienunter­
nehmen der Schweiz die Medienkon­
vergenz von Zeitung, Radio, TV und In­
ternet konsequent umgesetzt. Und dies
nicht nur in der Publizistik, sondern
auch im Marketing und mit einer
v­ ollständig crossmedialen Werbever­
kauf­sorgani­sation. Wir sind mit unse­
rem Projekt «­ Medienfamilie Südost­
schweiz» weiter gegangen als jedes an­
dere Medienunternehmen in der
Schweiz.
dungsprozess massgeblich unterstützt
und uns ermutigt, die Medienkon­
vergenz konsequent umzusetzen. Im
­Gesamtprojekt haben uns verschiedene
weitere Agenturen bei Teilprojekten
­unterstützt.
Wie hoch war das Budget dafür?
Das Projekt «Medienfamilie Südost­
schweiz» bestand aus verschiedenen
Teilprojekten in den Bereichen Marke­
ting und Verkauf sowie dem Relaunch
unserer Produkte. Alles in allem stand
uns dafür knapp 1 Million Franken zur
Verfügung.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Wir konnten den Erfolg unseres
­Projekts über diverse Medienstudien
messen. Alle Produkte der «Medien­
familie ­Südostschweiz» konnten nach
Projekt­abschluss steigende Nutzer­
zahlen ­aus­weisen. Gleichzeitig können wir a
­ nhand der positiven Ent­
wicklung der k
­ ommerziellen Werbe­
erlöse den Erfolg unseres Projekts
belegen.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Unser Berater Abegglen Management
Consultants hat uns im Strategiefin­
Interview: Norman C. Bandi
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
31
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Grossunternehmen
Neue Ära einer
grossen Bank
UBS Nach Jahren der selbst auferlegten
Zurückhaltung im Marketing war es an
der Zeit, den Brand zu repositionieren.
Heute haben sie
mich im Jeans-Shop
gesiezt.
Älter werden fängt früher an,
als man meint.
Jetzt gemeinsam Vorsorge planen.
Daniel Fischer
f:
Mehr au
/
ubs.com
vorsorge
UBS: Eines der Inserate
der Vorsorgekampagne
im Heimmarkt Schweiz.
Idee Gerade im Heimmarkt Schweiz
kommt für die UBS der Reputationspflege
auch Jahre nach der globalen Finanzkrise
grosse Bedeutung zu. Nach erfolgreicher
Neustrukturierung, Stärkung der Eigenkapi­
talbasis und Installieren eines feingliederi­
gen Riskmanagements war es nach einer
selbst auferlegten Zurückhaltung im Marke­
ting Zeit, die neu ausgerichtete und stark
aufgestellte UBS zu präsentieren.
Mit der globalen Markenrepositionie­
rung reflektierte die UBS bei allen relevan­
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GESCHICHTEN.
EMOTIONEN.
MARKEN.
Auf den Punkt gebracht.
www.standingovation.ch
© UBS 2015. Alle Rechte vorbehalten.
ten Stakeholdern den drastischen Change,
den die Bank vollzogen hat. Mit dem neuen­
Markenauftritt unterstreicht die UBS dabei
den erfolgreichen Kulturwandel, der in
­einer intensiven ersten Phase bei sämt­
lichen weltweiten Mitarbeitenden initiiert
VolleWaerme_CH_62x264 02.03.16 16:13 Seite 1
special markt+verkauf
«Kampagne richtungsweisend»
Daniel Fischer, Leiter Marketing Schweiz,
UBS Switzerland, Zürich.
voller Verlängerung in den UBS-eigenen
Kanälen.
Ihr Projekt war für eine MarketingTrophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Daniel Fischer: Wir freuen uns über jede
Award-Nominierung – sei es für ausser­
gewöhnliche Kreativität oder nachweis­
baren Markterfolg.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
­involvierten Werbe- und/oder Medien­
agentur(en) gesteckt?
Ein Konzept zu entwickeln, das die neue
UBS-Tonalität und den echten Insight
mit dem Slogan «Älterwerden fängt
früher an, als man denkt» pro Kanal
­überzeugend und frisch umsetzt. Dies ist
vor allem bei den TV-Spots hervorragend
gelungen.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Für die UBS, aber auch für das Finanzdienstleistungsmarketing ist der Relaunch
und die damit verbundene Vorsorgekampagne richtungsweisend. Sie überzeugt
durch einen echten Insight, der pointiert
dramatisiert wird. Und durch eine augenzwinkernde Frische, die es so im Finanz­
dienstleistungsmarketing noch nicht
oft gegeben hat.
Wie hoch war das Budget dafür?
Die Investments befinden sich im üblichen
Rahmen einer national ausgerichteten
Kampagne mit TV-Spots, Out-of-Home-­
Advertising und Online-Präsenz. Mit sinn-
wurde. Gefolgt von zwei inhaltlich und
zeitlich abgestimmten Kommunikationsphasen.
Auf die interne Sensibilisierung bei allen
20 000 UBS-Mitarbeitenden in der Schweiz
folgte die Lancierung der Markenkampagne
in der Finanz-Community, die die neue
Markentonalität etablierte. Abgerundet
wurde der Brand-Relaunch durch eine
Dienstleistungskampagne und neu konzipierte Beratungsprozesse sowie Tools zum
bankenübergreifenden Thema der Vor­
sorge.
Ziele Ziel der Markenrepositionierung­
war es, bei den vielfältigen Anspruchsgruppen von Mitarbeitenden, Kunden und Gesamtbevölkerung der Schweiz eine spürbar
positive Markenwahrnehmung zu erzielen
und den Neugeldzufluss sowie die Kundenzufriedenheit zu stärken. Dem dreiteiligen
Marketingansatz mit interner Sensibilisierung, dem neuen Markenauftritt rund um
die zentralen Fragen des Lebens und der
Marktoffensive im Bereich Vorsorge gelang
eine nachweisliche Zunahme der Markensympathie sowie Erhöhung der Neukunden­
gewinnung und des Neugeldzuflusses.
Die anspruchsvolle Orchestrierung der
drei Phasen wurde mit Bravour gemeistert.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
­Ziele gemessen?
Nebst klassischer Werbewirkungsforschung natürlich mit allen erdenklichen
Touchpoint-Analysen und handlungsauslösenden Interaktionen wie beispielsweise
Publikationen-Downloads, generierte
Leads, Beratungsgespräche und «finale»
Vorsorgeabschlüsse. In der Summe ein
sehr ­erfolgreicher Marketingauftritt.
Interview: Norman C. Bandi
Dank dem integrierten Marketingansatz
­gelang es, die Unternehmenskultur (Mentalität und Behaviour), die Markenpersön­
lichkeit (Tonalität und Design) sowie die
intelligente­Verlinkung der produktbezogenen Vorsor­geinitiative sprachlich und visuell in einem neuen, glaubwürdigen und
sympathischen Auftritt zu vereinen.
Volle Wärme
bei halber
Kraft
Dank der Innovationskraft der Ingenieure
von Weishaupt kann auch mit wenig eingesetzter Energie eine hohe Leistung bei allen
Weishaupt-Produkten erreicht werden.
Somit schont Weishaupt nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern reduziert
auch die Emissionen auf ein Minimum. Das
ist gut für die Umwelt und gut für den
Geldbeutel.
Weishaupt AG, Chrummacherstrasse 8,
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www.weishaupt-ag.ch
Das ist Zuverlässigkeit.
Fazit Der Erfolg kommt nicht nur im erfolgten internen Kulturwandel, sondern
auch in den zahlreichen positiven Marktfeedbacks sowie dem positiven Geschäftsverlauf zum Ausdruck. Und in den vielen
schmunzelnden Gesichtern beim sichtlichen Genuss der viel gelobten Vorsorgekampagne und den über 2000 geteilten­­
­« Älter-werden-Momenten» und dem verbundenen hohen Involvierungsgrad.
Dem Marketingansatz ist es gelungen,
die neue UBS nicht nur in internen Positionierungspapieren neu zu definieren, sondern die hiesige Bevölkerung an der neuen
UBS teilhaben zu lassen. Und eine sympathische neue Ära der Marke UBS in der
Schweiz einzuläuten. Involvierte Agentur:
Publicis.
Daniel Fischer, Leiter Marketing Schweiz,
UBS Switzerland, Zürich.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
33
Brenner
Brennwerttechnik
Solarsysteme Wärmepumpen
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Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Grossunternehmen
Kunde entscheidet mit
Migros «A vs. B – Battle of Tastes» hat das Differenzierungsmerkmal
als einer der grössten Eigenmarkenproduzenten der Welt verstärkt.
Patricia Schmidt
Idee Die Migros gehört weltweit zu
den grössten Eigenmarkenproduzenten.
In ihrer M-Industrie stellt sie circa 10 000
ihrer Produkte selber her. Das bringt den
Vorteil, dass Kundenwünsche, Trends und
Innovationen schnell und unkompliziert
umgesetzt werden können. Dieses Differenzierungsmerkmal sollte durch das Projekt ­« A vs. B – Battle of Tastes» kommuniziert werden.
Auf innovative Art und Weise wurden
neue Produkte lanciert, wobei der Kunde
mitentschied, welche Sorte langfristig im
Regal bleibt und nachproduziert wird. In
erster Linie sollte eine junge Zielgruppe
­angesprochen werden, die über innovative
Tools wie Social Media Battles, Games und
interaktive Banner abstimmen konnte.
­Neben der Signalisierung des Mitbestimmungsrechts durch hohes Involvement
sollte die Kampagne zur Beweisführung der
Eigenproduktion dienen.
Ziele Die jeweiligen Produkte sollten
nicht nur während der Einführung, sondern
auch danach sehr gut performen. Ein weiteres Ziel war es, eine junge und involvierte
Zielgruppe zu begeistern. Alle Ziele konnten
nachweislich erreicht werden. Ausserdem
geniessen die Produkt-Abstimmungen mittlerweile schon eine grosse Bekanntheit und
werden mit der Migros assoziiert – das be­
weisen auch 2,7 Millionen Video-Views auf
So­cial Media und 230 000 Votes für Produkte
über Website, Banner und Degustationen.
Fazit Durch «A vs. B – Battle of Tastes»
konnte die Migros zwei Erfolge verbuchen:
Zum einen konnte sie ihre Eigenmarken
profilieren, zum anderen konnte sie eine
­junge Zielgruppe erreichen. Involvierte Agen­
turen: Wirz Werbung und TrueStory.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
Migros: «A vs. B – Battle of Tastes»
signalisiert Mitbestimmungsrecht.
«Einführung eines demokratischen Sortiments»­
Roman Reichelt, Leiter Marketing-­
Kommunikation, Migros, Zürich.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Roman Reichelt: Die Nomination bestätigt unsere Mitarbeiter darin, die Kunden
weiter mit immer neuen Konzepten zu
überraschen. Mit der Kampagne «A vs. B»
haben wir einen wichtigen Schritt gemacht, weil wir einen handfesten USP
der Migros – unsere Eigenindustrie – mit
einer innovativen Kommunikation verbunden haben. Auch wenn wir hier den
Preis nicht gewonnen haben, freut es
uns, dass unsere Kunden die Kampagne
zu einem grossen Erfolg gemacht haben.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Produktinnovationen sind ein langwieriger Prozess mit einer hohen Flopquote.
Das wollten wir ändern. Aber wie? Bisher
gingen Crowd Votings selten über einen
Marketinggag hinaus. «A vs. B» ist der Be-
34
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
ginn einer neuen, ehrlicheren Art von
Kundenmitbestimmung, sozusagen die
Einführung eines demokratischen Sortiments. Es ermöglicht unseren Kunden
auf regelmässiger Basis mitzuentscheiden, welche neue Sorte ihres Lieblingsprodukts ins Verkaufsregal kommt. Eine
gelebte Innovation an allen Fronten, die
in den (digitalen) Medien und in der
Sprache der jungen Zielgruppe erfolgt
und damit deren Bedürfnisse trifft. Auch
die Verkaufszahlen sprechen für sich.
Wie hoch war das Budget dafür?
Nur so viel: «A vs. B» hatte eines der
kleinsten Marketingbudgets des Jahres.
So haben wir beispielsweise auf die
reichweitenstarken Medien wie TV und
Plakat verzichtet und stattdessen dort
kommuniziert, wo die junge Zielgruppe
präsent ist, also konkret online oder in
Pendlerzeitungen. Diese Kampagne hat
sicher eine der besten Kosten-NutzenRelationen in unserem Marketingplan.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Mit «A vs. B» wollten wir nicht nur
­Kommunikations-, sondern auch wirtschaftliche Ziele erreichen. Mit einer
­guten Mischung von «Content meets
­Activation meets Experience meets
­Gamification» ist uns beides gelungen.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Kommunikativ: Die Beteiligung der Kunden an den Crowd Votings spricht für
sich. Zudem weisen auch die mittels
Marktforschung gemessenen Werte wie
positive Werbebeurteilung erfreuliche
­Ergebnisse aus. Wirtschaftlich: «A vs. B»Produkte verkaufen sich im Vergleich
zu normalen Neuheiten im jeweiligen
­Segment im Schnitt fünfmal so oft wie
­vergleichbare Produktneueinführungen.
Interview: Norman C. Bandi
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Grossunternehmen
Wider den Kommerz …
Migros Mit einer genossenschaftlichen Weihnachtskampagne setzte
der Konzern auf eine Idee, die seine Werte glaubwürdig vermittelt.
Patricia Schmidt
Idee Die Migros stellte als erster Schwei-
Migros: Das Weihnachtslied
«Ensemble» zur Kampagne.­
zer Detailhändler eine Charity-Aktion in
den Fokus der Weihnachtskommunikation.
Um die Hauptbotschaft «Zusammen feiern.
Zusammen spenden.» prägnant zu transportieren, hat man das erste Schweizer
Weihnachtslied «Ensemble» lanciert. Die
Kampagne wurde unterstützt durch ein
Musik­video, Anzeigen, Plakate, Online- und
Shop-Massnahmen und eine Online-Auk­
tion, an der Gegenstände von Stars sowie
Events versteigert wurden.
Traditionell ist das Weihnachtsgeschäft
die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Mit der
­neuen Kampagne wollte die Migros auf eine
differenzierte Idee setzen, die ihre Werte
glaubwürdig vermittelt.
Ziele Neben dem Ziel, die Migros auch
während der Weihnachtszeit als führende
Detailhändlerin zu etablieren, wollte die
­Migros eine Spendenaktion für Bedürftige
ausgebaut. Zudem wurde die Spenden­
summe im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Auch der Song hat alle Erwartungen
übertroffen: Als erfolgreichster DownloadTitel eines Schweizer Künstlers erreichte er
Doppelplatin und war fünf Wochen lang in
der Hitparade auf dem 1. Rang platziert.
Fazit Die Kampagne hat mit ihrem
in der Schweiz ins Leben rufen. Damit stellte
sie konsequent ihre Marke ins Zentrum und
war eine Ausnahme im kommerziell getriebenen Werbeumfeld. Der Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern wurde im Dezember
­ harity-Fokus neue Massstäbe gesetzt. Das
C
Projekt war nicht nur für die Migros ein gros­
ser Erfolg, sondern auch für viele bedürftige
Menschen in der Schweiz. Involvierte Agentur: Wirz Werbung.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
«Wettbewerb auf emotionaler Ebene schlagen»
Roman Reichelt, Leiter Marketing-­
Kommunikation, Migros, Zürich.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Roman Reichelt: Es zeigt, dass unsere
Charity-Aktion nicht nur unsere Kunden
überzeugt hat, sondern auch in den
Fachkreisen gut angekommen ist. Das
ehrt alle beteiligten Mitarbeiter sehr.
Ganz besonders aber freut es uns, dass
die Bevölkerung die Bedürftigen in der
Schweiz in einem hohen Masse unterstützt hat. Denn als Genossenschaft ist
das Zurückgeben Teil unserer DNA.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Dass wir den Fokus in der Kommunika­
tion aufs Spendensammeln gelegt haben,
mag aus Kundensicht nicht so innovativ
erscheinen. Aussergewöhnlich ist aber
­sicher, dass wir diese Charity-Aktion während der umsatzstärksten Verkaufsphase
zulasten der Promotionswerbung durch-
geführt haben. Es ist uns gelungen, die
Herzen der Schweizer Bevölkerung zu
­erobern und den Wettbewerb auf emo­
tionaler Ebene zu schlagen – ohne dabei
den wirtschaftlichen Erfolg in Form von
Marktanteilen zu vernachlässigen.
Wie hoch war das Budget dafür?
Darüber geben wir keine Auskunft. Das
Weihnachts-Werbebudget wurde gegenüber den Vorjahren aber nicht erhöht.
Weil die beteiligten Künstler auf ihr übliches Honorar verzichtet hatten, konnten
wir auch die Produktionskosten auf Vorjahresniveau halten. Die einzigen, gern
freigegebenen Mehrkosten waren die
Millionen, mit denen wir die Kundenspenden noch einmal verdoppelt haben.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Wir wollten Weihnachten neu besetzen,
ohne dabei auf die gängigen Klischees zu
verzichten. Unser Ziel war eine hohe
­Differenzierung. Als Spenden- wie auch
Weihnachtskanal wollten wir die Topof-Mind-Positionen belegen. Selbstverständlich hatten wir auch Geschäftsziele
definiert. Denn zwischen quantitativen
und qualitativen Zielsetzungen sollte es
trotz Charity keinen Zielkonflikt geben.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Uns stehen viele Instrumente zur Ver­
fügung. Die Marktzahlen sind wohl der
härteste Wert. Daneben bieten sich uns
umfangreiche Möglichkeiten der Kommunikationskontrolle – von Kundenfeedbacks in den Filialen über SocialMedia-Monitoring oder Hotline-Sentiments bis zu umfangreichen Post-Tests
mit direktem Mitbewerbervergleich. In
fast all diesen Parametern konnten wir
unsere internen Benchmarks schlagen.
Interview: Norman C. Bandi
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
35
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Grossunternehmen
194 Prozent im Plus
Spar Der Detailhändler brachte den «Schellen-Ursli» als Sponsor von
der Kinoleinwand mit einheimischen Produkten in seine Supermärkte.
Patricia Schmidt
Idee Der Schweizer Detailhandel ist ein
gesättigter Markt; eine Diversifikation über
das Sortiment wird durch die hohe Preis­
sensibilität und die geringe Bereitschaft der
Kunden, den Supermarkt zu wechseln, er­
schwert. Auch der starke Franken schafft für
Detailhändler eine grosse Herausforderung
– zur nationalen Konkurrenz kommt ver­
stärkt die ausländische. Unter diesen Ein­
flüssen wurde die eigene Positionierung in
der Schweiz weiter gefestigt. Da sich nahezu
100 Prozent der 185 hiesigen Spar-Standorte
in der Deutschschweiz befinden, wurde der
Marketingfokus auf diese Region gelegt.
Ziele Um die Produktlinie SchellenUrsli mit einheimischen Erzeugnissen zu
pushen, übernahm Spar die Rolle des
­Presenting-Sponsors bei der Verfilmung des
Buches «Schellen-Ursli». Durch die daraus
resultierende Aufmerksamkeit und die The­
matisierung über den Produktbereich hin­
aus war eine gute Basis für den Verkauf der
Sortimentslinie mit 100 Prozent Swissness
geschaffen, die Spar zu Einzigartigkeit, Iden­
Spar: PresentingSponsor des Films
«Schellen-Ursli».
tifikation und einer gesteigerten Marken­
bekanntheit im hart umkämpften Detail­
handelsmarkt verhelfen sollte.
Während der Film in den Kinos lief,
konnte der Sortimentsbereich bei Spar eine
Umsatzsteigerung um 194 Prozent errei­
chen. Das auch, da die Artikelzahl von 15
auf 54 erhöht wurde. Internes und externes
Feedback beurteilt Spar als positiv.
Fazit Spar hat mit der Idee, eine Eigen­
marke durch den Kinofilm als Träger zu
­pushen, Innovationsstärke bewiesen. Die
Schellen-Ursli-Produkte konnten sich im
Sortiment etablieren und die Konsumenten
erreichen.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
«Bewusste Positionierung im Retromarketing»
Wolfgang Frick, Leiter Marketing,
Spar Gruppe Schweiz, St. Gallen.
36
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Wolfgang Frick: Wir freuen uns sehr
über die Nomination, da alleine diese
schon eine Anerkennung unserer Arbeit
ist. Mit Schellen-Ursli haben wir ein
­Projekt eingereicht, das in der 360-GradAusarbeitung sicher einen Status der
Einzigartigkeit hat.
keting. Innovativ ist die Platzierung
der Marke Schellen-Ursli mit rein
schweizerischen Produkten auch in der
inter­nationalen Spar-Familie.
Farbwelt sowie die Typologie. Im Bereich
der Medien wurde immer darauf Wert
­gelegt, im richtigen Umfeld präsent zu
sein und den Film optimal zu begleiten.
Wie hoch war das Budget dafür?
Über die absoluten Zahlen geben wir
keine Auskunft. Jedoch geht das Gesamt­
budget in eine höhere Millionensumme,
die in dieser Form für Spar nicht selbst­
verständlich ist. Mit wenig Mitteln
viel erreichen, war und bleibt das Ziel.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Das Konzept reicht von der Produkt- und
Sortimentsentwicklung über das Film­
sponsoring und den Einsatz aller Werbeund Kommunikationsmassnahmen bis
hin zur Darstellung am Point-of-Sale
mit einem emotionalen Thema und der
­bewussten Positionierung im Retromar­
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Es ging darum, nicht nur die Produkte als
solche zu platzieren, sondern auch die
tiefe Emotion des Schellen-Ursli als The­
ma zu kommunizieren. Alle Massnahmen
bauen auf das Kernsujet und die gewählte
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Die Messung erfolgt hier vielschichtig
von den reinen Umsatzzahlen und der
Entwicklung der Absätze der Sortiments­
produkte über die Werbewerte der er­
zielten Medienberichterstattung bis hin
zur Auswertung von Einzelmassnahmen
wie den erfolgten Gewinnspielen. Mit in
der Betrachtung sind die Feedbacks, die
wir von der Kundschaft und auch intern
erhalten haben. Sie sind besonders wert­
voll, da sie uns neben den harten Zahlen
die qualitative Komponente aufzeigen.
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Interview: Norman C. Bandi
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Gewinner Kategorie KMU
Kunststoff-Supersack
Elkuch «Ein Schritt in die richtige Richtung» ist der Ansporn des
­Liechtensteiner Entsorgungsfachbetriebs, der nun prämiert wird.
Patricia Schmidt
Idee In der Schweiz und im Fürstentum
Liechtenstein werden Haushaltkunststoffe
nur zu rund 15 Prozent recycelt, der Rest
landet im regulären Abfall. Mit dem Supersack der Elkuch Josef AG wurde ein preisgünstiger Kunststoffsammelsack lanciert.
Ein dichtes Netz von Verkaufs- und Abgabestellen sollte es umweltbewussten Menschen leicht machen, Haushaltkunststoffe
nachhaltig zu entsorgen.
Der Fokus beim Marketingmix lag auf
­einer kanalübergreifenden Kommunikation.
Es galt, gut durchdachte Werbemassnahmen umzusetzen, um langfristige Kundenbindungen zu erzeugen. Um erste Anreize
zu schaffen, musste die Entsorgung von
Haushaltkunststoffen günstiger gestaltet
werden als die Entsorgung von Kehricht. Vor
allem mussten die Kunden aber über den
ökologischen Aspekt erreicht werden.
Ziel erreicht. In der Region Fürstentum
Liechtenstein/Kanton St. Gallen konnte die
Marktführerschaft erreicht werden. Das
­Absatzziel von 30 000 verkauften Supersäcken konnte bei weitem übertroffen werden.
Auch die Umsatzerwartungen wurden mit
mehr als 70 000 Franken übertroffen.
Ziele Das übergeordnete Ziel mit dem
Supersack war es, die Umwelt nachhaltig zu
schonen. Mit der Einsparung von 122 000
Kilogramm CO2 per Ende 2015 wurde dieses
Fazit Mit dem Supersack ist es ge­
lungen, die Menschen auf ein wichtiges
Problem aufmerksam zu machen – die
Entsorgung von Haushaltkunststoffen.
­
Elkuch: Dank dem Supersack wird im Fürstentum nun mehr Kunststoff recycelt.
Durch den Marketingmix wurde eine breite
Zielgruppe erreicht und ein nachhaltiger
Beitrag für die Umwelt geleistet. Aus den
gesammelten Kunststoffen werden wich­
tige Sekundärkunststoffe gewonnen, die
den lokalen Industriebetrieben kostengünstig zur Verfügung stehen. So profitiert
auch die Wirtschaft. Involvierte Agentur:
Markenkern.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
«Aus Alltagsgegenstand eine Marke geschaffen»
Björn Berchtel, Leiter Marketing,
Elkuch Josef AG, Eschen FL.
konnten wir durch das Branding Supersack die klare Positionierung erreichen.
ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber
den Mitbewerbern geschaffen werden.
Ihr Projekt hat eine Marketing-Trophy
2016 gewonnen. Überrascht vom Sieg?
Björn Berchtel: Als Provinzler aus dem
Fürstentum Liechtenstein freut es uns
besonders, und wir sind sehr stolz. Der
Gewinn dieses Titels ist für uns neben
der erfolgreichen Umsetzung eine wei­
tere Bestätigung, dass wir mit unserem
Marketingkonzept auf dem richtigen
Weg sind, und an dem halten wir fest.
Wie hoch war das Budget dafür?
Das ursprünglich geplante Budget wurde
mit 20 000 Franken festgesetzt. Da das
Projekt Supersack deutlich besser angelaufen ist als geplant und mehr Markt­
potenzial verfügbar ist als angenommen,
wurde auf 35 000 Franken aufgestockt.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Den wirtschaftlichen Erfolg konnten wir
anhand der abgesetzten Supersäcke
bzw. der dadurch generierten Umsätze
und des erwirtschafteten Deckungs­
beitrags er­mitteln. Aus Sicht der Nachhaltigkeit konnten wir zudem die CO2Ersparnis messen. Weitere Indikatoren
waren für uns die Anzahl der Zugriffe auf
unsere Website und das positive Feedback aus unserem Umfeld. Die Eroberung der Marktführerschaft durch die
Abdeckung aller Annahmestellen in
Liechtenstein und der angrenzenden
Ostschweiz war noch ein weiteres Plus.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Das Produkt an sich wurde bereits vor
uns am Markt eingeführt, jedoch haben
wir aus dem relativ einfachen Alltags­
gegenstand eine Marke geschaffen. Trotz
niedrigem Budget und einem zeitlichen
Rückstand gegenüber den Mitbewerbern
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Durch ein nachhaltiges und innovatives
Produkt unseren Kunden einen neuen
Lösungsansatz für ihre Kunststoffabfälle
bieten und unser Image als umweltbewusster Entsorgungsfachbetrieb stärken.
­Parallel dazu sollte durch die Erweiterung unseres Dienstleistungsangebots
Interview: Norman C. Bandi
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
37
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie KMU
Hashtag #bärnrockt
SC Bern Als erster Schweizer Hockeyclub implementierten die
«Mutzen» digitale Plattformen effizient in ihr Geschäftsmodell.
Patricia Schmidt
Idee Sportunternehmen stehen
vor der Herausforderung, Kult und
Kommerz in den Kampagnen gekonnt
zu vereinen. Um den Nutzen im Sponsoring- sowie Fanbereich auszubauen,
einen attraktiven Mehrwert zu schaffen und gleichzeitig Einnahmen zu generieren, lancierte die SCB Eishockey
AG unter dem kreativen Ansatz #bärnrockt eine crossmediale Kampagne mit
Print-, Outdoor-, Internet- und RadioInhalten. Die SCB-Familie sollte über
Social-Media-Kanäle und via Apps
­sowie Online-Plattformen vergrössert
werden, um so das Potenzial auch aus­
serhalb der Postfinance-Arena zu erschliessen. Der SC Bern implementierte­
mit dem Projekt als erster Schweizer
Hockeyclub digitale Plattformen effi­
zient in sein Geschäftsmodell.
SC Bern: Fans sollen als User
nachhaltig zu Kunden werden.
Ein weiteres Ziel war es, das Crossselling in den Bereichen Gastro, Merchandising und Nachwuchs zu steigern. Die neue Version der SCB App
wurde bisher rund 44 000 Mal he­
runtergeladen. Für das SCB-Game
­«Super Fan» haben sich knapp 2400
Anhänger registriert. Der neue Hashtag #bärnrockt war in etwa 35 Web-,
350 Social-Media- und 10 TV-Beiträgen präsent. Ein Grund dafür ist die
fortlaufende Steigerung der Likes und
Followers.
Fazit Mit der crossmedialen Marketingkampagne ist es dem SC Bern
geglückt, die Fans aktiv anzusprechen
und damit noch stärker mit der Marke
zu verbinden. Die Ergebnisse zeigen,
dass der SC Bern das zusätzliche Potenzial der Fangemeinschaft richtig­
erkannt und für den Club genutzt hat.
Involvierte Agentur: Republica.
Ziele Das Ziel des Projekts «Fans
werden zu loyalen Usern und nachhaltig wertvollen Kunden» war es, die
Marke SC Bern zu stärken und auszubauen. Zudem sollte die Community
ausserhalb der Postfinance-Arena
ausgeschöpft werden, indem Fans auf
sozialen Medien und via mobile Endgeräte stärker animiert und involviert
werden.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public Relations Suisse, Zürich.
«Eine Sportorganisation ist eher ein Exot»
Marc Weber, Chief Marketing Officer
(CMO), SCB Eishockey AG, Bern.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Marc Weber: Wenn man die Liste der
­nominierten Firmen durchging, war die
Nomination bereits eine Ehre. Zudem
ist eine Sportorganisation an derartigen
Veranstaltungen eher ein Exot.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Der Bereich Ticketing und klassisches
Sponsoring war bis zu diesem Zeitpunkt
nahezu ausgeschöpft. Mit der neuen
38
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Kampagne strebten wir einen zielgruppenspezifischen Marketingmix an, um
den Spagat zwischen authentischem
Fankult und wirtschaftlicher Kommer­
zialisierung zu schaffen.
Wie hoch war das Budget dafür?
Keine Angaben.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
In einem ersten Schritt wollten wir die
Marke SCB stärken und ausbauen. In
­einem weiteren Schritt versuchten wir,
Branchen-Innovationsführer auf den
­digitalen Plattformen zu werden und
durch diese neu gewonnenen Kanäle
­zusätzliche Einnahmen zu generieren.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Durch Auswertung der Buchungsquoten
der einzelnen Werbemöglichkeiten,
durch Gewinn- und Umsatzvergleiche
sowie durch stetige Zahlenanalysen.
All dies zeigt, dass wir auf dem richtigen
Weg sind.
Interview: Norman C. Bandi
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie KMU
Rahmenlose Fenster
Sky-Frame Der Markteintritt von Mitbewerbern machte einen
einzigartigen und differenzierenden Markenauftritt notwendig.
Patricia Schmidt
Idee Sky-Frame ist ein rahmenloses Schiebefenster, das
lange als einer der einzigen
Wettbewerber auf dem Markt
im Segment «qualitativ hochwertiges Luxusgut» die Produktbekanntheit bei den Zielgruppen Architekten, Bauherren und
Investoren aufgebaut hat. Der
Markteintritt von neuen Mitbewerbern forderte einen neuen,
einzigartigen und differenzierenden Markenauftritt von SkyFrame.
Der Markenauftritt von SkyFrame war bisher sehr generisch und austauschbar. Über
ein gesamthaftes Rebranding in
Form von Design und Logo sollten Emotionen und Raumgefühl
auf eine intelligente und hochwertige Weise kommuniziert
werden.
Ziele Sky-Frame konnte
den Absatz um mehr als 10 Prozent steigern und eigene Filialen
in vier Ländern aufbauen. Das
KMU gewann vor kurzem den
German Design Award 2016 in
der Kategorie Corporate Design.
Auch die Bekanntheit der Marke
konnte durch das Rebranding
profitieren: Die Likes auf Facebook sind um 66 Prozent gestiegen, die Abonnenten auf Instagram um 185 Prozent.
Fazit Das Schweizer KMU
Sky-Frame hat auf eindrucksvolle Weise gezeigt, wie Marken
auf neue Konkurrenzsituationen­
reagieren können – und sich
­dadurch sogar neue Chancen
eröffnen. Darüber hinaus ist es
gelungen, durch das Produkt
Emotionen und Raumgefühl zu
vermitteln. Involvierte Agentur:
New Identity (NEW ID).
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public Relations Suisse, Zürich.
Sky-Frame: Eines der vielen Referenzobjekte – eine Villa in den Niederlanden.
«Wir verkaufen Produkte, die an
und für sich nicht sichtbar sind»
Andrea Zürcher, Head of Marketing,
­Sky-Frame AG, Frauenfeld TG.
Wie hoch war das Budget dafür?
Keine Angaben.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Andrea Zürcher: Es ist eine schöne
­Anerkennung, sich unter den drei Finalisten in der Kategorie KMU sehen zu
dürfen.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Einen unverkennbaren Markenauftritt für
Sky-Frame zu schaffen, der die Markenwerte selbstbewusst, eigenständig und
auf allen Stufen konsequent präsentiert.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Wir verkaufen Produkte, die an und für
sich nicht sichtbar sind. Mit unserem
Auftritt wollen wir die Emotionen und
das Raumgefühl auf eine hochwertige
sowie intelligente Art und Weise kommunizieren – das für ein technisches
Produkt aus der Baubranche.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Anhand von regelmässigem Feedback
und stetigem Überprüfen der Markenwerte.
Interview: Norman C. Bandi
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
39
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Gewinner Kategorie Non-Profit-Organisationen
Das Recht auf Bildung
Bookbridge Jedes Lernzentrum in Asien ist zugleich ein Business
Case als kostenpflichtige Weiterbildung für europäische Manager.
Patricia Schmidt
Idee In vielen Teilen der Welt ist Bildung
immer noch nicht für alle zugänglich. Initiativen sehen sich oft mit einem begrenzten
Einflussbereich konfrontiert und werden oft
als isolierte Einzelaktion umgesetzt. Bookbridge stellt sich dieser Herausforderung
mit einem unternehmerischen Ansatz und
einem neuen, integrativen Bildungskonzept. In Kambodscha, der Mongolei und Sri
Lanka werden Lernzentren, die den spezifischen lokalen Bedürfnissen entsprechen,
aufgebaut.
Um die Finanzierung sicherzustellen,
stellt jedes Lernzentrum gleichzeitig einen
Business Case als kostenpflichtiges Weiterbildungsprogramm für europäische Führungskräfte dar. Die Teilnehmenden arbeiten als Unternehmer auf Augenhöhe mit
lokalen Partnern an einem nachhaltigen
Geschäftsplan, setzen diesen vor Ort um
und lassen sich am erzielten Endresultat
messen. Nach Ende dieser Weiterbildung
werden die Zentren von Bookbridge weiter
begleitet und als lokale Unternehmen weiter geführt.
Ziele Bookbridge sorgt mit diesem sogenannten Capabillity-Programm für nachhaltige, selbsttragende Entwicklungshilfe
Bookbridge: Eines
der Lernzentren im
asiatischen Raum.
und verbindet diese mit Know-how aus
westlichen Ländern. Im September 2015
­bestanden bereits 16 Lernzentren in Asien.
In Europa haben 112 Führungskräfte das
Capabillity-Programm durchlaufen und
­einen Gesamtumsatz von über 0,5 Millionen
Euro generiert. Mit dem Aufbau der Lernzentren als Social Business wird die Finanzierung langfristig gesichert. Weil die Lernzentren zwar finanziell selbsttragend, aber
nicht gewinnorientiert sind, sind die Schulgebühren tief und das Angebot somit für die
breite Masse zugänglich.
Fazit Das Programm von Bookbridge
wirkt als Geschäfts- und Bildungsmodell –
und verbindet so zwei Welten. Beim Aufbau
eines Lernzentrums agieren «Nord und
Süd» als gleichberechtige Unternehmer.
Dieses nachhaltige Bildungskonzept mit
Ressourcen und Wissen aus Nord und
Süd ist nicht nur neu und innovativ, sondern
auch erfolgversprechend. Involvierte Agentur: Contexta.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public R
­ elations Suisse, Zürich.
«Unser Marketingbudget ist 0 Franken»
Carsten Rübsaamen, Chief Executive
­Officer (CEO), Bookbridge, Basel.
Ihr Projekt hat eine Marketing-Trophy
2016 gewonnen. Überrascht vom Sieg?
Carsten Rübsaamen: Der Gewinn der
Marketing-Trophy 2016 in der Kategorie
Non-Profit-Organisationen ist eine grosse
Auszeichnung für uns. Unsere Mission als
NPO ist es, Menschen zu befähigen, das
zu tun, was sie wirklich wollen. Wir freuen
uns, dass wir unsere Leidenschaft mit
­einem grossen Publikum teilen dürfen.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Storytelling ist für uns ein zentrales Element, keine Innovation. Im Mittelpunkt
40
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
stehen die Menschen, die wir erreichen,
und das, was sie mit den bei uns gelernten Fähigkeiten auf die Beine stellen.
­Darüber informieren wir direkt sowie
unverfälscht via Social Media.
Wie hoch war das Budget dafür?
Unser Marketingbudget ist 0 Franken.
Unsere Werbeagentur Contexta unterstützt uns pro bono, sprich zum Wohle
der Öffentlichkeit.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Mit unseren Marketingmassnahmen
möchten wir die Ziele, die Werte und die
Wirkung von Bookbridge einem immer
­grös­ser werdenden Publikum zugänglich
machen. Unternehmen sollen angeregt
werden, ihre Mitarbeitenden mit unseren Capability-Programmen zu fördern.
Stiftungen und Privatpersonen sollen
für Investitionen in Lernzentren in Asien
gewonnen werden.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Erfolg und Misserfolg messen wir an unseren Umsatzzahlen sowie an der sozialen Wirkung, die wir mit unseren Lernzentren in Asien erzielen.
Interview: Norman C. Bandi
special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Non-Profit-Organisationen
Ein sauberer Drecksack
Basel-Stadt Das Amt für Umwelt und Energie bekämpft Littering
mit einem kostenlosen Kunststoffmüllbeutel, dem «Drägg-Sagg».
Patricia Schmidt
Idee Wie in jeder Grossstadt ist Littering auch in Basel ein gesellschaftliches
Problem. Um die Situation zu verbessern,
lancierte das Amt für Umwelt und Energie
des Kantons Basel-Stadt eine Kampagne,
die einen sympathischen provokativen
Charakter hat und keinesfalls mahnend
oder belehrend wirkt. Mit dem Ansatz
«richtiges Handeln belohnen, statt falsches
bestrafen» wurde rund um die wichtigsten
Take-Away-Shops, deren Produktver­
pa­
ckungen einen Grossteil des Litterings verursachen, ein kostenloser Kunststoffmüllbeutel – der «Drägg-Sagg» – abgegeben. So
konnte der Abfall einfach in einem öffentlichen Container entsorgt werden.
Auf jedem «Drägg-Sagg» wurde 2014 ein
Gewinncode aufgedruckt – wer korrekt entsorgte konnte einen Sofort- oder Wochenpreis gewinnen. Die Massnahme wurde
über Plakate, Kleber, beteiligte Partner
­sowie in Kooperationen mit lokalen Me­
dien und Promotionen an den Littering-­
Hotspots kommuniziert.
Ziele Während der Kampagnendauer
l
Base
Halt
suub
er
Ein gemeinsames Engagement von:
Basel-Stadt: Detailhändler als Partner der
Aktion des Amts für Umwelt und Energie.
wurden rund 400 000 Drecksäcke ab­
gegeben und die mobile Website wurde
etwa 48 000 Mal aufgerufen. Die Aufmerk­
samkeit für die Anti-Littering-Kampagne
übertraf die Erwartungen – auch noch
nach Projektende. Der schönste Erfolg
war jedoch, dass gemäss der Basler Stadtreinigung alle Drecksäcke korrekt entsorgt
wurden.
Fazit Durch den ungewöhnlichen
­ nsatz wurde eine hohe Aufmerksamkeit
A
für das Projekt generiert und nachhaltig
­etwas bewirkt. Der «Drägg-Sagg» ist ein
­gutes Beispiel für eine effiziente und innovative Lösung eines bekannten Problems.
Idee, Konzept sowie Realisation: ­Valencia
Kommunikation, mobile Umsetzung des
Reward-Programmes inspiriert durch
Tagxy Concepts.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public Relations Suisse, Zürich.
«Unpopuläres sympathisch thematisieren»
Matthias Nabholz, Leiter Amt für Umwelt
und Energie, Kanton Basel-Stadt, Basel.
Littering-Prävention, undramatisch und
nicht belehrend.
stimmt werden – zum grossen Vorteil für
die Kampagne.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Matthias Nabholz: Die Nomination
ist eine tolle Anerkennung für eine
­Kam­pagne, die es offenbar geschafft
hat, ­etwas Unpopuläres wie Littering
­effektvoll und sympathisch in der
­Öffentlichkeit zu thematisieren.
Wie hoch war das Budget dafür?
Das Budget betrug im vergangenen Jahr
rund 54 000 Franken.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Die Kampagne wurde bereits zweimal
durchgeführt. 2014 wurde eine umfassende Auswertung vorgenommen, auch
um die Reichweite des Wettbewerbs zu
messen. 2015 war kein Wettbewerb mehr
als zusätzlicher Anreiz nötig und eine
statistische Auswertung erübrigte sich.
Es ist allerdings offensichtlich, dass die
­verteilten «Drägg-Segg» nicht auf den
­öffentlichen Plätzen herumliegen, sondern mehrheitlich in den zur Verfügung
gestellten Containern landen. Damit
wird das Hauptziel rein optisch erreicht.
Und weil die Kampagne so erfolgreich ist,
soll sie auch 2016 durchgeführt werden.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Der «Drägg-Sagg» ist ein Instrument, das
unmittelbar zum Handeln anleitet. Wer
im Detailhandel einen Lunch kauft, diesen im «Drägg-Sagg» verstaut, um auf
der nächsten Parkbank zu Mittag zu
­essen, wird die übriggebliebenen Ver­
packungen wieder in den «Drägg-Sagg»
stecken – und diesen in den nächsten
Abfalleimer. Das ist das Ziel: Einfachste
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Die Agentur Valencia Kommunikation
konnte uns aufzeigen, wie eine gesellschaftliche Problematik wie Littering so
aufgegriffen und dargestellt werden
kann, dass der Weg zum Handeln für die
Zielgruppen einfach ist. Wichtig war
auch, dass alle am Projekt beteiligten
Partner, der Detailhandel und die Verbände, ganz hinter der Aktion stehen
konnten. Deshalb durften und mussten
die Marketinginstrumente genau auf
jene der beteiligten Detailhändler abge-
Interview: Norman C. Bandi
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
41
Special markt+verkauf
Marketing-Trophy 2016 Nominiert Kategorie Non-Profit-Organisationen
Ohne schrille Werbung
Authentica Der Verein organisiert jährlich eine Spezialitätenmesse für
Kleinproduzenten und wirbt dafür mit einer inseratefreien Broschüre.
Patricia Schmidt
Idee Der Verein Authentica Schweiz
will Kleinproduzenten in den Bereichen
Lebensmittel und Kunsthandwerk eine
einzigartige Messeplattform bieten. An­
ders als bei klassischen Messen werden
Locations mit Möglichkeit zu Ent­de­
ckungsreisen gewählt, beispielsweise
stillgelegte Klöster. Kleinproduzenten
sind persönlich vor Ort und stellen ihre
Produkte ohne schrille Werbung vor.
Dadurch sollen wertorientierte Kunden
erreicht werden.
Die Kommunikation findet haupt­
sächlich über ein inserateloses Messe­
Booklet statt, das über die Aussteller
verteilt wird. Total wurden 30 000 kos­
tenlose Exemplare an die entsprechende­
Zielgruppe abgegeben. Die Broschüre
diente aber nicht nur als Werbemittel,
sondern auch als schönes Porträtbuch
der Aussteller sowie als Nachschlage­
werk zum Entdecken der persönlich
­geprägten Produkte.
Authentica: Events
mit Möglichkeit zu
Entdeckungsreisen.
Zudem belegte die Authentica­2014 den
2. Platz am Tourismuswettbewerb des
Kantons Solothurn.
Fazit Die Spezialitätenmesse Au­
thentica stellt den Menschen und dessen
Schaffen ins Zentrum und macht so ei­
genständige Kleinproduzenten auffind­
bar, die sich mit ausserordentlich h
­ ohem
Engagement für eine bestimmte Pro­
duktspezialität einsetzen. Involvierte
Agentur: Bruppacher & Partner.
Ziele Die Spezialitätenmesse konn­
te im zweiten Jahr bereits 1500 Gäste
mehr gewinnen als im Vorjahr – das, ob­
wohl der Eintritt nicht mehr gratis war,
sondern 7 Franken pro Person kostete.
Patricia Schmidt, Beratung, Serviceplan
Public Relations Suisse, Zürich.
«Schweizweit mit grossen Playern messen»
Rafael Waber, Vorstandsmitglied,
Verein Authentica Schweiz, Solothurn.
artiger Atmosphäre wie beispielsweise in
einem ehemaligen Kapuzinerkloster.
Ihr Projekt war für eine Marketing-­
Trophy 2016 nominiert. Zufrieden?
Rafael Waber: Grosse Überraschung und
viel Freude am Erfolg: Unser kleiner
­Verein darf sich in der Disziplin Marke­
ting schweizweit mit grossen Playern
messen. Da haben wir wohl etwas richtig
gut gemacht.
Wie hoch war das Budget dafür?
Ursprünglich 9000 Franken. Diese
­wurden im Verlauf des Projektes auf
rund 30 000 Franken aufgestockt.
Inwiefern ist Ihre Idee innovativ?
Wir schaffen die persönliche Verbindung
zwischen eigenständigen, profilierten
Kleinproduzenten und werteorientierten
Konsumenten. Dies jeweils in einzig­
42
handelszeitung | Nr. 10 | 2016
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer/Ihren
involvierten Werbe- und/oder
Medienagentur(en) gesteckt?
Wir erhofften – und schufen – ein Werbe­
mittel, das zur Philosophie der Speziali­
tätenmesse Authentica passt und sich
aufgrund der hohen Inhaltssubstanz
­innerhalb der definierten ZielbesucherSegmente fast wie von alleine und mit
wenig Verlust streut. Es entstand unsere
inseratefreie Messebroschüre, die heute
von Besuchern gesammelt und oftmals
als Nachschlagewerk verwendet wird.
Wie haben Sie den Erfolg der gesteckten
Ziele gemessen?
Wir haben Jahr für Jahr die Besucher­
eintritte gezählt und von den ausstellen­
den Kleinproduzenten ein qualitatives
Feedback bezüglich Kommunikation
eingeholt. Beide Resultate – da sind sich
Auftraggeber und Agentur auch heute
noch einig – sprechen für eine heraus­
ragende Kommunikationsleistung.
Interview: Norman C. Bandi
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