Frisbee-Scheiben

Spielgräte selber bauen
Low tech statt hight tech
Frisbee-Scheiben
„Frisbeescheiben sind ein ideales Sportgerät für die Schule. Sie
kosten nicht viel, sind leicht zu lagern, einfach zu transportieren“
(Neumann 2004, S,. 20) …. und sind schnell selbst hergestellt. Man
muß nicht immer teure Markenartikel verwenden, sondern kann
auch auf frisbee-ähnliche Gegenstände oder gar auf selbst hergestellte Frisbee zurückgreifen. Letztere Aussage löst bei vielen
Sportkollegen und – kolleginnen oft ungläubiges Kopfschütteln
aus. Vor allem dann, wenn selbstgebaute Frisbees im Sportunterricht mit Inhalten anderer Fächer (z.B. „Flugeigenschaften“) in
Verbindung gebracht werden sollen, sind die „Selbstgebauten“
äußerst hilfreich.
Ein möglicher Einstieg einer
Stunde
28 Fünftklässler einer verträumten
schwäbischen Realschule lauschen der
Stundeneröffnung einer Studentin:„Heute
habe ich euch ein neues Spielgerät mitgebracht“ und zeigt eine quietsche gelbe
Frisbee-Scheibe. Die Schüler schmunzeln
…“ein neues Spielgerät“ … Die Studentin ist über solche Reaktionen „erstaunt“:
… „Dann können wir ja gleich loslegen.
Bewegt euch frei in der Halle und werft
euch die Scheibe so zu, dass sie nicht auf
den Boden fällt“.„Eine Scheibe für so viele …“, meckert ein Schüler zu Recht. „Das
wird ganz schön ätzend“, ergänzt eine
Schülerin. „Ihr habt ja recht“, antwortet
die Studentin kleinlaut, „aber wie wollen
wir denn spielen? “ …. Ratlosigkeit macht
sich breit. „Wir basteln uns einfach selbst
eine Frisbee-Scheibe. Seht her, ich habe
euch einen Packen Zeitungen, Scheren
und Klebeband mitgebracht“….
Unterschiedliche
Frisbee-Scheiben
Will man das Thema„Frisbee“ im Unterricht
behandeln, kann man Billigscheiben (oft
Werbegeschenke) und Markenfabrikate,
„Ersatz-Scheiben“ (Bierdeckel, Papp-Teller, Eimerdeckel, Deckel von Tupper-Ware,
Deckel vom großen Aldi-Joghurt, etc.)
oder selbst gefertigte verwenden.
Soll nun in der Tat die Frisbee-Scheibe
selbst gefertigt werden, kann diese – mehr
oder weniger technisch und gestalterisch
anspruchsvoll – z. B. aus den Materialien
Kunststoff, textilem Stoff und Zeitungspapier bzw. Pappe hergestellt werden.
Frisbee-Scheibe aus
Kunststoff
Selbstgebaute Frisbees eröffnen neue Spielmöglichkeiten
3/2005
Für diese Frisbee-Variante wird Elektrokabel (dreiadriges, noch besser vieradriges
mit Kupferdraht), Klebeband und kräftige
Dampfsperre sowie Schere und eine geeignete Zange zum Trennen des Elektrokabels benötigt. („Dampfsperre“ ist eine
robuste Kunststofffolie, die zur Isolation
z.B. von Dachausbau benutzt wird und als
Meterware in jedem Baumarkt erworben
werden kann.)
Weuthen (2002, S. 47) empfiehlt statt der
Dampfsperre Kunststofftüten. Mit diesen
können zwar – je nach Design – sehr interessante Frisbee hergestellt werden, auch
ist dieser Kunststoff besser zu bearbeiten,
doch die Dampfsperre ist wesentlich
haltbarer.
Aus einem 80 cm langen Kabelstück ist
zunächst ein Ring herzustellen, der einen
Durchmesser von ca. 25 cm hat. (…der
Zusammenhang zwischen Durchmesser
und Umfang kann auch entsprechend
der Klassenstufe als Rechenproblem
aufgegriffen werden ….) Die Enden sind
stumpf (als nicht überlappend) mit gutem Klebeband (z.B. Tape) zu verbinden.
Danach ist aus dem Kunststoff ein Kreis
auszuschneiden, der entweder identisch
ist mit dem Ring oder einen 3 – 5 cm größeren Durchmesser hat.
Bei dem identischen Kreis werden 4 cm
lange Klebestreifen (im Abstand von ca.
einem Zentimeter) so aufgeklebt, dass sie
zwei Zentimeter über den Rand ragen, wobei dieser Anblick einem Zahnrad ähnelt.
Die überstehen Teile der Klebestreifen
werden dann von oben-außen an das
Kabel nach innen bzw. an den inneren
Teil der Folie geklebt.
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Spielgräte selber bauen
Bei dem überstehenden Kreis ist die Folie im
Abstand von einem Zentimeter bis zum Ring
einzuschneiden. Die so entstandenen Streifen werden dann nach innen an das Kabel
gelegt und mit Klebeband festgeklebt.
Frisbee-Scheibe aus textilem
Stoff
Zwei Scheiben aus Stoff mit einem Durchmesser von ca. 28 Zentimeter werden deckungsgleich zusammengenäht, wobei
die Naht 3 bis 3,5 Zentimeter parallel zum
Rand verläuft. Die zweite Naht verläuft so
weit wie möglich außen auch parallel zum
Rand. Es muß aber zunächst eine Öffnung
bleiben, so dass ein entsprechend langes
Kabel (siehe oben) eingeführt werden
kann. Danach ist die Öffnung zu verschließen.
Weuthen (2002, S. 47) schlägt vor Sand
oder Reis als Füllmaterial zu benutzen,
das Kabel hat sich allerdings als stabiler
erwiesen. In www.do-it-werkstatt.ch wird
ein kleines Stoff-Frisbee für die Hosentasche vorgestellt, das mit einem Bleiband
verstärkt ist. Bei dieser Variante ist allerdings der Rand entsprechend schmäler
zu gestalten.
Frisbee-Scheibe aus Pappe
Ein Pappteller kann nicht nur alleine
fliegen, sondern auch mit einem FlugBegleiter: Dazu werden zwei Pappteller
so zusammengeklebt, dass sich die Innenseiten genau gegenüberliegen. Wer
es besonders spannend will, legt einige
Rosinen oder Haselnüsse in den Innenraum des „Ufos“. Aus Sicherheitsgründen
sollten die Ränder auf keinen Fall zusammengetackert werden.
Frisbee-Scheibe aus Zeitungspapier
Die Herstellung einer Zeitungs-Frisbee
ist etwas aufwendiger und erfolgt in
drei Schritten. Man benötigt hierzu eine
möglichst große Zeitung, eine Schere und
Klebeband.
1. Herstellung des Ringes:
Ein Zeitungsblatt wird möglichst klein
zusammengerollt. Rollt man diagonal,
so wird die so entstandene Stange etwas länger, wobei nach dem Rollen die
Stange flach gedrückt werden kann. Man
kann aber auch streifenweise die Zeitung
aufrollen. Der Ausgangsstreifen sollte dabei ca. 2-3 cm breit sein. Der Streifen wird
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nun zu einem
Ring gebogen
und die Enden
zusammengeklebt.
Die
Enden sollten
auf keinen Fall
getackert werden.
2. Herstellung
der Abdeckung
Besonders interessant ist es, die Papier-Varianten zu vergleichen, weil der
Der Ring wird
Zugang und das Material für alle gleich ist
Fotos (4): Wagner
nun auf eine
Bei der „Experimentellen Aufarbeitung“
Zeitung mit 2 – 3 Schichten gelegt. Die
könnte z.B. die Marken-Frisbee mit den
Zeitungsseiten sollten dabei 4 bis 5 cm
verschiedenen Deckeln, mit der Papplänger und breiter sein als der DurchmesFrisbee, mit einer guten Zeitungs-Frisbee,
ser des Ringes. Als erstes werden die Ecken
mit einer Kunststoff-Frisbee und mit einer
abgeschnitten. Ebenso sollte von außen
Stoff-Frisbee verglichen werden. Dieser
– im Abstand von etwa zwei Zentimeter
Vergleich könnte z.B. unter den Aspekten
- bis etwa zu dem Ring eingeschnitten
Handhabung, Flugeigenschaften, Gewicht,
werden.
Design, Haltbarkeit und Verwendungsmöglichkeiten durchgeführt werden.
3. Schließen des Ringes:
Der Ring liegt nun über dem eingeschnitBesonders interessant ist es, die Papierten Zeitungspapier. Die einzelnen Streifen
Varianten deshalb zu vergleichen, weil
werden dann über den Ring nach innen
der Zugang (Ring mit Abdeckung) und
gelegt, ggf. unter den Ring geschoben und
mit Klebeband oder Tesafilm festgeklebt. das Material (Papier mit Klebeband) für
alle gleich ist:
(Eine ähnliche Vorgehensweise wird in
www.kids.muc.kobis.de vorgeschlagen, Wieso fliegen runde Scheiben besser als
eckige – und warum fliegt eine Scheibe
bei der noch Krepppapier zur Verschönemit einem kleinen Loch so merkwürdigrung benutzt wird.)
und mit einem großen gar nicht? Einige
der Schüler werden dabei fast „wissenErweitertes Bauen
schaftliche“ Antworten geben. Auf jeden
Wenn es darum geht, möglichst schnell
Fall kommen sie zu dem Ergebnis, dass
eine Scheibe unmittelbar vor dem Sporteine gute Frisbee-Scheibe folgende Eiunterricht in der Sporthalle oder auf dem
genschaften haben muß:
Sportplatz herzustellen, ist diese Vorgehensweise die schnellste:
Eine gute Scheibe ist – bezogen auf eine
Die Schüler bekommen eine klare
normale Tageszeitung – maximal groß und
Bauanleitung und können wenig handmöglichst rund, die Decke ist relativ stawerklich experimentieren. Alle haben
bil bei 3 bis 5 Zeitungsschichten und der
ungefähr die gleiche Scheibe. Will man
Kranz ist nicht höher als 2 bis 3 cm.
dagegen das Produkt außerhalb der
Sportstunde herstellen, bieten sich
Spielmöglichkeiten
handwerkliche Varianten an, die später
Die Verwendungsmöglichkeiten einer
sehr nutzbringend zu einer „Produktaselbstgebauten Frisbee unterscheiden
nalyse“ genutzt werden können. Solche
sich prinzipiell nicht von der einer indusVarianten können sein:
triell gefertigten. Anregungen finden sich
- mehr oder weniger breiter Ring
z.B. in Neumann, Kittsteiner & Lassleben
- mehr oder weniger große Scheibe
(2004), Neumann (2004 und 2005), Lange
- runde, ovale, eckige Kränze
(2002) oder Bucher (2002, S. 193 – 216).
- Scheibe geschlossen, Scheibe offen
(dabei befindet sich ein Loch , DurchVergleicht man nun eine Kunststoff-Frismesser ca. 5cm, in der Mitte der Scheibee mit einer Papier-Frisbee, dann ist ersbe)
tere letztere überlegen: Sie fliegt schneller
- Kombinationen der Punkte 1 bis 4
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und ist robuster. Die Papier-Scheibe weicht
beispielsweise bei Nässe auf, man kann
beim Fangen nicht so fest zupacken und
drauf treten sollte man schon gar nicht.
Sie hat jedoch einen großen Vorteil: Eben
durch ihre weiche Beschaffenheit ist ein
Körperkontakt mit ihr nicht so schmerzhaft, was vor allem Kindern die Angst vor
anfliegenden Scheiben nehmen könnte.
So ist es möglich, bereits mit jüngeren
Schülern „Ultimate-Frisbee“ zu spielen.
Bei diesem Mannschaftsspiel müssen die
Schüler und Schülerinnen versuchen, die
Frisbee in der Endzone der gegnerischen
Mannschaft zu fangen. Laufen mit der
Scheibe ist nicht erlaubt, sie darf nur im
Stand zugepasst werden. (Ausführliches
zum Spielgedanken und zu den Spielregeln in SportPraxis 1 und 2/1998
Hubertus Schulz, Ultimate Frisbee; Bucher,
2001, S. 195).
Als Variante von Ultimate-Frisbee könnte
– allerdings nur mit der Papier-Frisbee
– „Handball-Frisbee“ gespielt werden: Ein
Treffer ist erzielt, wenn die Scheibe z.B.
durch ein (Stangen)tor befördert wurde.
Höhe und Breite des Tores sollten von den
Möglichkeiten der Gruppe und Halle abhängig gemacht werden, wobei die Tore so
aufzustellen sind, dass von beiden Seiten
zu treffen ist (Auf dem Bild sieht man selbst
gefertigte Tore aus Papp-Röhren. Wie diese hergestellt werden, wird in einer der
nächsten Ausgaben dargestellt).
Was außerordentlich viel Spaß macht
– und was wiederum nur mit der PapierFrisbee empfehlenswert ist - ist Völkerball.
Da die anfliegende Frisbee im Regelfall
eine andere Flugbahn beschreibt als ein
anfliegender Ball, sind andere Wahrnehwerfen
„Handball-Frisbee“: Tore können von beiden Seiten erzielt werden
mungen und Reaktionen gefordert, was
wiederum zur Erweiterung des Bewegungsrepertoires beiträgt: Gespielt wird
nach den bekannten Regeln, wobei die
Felder kleiner sein sollten. Geworfen wird
mit der üblichen „Rückhandtechnik“ (vgl.
Neumann, 2004, S. 21). Da nun das Völkerballspiel im Vordergrund steht, werfen
viele Kinder allerdings mit der „Kernwurftechnik“ im Stile eines Handballers.
Diese neue Völkerball-Variante kann
unterschiedlich eingeführt werden: Da
den meisten Schülern das Spiel bekannt
ist, kann es ohne Hinführung mit einer
Papier-Frisbee-Scheibe gespielt werden.
Entweder die Schüler entwickeln im
Verlaufe des Spieles die Wurftechnik, mit
der am wahrscheinlichsten die anderen
getroffen werden können, oder nicht.
Wenn nicht, dann kann das Problem situativ aufgegriffen und besprochen werden
(induktiver Zugang).
Man kann aber auch vorbereitende Spielformen, z.B. als Partnerarbeit oder zu mehreren,
anbieten (deduktiver Zugang, Tab. 1).
„fangen“
Anzahl Spielerinnen
zuwerfen auf
Kniehöhe
Hochspringen und die Frisbee durch die
Beine gleiten lassen
2 -3
zuwerfen auf
Brusthöhe
Die Arme bilden einen Ring und die Frisbee
soll durch diesen Ring gleiten; die Frisbee
mit der Brust „stoppen“ und danach fangen
2-3
zuwerfen auf
Schulterhöhe
die Frisbee „köpfen“; die Frisbee mit dem
Kopf fangen, so dass sie als „Hut“ auf dem
Kopf liegen bleibt
zuwerfen bis höchstens Die Frisbee im Stile eines
Schulterhöhe, sie soll
Handballtorwarts „abwehren“.
dabei durch zwei
Stangen fliegen
Tab. 1: Vorbereitende Spielformen
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2
2-5
Ausblick
Im Anschluss an eine Frisbee-Einheit kann
vom Werfen mit dem Tennisring zu anderen Wurftechniken übergeleitet werden.
Grundschüler nutzen dann häufig ihre
Papier-Frisbee als Gefäß für ihre Stifte
anderen Utensilien. Ganz kreative bohren zwei Löcher in den Kranz, bringen ein
Gummi an und „zweckentfremden“ die
Scheibe als Kopfbedeckung
Anschrift der Verfasser:
Dr. Hans-Jürgen Wagner
Blumenstr. 38
69168 Wiesloch
[email protected]
Literatur:
Bucher, W. (Hrsg.) (2002). 1016 Spiel- und
Übungsformen für Sportarten mit Zukunft (Frisbee S. 193 – 216). Schorndorf:
Hofmann.
Lange, H. (2002). Der Flug der Scheibe.
Vom Werfen und Fangen mit Frisbees.
Sportpädagogik, 6, 12-15.
Neumann, P.; Kittsteiner, J. & Lassleben, A.
(2004). Faszination Frisbee. Übungen,
Wettkämpfe und Spiele mit der Frisbeescheibe. Wiebelsheim: Limpert.
Neumann, P. (2005). Aufwärmen mit
Frisbeespielen. In Sport-Praxis, 46, Heft
1, S. 11-14.
Neumann, P. (2004). Frisbee in der Schule.
In Sport-Praxis, 45, Heft 6, S. 20-24.
Weuthen, E. (2002). Flatterflieger und
Tütenfrisbee. Pausenspiele selber bauen.
Sportpädagogik, 6, 42- 49.
www.kids.muc.kobis.de/muenchen/
interaktiv/bastelttip2.htm
www.sportunterricht.de/ultimate
www.do-it-werkstatt.ch/do-it/
textilkurz6.htm
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