Chol Hamo`ed sukkot

Schabbat, Chol Hamo’ed Sukkot, 20. Tischrej 5776
02.10.2015
18.45
Ma’ariw leSchabbat
03.10.2015
10.00
Schacharit leSchabbat
Freude und Verdruss
Die Sukkot Woche bringt uns wieder in die Alltagswelt zurück. Sukkot bringt uns - nachdem wir an
Rosch Haschana und Jom Kippur in heiliger Zeit weilten – wieder mit beiden Beinen auf die Erde. An
den Hohen Feiertagen wandten wir uns unserem tiefsten Inneren zu und zogen Bilanz. Wir fahnden
nach unschönem Verhalten und Fehltritten. Letztendlich mahnten wir uns, von guten Vorsätzen
flankiert. Jom Kippur fordert uns auf, gut zueinander zu sein. Sukkot fordert uns auf, fröhlich zu sein.
An Jom Kippur stellt das Fasten uns auf die Probe, an Sukkot (in Europa) das Wetter. Kälte oder Nässe
können einem die Freude und das Vergnügen der Mahlzeit mit Gästen in der Sukka verderben. Die
schöne, bunt verzierte Sukka, die Einladungen und das Zusammensein mit Familie und Freunden,
helfen uns den Übergang von nachsinnlicher Schwere in lockere Fröhlichkeit zu machen. In der Antike
war Sukkot die einzige Ferienwoche. Nach dem Einsammeln und Einlagern der Ernte gab es einige
Tage der Ruhe bevor der Zyklus von pflügen, säen, mähen und ernten wieder vonstattengehen konnte.
Entspannung, Ausgelassenheit und Freude geben an Sukkot den Ton an. Das Lulawschütteln, obschon
ein ziemlich archaischer Brauch, ist eine Wonne.
Aber dann kann einem der Alltag wie eine kalte Dusche auf den Kopf fallen. Das passierte mir. Eine
böse oder kranke Person hat unserem Präsidenten einen Brief geschickt mit der Mitteilung, ich habe
eine Affäre mit seiner Frau. Der anonyme Briefschreiber fordert, dass das Präsidium mich bewegt, die
heimliche Beziehung zu beenden und die nötigen Massnahmen gegen mich zu treffen. Geschehe dies
nicht, so droht der Typ, informiere er alle Gemeindemitglieder und sämtliche Kollegen in Europa über
die geheime Affäre.
Eine solche Verleumdung könnte mir, auch wenn es ‚nur‘ um eine Verleumdung geht, meine glückliche
Ehe mit Sylvia und meine Traumstelle in Or Chadasch kosten. Ich habe mit Sylvia und dem Vorstand
besprochen wie ich diese widerwärtige Sache angehen soll. Ich habe eine Anzeige bei der Polizei
gemacht und mich entschieden in die Or Chadasch Öffentlichkeit zu treten.
Der Verleumder konnte mir meine grosse Freude und Zufriedenheit über die Hohen Feiertage und
Sukkot nicht verderben. Zugegeben, während etwa 48 Stunden war ich fassungslos und erschüttert,
namentlich darüber, was sein werde, wenn Sylvia und der Vorstand dieser widerlichen Person die Lüge
abkaufen würden. Sowie der Kappot Temarim, der Dattelpalmzweig, nach dem Schütteln wieder
zurückfedert, so lässt mich mein reines Gewissen und das Vertrauen von Sylvia und dem Vorstand
wieder zurückfedern. Die Hohen Feiertage, die bis zum letzten Stuhl besetzte Synagoge, Ihr lautes
Mitsingen und meine Kumpanen Gustavo Zahnstecher und Philippe Mestrinel haben mir gut getan. Das
lasse ich mir nicht nehmen.
Der Prophet Secharja (8, 19) hat uns die beste Medizin gegen Lüge und Verleumdung gegeben:
‫ הָ אֱמֶ ת וְ הַ שָּׁ לוֹם אֱהָ בוּ‬ha’emet wehaschalom ehawu, liebt die Wahrheit und den Frieden!
Schabbat Schalom - mo’adim lesimcha,
Rabbiner Ruven Bar Ephraim