Hinsehen und handeln! Diakonische Verantwortung vor Ort Gruppenarbeit zum Tag der Diakonin am Gedenktag der Hl. Katharina von Siena 29. April 2016 erarbeitet von Claudia Seeger, theologische Referentin beim kfd-Bundesverband Einführung Am Tag der Diakonin, der am 29. April begangen wird, legen wir unser Augenmerk besonders auf das diakonische Handeln der Kirche vor Ort. Die Zuwendung zu den Nächsten gehört zu den Grunddimensionen der Kirche. Nöte und Sorgen von Menschen in den Blick zu nehmen und sich ihrer anzunehmen, ist Teil der Berufung von Christinnen und Christen. Deshalb ist es wichtig, die Not und das Leiden von Menschen sehr aufmerksam und bewusst zu sehen und die daraus folgenden Konsequenzen für das eigene Handeln zu ziehen. Das Motto, unter dem der diesjährige Tag der Diakonin steht, fordert direkt dazu auf, hinzusehen und zu handeln. Für das Hinsehen brauchen wir unsere Augen, mit denen wir den größten Teil der Eindrücke aufnehmen, die täglich auf uns einströmen. Es gibt Dinge, die wir gerne betrachten. Manchmal übersehen wir aber auch etwas, auch wenn es sich genau vor uns oder mitten unter uns ereignet. Es kann auch vorkommen, dass wir bewusst unsere Augen vor etwas verschließen, weil uns der Anblick überfordert. Aber es gibt auch die Momente, in denen es uns „wie Schuppen von den Augen fällt“, oder wir „über den eigenen Tellerrand blicken“ und sich ungeahnte Perspektiven für uns und für andere auftun. Das Handeln nach einem solch bewussten Hinsehen und Wahrnehmen von Situationen ist der zweite Schritt. Er kann nur sinnvoll erfolgen, wenn das Hinsehen, die Bestandsaufnahme wirklich stattgefunden hat. Handeln im diakonischen Sinn besteht darin, die Not zu lindern und solidarisch mit denen zu sein, die von Unterdrückung, Armut und Gewalt betroffen sind. Das schließt auch ein, ungerechte Strukturen aufzudecken und sie zu benennen. In der Gruppenarbeit sollen die Teilnehmerinnen sich mit dem Bibeltext Mt 9,35-38 auseinandersetzen, in dem berichtet wird, wie Jesus die Menschen seines Volkes wahrnimmt. Den Abschluss der Gruppenarbeit bildet ein Austausch über die gefundenen Antworten. 1 Ablauf der Gruppenarbeit Vorbereitungen: - Liedblätter oder Liederbücher „Lieder wie Perlen“ (Liederbuch der kfd, - Klens-Verlag im Schwabenverlag, Düsseldorf 2007) oder: GL 451 „Komm, Herr, segne uns“ Kopien von Mt 9,35-38 für alle Teilnehmerinnen Arbeitsblätter mit den Fragen oder diese auf ein Flipchart schreiben Bibel in gerechter Sprache oder die Einheitsübersetzung Stuhlkreis (Blätter und Stifte auf jeden Platz legen) 1. Begrüßung der Teilnehmerinnen 2. Einführung in das Thema „Hinsehen und handeln!“ – so lautet das Motto des diesjährigen Tages der Diakonin. Es will dazu ermutigen, mit geschärfter Aufmerksamkeit Menschen und ihre Lebenssituation wahrzunehmen. Dieses Hinsehen ist kein „voyeuristisches Begaffen“, sondern will erreichen, sich wirklich von der Situation anderer betreffen zu lassen. Deswegen ist mit ihm auch die Aufforderung zum Handeln im diakonischen Sinne verbunden. Ich möchte Sie einladen, sich heute mit einem Abschnitt aus dem Matthäusevangelium zu beschäftigen, das uns davon berichtet, wie Jesus die Not seines Volkes, die er sah, bewegt hat. 3. Bibeltext: Mt 9,35-38 (Bibel in gerechter Sprache) (45 Min.) 35 So wanderte Jesus durch alle Städte und Dörfer, lehrte in den dortigen Synagogen und verkündete das Evangelium von der gerechten Welt Gottes und heilte jede Krankheit und jede Art von Leiden. 36 Jesus sah die vielen Menschen seines Volkes, und sein Innerstes wurde von einem tiefen Mitgefühl für sie bewegt. Denn sie waren müde und zerschunden und lagen am Boden wie Schafe, die niemand haben, sie zu hüten. 37 Da sagt Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: »Es gibt zwar viel zu ernten, doch wenige, die arbeiten. 38 Also bittet den Herrn der Ernte, viele Menschen zur Arbeit in seine Ernte zu schicken. 4. Hintergrund Jesus sieht Jüdinnen und Juden, Angehörige seines Volkes, die er als müde und zerschunden wahrnimmt. Der Text geht nicht näher darauf ein, was der Grund für diesen desolaten Zustand der Menschen ist. Bedenkt man, dass Israel zurzeit Jesu von den Römern besetzt war, ist davon auszugehen, dass die Besatzungssituation stark dazu beigetragen hat, dass die Menschen einen solchen Anblick boten. Viele wurden von den Römern zu Frondiensten herangezogen und ausgebeutet. Harte körperliche Arbeit war der Normalfall. Die religiösen Führer hatten sich mehr oder weniger mit den Besatzern arrangiert und propagierten Gesetzesgehorsam als gottesfürchtiges Leben für das jüdische Volk. So ist wohl zu verstehen, dass dieses mit Schafen verglichen 2 wird, denen ein Hüter fehlt, der sich um das Volk kümmert wie es ein Hirte für seine Herde tut. Das Bild von den Schafen ohne Hirten wird bereits im Alten Testament angeführt, um die Not des Volkes zu verdeutlichen. Die Leiterin liest den Bibeltext aus der Bibel einmal laut vor und legt die Bibel dann in die Mitte. Anschließend teilt sie die Kopien des Textes an alle aus. 5. Vertiefung: Echomeditation Jesus ist auf seiner Wanderschaft mit vielen Menschen in Kontakt gekommen. Er hat viel gesehen und durch seine Zuwendung zu den Kranken, Hilfsbedürftigen und Armen gerade auch viel vom Leben der Menschen erfahren, denen es am Nötigsten zum Leben fehlte. Er verband sein heilendes Handeln mit seiner Lehre vom Reich Gottes. Sehr genau hat er analysiert, dass es viel zu tun gäbe für die, die an dieses Evangelium glauben, aber noch zu wenige, die diese Arbeit tun könnten. Folglich fordert er diejenigen, die bereits davon überzeugt waren, dazu auf, sich vertrauensvoll an Gott zu wenden, um diese Aufgabe zu bewältigen. Ich möchte Sie einladen, den Text jetzt noch einmal jede für sich zu lesen. Bitte sprechen Sie dann einen Vers oder die Worte, die Sie besonders wichtig finden, laut aus. Nach dieser Echomeditation lädt die Leiterin dazu ein, sich zu einzelnen Fragen auszutauschen. Je nach Gruppengröße kann dies in der Gesamtgruppe geschehen, oder in Kleingruppen von bis zu sechs Personen. Für jeden Vers sollten etwa 10 Minuten Austausch eingeplant werden. Die Fragen können auf einen Flipchart geschrieben werden, auf einzelne Blätter (nicht aber auf das Blatt mit dem Bibeltext) oder sie werden jeweils mündlich am Anfang, bzw. nach Ablauf der je 10 Minuten genannt. 6. - - Austausch mit allen (ca. 30 Min.) Vers 35: „gerechte Welt Gottes“: was stelle ich mir darunter vor? „jede Art von Leiden“: an welche Leiden denke ich dabei? Vers 36: „tiefes Mitgefühl“: gibt es eine Situation, in der ich einmal ähnlich empfunden habe? „müde und zerschunden“: wovon können Menschen müde und zerschunden werden? Vers 37: „viel zu ernten“: was gäbe es zu ernten? „wenige, die arbeiten“: wie ist die Situation heute? Wie sieht die Arbeit aus und was ist der Ertrag? 7. Abschluss Austausch mit allen zu den Fragen: Welche Erkenntnis war heute neu für mich? Was ist die Konsequenz für mein diakonisches Handeln? Worauf werde ich in Zukunft verstärkt meinen Blick lenken? Lied: Gott unter uns (Lieder wie Perlen, Nr. 79) 3
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