Walter D i c k e Schmalf.digital. [email protected] Stand: 09.06.2015 N8-/S8-Schmalfilme selbst digitalisieren 1.0 Einleitung Viele Hobbyfilmer möchten ihre alten Schmalfilm-Schätze digitalisieren, um sie in der noch vorhandenen Qualität zu erhalten und damit sie auf dem Computer angesehen werden können. Versuche, die Digitalisierung selbst vorzunehmen scheiterten häufig daran, die technischen Voraussetzungen in Eigenregie zu bewältigen. Nachfolgend eine Anleitung, die mit ein wenig technischem Geschick und Sorgfalt, aber ohne besondere spezielle technische Vorkenntnisse, zum Ziel führen wird. Erforderlich sind ein Schmalfilmprojektor (hier beispielhaft der BAUER T5), eine gute und leistungsfähige Digitalkamera (hier beispielhaft die SONY NEX6) und zwei Objektive aus (alten) Dia-Projektoren (etwa mit 90mm oder 85mm Brennweite) und einige weitere, handelsübliche Bauteile, vorwiegend aus dem elektrotechnischen Bereich. Die Aufgabenstellung gliedert sich in fünf Hauptthemen: • Ersatz der bisherigen Projektor-Halogenlampe durch eine geeignete LED, • Zusammenbau eines Tele-Objektivs, bestehend aus zwei Dia-Projektor-Objektiven, und Fixierung aller Funktionseinheiten, also des Projektors, des Tele-Objektivs und der Kamera auf einer Montageplatte, • Manuelle Drehzahlregelung des Projektor-Antriebsmotors über einen preisgünstigen, handelsüblichen PWM-Regler (PWM=Pulsweitenmodulation), • Bildgenaue Synchronisation der Projektor-Bildfrequenz und der Kamera-Bildfrequenz über ein visuelles Verfahren, d.h. ohne technische Kopplung zwischen Kamera und Projektor. • Wahl der richtigen Kamera-Einstellparameter 2.0 Halogenlampe durch eine Belichtungs-LED ersetzen Die bisherige Halogenlampe entfernen und eine ca. 2mm starke Trägerplatte für die LED mit dem gleichen Durchmesser erstellen wie ihn die Halogenlampe hatte, ca. 49,5mm. Die LED über einem Loch in Mitte der Trägerplatte anschrauben (s. Bild 1). Bild 1 Bild 2 15-06-09 S8 digitalisIII.doc Bild 3 © Walter Dicke Seite - 1 - von – 6 - Stand: 09.06.2015 Schmalf.digital. [email protected] Walter D i c k e In Abstrahlrichtung der LED einen Streulichtkäfig (fertigen aus PVC-Vierkant-Hohlprofil; äußere Kantenlänge max. 25mm) anbringen, um innerhalb des Käfigs konzentriertes Streulicht zu erzeugen. Den Käfig innen mit Silberpapier auskleben und in Abstrahlrichtung mit 2-3 Lagen mattem Papier überkleben (s. Bild 2). Hierauf wird das Licht in ausreichender Helligkeit für die gleichmäßige Belichtung der Projektionsbilder erzeugt. Die Belichtungs-LED durch einen kleinen Ventilator vor thermischer Überlastung schützen. Die LED mit Ventilator in den Projektor einbauen (s.Bild 3). Bild 4 Gemäß dem Schaltplan (s.Bild 4) für die Belichtungs-LED ein Netzgerät und einen PWM-Regler (für manuelle Regelung über ein Potentiometer) miteinander verbinden. Die Widerstände so wählen, dass die max. zul. Stromstärke nicht überschritten wird. Materialkosten ca. 50,00 Euro 3.0 Zusammenbau eines Tele-Objektivs; Gesamt-Optik Es sind zwei Objektive notwendig, ehemals aus DiaProjektoren, um die erforderliche Vergrößerung zu erreichen. Die Objektive werden in PVC-Rohre (handelsüblich NW50) geschoben. Die PVCRohre werden innen mit einer Lage 2 mm starkem Moosgummi ausgekleidet, ohne es zu verkleben. Das Moosgummi gibt es in der Größe DIN A4 im Schreibwaren-Laden. Danach lassen sich die Objektive (mit Tubus- DurchBild 5 messer 42mm) einfach im PVC-Rohr fixieren. Gemäß Bild 5 müssen die Tele-Objektiv-Abstände a-b-c durch Ausprobieren so gewählt werden, das sich auf dem Kamera-Monitor ein scharfes Bild abzeichnet, das horizontal gespiegelt ist. Falls wegen des Abstands c die Gehäusewand im Weg sein sollte, einen erneuten Versuch mit größerer Objektiv-Brennweite beim Objektiv B (90mm BW anstelle von 85mm BW) durchführen. Der optischen Ausrichtung der Bildachse unter Einbeziehung aller optischen Einheiten kommt eine besondere Bedeutung zu, die große Sorgfalt erfordert! Seite - 2 - von – 6 - © Walter Dicke 15-06-09 S8 digitalisIII.doc Walter D i c k e Schmalf.digital. [email protected] Stand: 09.06.2015 Bild 6 Im Bild 6 ist erkennbar, welche Verschraubungen für die Feinjustage vorgesehen sind. Sie sind für eine erfolgreiche Justage absolut unverzichtbar. Alle Elemente (Projektor, Teleobjektiv, Kamera) müssen unverrückbar auf einer Platte mit der Möglichkeit einer Nachjustage fixiert werden. Wenn das Filmbild bei LED-Belichtung auf dem Kamera-Monitor einigermaßen scharf dargestellt wird, erfolgt die Feinabstimmung über die manuelle Fokussierung am Teleobjektiv-Ring der Kamera. Materialkosten < 30,00 Euro, wobei davon ausgegangen wird, dass die Dia-Objektive aus einem Altbestand verwendet werden können. 4.0 Motordrehzahl- und Helligkeitsregelung Für die manuelle Regelung wird ein handelsüblicher PWM- Regelmodul in den Motorkreislauf eingesetzt. Bild 7 Hierfür sind nur der Regler, ein Elko, ein Widerstand und eine Lüsterklemme sowie eine geringfügige Schaltungsänderung notwendig. Die Teile sind im Projektor-Schaltplan (s.Bild 8) – auf grauem Hintergrund – dargestellt. Bild 7 zeigt die Regeleinheit. Links: Helligkeitsregler für die Belichtungs-LED (s. auch Bild 4) ; rechts: Regler für die manuelle Regelung der Drehzahl mit Verlängerungsstiel für die Fein-Synchronisation. Materialkosten für die Motorregelung ca. 15,00 Euro Bild 8 15-06-09 S8 digitalisIII.doc © Walter Dicke Seite - 3 - von – 6 - Stand: 09.06.2015 Schmalf.digital. [email protected] Walter D i c k e 5.0 Bildgenaue Synchronisation 5.0.1 Allgemeines zur Synchronisation Die Bildsynchronisation zwischen Projektor und Kamera ist notwendig, damit sich bei der späteren Wiedergabe keine durchlaufenden Balken im Bild zeigen. Es schien dies zunächst eine unüberwindbare Hürde zu sein, da an der Kamera kein Abgriff eines Synchronsignals möglich ist. Dieses ursprüngliche Problem führte dann aber zu einer ganz einfachen, aber absolut perfekten „Ersatzlösung“. Sie hat den Vorteil, dass eine technische Kopplung zwischen Projektor und Kamera nicht notwendig ist und dass folglich jede Kamera für diesen Zweck mit einem Projektor kombinierbar ist. 5.0.2 Das Synchronisationsprinzip Das Prinzip ist, dass der Projektormotor über einen PWM-Handregler so angesteuert (und anschließend synchronisiert) wird, dass die Flügelrad-Drehzahl 16 2/3 U/s beträgt. Pro Flügelrad-Umdrehung erfolgt ein Filmbild-Vorschub, wobei das drei-flügelige Flügelrad Bild 9 16 2/3 x 3 = 50 Projektorbilder/s erzeugt. Der Bildfolgezyklus beträgt somit 1/50s bis zum nächsten Projektorbild (s.Bild 10). Bei der Kamera wird – durch geeignete Wahl des Aufnahmeverfahrens (50 Vollbilder/s, progressiv = 50p) – ebenfalls dieser Bildfolge-Zyklus angewandt und außerdem wird 1/50s als Belichtungszeit fix eingestellt. Nun passt fast alles zusammen. Es fehlt nur noch die genaue Einstellmöglichkeit der Drehzahl des Flügelrades auf 16 2/3 U/s. Hier hilft die Netzfrequenz mit 50 Hz unserer Energieversorgung weiter, die als Referenzgröße für das Verfahren dient. Am Projektor wird der Gehäusedeckel entfernt, so dass die Flügelscheibe – zumindest teilweise – sichtbar wird. Bei Anschluss an Wechselspannung gem. Bild 8 leuchtet die LED (hier genannt: „Synchronisations-LED“) 50x/s auf und sie wird so angeordnet, dass die umlaufende Flügelscheibe 50x/s angeleuchtet wird. Seite - 4 - von – 6 - © Walter Dicke Bild 10 15-06-09 S8 digitalisIII.doc Walter D i c k e Schmalf.digital. [email protected] Stand: 09.06.2015 Über einen kleinen Spiegel kann der Bediener gem. Bild 9 den Vorgang beobachten. Wenn die Motordrehzahl über den PWM-Handregler (s.Bild 7) auf die SynchronDrehzahl von 16 2/3 U/s eingestellt wird, erscheinen die Flügel des Flügelrades als stehendes Bild. Wenn die Flügel beginnen, sich scheinbar zu drehen, dann muss über den PWM-Handregler nachgeregelt werden. Dafür ist im praktischen Betrieb ausreichend Zeit vorhanden, weil die Drehzahlabweichungen sich sehr träge vollziehen und weil das System einen asynchronen Lauf in Grenzen toleriert, ohne dass dies später bei der Wiedergabe bemerkbar ist. Bild 9 und Bild 10 zeigen das Prinzip. Teile und Schaltung sind links im Plan im Bild 8 auf grauem Hintergrund dargestellt. Materialkosten ca. 30,00 Euro 5.0.3 Die Durchführung der Video-Aufnahme mit Bildsynchronisation Da die Flügelscheibe beim Projektor BAUER T5 nur von hinten aus sichtbar ist, wird sie über einen Umlenkspiegel für den Bediener sichtbar gemacht (s.Bild 9). Es genügt, wenn nur ein kleiner Teil des Flügelrades über den Spiegel sichtbar ist. Wenn bei laufendem Projektor über den Spiegel die Flügel des Flügelrades als stehendes Bild zu sehen sind, dann ist die Synchron-Drehzahl mit 16 2/3 U/s erreicht. Über den Kamera-Monitor sind die projizierten Filmbilder zu beobachten und –solange die Kamera sich noch nicht im Video-Aufnahmemodus/Recording befindet– werden, wie bei asynchronem Lauf, horizontale, dunkle Balken durch das Kamera-Monitorbild laufen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Monitor-Bildanzeigefreqenz noch kameraspezifisch, also noch nicht mit 50 Bildern/s bei einer Belichtung von 1/50s erfolgt. Man beachte also: Erst wenn die Video-Aufnahme gestartet worden ist mit 50B/s und 1/50s Belichtungszeit, zeigt sich auf dem Kamera-Monitor der Synchronisations-Effekt, d.h. ohne durchlaufende horizontale, dunkle Balken. Aus Bild 10 ist ersichtlich, dass das Synchronisationsverfahren in gewissen Grenzen tolerant ist bei Abweichungen der Synchrondrehzahl vom Sollwert. Deshalb kann man bei der manuellen Nachregelung über den PWM-Regler relativ großzügig sein, sodass sich später bei der Wiedergabe keine durchlaufenden Bildbalken zeigen werden. Tipp: In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei der fest eingestellten 1/50s Belichtungszeit der ISO-Wert im lfd. Betrieb (z.B. zwischen100 und 400) so gewählt werden sollte, dass die Blendenautomatik möglichst Blendenwerte zwischen 6 und 16 einstellt. Damit wird die beste Bildqualität erreicht. Die wichtigsten Einstellparameter für die Kamera sind der Tabelle gem. Pkt. 8.0 zu entnehmen 6.0 Bemerkungen zum Dateiformat / Datenvolumen Das gewählte Format AVCHD mit 50p zeichnet 50 Vollbilder/s auf und es hat eine bessere Qualität als ein Verfahren im 50i-Modus, bei der aus 50 Halbbildern 25 Vollbilder entstehen. Allerdings ist das Datenvolumen beim Format AVCHD mit 50p erheblich größer und die Aufzeichnung sollte auf eine Blu-ray-Disk oder auf eine Festplatte erfolgen. Für ca. 10 min Video-Laufzeit beträgt das zu speichernde Dateivolumen rd. 2GB. DVD-Datenträger sind für das vorstehend erwähnte Format nicht geeignet. 15-06-09 S8 digitalisIII.doc © Walter Dicke Seite - 5 - von – 6 - Stand: 09.06.2015 Schmalf.digital. [email protected] Walter D i c k e 7.0 Die Wiedergabe der aufgenommenen Schmalfilme Die Aufzeichnung erfolgt – bedingt durch die zwei hintereinander angeordneten Diaprojektor-Objektive – horizontal gespiegelt, also seitenverkehrt, aber als aufrecht stehende Bilder. Mit einer geeigneten Wiedergabe-Software kann man sie entsprechend richtig anzeigen. Hierzu eignet sich der VLC-Player, der als Freeware verfügbar ist. Alternativ kann die Videodatei horizontal umgewandelt und danach erneut gespeichert werden, z.B. mit dem Windows-Movie Maker (MMK), der bei Microsoft als Freeware verfügbar ist. MMK bietet ab der Version W8.1 die Option der nachträglichen Video-Stabilisierung. Man bedenke aber, dass jede erneute Datentransformation – mit einem leistungsfähigen Computer! - ziemlich zeitaufwendig und mit einem Qualitätsverlust verbunden ist. Sollten die Videobilder beim Abspielen über einen Computer „ruckeln“, dann liegt dies sehr wahrscheinlich an der unzureichenden Prozessorleistung des Computers! Verbesserung erfolgt evtl. schon, wenn die Wiedergabe von der lokalen Festplatte aus durchgeführt wird. 8.0 Wahl der SONY-NEX6-Kamera-Einstellparameter In der nachstehenden Tabelle sind die wichtigsten Parameter enthalten und erläutert: Aufnahmemodus (Einstellung mit dem Modus- Wahlknopf) S (Zeitpriorität) ISO-Wert Verschlusszeit Fokussierung ISO 100 (bei Bedarf manu- Während der Aufnahme ell höheren Wert wählen) bei Bedarf nachkorrigierbar 1/50s fest eingestellt MF Manuelle Fokussierung MF-Hilfszeit 5s Kantenanhebungsstufe OFF Weißabgleich u. Meßmodus SteadyShot Weissabgleich: Auto Meßmodus: Multi OFF Bildhelligkeit -0,3 EV bis –0,7 EV gelegentlich 0,0 EV bis +0,3 EV Belichtungskorrektur; die während der Aufnahme bei Bedarf manuell durchgeführt werden kann. Dateiformate AVCHD-Video (.MTS) Codec H.264 1920:1080Px; 50p ------------------------------(alternativ MP4) SONY E 55-210mm F4,56,3 OSS -----------------------------(1440:1080Px; 25B) Eingestellte BW ca. 135mm Kamera-Teleobjektiv Seite - 6 - von – 6 - Manuelle Einstellung der Verschlusszeit (hier fest eingestellt 1/50sec), dabei Blendenautomatik und ISO-Wert manuell einstellbar Vergrößerte Bildanzeige bei der MF Wird hier für MF nicht benötigt Wird hier nicht benötigt. © Walter Dicke Die Blendeneinstellung erfolgt automatisch und wird numerisch über den Kamera-Monitor angezeigt. Wenn sehr hohe oder niedrige Blendenwerte anzeigt werden, kann dies während der Aufnahme durch manuelle Veränderung des ISO-Wertes optimiert werden. ISO-Auto ist alternativ möglich, wird hier aber nicht empfohlen Bei Beginn jeder VideoAufnahme über den Kamera-Fokussierring neu einzustellen Sehr vorteilhaft bei der MF Opt. SONY-AufnahmeBildstabilisierung EV exposure value (= Lichtwert) Bedarfweise Einstellung an der Kamera während der Aufnahme Transferrate 28 Mbps; deshalb Wiedergabe mit leistungsfähigem PC oder Blu-ray-Player notwendig ------------------------------(Transferrate 12 Mbps) 15-06-09 S8 digitalisIII.doc
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