Marktneutrale Aktienstrategien

Marktneutrale
Aktienstrategien
Alternatives
Christopher Clarke
Alternative Investment
Strategist,
Allianz Global Investors
Generierung von Erträgen über den gesamten
Marktzyklus hinweg
Das aktuelle Niedrigzinsumfeld, die hohen Bewertungsniveaus
in einigen Assetklassen und die sich abzeichnende höhere
Marktvolatilität veranlassen Investoren zunehmend, ihre bisherige
Asset-Allokation im Hinblick auf die Einbeziehung oder Ausweitung
alternativer Anlagestrategien zu überdenken. In Anbetracht des
aktuellen Kapitalmarktausblicks dürfte der Bedarf an Alphaquellen,
Volatilitätsmanagement und marktneutralen Lösungen / Strategien
mit niedrigem Beta verstärkt im Fokus der Investoren stehen, die vor
allem auf der Suche nach Produkten mit geringer Korrelation zum
Gesamtmarkt / Aktienmarkt sind.
Alternative Aktienstrategien als
Renditequelle
Harald Sporleder
Investment Style
Leader Hedge Funds,
Senior Portfolio
Manager European
Equities,
Allianz Global Investors
Quelle: Hedge Fund
Research
1
Alternative Anlagestrategien generieren unter
denselben Marktbedingungen in der Regel andere
Performancemuster als Long Only-Strategien
in Aktien oder Anleihen (siehe auch „Gründe
für alternative Investments“). Alternative
Aktienstrategien setzen für ihre Portfolios
ausschließlich auf Aktien oder aktiengebundene
Instrumente. Aufgrund von Unterschieden
in der Anlagestrategie (z. B. in Gestalt von
Konzentrationsgrenzen, Risikomanagementansatz
oder Investmentprozess) weisen diese Strategien
ein mitunter deutlich voneinander abweichendes
Rendite-Risiko-Profil auf.
Insgesamt betrachtet stellen alternative
Aktienstrategien jedoch ein reifes Segment
innerhalb des Spektrums alternativer Investments
dar. So belief sich das weltweit in alternativen
Aktienstrategien verwaltete Gesamtvolumen gegen
Ende des zweiten Quartals 2015 auf 847 Mrd. USD1 –
ein Zuwachs von rund 24 % gegenüber 2007 – und
erreichte damit ein neues Rekordhoch. Der Trend
positiver Nettomittelzuflüsse in das Segment hält
auch im Jahr 2015 an.
In der Vergangenheit waren alternative
Anlagestrategien üblicherweise nur einem
eingeschränkten Kreis institutioneller Investoren
über Offshore-Strukturen wie Cayman-Fonds
und Limited Partnerships zugänglich. Jüngste
regulatorische Änderungen begünstigten
jedoch die Entwicklung einer Reihe von
Fokus: Marktneutrale Aktienstrategien
Onshore-Anlagevehikeln, die sich alternativer
Anlagestrategien bedienen. Mit der Auflage
zahlreicher alternativer UCITS III-Fonds2 nach der
Finanzkrise haben Investoren inzwischen Zugang
zu liquiden alternativen Investmentstrategien,
die vollständig reguliert sind und bezüglich
Risikokontrolle und Transparenz hohe Standards
erfüllen.
Vielfältige
Ausgestaltungsmöglichkeiten
Alternative Aktienstrategien unterschieden sich
erheblich in Bezug auf Risiko-Rendite-Profil
und Exposure zum Markt (siehe Schaubild 1).
Traditionelle Long / Short-Strategien können ein
direktionales Marktrisiko und / oder Netto-Exposure
eingehen. Im Rahmen alternativer Aktienstrategien
entspricht das „Netto-Exposure“ dem Wert des
„Long-Exposures“ des Portfolios (Konstruktion
einer Position, um vom Kursanstieg einer Aktie oder
eines Index zu profitieren) abzüglich des Werts des
„Short-Exposures“ (Konstruktion einer Position, um
vom Kursrückgang einer Aktie oder eines Index zu
profitieren); das „Brutto-Exposure“ entspricht der
Summe von Long- und Short-Exposure. Marktneutrale
Strategien verfolgen das Ziel, das Gesamtmarktrisiko
(Beta) zu eliminieren und / oder das Netto-Exposure
zu begrenzen, d. h. ein Portfolio zu konstruieren, das
unabhängig von der Richtung des Gesamtmarktes
Erträge generiert. Die Grenze zwischen diesen beiden
Anlagestilen ist jedoch fließend.
Schaubild 1: Marktneutrale Strategien
verfolgen den Ansatz, das Gesamtmarktrisiko
zu eliminieren
Alternative Aktienstrategien unterscheiden sich im Hinblick auf ihr
Risiko-Rendite-Profil und Exposure zum Markt
Netto-Exposure
125%
100%
Quelle: Allianz Global Investors.
Diese Abbildung dient lediglich zu Illustrationszwecken.
Marktneutral
Short Bias
Long Bias
Long/Short
Directional
Long Only
0%
Long Only
Eine traditionelle „Long Only“-Anlagestrategie ist
typischerweise nicht gehebelt, das Brutto-Exposure
ist also zu 100 % auf den Nettoinventarwert (NAV)
des Portfolios beschränkt. Daneben muss sie in der
Regel voll investiert sein, kann eine BenchmarkOrientierung beinhalten und darf kein ShortExposure eingehen.
Long / Short Directional
Direktionale Long / Short-Strategien bieten volle
Flexibilität, um ein direktionales Markt-Exposure
und / oder Netto-Portfolio-Exposure einzugehen.
Üblicherweise erhoffen sich Manager dadurch,
sowohl von einem direktionalen Markt-Exposure
(Beta) als auch von einer Out- / Underperformance
ihres spezifischen Long- / Short-Exposures (Alpha) zu
profitieren. Diese Strategien können auch gehebelt
sein, um das Brutto-Portfolio-Exposure auszuweiten
und damit das Ertragspotenzial zu erhöhen.
Long Bias
Long Bias-Strategien sind eine Mischung aus Long
Only- und direktionalen Long / Short-Strategien.
Diese Strategien werden typischerweise benötigt,
um ein Long-Portfolio-Exposure zu halten, sie
können jedoch auch verwendet werden, um ein
begrenztes Short-Exposure einzugehen. Das BruttoExposure dieser Strategien kann zudem deutlich
stärker ausgeprägt sein als das eines traditionellen
Long Only-Portfolios. Ein gutes Beispiel für Long
Bias-Aktienstrategien sind 130 / 30-Strategien.3
Bei „Organismen für
gemeinsame Anlagen
in Wertpapieren“
(OGAW), auch bekannt
als „Undertakings for
Collective Investment
in Transferable
Securities“ (UCITS),
handelt es sich um
Investmentfonds, die
dem gemeinsamen
Rechtsrahmen der
Europäischen Union
unterliegen. Sie
umfassen etwa 75 %
der kollektiven
Kapitalanlage kleiner
Anleger in Europa.
Siehe EU-Kommission,
http://ec.europa.eu/
finance/investment/
ucits-directive/index_
de.htm. OGAW-Fonds
können global
vertrieben werden, mit
Ausnahme der USA
2
Diese Strategien
setzen sich aus einer
Long-Position von
130 % und einer ShortPosition von 30 %
zusammen.
3
Short Bias
Short Bias-Aktienstrategien zeichnen sich dagegen
durch ihr Short-Netto-Exposure aus. Diese Strategien
können in fallenden Aktienmärkten eine gute
Wertentwicklung erzielen, neigen in steigenden
Märkten bzw. Bullenmärkten jedoch häufig zur
Underperformance.
Marktneutrale Strategien
Bei einer marktneutralen Strategie wird ein LongExposure in einzelnen Aktien oder Indizes mit einem
Short-Exposure in anderen Aktien oder Indizes
kombiniert. Neben der Suche nach erfolgreichen
oder unterbewerteten Unternehmen zur Aufnahme
in das Long-Portfolio müssen Portfoliomanager auch
Unternehmen aufspüren, die überbewertet sind
oder die eine Underperformance erwarten lassen,
um durch Short-Positionen in diese Unternehmen
ein niedriges / neutrales Netto-Exposure und ein
ausgewogenes Portfolio zu erreichen.
2
Fokus: Marktneutrale Aktienstrategien
Schaubild 2: Diversifikationspotenzial marktneutraler Strategien
Korrelationsanalyse: UCITS Index Market Neutral, Long / Short Equity, MSCI World und MSCI Europe*
UCITS Index
Market Neutral
UCITS Index Market Neutral
UCITS Index
Long / Short Equity
MSCI World
MSCI Europe
1,000
UCITS Index Long / Short Equity
0,522
MSCI World
0,257
1,000
0,778
1,000
MSCI Europe
0,280
0,786
0,927
1,000
*) Zeitraum: Januar 2008 bis Juli 2015. Alle Indizes in EUR. Quellen: Datastream, AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research.
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.
Entwickeln sich die Long-Positionen besser als die
Short-Positionen (oder verlieren die Long-Positionen
in fallenden Märkten weniger als die ShortPositionen), dann wird eine positive Rendite erzielt.
Die Ertragsgenerierung sollte somit unabhängig
von der Richtung der Gesamtmarktentwicklung
sein und stattdessen von der Genauigkeit der vom
Manager prognostizierten Streuung der relativen
Wertentwicklung von Aktien und Indizes abhängen.
Auf diese Weise steht Investoren mit marktneutralen
Strategien eine reine Alpha-Quelle zur Verfügung.
Marktneutrale Aktienstrategien –
Niedrige Korrelation mit
traditionellen Anlagestrategien
Da bei marktneutralen Strategien kein
direktionales Markt-Exposure vorliegt, wies
ihre Wertentwicklung in der Vergangenheit
eine niedrige Korrelation mit der Performance
traditioneller Long Only-Anlagestrategien auf.
Die Einbeziehung marktneutraler Strategien
kann sich damit positiv auf die Diversifikation des
Gesamtportfolios auswirken. Belegt wird dies durch
eine Korrelationsanalyse der Erträge des UCITS
Index Market Neutral mit jenen der Aktienindizes
MSCI World und MSCI Europe (siehe Schaubild 2).
Aufgrund ihrer geringen Korrelation zu anderen
Portfolio-Assets eröffnen diese Strategien dem
Investor die Möglichkeit, das Rendite-Risiko-Profil
seines gesamten Portfolios zu optimieren.
Schaubild 3: Marktneutrale Aktienstrategien waren mittel- und langfristig deutlich weniger
schwankungsanfällig als Aktien und als Long / Short Aktienstrategien
20
18,1%
Annualisierte Volatilität (%)*
18
17,3%
16
14
13,0%
12
12,2%
10,6% 10,1%
10
8
6
4
2
1,3%
5,0%
3,9%
3,4 %
1,9%
1,4 %
0
3 Jahre (2012–2014)
UCITS Market Neutral
5 Jahre (2010–2014)
UCITS Long Short Equity
MSCI World
7 Jahre (2008–2014)
MSCI Europe
*) Alle Indizes in EUR.
Quellen: Datastream, AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research. Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben
keine Prognose für die Zukunft.
3
Fokus: Marktneutrale Aktienstrategien
Auf Basis einer Analyse des UCITS Index Market
Neutral weisen marktneutrale alternative
Aktienstrategien mittel- und langfristig darüber
hinaus eine erheblich niedrigere annualisierte
Volatilität gegenüber Aktien auf (siehe Schaubild 3).
In den vergangenen sieben Jahren betrug die
realisierte Volatilität marktneutraler Strategien
nur etwa ein Neuntel der Schwankungsintensität
globaler und europäischer Aktien.
Zudem haben marktneutrale Produkte den
potenziellen Vorteil, dass der Kunde in der Regel
keine Timing-Entscheidung zum direktionalen
Exposure an Aktienmärkten treffen muss, da diese
Strategien darauf abzielen, ein konstantes (oder eng
begrenztes) direktionales Markt-Exposure (Beta)
und / oder Netto-Portfolio-Exposure einzugehen,
gekoppelt an die Absicht, über den gesamten
Aktienmarktzyklus hinweg positive Erträge zu
erzielen.
Verstehen. Handeln.
• Das aktuelle Niedrigzinsumfeld, die hohen
Bewertungsniveaus in einigen Assetklassen
(u. a. Aktien) und die sich abzeichnende
höhere Marktvolatilität veranlassen Investoren
zunehmend, ihre bisherige Asset-Allokation mit
Blick auf die Einbeziehung oder Ausweitung
alternativer Anlagestrategien zu überdenken.
• Alternative Anlagestrategien generieren unter
denselben Marktbedingungen in der Regel
andere Performancemuster als Aktien und
Anleihen – sie sind typischerweise nur gering mit
konventionellen risikoreichen Assets korreliert
und können so das Rendite-Risiko-Profil eines
traditionellen Portfolios verbessern.
• Alternative Anlagestrategien sind immer häufiger
in regulierten liquiden und transparenten
Vehikeln zugänglich.
• Marktneutrale Aktienstrategien basieren auf
einem begrenzten direktionalen Markt-Exposure
(Beta) und / oder Netto-Portfolio-Exposure –
und bewegen sich daher weniger stark als
der Gesamtmarkt. Damit ermöglichen sie
Diversifikationsvorteile und eine Begrenzung des
Verlustpotenzials in fallenden Aktienmärkten.
• Das attraktive Rendite-Risiko-Profil alternativer
(v. a. marktneutraler) Aktienstrategien und die
Erwartung steigender Zinsen veranlassen viele
längerfristig orientierte oder auf Assets mit
begrenzter Volatilität angewiesene Investoren,
in marktneutrale Aktienstrategien zu investieren,
anstatt auf Anleihen zu setzen oder ihre
Aktienallokation zu erhöhen.
Impressum
Allianz Global Investors GmbH
Bockenheimer Landstr. 42 – 44
60323 Frankfurt am Main
Global Capital Markets & Thematic Research
Hans-Jörg Naumer (hjn), Ann-Katrin Petersen (akp),
Stefan Scheurer (st)
Weitere Informationen rund um die
Kapitalanlage erhalten Sie direkt unter:
www.allianzgi.de
Allianz Global Investors
www.twitter.com/AllianzGI_DE
Oktober 2015
4
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