Herbstliches im Kreuz Sehr schnell, wie getrieben von einer großen

Herbstliches im Kreuz
Sehr schnell, wie getrieben von einer großen Hand, ziehen große, graue Wolken vor
meinem Fenster vorbei, hinter der Kirche. Wie von einer starken Hand angeschoben
bewegen sie sich von rechts nach links, von Westen nach Osten… Dahinter, eine
Schicht höher, zieht langsam ein Kondensstreifen von Nord nach Süd… sich kreuzende
Wolken Die Kirche versperrt die weitere Sicht… Das ganze Spektakel ist für mich wie
„durchkreuzt“; durch das Fensterkreuz meines Fensters im Arbeitszimmers…
Alles will vielleicht so gesehen werden, was in dieser Welt geschieht: Schnelles und
Aufreibendes, Gefährliches und Stürmisches, Wolken-Bewegtes: durchkreuzt,
eingefasst von der gekreuzigten Liebe Gottes in Jesus Christus. Es ist mir ein Gleichnis,
eine Erinnerung, diese „Einfassung“ des Spektakels draußen, gerade im „Anblick“
gestriger Gräueltaten gar nicht so weit von hier und dann in Paris.
Merkwürdig scheint es mir, dass ich gerade in diesen Tagen an einem Lied feile, das
mir im Oktober „eingefallen“ ist: mein erstes zweisprachiges Lied. Zwei Bibelworte,
jeweils auf deutsch und französisch, auch sie „gekreuzt“ in ihrer Komposition. Le ciel
et la terre passeront, mais mes paroles ne passeront point: Himmel und Erde
vergehen, doch meine Worte werden nicht vergehen. Meine Worte werden euch zu
Brot und zu Wein, und mein Leib gibt Leben und Kraft. Denn der Mensch lebt nicht
allein vom Brot dieser Welt, mein Wort neues Leben ihm schafft. Tous les jours tu
viens à notr‘ rencontre – Seigneur, tu viens à mon secours. Chaque jour, c’est ton
amour qui montre: Tu es avec tes enfants toujours.
Wie sehr ich in diesen Bibelworten lebte, in meinen zehn „ausländischen“ Jahren,
damals in der französischen Schweiz und in Afrika, wird mir erst bewusst, wenn mir
da plötzlich so ein Bibelwort mitten beim Spazieren auf freiem Feld einfällt – und
eben auf Französisch! Wie gut ist Gott, wenn er mich erinnert an sein Wort, egal in
welcher Sprache, die mir zur Verfügung steht. Wie tröstlich seine Worte, wenn vieles
wankt! Denn das ist ja schon eine gewaltige Perspektive, die ich vielleicht nur mit
Glauben überhaupt ein bisschen erfassen kann: Selbst wenn Himmel und Erde
vergehen – Gottes Worte werden nicht vergehen! Haben Ewigkeitswert, überdauern
unser vergängliches Leben auf diesem Planeten.
Schon aus diesem Grund schaue ich gerne in den Himmel, aus meinem Fenster, durch
das Fensterkreuz hindurch: ich erinnere mich im Anblick der dahin eilenden Wolken
an die „weltliche“ Vergänglichkeit, auch an meine Vergänglichkeit und bin doch ganz
und gar aufgehoben in den Worten der Liebe Gottes in Jesus Christus.